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In diesem nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegenden Klassiker der Philosophie des 20. Jahrhunderts offenbart Iris Murdoch die Unzulänglichkeiten der analytischen Moralphilosophie und fordert einen Richtungswechsel. Wir können Moral nicht verstehen, wenn wir uns rein auf naturwissenschaftliche und sprachphilosophische Methoden beschränken. In Auseinandersetzung mit Wittgenstein, Kant, Sartre, Weil oder Platon argumentiert Murdoch, dass die Moral nicht darin besteht, rationale Entscheidungen in einer wertneutralen Welt zu treffen. Stattdessen besteht sie in der Orientierung an der…mehr

Produktbeschreibung
In diesem nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegenden Klassiker der Philosophie des 20. Jahrhunderts offenbart Iris Murdoch die Unzulänglichkeiten der analytischen Moralphilosophie und fordert einen Richtungswechsel. Wir können Moral nicht verstehen, wenn wir uns rein auf naturwissenschaftliche und sprachphilosophische Methoden beschränken. In Auseinandersetzung mit Wittgenstein, Kant, Sartre, Weil oder Platon argumentiert Murdoch, dass die Moral nicht darin besteht, rationale Entscheidungen in einer wertneutralen Welt zu treffen. Stattdessen besteht sie in der Orientierung an der objektiven Idee des Guten, in der selbstlosen Zuwendung und der aufmerksamen Beobachtung der Wirklichkeit mit dem Ziel, ihr gerecht zu werden.
Autorenporträt
Iris Murdoch (1919-1999) war eine angloirische Philosophin und Schriftstellerin. Neben ihren philosophischen Hauptwerken The Sovereignty of Good und Metaphysics as a Guide to Morals schrieb sie 26 Romane. Für The Sea, The Sea erhielt sie 1978 den Booker Prize.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Klarsichtig und "elegant" ist dieses 1970 erstmals erschienene Buch von Iris Murdoch, lobt Rezensent Jens-Christian Rabe. Die Autorin widerspricht hier der "patriarchal-heroischen" Idee, die beispielsweise der Existenzialismus vertritt, die moralische Entscheidungen als unabhängigen Akt des menschlichen Individuums betrachtet, so Rabe. Stattdessen lenkt sie den Blick auf das große Ganze: Um die Grundlagen ethischer Entscheidungen zu verstehen, muss der Mensch erkennen, nach welchen moralischen Prinzipien seine Umwelt aufgebaut ist. Murdochs Stichwort heißt hier "Aufmerksamkeit", erklärt Rabe: das Bestreben, mit offenen und unvoreingenommen Blick die Welt zu betrachten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.08.2023

Mut zur Demut
Der Literaturstar Iris Murdoch hinterließ eine Moralphilosophie, die es verdient, wiederentdeckt zu werden
Die Moral hat schon lange keinen leichten Stand mehr. Zwar würde niemand sagen, dass er nicht versucht, ein guter Mensch zu sein, aber der „Gutmensch“ ist längst ein beliebtes Schimpfwort für alle, die sich dabei auch nur ein paar Zentimeter zu weit hinauswagen aus dem Privaten. Und selbst da sollten sie sich nicht mehr allzu sicher fühlen. Wer sich heute einen Tick zu energisch Gedanken darüber macht, ob das gute Leben im Angesicht des Klimawandels nicht auch einen Verzicht auf liebgewonnene Konsumgewohnheiten bedeuten muss, riskiert, umgehend als „moralinsauer“ abgeheftet zu werden, Kategorie übertrieben sittenstreng, Abteilung lästig bevormundend.
Positiv gesehen könnte man nun sagen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger der liberaldemokratischen Gesellschaften ja nicht mühevoll von der moralischen Autorität einstmals beinahe allmächtiger obrigkeitlicher Instanzen (Lehrer, Pastoren, Politiker, Journalisten, Wissenschaftler) emanzipiert haben, um sich dann spitzelartig selbst an deren Stelle zu setzen. Zumal die Selbstgefälligkeit und Ignoranz, mit der moralische Gebote oft ins Spiel gebracht werden, es nicht leicht macht, ihre Aufrichtigkeit anzuerkennen.
