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Warmherzig und sensibel: die Erinnerungen einer ehemaligen Prostituierten.
Dieses Buch tut es einem an: die Lebenserinnerungen einer schönen jungen Australierin, die als Studentin, obwohl aus gutem Hause stammend, mit Heroin in Berührung kam und sich ihre Sucht auf dem Straßenstrich in Melbournes Amüsierviertel St. Kilda's, später in Bordellen finanzieren musste, bevor es ihr gelang, mit Hilfe eines Methadonprogramms und eines radikalen Ortswechsels von der Droge und aus dem Milieu loszukommen. "Unter meiner Haut" ist ungewöhnlich, weil es von einer warmherzigen und sich selbst nie…mehr

Produktbeschreibung
Warmherzig und sensibel: die Erinnerungen einer ehemaligen Prostituierten.
Dieses Buch tut es einem an: die Lebenserinnerungen einer schönen jungen Australierin, die als Studentin, obwohl aus gutem Hause stammend, mit Heroin in Berührung kam und sich ihre Sucht auf dem Straßenstrich in Melbournes Amüsierviertel St. Kilda's, später in Bordellen finanzieren musste, bevor es ihr gelang, mit Hilfe eines Methadonprogramms und eines radikalen Ortswechsels von der Droge und aus dem Milieu loszukommen. "Unter meiner Haut" ist ungewöhnlich, weil es von einer warmherzigen und sich selbst nie schonenden Aufrichtigkeit beseelt ist, die Kate Holdens Erzählung anrührend und mitreißend macht. Kein Klischee in diesem Bericht, der ohne postwendenden Selbstekel, aber auch ohne jeden marktschreierischen Voyeurismus das Leben am Abgrund beschreibt. Dies ist die Reise eines schüchternen, belesenen Mädchens aus einer wohlbehüteten Vorstadtjugend in die ferne, mit zweifelhaftem Glamour behaftete Welt eines Innenstadtbordells. Kate Holden unternimmt sie furchtlos, mit nie versiegender Neugier, und sie schildert ihre Begegnungen mit dem, was den Menschen wirklich ausmacht, mit atemberaubender Klarsicht und mit sanfter Poesie.
Autorenporträt
Kate Holden, geboren 1972 in Melbourne, studierte Klassische Literatur und Anglistik und promovierte mit Auszeichnung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.04.2007

