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History research in Germany has repeatedly given rise to broader public debates. Fritz Fischer´s writings about World War I, for example, published in the early 1960s, broke the ground for a critical treatment of German national history. The "historian dispute" of the 1980s, on the other hand, concerned the uniqueness of the Holocaust and brought the internal quarrel of the experts to the forefront of public discussion. The later debate concerning the reunification of Germany and the controversy surrounding Goldhagen´s book "Hitler´s Willing Executioners" were proof of how modern historians…mehr

Produktbeschreibung
History research in Germany has repeatedly given rise to broader public debates. Fritz Fischer´s writings about World War I, for example, published in the early 1960s, broke the ground for a critical treatment of German national history. The "historian dispute" of the 1980s, on the other hand, concerned the uniqueness of the Holocaust and brought the internal quarrel of the experts to the forefront of public discussion. The later debate concerning the reunification of Germany and the controversy surrounding Goldhagen´s book "Hitler´s Willing Executioners" were proof of how modern historians can become catalysts for broad public discussions.The major historical controversies in the recent past have changed the political landscape of Germany. At the same time they have made contemporary history more amenable to critical questioning and innovations. This volume discusses the most important debates and puts each of them in the respective context of expert discussion and media-led communication. It is thus also a sort of introduction to the history of the discipline via the most important issues in recent times.
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Autorenporträt
Klaus Große Kracht ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2005

Lieber tun sie die Klappe auf
Klaus Große Kracht untersucht die Historikerkontroversen seit 1945
Gestritten wird überall dort, wo es unterschiedliche Meinungen und Haltungen gibt. In der Geschichtswissenschaft gilt jedoch traditionellerweise das Motto, Wissensfortschritt lasse sich nur sine ira et studio erzielen. Diesem Credo, so scheint es, hängt auch der junge Potsdamer Historiker Klaus Große Kracht an. Nur selten, so zeigt seine Studie, findet wissenschaftliche Aufklärung ihre Bahn in den Kämpfen um die publizistische Deutungshoheit zur Geschichte.
Die Untersuchung widmet sich der Verflechtung von Fachwissenschaft und politischer Öffentlichkeit anhand von vielfach untersuchten Historikerkontroversen - beginnend mit Friedrich Meineckes 1946 aufgestellter These von der langfristig zum Nationalsozialismus hinwirkenden militaristischen Belastung in der preußisch-deutschen Geschichte bis hin zu den Auseinandersetzungen um die Wehrmachtsausstellung von 1997. Große Kracht interessiert sich dabei ausschließlich für diejenigen Historikerkontroversen, die erstens eine große Öffentlichkeit erreichten und zweitens tief mit der politischen Kultur verzahnt waren.
Der Autor schildert den Ablauf der Geschichtsdebatten in fünf großen Abschnitten. Er stellt nochmals die erste große öffentliche Kontroverse um den Hamburger Historiker Fritz Fischer zu Anfang der sechziger Jahre dar, die um die Frage der deutschen Kriegsschuld am Ersten Weltkrieg kreiste. Im Grunde, so zeigt der Autor, ging es in dieser Auseinandersetzung jedoch um die Frage nach einer Kontinuität zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg und den entsprechenden imperialistischen Traditionen in der deutschen Geschichte.
Die Geschichtsdeutungen der siebziger Jahre um den Faschismusbegriff und um die Geschichtsmächtigkeit sozialer Prozesse und Strukturen waren, wie das darauf folgende Kapitel beschreibt, in den Kontext der Studentenbewegung und ihre politischen Ambitionen gegen die traditionelle Wissenschaft eingelassen.
