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Jeder kennt sie, und fast jeder hat sich schon einmal über sie geärgert. Die Fruchtfliege Drosophila melanogaster sitzt bevorzugt auf überreifem Obst und lässt sich, wenn sie erst einmal da ist, nur mit Mühe wieder vertreiben. Die Naturwissenschaftler und insbesondere die Gentechniker schätzen die kleine Fliege über die Maßen: Die Fruchtfliege nämlich ist seit ihrer Entdeckung vor rund 100 Jahren zum erfolgreichsten Labortier der Welt geworden. Bei einer hohen Fortpflanzungsrate und einer Generationsfolge von nur 12 Tagen können Wissenschaftler der Evolution gewissermaßen bei der Arbeit…mehr

Produktbeschreibung
Jeder kennt sie, und fast jeder hat sich schon einmal über sie geärgert. Die Fruchtfliege Drosophila melanogaster sitzt bevorzugt auf überreifem Obst und lässt sich, wenn sie erst einmal da ist, nur mit Mühe wieder vertreiben. Die Naturwissenschaftler und insbesondere die Gentechniker schätzen die kleine Fliege über die Maßen: Die Fruchtfliege nämlich ist seit ihrer Entdeckung vor rund 100 Jahren zum erfolgreichsten Labortier der Welt geworden.
Bei einer hohen Fortpflanzungsrate und einer Generationsfolge von nur 12 Tagen können Wissenschaftler der Evolution gewissermaßen bei der Arbeit zusehen. 1995 erhielt die Tübinger Genetikerin Christiane Nüsslein-Vollhard den Medizin-Nobelpreis für die Entschlüsselung und Kartierung aller Gene, die das Embryonalstadium der Fliege organisieren. Brookes ist ein brillantes und vergnügliches Buch über ein wichtiges Kapitel der modernen Naturwissenschaften gelungen, das im Lichte der jüngsten Debatten um die Entschlüsselung des menschlichen Genoms eine sehr aktuelle Dimension bekommen hat.
Autorenporträt
Martin Brookes Studierte Biologie und Evolutionsgenetik in London und Cardiff. Nach seiner Promotion war er mehrere Jahre am University College London tätig. Seit 1996 arbeitet er als freier Autor; er schreibt unter anderem für den "New Scientist", "BBC Wildlife Magazine" und den "Guardian". Er lebt in London.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.04.2003

