"Wie ich gestern Abend zu Bett gegangen war und das Licht ausgelöscht hatte, überkam mich plötzlich, während mein Geist an dies und jenes dachte, eine aufs höchste beängstigende Verwunderung über mich selber ... Und ich sagte mir: In diesem Kopf da denkt es!" Und wie Christian Morgenstern dachte, kann man hier hören: Wie sich das Galgenkind die Monatsnamen merkt, Gedichte von Palmström, Korf, dem Nasobem, dem Schnupfen, dem Raben Ralf, dem Mondschaf, dem Geruchsautomaten ... Natürlich das Möwenlied ... Außerdem Schnipsel und Prosastücke wie "Der Apfelschimmel. Eine Geschichte von der man nicht weiß, ob man sie Paul Scheerbart zuschreiben darf oder nicht." Und das Dramolett "Das Ballonhotel". "Es ist aber auch zu hübsch: man lacht sich krumm, bewundert hinterher ernster geworden eine tiefe Lyrik, die nur im letzten Augenblick ins Spaßhafte abgedreht ist." Kurt Tucholsky. Erwin Grosche hat sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt und ein Morgenstern-Programm erarbeitet, das so wunderbar skurril und tiefgründig ist, wie es diese Paarung Autor-Künstler verspricht.
CD | |||
1 | Bim, Bam, Bum | 00:01:01 | |
2 | Tagebuchnotiz, 1893 | 00:00:57 | |
3 | Das Große Lalula | 00:00:39 | |
4 | Es Pfeift Der Wind | 00:01:25 | |
5 | Möwenlied | 00:00:40 | |
6 | Wer Weiß, Ob Sie Gedanken... | 00:00:23 | |
7 | Die Hochzeit Der Dinge (Instr.) | 00:01:10 | |
8 | An Die Wolken | 00:00:49 | |
9 | Mich Erfüllt Liebestoben | 00:00:44 | |
10 | Der Rabe Ralf | 00:02:00 | |
11 | Der Weltkurort | 00:00:42 | |
12 | Das Ballonhotel | 00:01:29 | |
13 | Die Hochzeit Der Dinge (Instr.) | 00:01:08 | |
14 | Telegraphen-Buereau Fuchs | 00:00:51 | |
15 | Aus Dem Anzeigenteil Einer Tageszeitung Des Jahres 2407 | 00:03:17 | |
16 | Er | 00:00:33 | |
17 | Der Seufzer | 00:00:22 | |
18 | Galgenberg | 00:01:42 | |
19 | Das Zuckerspiel | 00:00:24 | |
20 | Wie Sich Das Galgenkind Die Monatsnamen Merkt | 00:00:31 | |
Weitere 30 Tracks anzeigen | |||
21 | Gespräch Einer Hausschnecke Mit Sich Selbst | 00:00:39 | |
22 | Der Teppich | 00:00:15 | |
23 | Schlichte Gedanken (Instr.) | 00:00:29 | |
24 | Es Gibt Ein Gespenst | 00:00:45 | |
25 | Fisches Nachtgesang | 00:00:54 | |
26 | Der Schnupfen | 00:00:22 | |
27 | Die Hochzeit Der Dinge (Instr.) | 00:01:10 | |
28 | Das Mondschaf | 00:00:50 | |
29 | Lunovis | 00:01:51 | |
30 | Lärmschutz | 00:00:27 | |
31 | Künstliche Köpfe | 00:01:59 | |
32 | Die Fingur | 00:01:55 | |
33 | Korf Erfindet Eine Art Von Witzen | 00:00:20 | |
34 | Der Apfelschimmel | 00:01:09 | |
35 | Das Knie | 00:00:36 | |
36 | Das Hemmed | 00:00:39 | |
37 | Der Walfafisch Oder Das Überwasser | 00:01:20 | |
38 | Der Aromat | 00:00:38 | |
39 | Die Geruchs-Orgel | 00:00:43 | |
40 | Die Nieswurz-Sonate (Instr.) | 00:01:01 | |
41 | Vorankündigung | 00:00:32 | |
42 | Zehnmaliges Erschießen Des Wortes Weltgeschichte | 00:00:37 | |
43 | Das Fest Des Wüstlings | 00:02:22 | |
44 | Das Nasobem | 00:00:29 | |
45 | Die Beiden Esel | 00:00:24 | |
46 | Im Tierkostüm | 00:00:57 | |
47 | Neue Bildungen Der Natur Vorgeschlagen | 00:01:00 | |
48 | Das Gebet | 00:00:20 | |
49 | Galgenkindes Wiegenlied | 00:01:20 | |