Goldhagen erobert Herzen
Am klarsten wird die politische Aufladung der geschichtswissenschaftlichen Debatten in der Schilderung des so genannten „Historikerstreits” von 1987/88 rekonstruiert. Das lesenswerte Kapitel zur Frage nach der Einzigartigkeit des Holocaust macht deutlich, dass der Streit so gut wie nichts wissenschaftlich Neues zu Tage förderte, aber umso mehr die politische Ausrichtung der Historikerzunft in eine linksliberale und eine konservative Richtung zementierte. Für die Öffentlichkeit war der im Ton zuweilen persönlichkeitsverletzende Streit ein Lackmustest für die politische „Entsorgung” deutscher Vergangenheit im Zeichen der von Helmut Kohl ausgerufenen „geistig-moralischen Wende”.
Nach dem Zusammenbruch der DDR, der eine tiefgreifende personale und institutionelle Neuausrichtung der DDR-Geschichtswissenschaft nach sich zog, rückte dann die Bedeutung von Nation und Nationalbewusstsein in das Zentrum der Aufmerksamkeit, welche als Orientierungspunkte für eine deutsche Geschichtsidentität umstritten waren. Dabei vermischte sich die Debatte mit moralischen Diskussionen darüber, wer nach welcher Anbiederung an das DDR-Regime noch berechtigt sein mochte, zur historischen Deutungskultur beizutragen.
Die Darstellung der Goldhagen-Kontroverse und wenige Bemerkungen zur Wehrmachtausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung schließen dann das Buch ab. Wiederum wird deutlich, dass weniger Daniel Goldhagens Argumentation denn sein jugendlich frisches Auftreten die Herzen der jungen deutschen Zuschauer erreichte. Die dürftige Herleitung der Ursachen des Holocausts, die Goldhagen in der langfristigen Mentalität eines „eliminatorischen Antisemitismus” der „normalen” Deutschen zu erkennen glaubte, traten im Laufe der Debatte immer stärker in den Hintergrund.
Am Schluss seines Schnelldurchgangs durch die Historikerkontroversen prognostiziert Klaus Große Kracht ein Ende dieser Debatten. Nunmehr trete die „lange Historikergeneration” (Paul Nolte) der um 1930 Geborenen von der Bühne ab, die alle Debatten von der Fischer-Kontroverse bis zum Goldhagen-Streit getragen hatte. Doch folgt den Wehlers, Kockas, Nipperdeys, Mommsens,Winklers, Broszats oder Barings, die „lieber einmal zu oft die Klappe auftun, als einmal zu wenig” (Wehler), tatsächlich eine weniger streitbare Generation? Eine fragliche Deutung angesichts dessen, dass die Stimmen der jüngeren Historiker von Ulrich Herbert über Norbert Frei bis zu Götz Aly und Christian Gerlach in der breiteren Öffentlichkeit eigentlich doch gar nicht zu überlesen sind.
Im Grundsatz stellt sich angesichts von Große Krachts anregender Studie aber eine andere Frage als die nach den jeweiligen politischen Ambitionen von Journalisten und Zeithistorikern, zumal letztere ohnehin immer unmittelbar in die Politik eingelassene Gegenwartsgeschichte betrieben haben. Es ist die Frage, wo Medien und Wissenschaft aufeinander bezogen sind und wo unterschiedliche Relevanzkriterien und Wertmaßstäbe aufeinanderprallen.
Obwohl zankende Historiker und mediale Öffentlichkeit immer wieder zusammenfinden, liefert Große Kracht en passant bedenkenswerte Argumente für die scharfe Unterscheidung zwischen medialem Histotainment und Geschichtswissenschaft. Denn oftmals stand in den beschriebenen öffentlichen historischen Kontroversen die für die Medien wichtige Moralisierungsfähigkeit von Geschichte gegen wissenschaftliche Differenzierung, stand der mediale Wunsch nach einer Personalisierung des Politischen gegen die Komplexität des akademischen Argumentierens, stand die Vorspiegelung von unmittelbarer Geschichte in den medialen Authentizitätstechniken gegen eine wissenschaftliche Hermeneutik der Distanzierung.
