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In unsentimentaler, bestechend klarer Prosa zeigt Alice Elliott Dark, wie scheinbar fast alltägliche Vorkommnisse Menschen in emotionale Grenzsituationen katapultieren. "Weise, humorvoll und ergreifend leuchtet Dark die verborgenen Seiten im Leben ihrer komplexen Charaktere aus." (Elle)

Produktbeschreibung
In unsentimentaler, bestechend klarer Prosa zeigt Alice Elliott Dark, wie scheinbar fast alltägliche Vorkommnisse Menschen in emotionale Grenzsituationen katapultieren. "Weise, humorvoll und ergreifend leuchtet Dark die verborgenen Seiten im Leben ihrer komplexen Charaktere aus." (Elle)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2001

Schottische Moorblüte
Alice Elliott Dark beschreibt Fragmente und zielt aufs Ganze

Die erste Geschichte, "Abendlicht", ist mit Glenn Close in der Hauptrolle verfilmt worden, die fünf weiteren in diesem Erzählungsband wären ebenso als Filmstoff geeignet. Denn Alice Elliott Dark schreibt für Augenmenschen, es gelingt ihr, auch stille Ereignisse in einer oft atemberaubenden Intensität mit Worten sichtbar und fühlbar zu machen.

Die meisten ihrer Kurzgeschichten, die im Original unter dem Titel "In the Gloaming" herausgekommen sind, hat sie im "New Yorker" veröffentlicht. Amerikanische Schriftsteller sind um dieses vielbeachtete Forum zu beneiden; fast ausnahmslos haben sich dort die heute Berühmten wie Updike, Roth oder Auster einen Namen gemacht. Hierzulande fehlt eine solche Zeitschrift, und es fehlen oft auch mutige Verleger, die auf Autoren der kleinen Form setzen. Immerhin gibt es bei uns Taschenbuchreihen, in denen auch Erstveröffentlichungen zu entdecken sind. Ein solcher Glücksfall ist "Das Hotel im Dschungel".

Alice Elliott Dark beschreibt in der Eingangsgeschichte das Sterben eines jungen Aidskranken aus der Perspektive seiner Mutter. Die beiden durchleben diese letzte Phase des Lebens in einer fast symbiotischen Nähe und Vertrautheit. Kein Wort der Beschwichtigung fällt, alles ist klar und friedlich. Beide wissen, daß das Ende jeden Augenblick eintreten kann. Der Sohn will nur noch mit seiner Mutter sprechen. Er möchte ihre beschützende Liebe spüren wie in seiner Kindheit; er will aber auch, ehe es zu spät ist, wissen, wer sie eigentlich ist. Er möchte sie endlich kennenlernen. "Was magst du?" fragt er ganz unbefangen. Und die Mutter zählt alltägliche Dinge auf wie Maiglöckchen oder eben das Abendlicht, das sie beide genießen; es bedeutet die Erinnerung an schottische Moore in voller Blüte. Daß ihre Ehe mit dem arbeitsbesessenen Vater nicht glücklich ist, wird belanglos angesichts des Todes ihres Kindes, der "Liebe ihres Lebens".

Kompliziert und keineswegs eindeutig sind die Beziehungen zwischen den Menschen in den anderen Storys dieses Bandes. Alice Elliott Dark versteht sich auf Spannungen, auf gesellschaftliches Palaver wie auf die dahinter verborgenen Ängste und Katastrophen. In einem schäbigen Touristen-Hotel am Amazonas wird ein junges Mädchen vergewaltigt, die ältere Schwester entgeht mit Mühe einer weiteren Verführung durch den betrunkenen Stiefvater. Die Wahrheit kommt heraus, doch sie wird sofort mit Schweigen zugedeckt. Das Weiterdenken bleibt dem Leser überlassen: Wie werden die Schwestern künftig leben mit dieser ungeheuren Verletzung?

In der letzten Geschichte mit dem doppelbödigen Titel "Heim" bringt die jüngste Tochter ihre verwirrte Mutter in einem Altersstift unter. Dieser Abschied von der Welt spiegelt sich abwechselnd in den Wahrnehmungen von Mutter und Tochter wider. Ein Leben zieht in Bruchstücken vor den Augen der alten Frau vorüber, doch die Zusammenhänge sind zerrissen. Schöne Bilder einer sorglosen Existenz in geräumigen Häusern im Winter in der Stadt, im Sommer am Meer, freundliche Nachbarn und ein Mann, der sie vielleicht betrog, aber doch gern mit ihr zusammen war. Jetzt ist er unfähig zu gehen und ähnlich pflegebedürftig wie sie, deren Diagnose Alzheimer heißt.

"Wir haben alle beschlossen, daß es so am besten ist", erklärt die Tochter der Mutter und weiß doch, was es bedeutet, die alte Frau in der "fröhlichen Armseligkeit" dieses Heims mit seinen Plastiknippes und seiner Totalüberwachung auszusetzen.

Alice Elliott Dark gelingt es, den Leser teilnehmen zu lassen am fremden Schicksal, indem sie Szenen schildert, die ohne viel Worte auskommen. Über den Augenblick der Handlung hinaus ist immer ein größerer Zusammenhang spürbar. Das Charakteristische der Kurzgeschichte - ein Ausschnitt, der das Ganze ahnen läßt -, hier ist es überzeugend gelungen.

MARIA FRISÉ

Alice Elliott Dark: "Das Hotel im Dschungel". Storys. Aus dem Amerikanischen von Susanne Goga-Klinkenberg. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001. 174 S., br., 24,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Maria Frise schreibt ausgesprochen beeindruckt von diesem Band mit "Storys". Die Autorin schreibe für "Augenmenschen" und mit ungeheurer Intensität über "stille Ereignisse". Und wieder hören wir eine Kritikerin darüber trauern, dass es in Deutschland kein mit dem "New Yorker" vergleichbares Magazin gibt - die meisten Kurzgeschichten des Buches sind dort zum ersten mal veröffentlicht worden. Dann gibt uns die Rezensentin ein paar atmosphärische Kostproben aus dem Buch, die gleich eine ganze Flut von Kinoassoziationen auslösen. Aber man hat ja auch gelesen, dass die erste Geschichte des Bandes mit Glenn Close in der Hauptrolle verfilmt wurde.

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