50 | Tagebuchnotiz, "Wenn Ich Aber Tot Sein Werde..." | 00:00:48 |
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2003DAS HÖRBUCH
Ganz nett
Erwin und Heiko Grosche streicheln Morgenstern
Man muss sie einfach mögen, Palmström, das Mondschaf, die Fingur und all die anderen zarten Wesen, die Christian Morgenstern erträumt hat. Das Knie, das einsam seinen Weg geht, der Schlittschuh laufende Seufzer, dem seine glühende Liebe zum schmelzenden Verhängnis wird, das Nasobem, auf seinen Nasen schreitend. Recht unschuldig eigentlich und doch etwas spöttisch kommen sie daher, zugleich von leichter Melancholie umfangen.
Morgenstern war kein böser Dichter. Seine rein satirischen Texte – auf die Werbeindustrie etwa – wirken heute ziemlich lau und matt. Da hilft weder das erregte Gerufe, mit dem Heiko Grosche für das „Telegraphen-Buereau Fuchs” eintritt, noch die scheinbare Ernsthaftigkeit, mit der Erwin Grosche „Aus dem Anzeigenteil einer Zeitung des Jahres 2407” vorträgt. Morgensterns Fantasien über die Zukunft der Konsumgesellschaft sind leider allzu niedlich. Lachen wird man über diese geradezu optimistischen Szenarien heute kaum mehr.
Aber das muss der Freude an den weitaus skurrileren und spielerischeren Gedichten ja keinen Abbruch tun, ist die Auswahl auf dem Hörbuch „Das große Lalula” insgesamt auch ein wenig unglücklich geraten. Zu fragen ist aber nach dem Beweggrund, überhaupt eine solche CD zu produzieren. Dass der schlichte „Wunsch” eines Kabarettisten, sei er auch „lang gehegt”, einem Vorbild oder Vorläufer Referenz zu erweisen, noch lange kein gutes Ergebnis garantiert, dürfte klar sein, auch wenn das Beiheft hier anderes suggeriert, indem es von Neigungen anstatt von Notwendigkeiten spricht.
Die Brüder Grosche sind professionelle Stimmarbeiter, ihr Vortrag ist virtuos. Sie artikulieren äußerst präzise und schonen sich nicht, was Tempo- und Lautstärkewechsel angeht. Zudem verfügen sie über ein hinreichendes Register an Stimmlagen. Etwas Neues aber gewinnen sie Morgensterns Texten nicht ab, zu sehr verlassen sie sich auf deren ironische Qualitäten. Dieses Potential aber scheint schon lange und nicht zuletzt durch die vielen Vorgängerprojekte ausgeschöpft. Morgenstern ist ein Netter. Bürstet man ihn nicht zuweilen ordentlich gegen den Strich, macht man aus ihm schnell einen Langweiler. Pathos und Peinlichkeit wären probate Mittel, den Hörer ein wenig aufzumischen. So aber witzelt bloß, was witzig sein könnte.
TOBIAS LEHMKUHL
CHRISTIAN MORGENSTERN: Das große Lalula. Vorgetragen von Erwin Grosche und Heiko Grosche. Patmos Verlag, Düsseldorf 2003. 1 CD, 48 Minuten, 14,99 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Ganz nett
Erwin und Heiko Grosche streicheln Morgenstern
Man muss sie einfach mögen, Palmström, das Mondschaf, die Fingur und all die anderen zarten Wesen, die Christian Morgenstern erträumt hat. Das Knie, das einsam seinen Weg geht, der Schlittschuh laufende Seufzer, dem seine glühende Liebe zum schmelzenden Verhängnis wird, das Nasobem, auf seinen Nasen schreitend. Recht unschuldig eigentlich und doch etwas spöttisch kommen sie daher, zugleich von leichter Melancholie umfangen.
