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In Oaxaca an der mexikanischen Pazifikküste überredet Aura ihren Mann zum Wellenreiten, obwohl er lieber am Strand liegen und lesen möchte. Er läuft mit ihr ins Meer hinein. Das ist der Moment, der sein Leben verändert. Denn Aura wird von der Welle mitgerissen und auf den Grund geschleudert. Zwölf Stunden lang kämpft sie gegen den Tod. "Liebe mich, mi amor, ich will nicht sterben." Erst kurz vor dem Strandurlaub haben sie geheiratet, sie lieben sich leidenschaftlich, obwohl sie ein ungleiches Paar sind: er, Mitte fünfzig, ein bedächtiger Intellektueller, sie, dreißig, voll quirliger…mehr

Produktbeschreibung
In Oaxaca an der mexikanischen Pazifikküste überredet Aura ihren Mann zum Wellenreiten, obwohl er lieber am Strand liegen und lesen möchte. Er läuft mit ihr ins Meer hinein. Das ist der Moment, der sein Leben verändert. Denn Aura wird von der Welle mitgerissen und auf den Grund geschleudert. Zwölf Stunden lang kämpft sie gegen den Tod.
"Liebe mich, mi amor, ich will nicht sterben."
Erst kurz vor dem Strandurlaub haben sie geheiratet, sie lieben sich leidenschaftlich, obwohl sie ein ungleiches Paar sind: er, Mitte fünfzig, ein bedächtiger Intellektueller, sie, dreißig, voll quirliger Lebenslust.
Francisco Goldman schreibt aus der Distanz von drei Jahren über den tödlichen Badeunfall seiner jungen Frau und über ihre gemeinsame Zeit. Ein zutiefst ehrliches Buch über Liebe und Tod, über das, was wir verlieren, und über das, was uns bleibt.
Autorenporträt
Goldman, Francisco
Francisco Goldman wurde 1954 als Sohn einer guatemaltekischen Mutter und einesamerikanischen Vaters in Boston geboren. Er studierte Literaturwissenschaft an der New York University, unterrichtete an der von Gabriel Garçia Marquez gegründetenJournalismus-Schule in Cartagena in Kolumbien und lehrt am Trinity College inHartford, Connectitut. Goldman lebt in New York und Mexico-Stadt. In Frankreich erhielt Goldman für "Sag ihren Namen" den Prix Femina Étranger 2011. Von Publishers Weekly wurde "Sag ihren Namen" 2011 zum Buch des Jahres gewählt.Bei Rowohlt erschien zuletzt von ihm "Die Kunst des politischen Mordes".

Hollanda, Roberto de
Roberto de Hollanda, geboren 1953, studierte Soziologie und Politologie, dreht Dokumentarfilme, schreibt Features und übersetzt aus dem Portugiesischen, Spanischen und Englischen, u.a. Gonzalo Torrente Ballester, Almudena Grandes, José Luis Sampedro, Francisco Goldman, Tom Robbins.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2013

Von der Penetranz des Privaten und der Tyrannei der Intimität
Ein Trauerfall im Zeitalter seiner medialen Reproduzierbarkeit: Francisco Goldman erzählt in "Sag ihren Namen" die Geschichte vom Tod seiner Frau

Aura ist tot. Erfasst von einem mörderischen Sturzbrecher beim Bodysurfen an der mexikanischen Pazifikküste - kurz nach ihrem dreißigsten Geburtstag, kaum zwei Jahre nach ihrer Hochzeit mit dem über zwanzig Jahre älteren Francisco. Als sie in ein Krankenhaus in der Hauptstadt transportiert wird, ist es bereits zu spät. "No quiero morir" - "Ich will nicht sterben", flüstert sie Francisco kurz vor ihrem Tod noch zu. Ein Unfall. Ein sinnloser Zufall. Doch genau das will der Witwer nicht wahrhaben. Und erst recht nicht Auras Familie: "Esto es tu culpa" - "Das ist deine Schuld", schleudert Auras Mutter Francisco ins Gesicht und lässt Anwälte auf ihn los, um ihn für ihren hilflosen Schmerz bezahlen zu lassen.

