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The volume provides a history of the genre in the 20th century, covering the entire German-speaking area and extending from prestigious examples all the way down to more trivial instances. Alongside the traditional forms, the study also explores aphoristic phenomena in areas verging on science and philosophy, extending its purview to modern hybrid forms located between aphorism proper and dictionary, essay, poetry, epigram, note, diary, journal, and fragment. The concepts game, image, and insight are drawn upon to trace the main lines in the history of the genre, centering around the figures…mehr

Produktbeschreibung
The volume provides a history of the genre in the 20th century, covering the entire German-speaking area and extending from prestigious examples all the way down to more trivial instances. Alongside the traditional forms, the study also explores aphoristic phenomena in areas verging on science and philosophy, extending its purview to modern hybrid forms located between aphorism proper and dictionary, essay, poetry, epigram, note, diary, journal, and fragment. The concepts game, image, and insight are drawn upon to trace the main lines in the history of the genre, centering around the figures of Kraus, Kafka, and Hofmannsthal.
Im Anschluß an die vom Autor 1997 vorgelegte Begriffsgeschichte, die mit dem Jahr 1912 endet, bietet der Band eine Geschichte der Gattung im 20. Jahrhundert, von ihren Höhenlinien bis in die trivialen Bereiche hinein. Nach der Erörterung der Forschungslage sowie den Zielen und dem Aufbau des Buches skizziert er die Wurzeln im 19. Jahrhundert, aus denen sich der moderne Aphorismus entwickelt, um dann in drei Kapiteln den deutschsprachigen Aphorismus in Deutschland und in Österreich nach der Jahrhundertwende, zwischen 1914 und 1933 sowie in Nationalsozialismus und Exil darzustellen. Nachdem er die Zeugnisse an den Grenzen zu Wissenschaft und Philosophie kritisch erörtert hat, nimmt er die Chronologie auf und stellt den Aphorismus in der Bundesrepublik, Österreich, der Schweiz und der DDR bis 1970 dar. Er zeigt den traditionalen Aphorismus nach 1970, vornehmlich in seiner sozialkritischen und trivialen Ausformung, um sich dann, der Auffächerung der Gattung gemäß, den Erscheinungen an den Grenzen zu Wörterbuch, Essay, Lyrik und Epigramm, zu Aufzeichnung, Tagebuch, Journal und Fragment zu widmen. Die großen, von Kraus, Kafka und Hofmannsthal her zu beschreibenden Linien der Gattungsgeschichte zwischen Spiel, Bild und Erkenntnis bleiben durch die empirische Fülle hindurch im Blick und werden in jeweiligen Zusammenfassungen sichtbar gemacht.

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Autorenporträt
Friedemann Spicker, geboren 1946, ist Literaturwissenschaftler und freier wissenschaftlicher Schriftsteller; er forscht seit Jahren über Aphoristik und hat mehrere Bücher zu diesem Thema vorgelegt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2005

Papierkorb mit Seele
Friedemann Spickers Geschichte des modernen Aphorismus

Die Sprache ist Schauplatz und Instrument des Denkens. Wer daran zweifelt, und dafür gibt es täglich Anlässe zuhauf, der sollte gelegentlich zu einem Band mit Aphorismen greifen. Selten kommen Sprachform und Gedanke einander so nahe wie im geglückten Aphorismus. Dann macht sich die Sprache möglichst klein und geschmeidig, damit für die Wendungen des Denkens genug Platz bleibt. Seine Auf- und Abschwünge, Tempowechsel und Richtungsänderungen sind im Aphorismus auf engstem Raume zu beobachten - den Genießern zur Freude und den Nachahmern zum Ansporn.

Gegenüber dem Althergebrachten pflegt der Aphorismus ein gedeihliches, weil respektloses Untermietsverhältnis. Wenn einer eingenisteten Binsenweisheit das Wort oder noch besser der Sinn herumgedreht wird, zeigt das aphoristische Spiel seinen diabolischen Kern. Aphorismen sind nichts für tapfere Helden, denn hier stiehlt die Sprache ihnen nicht nur die Schau, sondern auch die Selbstgewißheit. Mephisto ist Aphoristiker, Faust nicht.

Ein Ding schierer Unmöglichkeit scheint es, der vielfältigen Welt des Aphorismus mit wissenschaftlicher Systematik zu Leibe zu rücken. "Die Seele jeder Ordnung ist ein großer Papierkorb", warnte Kurt Tucholsky in einem jener "Schnipsel", die das Genre des Aphorismus in zeitgemäßes Understatement kleideten. Auch aus Schnipseln läßt sich ein Lebenswerk auftürmen. Karl Kraus und Elias Canetti sind mit ihrer Aphorismen-Produktion herausragende Beispiele dafür, auch Wittgensteins "Tractatus" oder Adornos "Minima Moralia" verdanken ihre konzise Ausdruckskraft der aphoristischen Form. Dieweil die Moderne den großen Erzählungen mißtraut, schätzt sie den lapidaren Aphorismus.

Friedemann Spicker benötigt für seine Geschichte des deutschen Aphorismus im zwanzigsten Jahrhundert genau eintausend engbedruckte Seiten. Das ist, von einem ausgewiesenen Kenner vorgelegt, eine Menge an fußnotenschwerer Gelehrsamkeit, die den wohlfeilen Einwand gegen das Unternehmen schon vorprogrammiert. Der Autor selbst räumt ein, seine Arbeit müsse das "Unverhältnis zwischen ihrer Form und der ihres Gegenstandes" als Hypothek auf sich nehmen.

