15,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 1-2 Wochen
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

Sie interessieren sich für das Schriftstellerleben? Wollen wissen, was jenseits des Schreibtisches sonst so passiert? Was es heißt, in einer Fußballkneipe nach seinem Beruf gefragt zu werden, sich als deutscher Gastautor unvermutet in einer Basketballhalle vor fünftausend Brasilianerinnen wiederzufinden oder als Ein-Satz- Schauspieler in einem Hollywoodfilm? Und wie es ist, vorm Nachtpostschalter Schlange zu stehen, um eine Story in letzter Minute zu einem lukrativen Wettbewerb zu schicken, und plötzlich vor und hinter sich Gesichter von Kollegen zu erblicken ... In neun Erzählungen lüftet…mehr

Produktbeschreibung
Sie interessieren sich für das Schriftstellerleben? Wollen wissen, was jenseits des Schreibtisches sonst so passiert? Was es heißt, in einer Fußballkneipe nach seinem Beruf gefragt zu werden, sich als deutscher Gastautor unvermutet in einer Basketballhalle vor fünftausend Brasilianerinnen wiederzufinden oder als Ein-Satz- Schauspieler in einem Hollywoodfilm? Und wie es ist, vorm Nachtpostschalter Schlange zu stehen, um eine Story in letzter Minute zu einem lukrativen Wettbewerb zu schicken, und plötzlich vor und hinter sich Gesichter von Kollegen zu erblicken ... In neun Erzählungen lüftet Bernd Cailloux die mehr oder weniger dunklen Geheimnisse des german writing: etwa daß der Ausdruck von irischen Fischern stammt und für die runenartig krakeligen Zeichnungen auf Hummerpanzern steht. Und daß ein fetter Hummer und ein dicker Panzer nie verkehrt sind.
Autorenporträt
Cailloux, BerndBernd Cailloux, Jahrgang 1945, lebt als freier Schriftsteller in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2007

