Produktdetails
- Verlag: Hoffmann Und Campe
- Anzahl: 3 Audio CDs
- Erscheinungstermin: 9. Januar 2009
- Sprache: Deutsch, Arabisch
- ISBN-13: 9783455302875
- Artikelnr.: 10339724
CD 1 | |||
1 | Ansage | 00:00:17 | |
2 | Adhan, Ruf Des Mu'ezzins | 00:02:19 | |
3 | 1. Sure, Al-Fatiha | 00:01:53 | |
4 | 112. Sure, Bekenntnis Der Einheit | 00:00:46 | |
5 | 101. Sure, Die Klopfende | 00:01:48 | |
6 | 100. Sure, Die Jagenden | 00:00:44 | |
7 | 97. Sure, Die Nacht Der Macht | 00:01:10 | |
8 | 96. Sure, Das Zähe Blut | 00:01:35 | |
9 | 95. Sure, Die Feige | 00:00:35 | |
10 | 94. Sure, Erschlossen Wir | 00:00:32 | |
11 | 93. Sure, Der Tag Der Steigt | 00:01:52 | |
12 | 92. Sure, Die Nacht | 00:01:10 | |
13 | 91. Sure, Die Sonne | 00:00:54 | |
14 | 84. Sure, Der Auseinanderfall | 00:02:43 | |
15 | 83. Sure, Die Schmälerer | 00:05:10 | |
16 | 82. Sure, Die Zerkliebung | 00:01:44 | |
17 | 81. Sure, Die Ballung | 00:01:59 | |
18 | 80. Sure, Er Ging Verdrießlich | 00:02:43 | |
19 | 77. Sure, Die Ausgesendeten | 00:04:09 | |
20 | 74. Sure, Der Bedeckte | 00:04:20 | |
Weitere 4 Tracks anzeigen | |||
21 | 73. Sure, Der Eingewickelte | 00:04:06 | |
22 | 70. Sure, Die Stufenleiter | 00:02:56 | |
23 | 68. Sure, Der Griffel | 00:05:01 | |
24 | 55. Sure, Der Allerbarmer | 00:10:10 | |
CD 2 | |||
1 | 1. Sure, Al-Fatiha | 00:01:13 | |
2 | 24. Sure, Lichtvers | 00:01:54 | |
3 | 17. Sure, Warhaftig Dieser Koran (Vers 9 -15), (Schöpfungsbericht) | 00:03:12 | |
4 | 15. Sure, Satans Vertrag (26 - 46), (Schöpfungsbericht) | 00:01:56 | |
5 | 20. Sure, Adam Und Satan (Vers 113 - 122), (Schöpfungsbericht) | 00:02:52 | |
6 | 2. Sure, Adam, Stellvertreter Gottes Auf Erden (Vers 30 - 39) (Abraham-Erzählung) | 00:03:06 | |
7 | 15. Sure, Abraham Und Lot (Vers 49 - 77) (Abraham-Erzählung) | 00:03:14 | |
8 | 37. Sure, Abraham Und Die Götzenverehrer (Vers 80 - 98) (Abraham-Erzählung) | 00:01:06 | |
9 | 37. Sure, Die Opferung Des Sohnes (Vers 99 - 113) (Abraham-Erzählung) | 00:01:24 | |
10 | 6. Sure, Abraham Und Die "natürliche Religion" (Vers 74 - 79) (Abraham-Erzählung) | 00:03:00 | |
11 | 2. Sure, Abraham Und Nimrod (Vers 258) / Abraham, Freund Gottes (Vers 260) (12. Sure, Josef-Erzählung) | 00:01:26 | |
12 | Vers 1 - 29 (12. Sure, Josef-Erzählung) | 00:06:19 | |
13 | Vers 30 - 50 (12. Sure, Josef-Erzählung) | 00:06:01 | |
14 | Vers 51 - 79 (12. Sur, Josef-Erzählung) | 00:08:22 | |
15 | Vers 80 - 111 (20. Sure, Moses) | 00:07:11 | |
16 | Vers 2 - 41 (20. Sure, Moses) | 00:04:12 | |
17 | Vers 42 - 71 (20. Sure, Moses) | 00:03:39 | |
18 | Vers 72 - 99 (20. Sure, Moses) | 00:04:37 | |
19 | 3. Sure, Geschlecht Imrans (Vers 35, 37) | 00:01:06 | |
20 | 19. Sure, Jesu Wunderbare Geburt (Vers 16 - 34) | 00:02:35 | |
