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Ob Seuchen oder Terrorismus - für globale Probleme gibt es keine nationalen Lösungen. Doch welcher Akteur könnte diese Herausforderungen bewältigen? Für David Held ist dazu nur eine große Koalition aus alten Europäern und liberalen Amerikanern, Entwicklungsländern und sozialen Bewegungen in der Lage. Diesem Bündnis für globale soziale Demokratie hat er ein Grundsatzprogramm geschrieben. Jenseits von Radikalopposition und neoliberalem "Weiter so" entwirft er eine pragmatische Utopie: eine Reform des UN-Sicherheitsrats, die Entwicklung demokratischer Institutionen jenseits des Nationalstaats und…mehr

Produktbeschreibung
Ob Seuchen oder Terrorismus - für globale Probleme gibt es keine nationalen Lösungen. Doch welcher Akteur könnte diese Herausforderungen bewältigen? Für David Held ist dazu nur eine große Koalition aus alten Europäern und liberalen Amerikanern, Entwicklungsländern und sozialen Bewegungen in der Lage. Diesem Bündnis für globale soziale Demokratie hat er ein Grundsatzprogramm geschrieben. Jenseits von Radikalopposition und neoliberalem "Weiter so" entwirft er eine pragmatische Utopie: eine Reform des UN-Sicherheitsrats, die Entwicklung demokratischer Institutionen jenseits des Nationalstaats und den Abbau von Handelsschranken zugunsten der Entwicklungsländer.
Autorenporträt
Held, DavidDavid Held ist Professor für Politische Wissenschaften und Co-Director der London School of Economics.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2007

In Washington ist nur ein starker Wolf am Werk
Mit antihegemonialem Zorn: David Held fegt in seinem Buch das Spielfeld der Globalisierung frei

Deutlicher als der politologische Allerweltstitel der deutschen Ausgabe zeigt der Originaltitel, worum es in diesem Buch geht: "Global Covenant. The Social Democratic Alternative to the Washington Consensus". Hinter dem "Global Covenant" verbirgt sich ein politisches, soziales und wirtschaftliches Reformpaket, das die Globalisierung auf den Weg des Völkerrechts zurückführen und eine neue, auf den Prinzipien des Rechts, der Demokratie und der Gerechtigkeit basierende multilaterale Weltordnung begründen möchte.

Dieser von David Held vorgestellte Weltvertragsentwurf wirbt für ein Bündnis der Völkerrechtsfreunde und Anhänger internationaler Institutionen. Er zeichnet die Umrisse einer vernünftigen Gestaltung der Globalisierung und stellt sich mit Entschiedenheit gegen den Washington-Konsens, der sich in Reaktion auf die Terroranschläge auf das World Trade Center und das Pentagon im Herzen der einzig verbleibenden Supermacht ausgebildet hat - und insbesondere seit dem Irakkrieg das internationale Geschehen und das zwischenkulturelle Klima zum Nachteil von politischer Klugheit, Völkerrecht und globaler Gerechtigkeitsmoral bestimmt hat.

Kern dieses Washington-Konsenses ist laut Held eine "kurzsichtige Sicherheitsstrategie", die sich auf unilaterale und präventive Kriegführung stützt, durch den Bruch vieler Abkommen und die Verletzung nahezu aller Grundsätze der internationalen Politik nach dem Zweiten Weltkrieg das Völkerrecht systematisch ausgehöhlt hat, auf den Multilateralismus der Verhandlung ebenso verzichtet wie auf stabile Abschreckungsszenarien des Gleichgewichts der Kräfte und einen Hegemonialismus anstrebt. Kurzsichtig ist diese Sicherheitsstrategie, weil sie allein auf militärische Überlegenheit setzt. Würde Washington doch nur die Mahnung Talleyrands beherzigen, dass man mit Bajonetten viel anstellen, aber nicht auf ihnen Platz nehmen könne. Held sieht den Weg zu einem globalen Sicherheitskonzept verstellt, das sich um die Schaffung der institutionellen Bedingungen menschlichen Wohlergehens bemüht.

Die Vorstellung von neokonservativen Publizisten wie Robert Kagan, die Vereinigten Staaten würden wie der Hobbessche Souverän handeln müssen, der einer in Gesetzlosigkeit ertrinkenden Welt durch Gewalt eine neue Sicherheitsordnung geben wolle, wird von Held zurückgewiesen. Kein deus mortalis ist in Washington am Werk, sondern nur ein starker Wolf, der die zwischenstaatliche Welt in den Naturzustand zurückstürzt.

