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Produktdetails
  • Die Border-Trilogie 3
  • Verlag: Rowohlt, Hamburg
  • Originaltitel: Cities of the Plain
  • 1. Auflage
  • Seitenzahl: 336
  • Deutsch
  • Abmessung: 215mm x 140mm
  • Gewicht: 560g
  • ISBN-13: 9783498044725
  • ISBN-10: 3498044729
  • Artikelnr.: 09372484
Autorenporträt
McCarthy, CormacCormac McCarthy wurde 1933 in Rhode Island geboren und wuchs in Knoxville, Tennessee auf. Für sein literarisches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Pulitzerpreis und dem National Book Award. Die amerikanische Kritik feierte seinen Roman «Die Straße» als «das dem Alten Testament am nächsten kommende Buch der Literaturgeschichte» (Publishers Weekly). Das Buch gelangte auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste und verkaufte sich weltweit mehr als eine Million Mal. Mehrere von McCarthys Büchern wurden bereits aufsehenerregend verfilmt, «Kein Land für alte Männer» von den Coen-Brüdern, «Der Anwalt» von Ridley Scott und «Ein Kind Gottes» von James Franco.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2001

All die schönen Worte
Beckett zu Pferde: Cormac McCarthy beendet seine Border-Trilogie

Auch die Cowboys sind nicht mehr das, was sie mal waren. So mancher Mann des Westens ist zum Animateur geworden, der den "City Slickers" von der Wall Street auf sogenannten "Dude Ranches" zur Entspannung verhilft, wo sie Stier und Bär der Börse in freier Wildbahn treffen dürfen. Nur in der amerikanischen Mythologie, in der Prärie der Populärkultur reitet der Cowboy noch immer unermüdlich in den Sonnenuntergang. Und natürlich in den Romanen von Cormac McCarthy, der vom "schwierigen" Kultautor für Akademiker zum Mann der Bestsellerlisten wurde. "All die schönen Pferde", der Auftakt seiner "Border-Trilogie", hat inzwischen sogar den Weg ins Kino gefunden, wenngleich dabei vom Roman nicht mehr übriggeblieben ist als von einem verdursteten Cowboy im Death Valley. McCarthy hat das nicht geschadet, und vermutlich hat es ihn nicht einmal sonderlich berührt. Er hat weitergeschrieben, mit seiner Prosamischung aus hohem Ton und hartem Slang experimentiert, die er gern mit einigen Prisen Spanisch abschmeckt, für das keine Übersetzung geboten wird. Noch immer gibt er keine Interviews, doch in El Paso soll man den Achtundsechzigjährigen ab und an im Café sehen können.

Zum Abschluß seiner Trilogie betreibt der Geheimnisvolle aus dem Grenzland eine Art literarischer Familienzusammenführung. In "Land der Freien" arbeiten John Grady Cole aus "All die schönen Pferde" und Billy Parham, der in "Grenzgänger" mit der Wölfin zog, auf derselben Farm in Alamogordo, New Mexico, nicht weit vom Atomtestgelände der Army, nicht weit von der mexikanischen Grenze und der Doppelstadt El Paso und Ciudad Juárez. Das Farmleben: die wilden Pferde und entlaufenen Kälber, die kargen Worte und rauhen Sitten, der Rhythmus der Arbeiten und das archaische Land, die whiskyschweren Ausflüge in die Hurenhäuser der Stadt. Ob dies allerdings das "Land der Freien" ist, darf man bezweifeln, auch weil der Roman im Original "Cities of the Plain" heißt und damit zugleich auf die Bibel wie auf den amerikanischen Untertitel von Marcel Prousts "Sodom und Gomorrah" anspielt.