Weitere 1 Tracks anzeigen | |||
21 | 3. Sure, Geschichte Jesu (Vers 47 - 54) | 00:02:54 | |
CD 3 | |||
1 | 1. Sure, Al-Fatiha | 00:01:13 | |
2 | 6. Sure, Kleiner Hymnus (Vers 1 - 3) | 00:01:40 | |
3 | 17. Sure, 10 Gebote (Vers 22 - 39) | 00:08:52 | |
4 | 62. Sure, Freitagsgebet (Vers 1 -2, 9 - 11) | 00:01:44 | |
5 | 2. Sure, Gebetsrichtung (Vers 142 - 152) | 00:04:09 | |
6 | 2. Sure, Almosen (Vers 261 - 270) | 00:02:52 | |
7 | 2. Sure, Ramadan-Fasten (Vers 183 - 187) | 00:02:40 | |
8 | 3. Sure, Mekka (Vers 96 - 97) | 00:01:08 | |
9 | 2. Sure, Wallfahrt (Vers 197 - 200) | 00:01:24 | |
10 | 22. Sure, Wallfahrt ( Vers 27 - 37) | 00:03:03 | |
11 | 2. Sure, Heiliger Krieg (Vers 216 - 218, 153 - 157, 214) | 00:03:53 | |
12 | 24. Sure, Verhalten Im Haus (Vers 1, 27 - 31) | 00:02:32 | |
13 | 24. Sure, Abhängige Frauen (Vers 32 - 34) | 00:01:17 | |
14 | 2. Sure, Thronvers (Vers 255) | 00:01:09 | |
15 | 8. Sure, Schlacht Von Badr (Vers 41 - 51) | 00:03:22 | |
16 | 2. Sure, Ka' Ba-Gründung (Vers 124 - 130) | 00:01:52 | |
17 | 5. Sure, Es Ist Nur Ein Gott (Vers 72 - 75) | 00:01:11 | |
18 | 3. Sure, Abrahamitische Religion (Vers 64 -85, 95 - 103) | 00:08:56 | |
19 | 5. Sure, Vollendet Ist Eure Religion (Vers 3) | 00:00:42 | |
20 | 113. Sure, Die Dämmerung | 00:00:53 | |
Weitere 1 Tracks anzeigen | |||
21 | 114. Sure, Die Menschen | 00:01:00 |
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.07.2002Paradies-Bomber auf dem Weg zu den Jungfrauen
Der Koran als Hörbuch: Der Gläubige lauscht dem gesungenen Wort Gottes, der Gotteskrieger hört mit / Von Feridun Zaimoglu
Der Götzendienst gilt allen Moslems dieser Welt als der verwerflichste Frevel wider Gott: Wer dem einen und einzigen ein zweites zur Seite stellt, darf auf Verzeihung von hoher Warte nicht setzen. Der Islam meint den Glauben im Sinne eines direkten Verhältnisses, eines in den Uranfängen besiegelten Bundes zwischen dem Menschen und seinem wahren Herrscher. Allahs Haltbarkeit überdauert alle kunstgefertigten Idole, und dem Gläubigen ist es unter Androhung des ewigen Fegefeuers verboten, sich an Fürsprecher und Vermittler zu halten. Eine Priesterklasse zur professionellen Verwaltung der Gottesgebote kommt mit dem radikal monotheistischen Anspruch Mohammads nicht in Deckung. Die über das Spezialwissen legitimierte Herrschaft eines Theokratenclans ist im Islam nicht vorgesehen. Ein Regent, der sich als Gottes Schatten auf Erden bezeichnet und gegen das Böse zu Felde zieht, verlästerlicht das Heilsversprechen: Der Sündenerlass wird jedem zuteil, so er denn ablässt von der Irrlehre, die zur Anbetung von Hoheiten einlädt. Der Islam kennt nur eine einzige Hierarchie – der Mensch ist der Diener Gottes.