Morgenstern war kein böser Dichter. Seine rein satirischen Texte – auf die Werbeindustrie etwa – wirken heute ziemlich lau und matt. Da hilft weder das erregte Gerufe, mit dem Heiko Grosche für das „Telegraphen-Buereau Fuchs” eintritt, noch die scheinbare Ernsthaftigkeit, mit der Erwin Grosche „Aus dem Anzeigenteil einer Zeitung des Jahres 2407” vorträgt. Morgensterns Fantasien über die Zukunft der Konsumgesellschaft sind leider allzu niedlich. Lachen wird man über diese geradezu optimistischen Szenarien heute kaum mehr.
Aber das muss der Freude an den weitaus skurrileren und spielerischeren Gedichten ja keinen Abbruch tun, ist die Auswahl auf dem Hörbuch „Das große Lalula” insgesamt auch ein wenig unglücklich geraten. Zu fragen ist aber nach dem Beweggrund, überhaupt eine solche CD zu produzieren. Dass der schlichte „Wunsch” eines Kabarettisten, sei er auch „lang gehegt”, einem Vorbild oder Vorläufer Referenz zu erweisen, noch lange kein gutes Ergebnis garantiert, dürfte klar sein, auch wenn das Beiheft hier anderes suggeriert, indem es von Neigungen anstatt von Notwendigkeiten spricht.
Die Brüder Grosche sind professionelle Stimmarbeiter, ihr Vortrag ist virtuos. Sie artikulieren äußerst präzise und schonen sich nicht, was Tempo- und Lautstärkewechsel angeht. Zudem verfügen sie über ein hinreichendes Register an Stimmlagen. Etwas Neues aber gewinnen sie Morgensterns Texten nicht ab, zu sehr verlassen sie sich auf deren ironische Qualitäten. Dieses Potential aber scheint schon lange und nicht zuletzt durch die vielen Vorgängerprojekte ausgeschöpft. Morgenstern ist ein Netter. Bürstet man ihn nicht zuweilen ordentlich gegen den Strich, macht man aus ihm schnell einen Langweiler. Pathos und Peinlichkeit wären probate Mittel, den Hörer ein wenig aufzumischen. So aber witzelt bloß, was witzig sein könnte.
TOBIAS LEHMKUHL
CHRISTIAN MORGENSTERN: Das große Lalula. Vorgetragen von Erwin Grosche und Heiko Grosche. Patmos Verlag, Düsseldorf 2003. 1 CD, 48 Minuten, 14,99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Vor dieser CD-Einspielung von Morgenstern-Gedichten warnt Joachim Kalka ausdrücklich. Es handle sich, kurz gesagt, um einen "Schulfall dafür, wie man Morgenstern nicht vortragen darf". Die Brüder Jochen und Heiko Grosche nämlich glauben, durch ihren Vortragsstil demonstrieren zu müssen, wie witzig die Gedichte sind, die sie sprechen - eine Verdopplung, die ins Kabarett gehört, Morgenstern aber keinesfalls gerecht wird. Reproduziert werde so, klagt Kalka, immer wieder nur der "Markenartikel 'Humor'", unter den Tisch fällt das, was den Dichter so groß machte, seine "Sprachphantasie".
© Perlentaucher Medien GmbH"
© Perlentaucher Medien GmbH"
"Erwin Grosche - der Christian Morgenstern unter den Kabarettisten" (Gong)
"Erwin Grosche ist vielleicht der Pan Tau der deutschen Kleinkunst ... auf seine Art der Buster Keaton des Kabaretts" (Süddeutsche Zeitung)
"Erwin Grosche ist vielleicht der Pan Tau der deutschen Kleinkunst ... auf seine Art der Buster Keaton des Kabaretts" (Süddeutsche Zeitung)