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Inhaltsverzeichnis:
Inhalt I. Einleitung 1 Ethik und Geschichte der Medizin im 20. Jahrhundert 2 Medizin und Moraltheorie - Grundlagen und aktuelle Ansätze 3 Medizinethik im Nationalsozialismus - Der Forschungsstand in Grundzügen 4 Abderhalden und die Ethik in der Medizin des 20. Jahrhunderts 5 Quellen und Literaturschwerpunkte - Zu Struktur und Methodik der Untersuchung II. Der historische Kontext in Grundzügen: Medizin- und Sozialgeschichte vom Kaiserreich zum Dritten Reich 1 Wirkfaktoren in der Medizin des ausgehenden 19. Jahrhunderts: Personen und Entdeckungen 2 Medizin im Kaiserreich…mehr

Produktbeschreibung
Inhaltsverzeichnis:
Inhalt I. Einleitung 1 Ethik und Geschichte der Medizin im 20. Jahrhundert 2 Medizin und Moraltheorie - Grundlagen und aktuelle Ansätze 3 Medizinethik im Nationalsozialismus - Der Forschungsstand in Grundzügen 4 Abderhalden und die Ethik in der Medizin des 20. Jahrhunderts 5 Quellen und Literaturschwerpunkte - Zu Struktur und Methodik der Untersuchung II. Der historische Kontext in Grundzügen: Medizin- und Sozialgeschichte vom Kaiserreich zum Dritten Reich 1 Wirkfaktoren in der Medizin des ausgehenden 19. Jahrhunderts: Personen und Entdeckungen 2 Medizin im Kaiserreich bis zum Ersten Weltkrieg: Strukturen und Institutionen 3 Die Heilkunde in der Weimarer Republik: Widersprüche und Krisenelemente 4 Hauptmerkmale der Medizin im Nationalsozialismus: Gesundheitspolitik und Ideologie III. Emil Abderhalden (1877-1950): Biographischer Rahmen und Schwerpunkte seines Schaffens 1 Familie und Ausbildung 2 Mediziner und naturwissenschaftlicher Forscher 3 Ethiker und Sozialreformer 4 Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher 5 Abderhaldens Lebensweg 1945-1950 IV. Die Entwicklung des "Ethikbundes" 1 Vorläufer des Ethikbundes, die Anfänge und das Umfeld von Gesellschaften 1.1 Der Beginn: "Es hat sich ein Ärztebund für Sexualethik gebildet" 1.2 Die Ursprünge des "Deutschen Ärzte- und Volksbundes" in Abderhaldens Rückblicken 1.3 Ausbreitung des Bundes in Ungarn und Österreich: "nach persönlicher Unterweisung durch Abderhalden" 2 Struktur und Arbeit des Ärzte- und Ethikbundes 2.1 Die Zusammensetzung des Vorstands 2.2 Mitglieder, Ortsgruppen und Arbeitsausschüsse 2.3 Konsolidierung und Blütezeit des Ethikbundes - Die große Hallenser Tagung von 1927 2.4 Überblick über die Arbeit des Ethikbundes 2.5 Versuche zur Erweiterung des Mitgliederbestandes: Der "Aufruf zum Anschluß an den Ethikbund" 1929 3 Das Verschwinden des Ethikbundes und das Aufgehen in der Zeitschrift "Ethik" 4 Streit um Form und Weiterführung des Ethikbundes: Die Kontroverse Abderhalden-Büsching 5 Die Entwicklung des Ethikbundes im Überblick V. Die Zeitschrift "Ethik" in ihren Entwicklungsetappen 1 Die Anfänge und die erste Publikationsreihe: "Ethik, Pädagogik und Hygiene..." 1922 2 Die "Neue Folge": Hefte der "Sexualethik" 1925 3 "Ethik. Sexual- und Gesellschaftsethik" 1926-1938 4 Die Sonderhefte der Zeitschrift "Ethik" 5 Die "Ethik" im Jahr der Machtübernahme - "Unsere Stellungnahme zum neuen Deutschland" 6 Vom Eigenvertrieb zum Mitglied der Reichsschrifttumskammer: Der Editionsrahmen der "Ethik" in den 30er Jahren 6.1 "Das der Ethik verfolgt mich Tag und Nacht": Die "Ethik" in der Krisenphase 19/36 6.2 "Ich muß ihn auf alle Fälle zur Zensur erreichen!" - Publikationsbedingungen in der "Ethik" 1937/38 7 Warum wurde die "Ethik" 1938 eingestellt? - Das Ursachengefüge 8. Versuch einer Gesamtbewertung des Diskurses in der Zeitschrift "Ethik" VI. Die Kernprobleme von Medizin und Moral im Spiegel von Abderhaldens Ethik 1 Gesundheitspolitische Leitlinien 1.1 Das Recht auf Gesundheit 1.2 Die Pflicht zur Erhaltung der Gesundheit 1.3 "Gemeinnutz geht vor Eigennutz": Kollektiv- über Individualintersssen 2 Ethische Fragen zu Beginn des menschlichen Lebens 2.1 Abderhaldens Entwurf zu einem "Merkblatt für Eheschließende" 2.2 Behinderung und Sterilisation 2.3 Schwangerschaftsabbruch und der § 218 3 Forschung und Versuche am Menschen 3.1 Die Entwicklung der Debatte um humanmedizinische Forschung 3.2 Versuche am Menschen und die Diskussion in der "Ethik" 3.3 Zur Problematik von Tierversuchen für die medizinische Forschung 4 Ethische Probleme am Ende des menschlichen Lebens 4.1 Die Debatte um Sterbehilfe und "Euthanasie" in der "Ethik" 4.2 Abderhaldens Einstellungen zu Sterbebegleitung und "Gnadentod" 4.3 "Unveröffentlichte Alternativen": Die Kritik des Hygienikers Reichel an der Euthanasie-Debatte 5 Schlüsselproblem Eugenik: Vererbungsbiologie und Rassenforschung im Werk Abderhaldens 5.1 Abderhaldens "Lehrjahre": Die Mitarbeit im "Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie" 5.2 Die "Abderhaldensche Reaktion" (A.R.) in der Rassenforschung: Besprechungen in "Erbarzt" und "Archiv" 5.3 "Spezifische Eiweißkörper": Das Dreieck Abderhalden-Sauerbruch-Verschuer VII. Nationalsozialismus, Abderhalden und die Ethik 1 Der Rahmen für die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit 1.1 Person und Politik - Abderhalden in der Zeit der Weimarer Republik und der Nationalsozialismus 1.2 Abderhalden als Wissenschaftler und Institutsleiter 1.3 Staatliche Rahmenbedingungen für das internationale Auftreten 2 Probleme als Präsident der Akademie der Naturforscher 2.1 Die Streichung von "Nichtariern" aus der Leopoldina 2.2 "Nichtarier" in der Leopoldina - Abderhaldens Rückblicke zwischen Verdrängung und Verklärung 2.3 Exkurs: Abderhalden als Präsident der "Rotarier" [...]
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2001