Finale Tempelreinigung
Mohammad, der „Siegel der Propheten”, der letzte der Gottesberufenen, verstand sich auch als ein Knecht Allahs, der die finale Tempelreinigung in Angriff nahm. Noch heute zürnt es jeden Moslem, wenn man ihn einen Mohammedaner nennt – er ist nun einmal kein Anhänger eines vorzeitlichen Sektenführers, genauso wenig wie Mohammads Ehrgeiz darin bestand, eine neue Religion zu stiften. Er war im Gegenteil geschickt worden, um das Gesetz zu vollenden, und er verwies immer wieder auf die Gotteserbfolge: die Entsendung der frommen Boten läuft auf die Erfüllung des Heilsplans hinaus. Es ist erstaunlich, wie sich das Muster wiederholt – der in seinem vierzigsten Lebensjahr frisch Erweckte verkündet die frohe Botschaft und gerät in erbitterten Hader mit den Ritualmeistern, die Gottes Dienstordnung in hohlfeierlichen Weihehandelungen sinnentleeren. Mohammad selbst gehörte dem mekkanischen Haschemitenclan an, und er hätte als wohlhabender Handelsherr seine Tage verleben können.
Der schwarze Stein der Ka’ba zog unzählige Wallfahrer an, der Massentourismus bescherte der Handelsstadt Mekka einen beträchtlichen Wohlstand. Doch das Geschäft mit dem Kult stieß ihn ab: Die Pilger torkelten betrunken um das Heiligtum, ließen sich vor den Lehmgötzen fallen und erflehten Genesung. Diesen Ahnenaltar galt es zu zerschlagen, mochte Mohammad mit seiner Verkündigung auch die Patrizierkaste gegen sich aufbringen. Alle Versuche von Seiten seiner Sippe, den zornigen Streiter wider die Sitten der Vorväter von seinem Vorhaben abzubringen, schlugen fehl. Er verwies auf den Ratschluss Gottes und weigerte sich, Milde gegen das Althergebrachte walten zu lassen – Satans Feldherrenkünste seien schwach, sie, die Herren der Stadt, könnten ihm noch so viele Privilegien versprechen, er ginge nicht ab von seiner Blutfehde gegen die Perversion des Menschengeschlechts zum götzenanbeterischen Lumpenvolk.
Seine Botschaft stieß bei den Deklassierten und Randständigen auf offene Ohren: Mohammads Urgemeinde bestand aus Frauen, Sklaven und Ausländern. Doch für die mekkanische Elite war das Maß dann doch voll, sie belegte die Moslems (dt.: die Ergebenen) mit dem Bann und zwang sie zur Migration in die 350 Kilometer entfernte Stadt Medina. Hier sollte Mohammad der Durchbruch vergönnt sein. Nicht nur, dass sich die Zahl der Allah-Ergebenen vervielfachte, es gelang den Medinaensern auch, die Stoßtruppen aus Mekka erfolgreich abzuwehren. Nach acht Jahren im Exil kehrte Mohammad als siegreicher Feldherr zurück nach Mekka.