Was macht das gelbstichige Leben?
Abenteuer eines Statisten: Bernd Cailloux erzählt vom „german writing”
Bernd Cailloux gehört, warum auch immer, nicht zu den Autoren, die andauernd Preise und Stipendien bekommen oder zu Auslandsreisen eingeladen werden, als leuchtendes Beispiel für „german writing”. Er schreibt seit Jahrzehnten, ohne dass sich daraus so etwas wie eine literarische Karriere ergeben hätte. Nicht einmal sein Verlag scheint große Erwartungen in ihn zu setzen, seine Bücher erscheinen, immerhin regelmäßig, nur im Taschenbuchformat, in der „edition suhrkamp”. Das ist nicht ganz zu verstehen, denn Cailloux’ letztes Buch, „Das Geschäftsjahr 1968/69”, war ein Erfolg, jedenfalls bei der Kritik.
„Seit Ende des vergangenen Jahres”, schreibt jemand, der Bernd Cailloux ähnlich sehen könnte, „bin ich im Besitz des Armenrechts”, und auch sonst deutet manches in diesen gesammelten Aufsätzen und Erzählungen auf die prekäre Lebensweise ihres Autors. Aber Cailloux war schon immer als Ich-AG und Risiko-Unternehmer unterwegs – „Das Geschäftsjahr 1968/69” erzählte von seiner Mit-Erfindung des Stroboskops im Disco- und Revoltenjahr 1968”. Selbstmitleid liegt diesem Autor fern: Cailloux’ Mitteilungen aus seinem kargen Autorenleben enthalten ein Quantum an Sarkasmus, Witz und Coolness, wie man es bei erfolgreicheren Kollegen selten findet.
Der Band „german writing” ist vielleicht schon ein Indiz für das neuerdings gesteigerte Interesse an Cailloux, denn er enthält Gelegenheitsarbeiten, die sonst womöglich auch liegengeblieben wären. Die meisten dieser kurzen Texte handeln vom randständigen Leben eines Schriftstellers, der sich zum Broterwerb an Kurzgeschichtenwettbewerben beteiligt, bei entsprechendem Honorar auch schon mal drei Seiten für ein Gourmet-Magazin liefert und sich abends, wenn die Arbeit getan ist, in sein „Zeitungscafé” setzt und über den Zeitungsrand hinaus einen Blick auf die weibliche Kundschaft wirft.
Das ist wahrlich nicht weltbewegend, aber in der Art, wie Cailloux davon erzählt, dann doch ziemlich unwiderstehlich: „Ich ging auf die Toilette, sah im Spiegel mein verwohntes Gesicht und fragte mich, nach Hause – jetzt? Wieder eine laue Samstagnacht für immer weglesen, wieder mal als alter Grübelknabe unter der Bettdecke verdampfen?” Nein, das kann es nicht sein, schon gar nicht für jemanden, der sowieso den ganzen Tag zu Hause sitzt und sich aufs Skrupulöseste und Unbedankteste dem Geschäft des Schreibens widmet. Bernd Cailloux stellen wir uns ein bisschen wie den literarischen Doppelgänger von Udo Kier vor – und auf den wenigen Fotos, die es von ihm gibt, sieht er fast genau so lässig und unberechenbar aus. Und wie Udo Kier hat Cailloux schon mal einen „Anruf aus Hollywood” erhalten. Nicht dass er selbst anrufen musste, Hollywood wollte ihn.
Als Statisten in dem alten John-Frankenheimer-Film „The Holcroft Covenant” mit Michael Caine und Mario Adorf, dem der deutsche Verleih den schönen Titel „Der 4 1/2 Billionen Dollar-Vertrag” verpasste, den aber heute keiner mehr kennt. Über irgendein darstellerisches Charisma muss Cailloux wohl verfügt haben, sonst hätten sie ihn als Laien kaum ausersehen, neben Michael Caine zu spielen. „I want you to stay here”, sagt immerhin der Regisseur zu ihm. „Er glaubte”, mutmaßt der Ausersehene, „in meinem Gesicht genügend Gauloise, Rotwein und miese Affären zu sehen, um mich eigenhändig ganz nach vorn zu bringen”. Tatsächlich glückt der Dreh, und wie Cailloux von seinem Erlebnis am Set erzählt, so wenig beeindruckt, so selbstironisch und nonchalant, kann das sonst kaum einer. Jahre später läuft ihm seine damalige Freundin über den Weg, aus deren Casting-Agentur heraus das Film-Abenteuer seinen Lauf genommen hatte, und sie fragt ihn: „und was machst du so mit deinem gelbstichigen Leben?”
Alle diese kleinen Texte erzählen, jeder auf seine Weise, aus einem gelbstichigen Leben, in dem die Exzesse und Erregungen früherer Jahre ihre Spuren hinterlassen haben und das nun von einer gewissen Altersmilde geprägt scheint. Eine kokette Melancholie, ein leise gelangweiltes Understatement sind darin am Werk, wie in den besseren Pop-Alben altgewordener Stars, die wissen, dass sie die Welt nicht noch einmal neu erfinden werden. Bernd Cailloux ist freilich kein Popstar, sondern einer, den man erst einmal richtig entdecken und würdigen müsste. „german writing” ist übrigens kein Verweis auf die deutschen Gegenwartsliteratur, sondern, im Sprachgebrauch irischer Fischer, ein Parasitenbefall auf Hummerpanzern. Auch mit so etwas kennt Bernd Cailloux sich aus. CHRISTOPH BARTMANN
BERND CAILLOUX: german writing. Erzählungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006. 144 Seiten, 8 Euro.
Michael Caine mit Statisten in „The Holcroft Covenant” (1985) von John Frankenheimer Foto: defd/Kinoarchiv
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christoph Bartmann findet es eigentlich unverständlich und ungerecht, dass ein Autor wie Bernd Cailloux im literarischen Leben so wenig wahrgenommen wird, wertet es aber immerhin als gutes Zeichen, dass diese vielleicht als Gelegenheitstexte entstandenen Erzählungen einer Veröffentlichung für wert gefunden wurden. Die Texte seien zwar keineswegs "weltbewegend", dafür sei die Darstellungsweise einfach berückend, schwärmt der Rezensent. Cailloux erzählt aus dem beschwerlichen und ärmlichen Autorenleben, und er tut das ohne jede Larmoyanz und mit einer Portion Witz und Ironie, lobt Bartmann. Insbesondere eine Erzählung über die Mitwirkung in einem Hollywood-Film als Statist hat den Rezensenten wegen seiner Coolness und der unbeeindruckten Selbstironie sehr eingenommen.

© Perlentaucher Medien GmbH