Wie ein erdiger Blues zieht sich das Motiv des Verlusts durch die Erzählung, und es sind mehr als die individuellen Niederlagen, die enttäuschten Romanzen jener Hemingwayschen "Männer ohne Frauen"; es ist der Untergang einer Lebensform, einer Alltagskultur, den ins Elegische gesteigerte Trauer wie in einem Spätwestern umweht. In diesem Abgesang findet sich alles, was McCarthys Verehrer und Verächter schon immer in seiner Prosa gefunden haben. Die Romantik, die tiefe Skepsis gegenüber einer modernen Zivilisation, die graphischen Schilderungen von Gewalt, wenn ein wilder Hund, von zwei Lassos gleichzeitig erfaßt, in der Luft zerrissen wird. Man liest die überwölbenden, lyrischen Sätze, die so unendlich fern von jenen Cowboy-Dialogen sind, die bisweilen fast schon Beckettsche Qualitäten haben, und freut sich über die Souveränität der Übersetzung, die Nikolaus Stingl, an Thomas Pynchons "Mason & Dixon" gestählt, besorgt hat. Der Mangel an Plot ist so vertraut wie die schroffen Schnitte, die von einem auf den anderen Schauplatz führen, man staunt über die einfachen Weisheiten, die gern von blinden alten Männern vorgetragen werden, und über den angenehmen Mangel an Psychologie, weil der Cowboy ganz bei sich und seiner Arbeit ist und sich allenfalls für die Psyche seines Pferds interessiert.

Doch es geht nicht gut aus, denn die fatale Liebe zu einer epileptischen Prostituierten reißt den so sturen wie großherzigen John Grady Cole ins Verderben, das diese Magdalena verkörpert. Es kommt zum tödlichen Duell zwischen John Grady Cole und dem Zuhälter Eduardo, der "die drei Querstiche im Fleisch" auch noch "mit einem senkrechten Schnitt zu dem Buchstaben E" verbindet, bevor ihm Coles Messer in die Kehle fährt. McCarthy aber gibt sich mit der lyrisch-blutigen Inszenierung dieses Showdowns nicht zufrieden; auf einmal kann er die Szene nicht jäh abreißen lassen, er muß mit zu viel Pedal weiterspielen: "Alle begaben sich weiter zu den ihnen zugewiesenen Orten, die, wie manche glauben, schon lange Zeit vor Anbeginn der Welt bestimmt worden sind." Als sei auch das nicht genug, katapultiert der Epilog Billy Parham aus dem New Mexico des Jahres 1952 ins neue Millennium. Fünfzig Jahre danach hockt der alte Billy unter einer Autobahnbrücke und lauscht einem weisen Mann, so einsam und abgerissen wie er selbst. Dieser erzählt ihm einen Traum, und je länger man ihm zuhört, desto mehr wird der Träumer zum Bauchredner, aus dem McCarthys erzählerisches Selbstverständnis spricht. "Denn in dem Maße, wie uns die Fähigkeit, von der Welt zu sprechen, entschwindet, muss auch die Geschichte der Welt ihren Faden und somit ihre Verbindlichkeit verlieren", heideggert es da ein wenig, und der Wanderer raunt von einer Sprache, "die älter ist als das gesprochene Wort. Ein Idiom von ganz anderer Art; darin kann es keine Lüge geben und auch kein Verschleiern der Wahrheit."

Der Wanderer Cormac McCarthy aber zieht am Ende in den Sonnenuntergang, und der Leser schaukelt auf dem Rücken dieser Prosa wie auf einem störrischen Mustang, der von atemberaubenden Galopp immer wieder in einen zähen Trab verfällt.

PETER KÖRTE

Cormac McCarthy: "Land der Freien". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Nikolaus Stingl. Rowohlt Verlag, Reinbek 2001. 334 S., geb., 44,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

In seinem dritten Band der "Grenzland-Trilogie" führt der amerikanische Schriftsteller Cormac McCarthy Billy und John, die beiden Protagonisten der vorangegangenen Western, zusammen, informiert Bruno Preisendörfer. Auch hier gehe es, wie zuvor, um Pferde, Reiter in der unendlichen Weite des Westens, die Liebe, den Kampf und den Tod. Für den Rezensenten sind alle drei "Cowboyromane" geheimnisvolle und spannende Schicksalsbücher. Abenteuerromane, versehen mit einer einzigartigen Metaphernsprache. Und besonders einzigartig findet Preisendörfer McCarthys empfindungsfreien Stil. Gutes wie Böses werde hier mit gleicher Distanz beschrieben. Diese Kälte in der Beschreibung, warnt der Rezensent, ruft auch beim Leser doppelbödige Befindlichkeiten hervor.

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