Der Koran (dt.: die zur Rezitation bestimmte Schriftsammlung) bezieht sich in den meisten seiner hundertvierzehn Suren auf die konkrete Situation des Propheten, weist aber darüber hinaus. Die sinnbildhaften Verweise auf den größeren Heilszusammenhang sollen den Gläubigen im Kampf gegen den ewigen Einflüsterer „Scheitan” anspornen. Der Teufel als Vater der Götzen, als Möchtegernusurpator, der am liebsten an Gottes statt auf dem Thron säße, wird auch als der Menschen Feind kenntlich gemacht.
Gott zeugt nicht
Die direkte Anrede des Gesandten, der Gläubigen und der zum Abfall neigenden Zweifler mahnt an, dass der göttliche Inspirator durch sein Medium spricht: des Propheten Eingebungen sind Gottes Wort. Das rhythmisch belegte Offenbarungskonvolut weist sich als Regelwerk aus, mittels dessen der Moslem sein Leben ordnen könne. Ein Diesseits und ein Jenseits werden zwar trennscharf
geschieden, eine zölibatäre Weltentrückung jedoch gilt als Gott ungefällig. Unter den Adressaten im Koran finden sich auch die so genannten Schriftbesitzer, die Juden und Christen: ihre Gottesfurcht adelt sie in den Augen Allahs zu mit den Moslems verschwisterten Glaubensstämmen. Doch mit dem Hinweis, Gott zeuge nicht, noch ward er gezeugt (112. Sura), wird das Dreifaltigkeitsdogma als heidnische Verirrung entdeckt. Über die Juden heißt es, sie seien in Erwartung des Messias derart erstarrt, dass sie den Künder der Gottesworte vor ihren Augen nicht sehen wollten.
Dieser Tage fehlt es nicht an erkennungsdienlichen Hinweisen, wenn es gilt, die Profile junger Sprengstoff-Assassinen zu erstellen: Was bewegt diese recht intelligenten Mordbrenner, und wieso schätzen sie ihr Leib und Leben gering? Das Motiv ist denn auch schnell ausgemacht. Die Verheißung, dass zur Bewirtung der Märtyrer zweiundsiebzig Jungfrauen in den paradiesischen Gärten bereit stünden, bringe verlorene Existenzen dazu, sich zu opfern und Zivilisten in Gottes Namen zu meucheln. Auch hier lohnt die Lektüre des Koran, denn man wird eines Besseren belehrt. Bei den Attentätern handelt es sich keinesfalls um von sexueller Entbehrung gezeichnete „Lustmörder”. Natürlich sind sie angepeitscht von einer Art Befreiungstheologie aus dem Munde halb alphabetisierter Imame und Ayatollahs, die den jungen Männern postmortalen Ruhm auf Erden und Erlösung im Himmelreich versprechen. Ihre Todesverachtung rührt aber größtenteils von dem Wunsch her, der höchsten Auszeichnung teilhaftig zu werden, die Gott zu vergeben bereit ist: Die ewige Schau des Angesichts Allahs.
Der mystische Wunderglaube, vornehmlich von der schiitischen Konfession zum Glaubensextrakt destilliert, stiftet seltsamerweise auch die Paradies-Bomber in eigenen Gnaden zum Meuchelmord an. Der Koran bietet jedem das Seine; wer den Instabilitäten der Postmoderne fliehen will, findet in der divine poetry Durchschlüpfe genug. Der Dorfheiler und der Exorzist sprechen kurze Suren zur Dämonenabwehr. Der Rechtsgelehrte vertieft sich ins Quellenstudium, um auf den ultimativen Beleg zu stoßen. Ein Dritte-Welt- Student kann den Dritten Weg in Allahs erster Güte entdecken. Die Gotteskrieger lesen aus den Suren ihre Parolen heraus und ziehen zu Felde gegen den Aufklärungsimperialismus.
Einem schlichten Türkenvater mag seines Hodschas Freitagspredigt reichen, und er wird seine geschlechtsreife Tochter vom gemischt geschlechtlichen Sportunterricht abmelden. Einst waren im Abendland die Herrscher klug genug, den Druck der Bibel zu verbieten. Der Koran ist den Herren wie dem Volk zugänglich. Der einfache Gläubige lauscht – ohne Hintergedanken – dem gesungenen Wort Gottes, das der Rezitator in hohem Bass psalmodiert.