Franciscos unbarmherzigster Ankläger ist er allerdings selbst: untätig lesend hatte er am Strand gesessen, als Aura in die Welle schwamm. Schuldgefühle und Hass, Leugnung und Verzweiflung, Wut und Depression, vergebliche Versuche der Verdrängung und Kompensation - dann Fügung in das Unumkehrbare: Francisco Goldman macht in "Sag ihren Namen" minutiös die psychischen Prozesse von Schmerz und Trauer greifbar. Seine Hauptfiguren sind ein ungleiches Paar: Aura, Tochter eines mexikanischen Provinzpolitikers, wurde als Scheidungskind von einer besitzergreifenden Mutter nach Mexiko-Stadt entführt, auf dem Campus der Nationaluniversität aufgezogen und zum Literaturstudium nach New York geschickt, damit sie es einmal besser hat.

Der Schriftsteller Francisco, Amerikaner mit Wurzeln in Guatemala und Osteuropa, mit Mitte fünfzig noch immer Junggeselle, lebt seit Jahren von den Frauen ungeliebt und, mit Auras Worten, "hässlich wie ein Frosch", in Brooklyn und schlägt sich mit Literaturstipendien oder universitären Lehraufträgen durchs Leben. Zusammengeführt werden sie durch eine öde Literaturlesung in Anwesenheit Salman Rushdies.

In ihrem eher prosaischen Alltags zwischen Lüsternheiten zwielichtiger Hispanistik-Professoren, intrigenreichen Kursen für kreatives Schreiben, Eifersüchteleien und Anfeindungen durch Auras Familie erfahren sie die Gewissheit eines bislang ungeahnten Glücks. Umso unfassbarer ist sein abruptes Ende.

Die Lebensnähe der Darstellung entspringt einer schmerzhaften Realität: Es ist Francisco Goldmans eigene Geschichte und die seiner im Juli 2007 verstorbenen Frau Aura Estrada. Nach ihrem Tod, seinem darauf folgenden Zusammenbruch und einem nach eigenen Angaben sechs Monate währenden Zustand der Volltrunkenheit flieht Francisco Goldman in die Wohnung einer befreundeten Autorin in Berlin und beginnt, seine Erinnerungen an Aura schreibend zu ordnen. Das Resultat dieser am Ende dreijährigen Trauerarbeit entzieht sich einem linearen Bericht. Wie ein Mosaik fügt sich der Text Stück für Stück zusammen. Rückblenden und Kindheitserinnerungen reihen sich an Tagebucheinträge und autobiographische literarische Versuche aus Auras Feder. Immer wieder kreist Francisco Goldman um Auras Tod - und versagt uns seine Schilderung. Diese lädt er sich erst am Ende von der Seele, nachdem er alle Register der dramatischen Retardierung gezogen hat.

Ganz bewusst bedient sich der Autor solcher Mittel des fiktionalen Erzählens - "Say Her Name: A Novel" lautet auch nicht zufälligerweise der Titel, unter dem das Buch auf Englisch vertrieben wird. Und doch geht es ihm dabei nicht um Fiktion, sondern um minutiöse Dokumentation: um die maximal authentische Darstellung des eigenen Erlebens und Empfindens, die mit dem Leser geteilt werden soll. Es ist, als sei hier ein privater Blog zur Literatur, das Facebookprofil zum Roman angeschwollen.

Sicher ist es einer der literarischen Topoi des Okzidents, der verstorbenen Geliebten eine Klage zu widmen. Doch selbst wenn Francisco Goldmans Aura - bis in den fast gleichlautenden Namen hinein - sich darin etwa der Laura Petrarcas oder der Aurélia Nervals annähert, ist ihre literarische Funktion eine vollständig andere. Über das autobiographische Leid hinaus ist die Klage des Autors traditionell stets auch Spiel mit einer Rolle (ob Petrarcas Laura wirklich je existiert hat, ist bis heute eine gern diskutierte Frage unter Gelehrten).