Arbeit muss Spaß machen
Kate Holden berichtet aus dem Leben einer Prostituierten
Jede Saison kommt ein Buch aus der Sicht einer Prostituierten auf den Markt. Spätestens seit der Kameliendame handelt es sich offenbar um ein Genre, das in regelmäßigen Abständen bedient werden muss – auch wenn man bei diesen Büchern nie genau weiß, an wen sie sich eigentlich richten. In diesem Quartal ist es die Australierin Kate Holden, die sich an das Thema gemacht hat. Schon im Untertitel wird angedeutet, was einen in „Unter meiner Haut” erwartet: kein Roman, sondern „intime Bekenntnisse”.
Tatsächlich scheint die 1972 geborene Autorin zu wissen, wovon sie schreibt. Nach der Danksagung findet sich der Hinweis, dass es sich „um meine ganz persönlichen Erinnerungen” handelt. Diese setzen in der Kindheit an, mit dem Satz: „Ich war ein sensibles kleines Mädchen, aber vielleicht nicht sensibler als die meisten anderen.” Es folgt eine Fallgeschichte im Wortsinn – wie in den meisten Büchern über Prostituierte geht es um einen Absturz. Die Ich-Erzählerin, die wie die Verfasserin mit Vornamen Kate heißt, ist in einem gutbürgerlichen Elternhaus aufgewachsen und führt nach ihrem Studium ein beschauliches Leben, bis sie erst an die falschen Freunde, dann an die falschen Drogen gerät. Sie schmeißt ihren gut dotierten Job als Buchhändlerin und beginnt, ihre Heroinsucht auf dem Straßenstrich von Melbourne zu finanzieren. Später arbeitet sie im Bordell, und irgendwann geht es – auch das gehört zur Dramaturgie des Genres – langsam wieder bergauf. Kate versöhnt sich mit ihren Eltern und versucht, von den Drogen loszukommen.
Die meisten Geschichten über Prostituierte sind als Lebensbeichten oder Tatsachenschilderungen angelegt. Inszeniert wird der Reiz des vermeintlich Authentischen, der Leser soll zumindest durch das Schlüsselloch der Literatur einen Blick auf das Verruchte und Verpönte werfen dürfen. Die Figur der Prostituierten ist dafür die ideale Projektionsfläche, sie steht für das deviante Leben par excellence, für den Widerspruch, selbständig leben zu wollen und dabei immer zur Verfügung stehen zu müssen.
Kate Holden belässt es indes nicht dabei, ihr Schicksal zu dokumentieren, sie versucht eine Literarisierung des Stoffes. Ihren Bekenntnissen stellt sie ein Zitat von Vergil voran: „Das Hinabsteigen in die Unterwelt ist leicht. Aber das Wiederaufsteigen – welche Arbeit, welche Mühsal!” Mit dem Vers ist die elegische Tonart angeschlagen, die sich durch das ganze Buch zieht. Ob sich die Erzählerin eine weiße Rose tätowieren lässt oder ob sie Heroin als „schuppige grüne Eidechse” beschreibt – immer sind poetische Bilder zur Hand.
Was Kate Holden damit allerdings bezweckt, wird einem nicht klar. „Unter meiner Haut” läuft auf die Schilderung einer erwartbaren Serie von Freiern hinaus, die nun einmal den Arbeitsalltag einer Prostituierten ausmachen. Mal wollen die Männer dies, mal wollen sie das, manchmal sind sie nett, manchmal weniger. Die Abfolge von „Buchungen” bestimmt den Rhythmus des Buches, ohne dass sich daraus etwas ergibt, was über das Ewiggleiche des Geschlechtsakts hinausdeuten könnte. Über Sexualität zu schreiben ist mehr als die Beschreibung von Geschlechtsverkehr. Sexualität in der Literatur ist immer eine Metapher für etwas, für die Mechanismen einer Gesellschaft, für ihre Ideale von Beziehungen, ihren Umgang mit Abhängigkeitsverhältnissen.
Auch die Koppelung des Genres Prostituiertengeschichte an das Genre Drogenschicksal erweist sich als ziemlich ermüdend. Zumal dem Drogenkonsum ein zutiefst repetitives Moment zugrunde liegt; nach der Suchtbefriedigung kommen Entzugserscheinungen, dann muss wieder die Sucht befriedigt werden. Kate Holden hat dieser starren Dramaturgie nicht viel entgegenzusetzen. In „Unter meiner Haut” folgt auf eine Spritze die nächste, das ist im heutigen Melbourne nicht anders als am Bahnhof Zoo vor dreißig Jahren. Nur das Vokabular hat sich seit Christiane F. verändert. Was früher ein „Schuss” war, heißt jetzt „Druck” beziehungsweise „Hit”.
Den Rest glaubt man, schon recht oft gelesen zu haben. Da ist in Zusammenhang mit Drogen vom „Kick der Euphorie” die Rede oder davon, dass man „in tieferes Wasser” stürzt und „keinen Grund mehr” spürt. Zwar wird erwähnt, wie schmutzig und selbstzerstörerisch Heroin sein kann – eine erzählerische oder sprachliche Entsprechung findet Kate Holden dafür aber leider nicht.
Stark sind hingegen die Schilderungen der drei Bordelle, in denen Kate im Laufe der Jahre tätig ist. Die Konkurrenz unter den Prostituierten ist groß. „Erst ging man mit dem Preis für eine ‚Phantasie‘ runter; dann versprach man zu küssen, um sich eine Buchung zu sichern; Bruno wies einen an, ausnahmsweise und gegen zusätzliches Honorar einen speziellen Kunden ohne Kondom oral zu bedienen; dann gab es dafür nicht mal mehr einen Zuschlag. Dabei war einem die ganze Zeit klar, dass die anderen Mädchen schon mehr boten als man selbst.” Im Bordell spiegelt sich die moderne Arbeitswelt – auch im ältesten Gewerbe der Welt herrschen prekäre Beschäftigungsverhältnisse.
Auf der anderen Seite ist Kate von dem Wunsch beseelt, dass es beim Anschaffen nicht nur auf das Geld ankommt, sondern ihr der gewählte Beruf etwas „bedeutet”, ja, ihr „wirkliches Leben” ist. Prostitution ist für die junge Akademikerin, die sich Bekannten gegenüber selbstbewusst als „Sex-Arbeiterin” bezeichnet, eine Arbeit wie jede andere, und Arbeit muss in erster Linie Spaß machen. „Nie zuvor hatte ich mich so kompetent gefühlt, so bewundert. Nach einigen Monaten war ich eine Kollegin geworden, zu der die jüngeren Mädchen aufschauten; ich wurde gebeten, den blutigen Anfängerinnen Rat zu geben; ich hatte Einfluss. Das war berauschend.” Hier wird das Bordell zum Sinnbild der Generation Praktikum – für eine Generation, die noch in der größtmöglichen Selbstausbeutung ihre Erfüllung finden muss. VERENA MAYER
KATE HOLDEN: Unter meiner Haut. Intime Bekenntnisse. Deutsch von Matthias Hedinger. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007. 351 S., 19,90 Euro.
Man soll durch das Schlüsselloch der Literatur einen Blick auf das Verruchte und Verpönte werfen
Kate Holden Foto: Darren James
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2007