DER KORAN. Hörstück, zweisprachig. Mit Stefan Kurt und Ali Taha. 3 CDs, 210 Minuten. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002. 26,90 Euro.
Feridun Zaimoglu lebt als Autor in Kiel. Bekannt geworden ist er mit dem Buch „Kanak Sprak. 24 Misstöne vom Rande der Gesellschaft”.
Am gemischt geschlechtlichen Sportunterricht sollten sie nicht teilnehmen. Zölibatäre Weltentrückung gilt aber auch nicht als Gott gefällig
Foto: Regina Schmeken
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Der Koran als Hörbuch: Der Gläubige lauscht dem gesungenen Wort Gottes, der Gotteskrieger hört mit / Von Feridun Zaimoglu
Der Götzendienst gilt allen Moslems dieser Welt als der verwerflichste Frevel wider Gott: Wer dem einen und einzigen ein zweites zur Seite stellt, darf auf Verzeihung von hoher Warte nicht setzen. Der Islam meint den Glauben im Sinne eines direkten Verhältnisses, eines in den Uranfängen besiegelten Bundes zwischen dem Menschen und seinem wahren Herrscher. Allahs Haltbarkeit überdauert alle kunstgefertigten Idole, und dem Gläubigen ist es unter Androhung des ewigen Fegefeuers verboten, sich an Fürsprecher und Vermittler zu halten. Eine Priesterklasse zur professionellen Verwaltung der Gottesgebote kommt mit dem radikal monotheistischen Anspruch Mohammads nicht in Deckung. Die über das Spezialwissen legitimierte Herrschaft eines Theokratenclans ist im Islam nicht vorgesehen. Ein Regent, der sich als Gottes Schatten auf Erden bezeichnet und gegen das Böse zu Felde zieht, verlästerlicht das Heilsversprechen: Der Sündenerlass wird jedem zuteil, so er denn ablässt von der Irrlehre, die zur Anbetung von Hoheiten einlädt. Der Islam kennt nur eine einzige Hierarchie – der Mensch ist der Diener Gottes.
Finale Tempelreinigung
Mohammad, der „Siegel der Propheten”, der letzte der Gottesberufenen, verstand sich auch als ein Knecht Allahs, der die finale Tempelreinigung in Angriff nahm. Noch heute zürnt es jeden Moslem, wenn man ihn einen Mohammedaner nennt – er ist nun einmal kein Anhänger eines vorzeitlichen Sektenführers, genauso wenig wie Mohammads Ehrgeiz darin bestand, eine neue Religion zu stiften. Er war im Gegenteil geschickt worden, um das Gesetz zu vollenden, und er verwies immer wieder auf die Gotteserbfolge: die Entsendung der frommen Boten läuft auf die Erfüllung des Heilsplans hinaus. Es ist erstaunlich, wie sich das Muster wiederholt – der in seinem vierzigsten Lebensjahr frisch Erweckte verkündet die frohe Botschaft und gerät in erbitterten Hader mit den Ritualmeistern, die Gottes Dienstordnung in hohlfeierlichen Weihehandelungen sinnentleeren. Mohammad selbst gehörte dem mekkanischen Haschemitenclan an, und er hätte als wohlhabender Handelsherr seine Tage verleben können.