Über ihre individuelle irdische Existenz hinaus repräsentiert die verlorene "auratische" Geliebte die Verkörperung eines höheren Gesetzes, das den "kurzen Traum" des Lebens transzendiert. Das Gegenteil davon geschieht bei Francisco Goldman. Ihm geht es darum, die Unverwechselbarkeit seiner Geliebten und seines eigenen Schmerzes durch intime Details so zu beglaubigen, als blicke man durch ein Schlüsselloch in die Leben anderer Menschen. Die Gier nach Individualität und Authentizität räumt jede Allgemeingültigkeit aus.

Gerade in seinem unbedingten Ehrlichkeitsanspruch erweist sich "Sag ihren Namen" als Vorzeige-Etüden der von Senett beobachteten "Tyrannei der Intimität", die sich hier in ständiger Penetration des Literarischen durch das Private äußert. Die ausgeschlachteten Tagebucheinträge der pubertierenden Aura ("Liebes Tagebuch: Ich trage einen BH!"), die abgedroschene Sentimentalität ihrer Aufzeichnungen als Erwachsene ("Ich bin ein Luftballon, der nie landet, und niemand greift nach der Schnur, um mich an sich zu ziehen") haben angesichts ihrer mangelnden literarischen Qualität offenbar den einzigen Zweck, als Trophäen aus der Feder der verstorbenen Geliebten ihr Bild dokumentarisch abzupausen.

Dies gilt umso mehr für Auras dürftige erzählerische Versuche, die, dem Zitierten nach zu schließen, am selben Defekt kranken wie Francisco Goldmans eigenes Schreiben: die Form des Erzählens nur zu verwenden, um die eigenen seelischen Gebrechen und biographischen Traumata zu bewältigen.

Mit Literatur hat all das letztlich wenig zu tun. Im "New Yorker" hat Francisco Goldman bereits über dasselbe Erlebnis, illustriert mit Fotos, in einer reportagehaften "personal history" mit dem Titel "The Wave" berichtet. Im Internet finden sich gleich mehrere Aura-Estrada-Gedenkseiten, geschmückt mit Texten von Francisco Goldman. Ja, es gibt sogar ein Aura-Estrada-Gedenkstipendium für debütierende Schriftstellerinnen, die allesamt das Los der Verstorbenen evozieren. Der Trauerfall ist im Zeitalter seiner medialen Reproduzierbarkeit angekommen. Francisco Goldmans privater Aura-Verlust und sein künstlerischer im Sinne Benjamins fallen dabei in tragischer Ironie zusammen.

FLORIAN BORCHMEYER

Francisco Goldman: "Sag ihren Namen". Roman.

Aus dem Spanischen von Roberto de Hollanda. Rowohlt Verlag, Reinbek 2013. 464 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Den privaten Trauerfall und seine pseudoliterarische Reproduzierbarkeit kann Florian Borchmeyer anhand des Buches von Francisco Goldman erleben. Borchmeyer leidet sichtlich. Allerdings nicht mit dem Autor, seinem Erzähler und der nur sehr unzureichend kaschierten persönlichen Trauergeschichte um Goldmans Frau Aura, sondern am kompletten Mangel an Literarizität in diesem Buch. Wo große Dichter, wie Petrarca oder Nerval, die individuelle Passion ins Allgemeine zu erheben vermögen, trifft der Rezensent bei Goldman bloß auf ein unangenehmes Beharren auf Individualität, einen aufgeblasenen Privatblog, auf Senetts "Tyrannei der Intimität", die den Leser bestenfalls ratlos zurück lässt, wie wir erfahren.

© Perlentaucher Medien GmbH
Subtil und brillant zeigt Goldman, wie die Liebe in der Erinnerung weiterlebt. The Times