Gegen den Strich
Sex und Drogen, ohne Rock 'n' Roll: Kate Holden erzählt ihr Leben

Die australische Version von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" ist das nicht. Kate Holden ist schon eine Frau in den Zwanzigern, als sie in die Heroinabhängigkeit gerät. Ihre Kindheit war behütet, ihre Familie beschreibt sie als "intakt und unkompliziert". Als sie sich die erste Spritze setzt, hat sie bereits ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert. Und so ist ihr Erlebnisbericht "Unter meiner Haut" auch nicht von Journalisten nach Gesprächsprotokollen aufgeschrieben, sondern von ihr selbst im Rückblick, nach der Teilnahme an einem Kurs "Professional Writing and Editing" mit literarischem Anspruch verfasst worden. Neben der Drogensucht sind vor allem ihre Erfahrungen als Prostituierte das Thema. Zwischen beidem besteht ein Zusammenhang, der indes vielschichtiger ist, als man zunächst vermuten würde.

Das Buch ist vom Rowohlt Verlag mit der schillernden Gattungsbezeichnung "Intime Bekenntnisse" versehen worden, das Original "In My Skin" trägt schlicht den Zusatz "A Memoir". "Dies sind meine ganz persönlichen Erinnerungen", teilt die 1972 in Melbourne geborene Autorin mit. Sie lässt aber einen gewissen Fiktionalisierungsgrad erkennen, wenn sie erklärt, sie habe "mehrere Charaktere miteinander verschmolzen und einige Ereignisse gestrafft". Doch ist dieses Buch ohnehin bewusst egozentrisch angelegt, fast alle Personen außer Kate Holden sind im Grunde austauschbar. Ihren Weg zum Heroin stellt die Autorin weder als zwangsläufig noch als rein zufällig dar. Nach ihrer Jugend fühlt sie sich zu einem "wilderen" Leben hingezogen. Andererseits wäre es vielleicht bei den Joints und Drinks geblieben, hätte sie sich nicht in einen jungen Mann verliebt, der mit dem Fixen beginnt.

Es liegt wohl an der Straffung der Ereignisse, dass an wichtigen Punkten ein Deus ex machina in Erscheinung tritt. Einmal ist es "David, ein alter Freund aus Uni-Zeiten", von dem vorher noch nie die Rede war. Er lässt Kate bei sich wohnen und ansonsten in Ruhe. Praktischerweise ist er Anwalt. Straßenprostitution ist in Australien illegal, auch wenn sie nur sporadisch verfolgt wird. Kate trifft es. Der Richter will ein Exempel statuieren und verurteilt sie zu einer Bewährungsstrafe. Jetzt ist sie auf dem Straßenstrich, auf den sie weiterhin geht, vom Gefängnis bedroht. Doch prompt wird sie "von einem jungen Schnösel angesprochen", der für ein lizenziertes Bordell "noch Damen für die Nachtschicht" sucht. Sie wechselt in die Bordellprostitution, und das hat nicht nur zur Folge, dass sie nun legal anschaffen kann. Zunehmend betrachtet sie diese Arbeit nicht mehr nur als Mittel zum Zweck der Drogenbeschaffung: "Nein, sie war etwas, das mich veränderte, mich stärkte, mich schulte." Sie entwickelt geradezu Ehrgeiz und den Wunsch, sich von dem verdienten Geld mal etwas anderes zu leisten als nur Heroin. Für Kate Holden wird die Prostitution zur wesentlichen Hilfe, sich zumindest psychisch aus der Sucht zu lösen.