Aber schon dieser letzte Satz, der den Moralisten mit „Aufrichtigkeit“ kommt und damit seinerseits eine moralische Kategorie verwendet, zeigt das Problem. Nicht moralisch zu sein, ist verflixt schwierig. Und im Grunde will ja auch niemand un-moralisch sein. Es passen einem halt nur die Moral und Motive des jeweiligen Gegners nicht. Wäre es da zur Abwechslung also vielleicht nicht eine gute Idee, das ewige Spiel gegenseitiger Vorwürfe bleiben zu lassen, und umgekehrt in eine ernsthafte, erwachsene Diskussion über Moral einzusteigen?
Das soeben wiederveröffentlichte Buch „Die Souveränität des Guten“ der 1999 gestorbenen anglo-irischen Schriftstellerin Iris Murdoch könnte jedenfalls eine sehr gute Diskussionsgrundlage sein. Über ihren literarischen Ruhm, den sie sich mit ihren 26 Romanen – für „Das Meer, das Meer“ erhielt sie 1978 den Booker Prize, die bedeutendste britische Literaturauszeichnung – erschrieb, rückte Murdochs philosophisches Werk zu Lebzeiten allerdings in den Hintergrund, das sie zugunsten der Literatur früh aufgab.
Zuletzt schien dessen Einfluss auf Teile der zeitgenössischen anglo-amerikanische Philosophie allerdings fast größer zu sein, als ihr literarischer Nachruhm. Sie gilt auch als Pionierin der progressiven Gendertheorie. Ihr sexuelles Selbstverständnis beschrieb sie als das einer Person „in der Haut eines homosexuellen Mannes, der seiner Frau fremd geht“. Neben ihrer Ehe mit dem Literaturprofessor John Bayley hatte sie stets auch Beziehungen mit anderen Frauen und Männern.
Im Zentrum steht dabei immer die so luzide, wie ungewöhnlich elegant geschriebene „Souveränität des Guten“, das 1970 erstmals erschien und nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Murdoch wendet sich darin gegen die damals sowohl in der anglo-amerikanischen analytischen Philosophie wie auch im kontinentalen Existenzialismus dominierende, patriarchal-heroische Vorstellung von ethischen Entscheidungen als verstandesmäßigen Akten reinen Willens des Individuums. Mindestens ebenso bedeutsam, so Murdoch, sei für den Mensch als moralischer Akteur jedoch, die moralischen Merkmale der Welt um uns herum wahrzunehmen.
Zum zentralen Begriff ihres ethischen Denkens wird entsprechend die Aufmerksamkeit: „Wenn wir die zuvor geleistete Arbeit der Aufmerksamkeit ignorieren und nur den nackten Moment der Wahl und der Entscheidung betrachten, so kann es leicht passieren, dass wir die Freiheit mit dem offensichtlichen Handeln in diesem Moment gleichsetzen“, schreibt sie: „Doch wenn wir uns bewusst machen, wie beständig die Aufmerksamkeit eigentlich wirkt, wie kontinuierlich sie sich vollzieht und wie unmerklich sie Wertstrukturen um uns herum aufbaut, sollten wir nicht verwundert darüber sein, dass in den kritischen Momenten der Entscheidung der größte Teil der Entscheidungsfindung bereits passiert ist.“
In Zeiten, in denen gerne die dunkle Macht der „Aufmerksamkeitsökonomie“ beklagt wird, lässt sich so mal ein ganz anderer, freierer Blick auf das Phänomen werfen. Wobei wir gerade nicht denken sollen, dass das leicht ist. Im Gegenteil: „Die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist, ist Arbeit.“ Die Schwierigkeit besteht darin, „die Aufmerksamkeit auf der wirklichen Situation zu halten und zu verhindern , dass sie sich heimlich zum Selbst mit all seinem Trost in Selbstmitleid, Verbitterung, Einbildung und Verzweiflung zurückstiehlt.“ Für Murdoch ist der gute Mensch in diesem Sinne also vor allem demütig. Weil er sich als nichtig sieht, kann er andere Dinge sehen, wie sie sind. Vielleicht kein schlechter Neuanfang angesichts dessen, was gerade so vorhergesehen wird.
JENS-CHRISTIAN RABE
„Die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist, ist Arbeit.“ Iris Murdoch, geboren 1919 in Dublin, erhielt 1978 den Booker Prize.
Foto: imago images / Leemage
Iris Murdoch: Die Souveränität des Guten. Suhrkamp Verlag, Berlin 2023.
148 Seiten, 17,50 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Ein Klassiker der Moralphilosophie ...« DIE ZEIT 20230928