Redaktion erfolgreich, Patient tot
Andreas Frewer rückt Emil Abderhalden ins rechte Licht

Emil-Abderhalden-Straße 10: So lautet die Adresse des Behindertenbeauftragten an der Universität Halle. Wahrlich ein Treppenwitz der Medizingeschichte; denn der berühmte Physiologe Emil Abderhalden (1877 bis 1950), der von 1911 bis 1945 in Halle lehrte, war bereits in den 1920er Jahren ein Anhänger der Zwangssterilisierung und schrieb 1933 in einem Bericht über neuere Literatur zur Eugenik: "Sobald man jedoch über das Einzelwesen hinaussieht und sich vorstellt, welche Summe von Übel von diesem ausgehen kann und in sehr vielen Fällen auch ausgeht, dann ergibt sich ganz von selbst die harte Pflicht einzugreifen . . ."

Eingreifen bedeutete für den in der Schweiz geborenen Physiologen, der durch seine biochemischen Forschungen (Abderhalden-Reaktion) weltberühmt wurde, sich dafür einzusetzen, daß sich geistig und körperlich Behinderte nicht fortpflanzen. Wohlgemerkt: Abderhalden trat nie der NSDAP bei; er war, wie es in einem Rundschreiben des "Bundes der Schweizer in Großdeutschland" (ja, auch den gab es!) aus dem Jahre 1942 heißt, ein "schweizerischer Landsmann", der "an der Wiedergesundung des ihm ans Herz gewachsenen deutschen Volkes einen Beitrag durch Wort, Schrift und Tat geleistet hat".

In der bisherigen Literatur über Abderhalden liest man das anders. Dort werden nicht nur seine Forscherleistungen herausgestrichen, auch sein humanitärer Einsatz (etwa für Kindererholung in der Schweiz) sowie sein frühes Gespür für ethische Fragen (er war Gründer und Herausgeber der Zeitschrift "Ethik") werden lobend erwähnt. Außerdem bescheinigt man ihm, als Präsident der "Leopoldina", einer bis heute sehr angesehenen Vereinigung von Naturwissenschaftlern, die Akademie fast unbeschadet durch schwierige politische Zeiten gesteuert zu haben. An diesem makellosen Bild ist in den vergangenen Jahren bereits mehrfach gekratzt worden. Doch die Ergebnisse, die Forschungen über die Rolle des damaligen Präsidenten zeitigten, haben bislang dem Abderhalden-Mythos wenig geschadet. Erst jetzt, nachdem die Arbeit eines jungen Göttinger Medizinhistorikers vorliegt, wird man nicht länger die Augen vor der historischen Wahrheit verschließen können.

Die Untersuchungen Frewers beschränken sich nicht, wie der Untertitel vermuten läßt, auf die Beiträge Abderhaldens zur Ethik, obwohl die einschlägigen Kapitel in der Tat den Hauptteil dieses Buches ausmachen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß hier die erste wirklich kritische Abderhalden-Biographie vorliegt, wenngleich manche Lebensabschnitte (insbesondere die Zeit vor 1918) eher knapp abgehandelt werden.