Obwohl die Ereignisse, über die sie berichtet, erst wenige Jahre zurückliegen, schreibt die Autorin aus einer distanzierten Haltung, mit einem fast kühlen Blick auf das eigene Leben. Dadurch gelingt es, dass das Buch weder in Gefühlskitsch noch ins Reißerische abgleitet. Die emotionalsten Momente sind diejenigen, welche die Eltern betreffen, doch auch hier wird übermäßige Sentimentalität vermieden. Die Beziehung zu den Eltern reißt nie ganz ab. Und die entscheidenden, irgendwann nicht mehr brachialen, sondern behutsamen Impulse für die Schritte weg von der Droge gehen von der Mutter aus.

Der Preis, den Holdens Erzählhaltung fordert, liegt darin, dass Sucht, Rausch und nachtseitiges Leben zwar beschrieben, aber nicht unmittelbar sinnfällig werden. Sie kommen weit weniger als etwa in A. L. Kennedys (keineswegs autobiographischem) Roman "Paradies", der aus der Perspektive einer Alkoholsüchtigen erzählt ist, zum Ausdruck. Doch ist dieser Vergleich ungerecht, nicht nur, weil er einen der höchsten Maßstäbe anlegt, den die gegenwärtige Weltliteratur bereithält, sondern auch, weil man die stilistischen und formalen Grundentscheidungen der Autorin respektieren muss. Sie hätte allerdings berücksichtigen sollen, dass gerade der vergleichsweise konventionelle, chronologische Aufbau des Buches das Vermeiden von Längen umso notwendiger macht.

"Unter meiner Haut" gehört gewiss zum Seriöseren, was all jene, die in der Literatur immerzu "Authentizität" suchen, zurzeit an solcherart autobiographischen Schilderungen finden können. Das Buch hebt sich von vielen vergleichbaren Veröffentlichungen durch die auch in der Übersetzung spürbare sprachliche Sorgfalt ab. Ein "lyrisches Buch", wie im Klappentext behauptet, ist es nicht. Aber das muss es ja auch nicht sein.

HARDY REICH

Kate Holden: "Unter meiner Haut". Intime Bekenntnisse. Aus dem Englischen übersetzt von Sabine und Max Hedinger. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006. 351 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Durchaus wohlwollend betrachtet Hardy Reich diesen autobiografischen Bericht der australischen Autorin Kate Holden über ihre Zeit als Heroinsüchtige und Prostituierte. Eine australische Version von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" will er darin nicht sehen. Zum einen, weil Holden eine behütete Kindheit hatte und auch erst nach ihrem geisteswissenschaftlichen Studium als Frau in den Zwanzigern zum Heroin kam, zum anderen, weil sie ihre Geschichte nicht Journalisten erzählt, sondern selbst niedergeschrieben hat. Er attestiert Holden einen distanzierten Blick auf ihr Leben, so dass das Buch nie kitschig oder reißerisch wirkt. Allerdings werden Sucht, Rausch und Prostitution in Holdens kühler Beschreibung für Reich nicht "unmittelbar sinnfällig". Zudem hält er dem Buch einige Längen vor. Insgesamt zählt er die "intimen Bekenntnisse" Holdens zu den seriöseren Werken dieses Genres. Besonders hebt er die "sprachliche Sorgfalt" der Autorin hervor, die auch in der Übersetzung spürbar ist. Die Behauptung des Klappentexts, es handle sich hier um ein "lyrisches Buch" mag er allerdings nicht unterschreiben.

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