Dokudrama und Wissenschaft
Das sind bedenkenswerte Spannungen, die die flott geschriebene Studie gekonnt anschneidet. Gleichwohl wäre zu thematisieren, inwieweit Polemik und Provokation nicht auch als organisierendes Prinzip von Wissenschaft verstanden werden können. Große Kracht bleibt in seiner Darstellung in der Phase von Polarisierung und Vereinfachung stehen, ohne nach den langfristig möglichen, eher untergründigen Formen neuer wissenschaftlicher Thesenbildung zu fragen. Zudem hätte man sich in der Studie eine Typologie medialer Arenen gewünscht, in der das Spektrum zwischen einem umfangreichen Artikel in den Tages- und Wochenzeitungen und den TV-Einheitsprodukten der Guido-Knopp-Serien einmal in seinen Facetten aufgefaltet wird.
Wird auf der einen Seite nach scheinbaren Sensationen gegiert, wie in den Enthüllungen der Bild-Zeitung über vermeintlich neue Details aus Hitlers Privatleben, stehen auf der anderen Seite recherchierende Redakteure mit geschichtswissenschaftlicher Ausbildung, die in diesem immer größer werdenden zweiten Arbeitsmarkt für Historiker für ja oft durchaus seriöse Presseberichterstattung und Fernsehdokumentationen sorgen. Geschichte wird beispielsweise weder in Lutz Hachmeisters Dokumentationsfilm zu Hanns Martin Schleyer noch in Artikeln des Zeit-Historikers Volker Ullrich auf eine Ästhetisierung affektiv-emotionalisierter Geschichte reduziert. Zwischen TV-Serien, Dokudramen und angeblich sensationellen Quellenfunden spannt sich ein weiter Bogen unterschiedlichster Formen popularisierter Geschichte auf. Dem Universitätshistoriker bleibt angesichts dieses grundsätzlich doch erfreulichen Interesses an der Geschichte genug Raum und ein breites Spektrum möglicher Intervention von der wissenschaftlichen Prosa über die beratende Expertise bis hin zur Medienkritik.
SVEN REICHARDT
KLAUS GROSSE KRACHT: Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005. 224 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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'Anregende Studie' (Sven Reichardt, Süddeutsche Zeitung)

'Intelligente, zügig geschriebene Darstellung ... verdienstvolle Publikation' (Volker Ullrich, Die Zeit)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sven Reichardt hat diese Studie über Historikerkontroversen seit 1945 mit großem Interesse gelesen. Dem Autor geht es darin um Historikerdebatten, die sich im Bewusstsein der Öffentlichkeit entfaltet haben und die zudem "tief mit der politischen Kultur" verknüpft waren, erklärt der Rezensent. In fünf großen Kapiteln werden die großen Historikerauseinandersetzungen "im Schnelldurchgang" vorgestellt: von der so genannten Fischer-Debatte um die deutsche Schuld am Ersten Weltkrieg Anfang der 60er Jahre, über die Faschismusdebatte in den 70ern, vom "Historikerstreit" in den späten 80-er Jahren, der Debatte um Nation und Nationalbewusstsein nach dem Fall der Mauer bis zur Goldhagen-Kontroverse. Besonders das Kapitel zum "Historikerstreit" hebt der Rezensent als sehr "lesenswert" hervor, weil der Autor darin pointiert nachweise, dass solche Art Debatten in der Regel historisch rein gar nichts "wissenschaftlich Neues zu Tage fördern". Eine "anregende Studie", lobt Reichardt, der sich dennoch gewünscht hätte, Große Kracht hätte in seinem Buch die Frage angeschnitten, ob "Polemik und Provokation" nicht auch als "Prinzip von Wissenschaft" aufgefasst werden könnten. Zudem findet der Rezensent es schade, dass die Untersuchung der Rolle der Medien beim Autor nicht weit genug geht. Hier vermisst Reichardt eine "Typologie medialer Arenen", die einen Unterschied zwischen ernsthaftem Zeitungsartikel und TV-Produktionen a la "Guido-Knopp-Serien" machen.

© Perlentaucher Medien GmbH
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