Damit nun ein Plan entworfen werden kann, um den zerstörerischen Einfluss des amerikanischen Sicherheitsdenkens zurückzudrängen, möchte Held zuerst einmal das globale Terrain besichtigen. Dazu ist erforderlich, es von all den Mythen zu reinigen, die moralische Empörung und ideologische Hartleibigkeit, aber auch törichter Hurraglobalismus um die Globalisierung gerankt haben. So fegt Held einleitend das Spielfeld der Globalisierung frei, stellt heraus, dass Globalisierung nicht mit Amerikanisierung gleichzusetzen ist; dass der schrankenlose Wettbewerb um die geringsten Sozialabgaben und die niedrigsten arbeitsrechtlichen und umweltpolitischen Standards ausgeblieben ist; dass der Nationalstaat nach wie vor lebt und gerade für eine multilaterale Gestaltung der Globalisierung unerlässlich ist; dass auch nationale Kulturen nicht ausgestorben sind; dass selbst von einem verheerenden Anwachsen weltweiter Ungleichheiten nicht geredet werden kann und auch außerhalb der OECD-Region, unter den Entwicklungsländern, Globalisierungsgewinner zu finden sind.

Gerade weil die Globalisierung vielfältige Entwicklungschancen bietet, muss ihrer Dämonisierung begegnet werden. Globalisierungsgegnerschaft ist, wie Held richtig darlegt, eine Mixtur aus Denkverweigerung und Erfahrungsunfähigkeit und daher an beiden Extremen des nationalpolitischen Ideologiespektrums anzutreffen. Nicht um Ablehnung kann es gehen, sondern um die Gestaltung der Globalisierung und die Nutzung ihrer Chancen.

Held geht es darum, entsprechende Vorschläge konsensfähig zu machen. So greift der Autor für die Wirtschaft den Vorschlag auf, faire Spielregeln einzuführen, um Chancengleichheit zu schaffen. Das bedeutet, dass die OECD-Länder ihre Agrarsubventionen stufenweise abbauen müssen, dass alle Beihilfen, die arme Produzenten benachteiligen, und alle aberwitzigen ökonomischen Anreize zur Verschwendung natürlicher Ressourcen beseitigt werden müssen.

Der genuin politische Beitrag zur Globalisierungsgestaltung erstreckt sich für Held vor allem auf die Einrichtung und den Ausbau der Institutionen der globalen politischen Steuerung. Die Staaten sollen zu koordiniertem Handeln gebracht und zur gemeinsamen Problemlösung angehalten werden. Dieser Institutionalisierungsprozess muss - so immer wieder der Fluchtpunkt von Helds Überlegungen - durch die Prinzipien der Gleichberechtigung bestimmt werden.

Gegen Ende seines anregenden, gut zu lesenden, mit antihegemonialem Zorn und kosmopolitischer Leidenschaft geschriebenen Buches buchstabiert Held die Prinzipien noch einmal aus, die seinem globalen Bündnis unterliegen. Sie entstammen unseren menschenrechtlichen Überzeugungen und zeigen, dass diesen ein kosmopolitisches Programm von Beginn an eingeschrieben ist. Und Philosophen, die dazu neigen, die Gemeinplätze unseres moralisch-kulturellen Selbstverständnisses mit großer Konstruktionsgebärde zu begründen, können von Held lernen, mit welch geringem hermeneutischen Aufwand man zu demselben Ergebnis kommen kann.

WOLFGANG KERSTING.

David Held: "Soziale Demokratie im globalen Zeitalter". Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 288 S., br., 11,- [Euro]

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Wolfgang Kersting besitzt dieses Buch durchaus Anregungspotential. Wie sich Globalisierung in Einklang mit Recht, Gerechtigkeit und demokratischen Grundsätzen bringen lässt, hat Kersting - anders als sein Kollege Gregor Schöllgen - bei David Held lernen können, der seine Perspektive in Absetzung zu neokonservativen Positionen aus Washington und auf einem von Mythen und Vorurteilen freigeräumten Feld entwickelt. Dass eine Dämonisierung der Globalisierung beiden Extremen des nationalpolitischen Spektrums von Nutzen ist, wie Held darlegt, leuchtet Kersting unmittelbar ein. Ebenso Helds Vorschläge zur Nutzung der durch eine Weltmarktordnung gegebenen Chancen. Helds auf kleiner hermeneutischer Flamme gekochte antihegemoniale Verve empfiehlt der Rezensent all denjenigen, die ein "kosmopolitisches Programm" erst konstruieren, anstatt es aus bereits bestehenden "menschenrechtlichen Überzeugungen" abzuleiten.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Sie entstammen unseren menschenrechtlichen Überzeugungen und zeigen, dass diesen ein kosmopolitisches Programm von Beginn an eingeschrieben ist.« Frankfurter Allgemeine Zeitung