Wo der einzelne Aphorismus zündende Funken schlägt und die Sprüchesammlung immerhin noch ein Schmunzeln weckt, bleibt dem Literaturhistoriker nur, die Trockenfrüchte zu sezieren. In ihrer altmodischen Vorliebe für halbvergessene "minor poets" und Nebenwege der Literaturgeschichte trifft sich Spickers pointillistisch gesättigte Studie durchaus mit der Detailversessenheit aphoristischer Sprachbehandlung, die bei den Besten des Faches im dreifachen Sinne "pünktlich" verfährt: akkurat, treffsicher, zeitgenau.

Vor sieben Jahren hatte Spicker bereits eine inzwischen zum Standardwerk avancierte Geschichte zu "Begriff und Gattung" des Aphorismus vom achtzehnten Jahrhundert bis 1912 vorgelegt. Methodische Probleme der Gattungsdefinition und ihrer Geschichtsschreibung nehmen im Nachfolgewerk keinen großen Raum ein. Dabei hätte die Frage, ob ein derart okkasionell und idiosynkratisch ausgeformtes Genre überhaupt im historischen Zusammenhang darstellbar ist, gerade für die in Gegenwartsnähe zunehmend ausfransenden Traditionsfäden durchaus ein übergreifendes Reflexionskriterium abgeben können.

Die Begriffe Spiel, Bild und Erkenntnis taugen als leitende Kategorien nur bedingt. Wenig verraten sie über die Überlappungszonen zu benachbarten Textformen wie Spruchweisheit, Maxime, Glosse, Epigramm, Bonmot oder Witz. Implizit sind solche Abgrenzungsfragen in Spickers Textmaterial allgegenwärtig, versucht sich doch ein umfangreicher Teil der Aphoristik an möglichst pointenreichen Bestimmungen dessen, was einen Aphorismus ausmacht. Auf der Habenseite beeindrucken die Fülle der ausgewerteten Quellen, die solide Verdichtung einer weitverzweigten Forschungsliteratur und vor allem die mit ausgiebigen Kostproben angereicherten Kommentare, die sich weder im Ästhetischen noch im Politischen vor deutlichen Wertungen scheuen.

Bei aller Heterogenität des Materials und der Autoren läßt Spickers Darstellung bestimmte Grundzüge und Entwicklungstendenzen klar hervortreten. Gegenüber der klassischen französischen Moralistik hat der moderne deutsche Aphorismus eine schwindende "ethische Dimension". Gelegentlich gewann der Tonfall erbaulicher Lebensweisheiten kurzzeitig die Oberhand, etwa im Kontext der Inneren Emigration und der restaurativen Nachkriegsjahre, dann wieder dominierte das sich von Nietzsche herleitende Programm einer Sprachkritik als Ideologiekritik, unübertrefflich im Aphorismenwerk des Karl Kraus. Am übermächtigen Steinbruch dieses Jahrhundertautors mühten ganze Generationen sich ab; "nur kein Karl Kraus werden", schwor sich Peter Handke.

Der erfolgreiche Aphorismus genießt keinen Urheberschutz. Wie ein solitärer Diamant, der nur locker dem samtenen Futteral aufsitzt, wird er gerne, das heißt: rasch und bedenkenlos, gestohlen. In Friedemann Spickers Literaturgeschichte des Aphorismus wimmelt es nur so von funkelnd zugeschliffenen Sätzen, die einem bekannt vorkommen. In diesem würdigen Kompendium versammelt, versprechen sie reichen Finderlohn.

ALEXANDER HONOLD

Friedemann Spicker: "Der deutsche Aphorismus im 20. Jahrhundert". Spiel, Bild, Erkenntnis. Niemeyer Verlag, Tübingen 2004. 1000 S., geb., 154,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Der "rh" zeichnende Rezensent zeigt sich tief beeindruckt von den Ergebnissen der Arbeit Friedemann Spickers, dem mit seinem nun vorliegenden Buch ein wahres "Standardwerk" gelungen sei. Ergebnis der umfassenden Quellenarbeit sei nicht nur eine beeindruckende Quantität. Spicker habe es darüber hinaus verstanden, seinen in der Grenzregion zu verschiedenen literarischen Gattungen liegenden Gegenstand nach den verschiedensten Aspekten zu untersuchen, die ihm eigen sein können. Auf diese Weise liefere das systematisch aufbereitete Material dem Leser einen wohlgeordneten Überblick, bei dem auch die verschiedensten Kuriositäten noch ihren Raum finden.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Spicker goes where the aphorisms are. [..] Spicker's book is a major contribution to the study of the aphorism, exhaustively detailing its manifestations in various periods and movements and admirably demonstrating its power in a century obsessed with power to the point of impotence."
Adrian del Caro in: German Studies Review 1/2008
"Spicker goes where the aphorisms are. [..] Spicker's book is a major contribution to the study of the aphorism, exhaustively detailing its manifestations in various periods and movements and admirably demonstrating its power in a century obsessed with power to the point of impotence."Adrian del Caro in: German Studies Review 1/2008