Der schwarze Stein der Ka’ba zog unzählige Wallfahrer an, der Massentourismus bescherte der Handelsstadt Mekka einen beträchtlichen Wohlstand. Doch das Geschäft mit dem Kult stieß ihn ab: Die Pilger torkelten betrunken um das Heiligtum, ließen sich vor den Lehmgötzen fallen und erflehten Genesung. Diesen Ahnenaltar galt es zu zerschlagen, mochte Mohammad mit seiner Verkündigung auch die Patrizierkaste gegen sich aufbringen. Alle Versuche von Seiten seiner Sippe, den zornigen Streiter wider die Sitten der Vorväter von seinem Vorhaben abzubringen, schlugen fehl. Er verwies auf den Ratschluss Gottes und weigerte sich, Milde gegen das Althergebrachte walten zu lassen – Satans Feldherrenkünste seien schwach, sie, die Herren der Stadt, könnten ihm noch so viele Privilegien versprechen, er ginge nicht ab von seiner Blutfehde gegen die Perversion des Menschengeschlechts zum götzenanbeterischen Lumpenvolk.
Seine Botschaft stieß bei den Deklassierten und Randständigen auf offene Ohren: Mohammads Urgemeinde bestand aus Frauen, Sklaven und Ausländern. Doch für die mekkanische Elite war das Maß dann doch voll, sie belegte die Moslems (dt.: die Ergebenen) mit dem Bann und zwang sie zur Migration in die 350 Kilometer entfernte Stadt Medina. Hier sollte Mohammad der Durchbruch vergönnt sein. Nicht nur, dass sich die Zahl der Allah-Ergebenen vervielfachte, es gelang den Medinaensern auch, die Stoßtruppen aus Mekka erfolgreich abzuwehren. Nach acht Jahren im Exil kehrte Mohammad als siegreicher Feldherr zurück nach Mekka.
Der Koran (dt.: die zur Rezitation bestimmte Schriftsammlung) bezieht sich in den meisten seiner hundertvierzehn Suren auf die konkrete Situation des Propheten, weist aber darüber hinaus. Die sinnbildhaften Verweise auf den größeren Heilszusammenhang sollen den Gläubigen im Kampf gegen den ewigen Einflüsterer „Scheitan” anspornen. Der Teufel als Vater der Götzen, als Möchtegernusurpator, der am liebsten an Gottes statt auf dem Thron säße, wird auch als der Menschen Feind kenntlich gemacht.
Gott zeugt nicht
Die direkte Anrede des Gesandten, der Gläubigen und der zum Abfall neigenden Zweifler mahnt an, dass der göttliche Inspirator durch sein Medium spricht: des Propheten Eingebungen sind Gottes Wort. Das rhythmisch belegte Offenbarungskonvolut weist sich als Regelwerk aus, mittels dessen der Moslem sein Leben ordnen könne. Ein Diesseits und ein Jenseits werden zwar trennscharf
geschieden, eine zölibatäre Weltentrückung jedoch gilt als Gott ungefällig. Unter den Adressaten im Koran finden sich auch die so genannten Schriftbesitzer, die Juden und Christen: ihre Gottesfurcht adelt sie in den Augen Allahs zu mit den Moslems verschwisterten Glaubensstämmen. Doch mit dem Hinweis, Gott zeuge nicht, noch ward er gezeugt (112. Sura), wird das Dreifaltigkeitsdogma als heidnische Verirrung entdeckt. Über die Juden heißt es, sie seien in Erwartung des Messias derart erstarrt, dass sie den Künder der Gottesworte vor ihren Augen nicht sehen wollten.
Dieser Tage fehlt es nicht an erkennungsdienlichen Hinweisen, wenn es gilt, die Profile junger Sprengstoff-Assassinen zu erstellen: Was bewegt diese recht intelligenten Mordbrenner, und wieso schätzen sie ihr Leib und Leben gering? Das Motiv ist denn auch schnell ausgemacht. Die Verheißung, dass zur Bewirtung der Märtyrer zweiundsiebzig Jungfrauen in den paradiesischen Gärten bereit stünden, bringe verlorene Existenzen dazu, sich zu opfern und Zivilisten in Gottes Namen zu meucheln. Auch hier lohnt die Lektüre des Koran, denn man wird eines Besseren belehrt. Bei den Attentätern handelt es sich keinesfalls um von sexueller Entbehrung gezeichnete „Lustmörder”. Natürlich sind sie angepeitscht von einer Art Befreiungstheologie aus dem Munde halb alphabetisierter Imame und Ayatollahs, die den jungen Männern postmortalen Ruhm auf Erden und Erlösung im Himmelreich versprechen. Ihre Todesverachtung rührt aber größtenteils von dem Wunsch her, der höchsten Auszeichnung teilhaftig zu werden, die Gott zu vergeben bereit ist: Die ewige Schau des Angesichts Allahs.
