An einem Wendepunkt ihres Lebens blicken die Figuren in Adolf Muschgs neuem Erzählband zurück, ziehen in Zwiegesprächen Bilanz. In allen Geschichten sind Menschen auf der Suche nach den wirklich wichtigen Momenten des Lebens, nach den kurzen Augenblicken bedingungsloser Hingabe. "Gehen kann ich allein" erzählt nicht von den romantischen, glücklichen Beziehungen, sondern von der Abhängigkeit und Unfreiheit, die zwischen Menschen entstehen kann, von jener innigen Distanz und boshaften Intimität, die sich in die Liebe einschleicht. Und doch stehen am Ende aller Geschichten das Verstehen und die Einsicht - so ist eine Versöhnung mit sich und mit dem Leben möglich.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Für Samuel Moser sind die Liebesgeschichten, die in diesem Band versammelt sind, allesamt "Lehrstücke" von "mythologischem Zuschnitt". Sie erzählen jeweils die "lange Geschichte" eines kurzen Liebesglücks, fasst der Rezensent zusammen und er lobt die Texte als "sprachlich brillant, raffiniert in den Konstellationen und voller erzählerischer Ironie" Trotzdem ist er nicht so richtig glücklich mit den Erzählungen, und das liegt nicht zuletzt am "Aufwand", mit dem der Autor die Liebesgeschichten inszeniert. Mitunter bleibe Muschg dadurch nur noch die Flucht in die "Parodie", kritisiert der Rezensent, der insbesondere in der Erzählung ?Deiner vollkommenen Meinung" in ungläubiges Staunen verfällt, was der Autor alles an Themen und Motiven in den Text hineingepackt hat. Auch die Erzählung "Duende" erscheint Moser als "unglaubliche Räuberpistole", wobei er betont, dass innerhalb der aufwendig inszenierten Texte immer wieder "erzählerische Kabinettstücke" zu finden sind. Wenn die Liebesgeschichten ihren Protagonisten auch nur im Tod Erfüllung versprechen, so zeugen sie selbst doch zumindest von der "Lust des Erzählens" und geben sich dabei "rotzfrech, schlagfertig, schlitzohrig" und haben dabei viel "Sinn fürs Komische", so der Rezensent recht angetan. Dennoch findet er, dass es sich Muschg ziemlich "schwer macht", nicht zuletzt, weil der Erzähler in den Liebesgeschichten zumeist den "undankbareren Part" übernimmt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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