Wer Frewers Studie gelesen hat, der wird sich fragen, ob man Abderhalden weiterhin als Pionier auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, wie dieses Fachgebiet heute meist genannt wird, bezeichnen kann. Gewiß, die von ihm herausgegebene Zeitschrift "Ethik", die 1938 ihr Erscheinen einstellte, weil ihre Ziele im nationalsozialistischen Staat weitgehend in Erfüllung gegangen waren, bot in der Weimarer Republik auch ein Forum, wo nicht nur Fragen der "generativen Ethik" ("Eugenik ist höchste Ethik") behandelt wurden. Dort werden zum Beispiel im Jahrgang 1928 die Problematik des Humanexperiments sowie die Forschungsethik offen diskutiert.

Doch insgesamt gewinnt man den Eindruck, daß eugenische Themen und Fragen der Sexualmoral dominierten. Dies hängt sicherlich damit zusammen, daß diese Zeitschrift aus einem Ärztebund für Sexual- und Sozialethik hervorgegangen ist, dessen Ziel darin bestand, "unter Einsatz ganzer Menschen all den bekannten Erscheinungen mutvoll entgegenzutreten, die berufen sind, dem Abstieg des deutschen Volkes den Weg zu bereiten". Das hieß für Abderhalden und seine Mitstreiter: die Forderung nach Maßnahmen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, nach Gesundheitszeugnissen für Eheschließende, nach Verbot der Abtreibung und nicht zuletzt nach einem Ausbau der Stellung des Arztes im öffentlichen Leben (Stichwort: der Arzt als "geistiger Führer").

Frewer zeichnet im Detail die komplizierte Geschichte des "Ethikbundes" und der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "Ethik" nach, ohne dabei allerdings von den Methoden der empirischen Sozialforschung, wie zum Beispiel der quantitativen Inhaltsanalyse, Gebrauch zu machen. Gleichwohl werden die thematischen Schwerpunkte der Zeitschrift und der darin geführten Diskurse sowie das Beziehungsgeflecht der Beiträger sichtbar. Was das Schicksal der Zeitschrift nach der Machtergreifung Hitlers anbetrifft, so erwies sich 1932 der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker Julius Moses (1868 bis 1942), der trotz konträrer politischer Auffassungen aus unerfindlichen Gründen von Abderhalden als "Ethiker" eine hohe Meinung hatte, als Prophet: "In der ärztlichen Ethik gibt es viele Probleme. Sie alle sind im ,Dritten Reich' gelöst." Das war selbstverständlich ironisch gemeint, traf aber auf den Kern der Debatte um Ethik in der Medizin, wie sie seit den 1920er Jahren in Deutschland geführt wurde, durchaus zu. Die "generative Ethik" feierte im Nationalsozialismus einen beispiellosen Triumphzug, allerdings auf Kosten von Hunderttausenden, die als "lebensunwertes Leben" in einer von zahlreichen Ärzten belieferten Vernichtungsmaschine den Tod fanden.

Frewers Buch ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der Medizinethik in der Zeit der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Nachdem in jüngerer Zeit auch Zweifel an Abderhaldens Leistungen auf seinem ureigensten Gebiet, der Biochemie, laut wurden (F.A.Z. vom 10. Juni 1998), steht nun der ehemalige Präsident der "Leopoldina" auch auf einem anderen Gebiet, nämlich der Ethik, zwar nicht völlig "nackt" da, doch ist er längst nicht mehr die strahlende Figur, zu der ihn einst sogar die medizingeschichtliche Forschung in der DDR machte.

ROBERT JÜTTE

Andreas Frewer: "Medizin und Moral in Weimarer Republik und Nationalsozialismus". Die Zeitschrift "Ethik" unter Emil Abderhalden. Campus Verlag, Frankfurt am Main, New York 2000. 318 S., 12 Abb., geb., 68,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das Buch, erklärt Robert Jütte, sei anders als die bisherige Literatur zum Thema. Der junge Autor nämlich hat dem Rezensenten die Augen geöffnet und dem "Abderhalden-Mythos" dicke Schrammen verpasst. Dabei, so Jütte weiter, beschränke sich die Studie keineswegs nur auf die einschlägigen Beiträge Abderhaldens zur Ethik; seiner Meinung nach liegt hier vielmehr die erste kritische Biographie" eines Mediziners vor, der bislang als Pionier auf dem Gebiet der Ethik gelten konnte, obgleich er sich 1933 öffentlich zu einer radikalen Durchsetzung der Eugenik bekannt hatte. Mit seinem Buch also leiste der Autor durchaus mehr als bloß einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Medizinethik in der Zeit der Weimarer Republik und im Dritten Reich.

© Perlentaucher Medien GmbH
15.03.2001, Frankfurter Allgemeine, Redaktion erfolgreich, Patient tot: "Ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der Medizinethik in der Zeit der Weimarer Republik und im Dritten Reich."
Redaktion erfolgreich, Patient tot
"Ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der Medizinethik in der Zeit der Weimarer Republik und im Dritten Reich." (Frankfurter Allgemeine, 15.03.2001)