Schicksale kleiner Plagegeister
Versuchskaninchen im Obstkuchen: Martin Brookes beschreibt die wissenschaftliche Karriere der Fruchtfliege
Wer kennt sie nicht, die winzigen Fliegen, die sich gern in der Küche tummeln? Die überreifen Pflaumen in der Obstschale und der angefaulte Pfirsich im Komposteimer sind genau das, worauf Fruchtfliegen fliegen und ihre Eier ablegen. Wenn man nicht aufpasst, wächst flugs eine neue Fliegengeneration heran. Dass Drosophila melanogaster anspruchslos ist und ungemein vermehrungsfreudig, erweist sich andernorts als nützlich. Aus gutem Grund wurde die Fruchtfliege zum allseits beliebten Forschungsobjekt. Indem Martin Brookes die Karriere der Tierchen im Dienst der Wissenschaft nachzeichnet, gibt er zugleich einen Einblick in die Forschungsgeschichte.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts etablierte sich die Genetik als wissenschaftliche Disziplin. Die Fruchtfliege Drosophila war von Anfang an dabei. Gewiss, Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der Augustinermönch und Naturforscher Gregor Mendel noch Erbsen gezählt. Im Forschungsbetrieb der Universitäten konnten sich seine Erkenntnisse aber erst Jahrzehnte später durchsetzen, nachdem sie sich unter anderem auch bei Fliegen bestätigt hatten. Dass Drosophila so winzig ist und alle zwei Wochen eine neue Generation hervorbringt, war gegenüber anderen Versuchskaninchen ein entscheidender Vorteil: Die Wissenschaftler konnten auf kleinstem Raum große Stückzahlen unterbringen und diverse genetische Varianten kreuzen. Auf diese Weise ließen sich einzelne Gene kartieren – noch ehe man eine Ahnung davon hatte, aus welchem Stoff sie bestehen.
Als die Genetiker dann in molekulare Dimensionen vorstießen, eröffneten sich neue Perspektiven. Nun konnten zum Beispiel die Prozesse erkundet werden, die aus einer Eizelle einen komplexen Organismus heranwachsen lassen. Bei der Fruchtfliege stellte sich heraus, dass manches schon vor der Befruchtung geregelt wird. Fliegenweibchen statten ihre Eier nicht nur mit Proviant für die Embryonalentwicklung aus. Sie liefern auch Proteine und Baupläne von Proteinen, die ordnend eingreifen. So entscheidet sich, wo der Kopf entsteht und wo das hintere Ende. Asymmetrisch im Ei verteilt, aktivieren die Produkte der mütterlichen Gene bestimmte Gene des Embryos. Dass diese dann weitere Gene ins Spiel bringen, führt zu einer Kaskade von Entwicklungsentscheidungen.
Solche Steuerungsmechanismen sind kein spezieller Trick von Drosophila. Wenn es um grundlegende Weichenstellungen geht, scheinen ganz verschiedenartige Organismen auf ein gemeinsames Erbe zurückzugreifen. So wurden beispielsweise etliche Kontrollgene der Fruchtfliege in ganz ähnlicher Form auch im Erbgut von Maus und Mensch entdeckt. Mit den Methoden der Gentechnik lassen sich sogar einzelne Steuerungselemente aus dem Inventar der Maus in eine Fliege verpflanzen, wo sie dann unbeirrt ihres Amtes walten: Ein Gen, das bei Mäusen die Entwicklung von Augen in Gang setzt, funktioniert auch in Fruchtfliegen – dort lässt es die für Insekten typischen Facettenaugen entstehen.
Kampf der Geschlechter
Läuft etwas schief im genetischen Programm, sind die Folgen oft ebenso dramatisch wie aufschlussreich: Manch arme Fliege bleibt kopflos, weil ein bestimmtes Gen defekt ist, anderen fehlen sämtliche Gliedmaßen, wieder anderen wächst an Stelle der Antennen ein zusätzliches Beinpaar auf der Stirn. Daneben gibt es eine Vielzahl von weniger offensichtlichen Mutanten: Gene, die Lernfähigkeit und Gedächtnis beeinflussen oder den Rhythmus des Lebens prägen.
Alterungsprozesse lassen sich ebenso auf molekularer Ebene studieren wie der Kampf der Geschlechter, der bei Drosophila besonders bizarr vonstatten geht: In der Samenflüssigkeit enthaltene Substanzen können die Lebenserwartung eines Weibchens deutlich verkürzen. Im Laufe der Evolution haben die Männchen ihren Konkurrenzkampf anscheinend in den Körper der Partnerin verlagert, wo sie das Sperma ihrer Rivalen mit einer chemischen Keule attackieren. Im Gegenzug haben die Fliegenweibchen Strategien entwickelt, um den Schaden in Grenzen halten.
Wer den Prozess der Evolution auch in freier Wildbahn erforschen will, ist bei den Fruchtfliegen ebenfalls an der richtigen Adresse. Traumhafte Voraussetzungen für einschlägige Studien bietet Hawaii, die Hälfte der rund zweitausend Fruchtfliegenarten, die weltweit bekannt sind, tummelt sich dort.
Doch keine Sorge, der Autor geht nicht ins Detail. Nach einem Biologiestudium zum Journalismus gewechselt, weiß er sich kurz zu fassen. Für selbst Erlebtes gilt das allerdings nicht immer. Vier Seiten Lampenfieber im Stil von „Ich war ein einziges Nervenbündel, eine schwarze Wolkenfront kurz vor dem Ausbruch des Sturms” sind nicht jedermanns Geschmack. Wissenswertes rund um Drosophila wird hingegen meist unterhaltsam präsentiert. Mögen Fruchtfliegen am heimischen Herd auch lästig sein, ihre wissenschaftlichen Meriten sind zweifellos eindrucksvoll.
DIEMUT KLÄRNER
MARTIN BROOKES: Die Fliege. Die Erfolgsgeschichte eines Labortiers. Deutsch von Hubert Mania. Rowohlt Verlag, Reinbek 2003. 254 S., 8,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Diemut Klärner zeigt sich beeindruckt von dieser Studie über die wissenschaftliche Karriere der Fruchtfliege. Interessiert referiert sie eingehend die Vorzüge der Drosophila melanogaster für die Genforschung und die Besonderheiten in Leben und Fortpflanzung der Fliege, wie sie der Autor in seinem Buch darstellt. Die Rezensentin findet die Ausführungen des Autors, der sich nach dem Biologiestudium dem Journalismus zugewandt hat, sowohl informativ als auch "meist unterhaltsam" und interessant dargestellt. Nur wenn der Autor auf eigene Erlebnisse zu sprechen kommt, meint Klärner kritisch, fehle es ihm an der gebotenen Kürze.

© Perlentaucher Medien GmbH
Sie ist mickrig, allgegenwärtig, unscheinbar. Anders als Schmetterlinge oder Käfer hat sie keine devote Fangemeinde, nicht mal mordlüsterne Kammerjäger setzen ihr nach. Die Fruchtfliege Drosophila ist nicht populär. Dabei hat sie zum Kuriositätenkabinett der Natur einiges beizutragen. ... Drosophila ist die wichtigste Inspirationsgeberin und Muse der Genetik, eine Heldin des 20. Jahrhunderts. Der Stern