Der mystische Wunderglaube, vornehmlich von der schiitischen Konfession zum Glaubensextrakt destilliert, stiftet seltsamerweise auch die Paradies-Bomber in eigenen Gnaden zum Meuchelmord an. Der Koran bietet jedem das Seine; wer den Instabilitäten der Postmoderne fliehen will, findet in der divine poetry Durchschlüpfe genug. Der Dorfheiler und der Exorzist sprechen kurze Suren zur Dämonenabwehr. Der Rechtsgelehrte vertieft sich ins Quellenstudium, um auf den ultimativen Beleg zu stoßen. Ein Dritte-Welt- Student kann den Dritten Weg in Allahs erster Güte entdecken. Die Gotteskrieger lesen aus den Suren ihre Parolen heraus und ziehen zu Felde gegen den Aufklärungsimperialismus.
Einem schlichten Türkenvater mag seines Hodschas Freitagspredigt reichen, und er wird seine geschlechtsreife Tochter vom gemischt geschlechtlichen Sportunterricht abmelden. Einst waren im Abendland die Herrscher klug genug, den Druck der Bibel zu verbieten. Der Koran ist den Herren wie dem Volk zugänglich. Der einfache Gläubige lauscht – ohne Hintergedanken – dem gesungenen Wort Gottes, das der Rezitator in hohem Bass psalmodiert.
DER KORAN. Hörstück, zweisprachig. Mit Stefan Kurt und Ali Taha. 3 CDs, 210 Minuten. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002. 26,90 Euro.
Feridun Zaimoglu lebt als Autor in Kiel. Bekannt geworden ist er mit dem Buch „Kanak Sprak. 24 Misstöne vom Rande der Gesellschaft”.
Am gemischt geschlechtlichen Sportunterricht sollten sie nicht teilnehmen. Zölibatäre Weltentrückung gilt aber auch nicht als Gott gefällig
Foto: Regina Schmeken
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der Koran ist "das Hörbuch schlechthin", schreibt Rezensent Roland Kany. Schließlich bedeute das arabische Wort "qur'an" Vortrag oder Rezitation, wie der Koran auch dem Vortrag der göttlichen Offenbarung durch den Engel Gabriel an Mohammed entspringe. Ein großes Verdienst des vorliegenden Hörbuches ist für den koran-kundigen Rezensenten, dass es auch den westlichen Hörer "ein wenig vom zauberhaften Stil und Wohlklang des Korans erahnen" lasse. Dazu trage auch die Entscheidung der Herausgeberin bei, die poetisch überzeugende Übersetzung von Friedrich Rückert zu verwenden, die vor hundertfünfzig Jahren entstand. Als "unprätentiös und routiniert", jedoch nicht immer auf sinngemäße Betonung achtend, beschreibt der Rezensent den Vortrag der Textauswahl durch den Schauspieler Stefan Kurt. Bald trage er einzelne Verse vor, denen sogleich das arabische Original folge, bald lese er die ganze Sure, wobei die arabische Rezitation überblendet werde. Die arabischen Passagen lese der in Deutschland lebende Ali Taha, der den Informationen des Rezensenten zufolge die Kunst der Koran-Rezitation im Alter von 13 Jahren zu erlernen begann. Roland Kany hätte gern mehr Koran im Original gehört und bedauert das Ungleichgewicht zu Gunsten des deutschsprachigen Anteils.
© Perlentaucher Medien GmbH
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