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Erst das Miteinander macht das Leben lebenswert: Warum Engagement und Solidarität, der Mut zur eigenen Meinung und das Eintreten für politische und soziale Werte heute unverzichtbar sind, das zeigt Gesine Schwan immer wieder eindrucksvoll und überzeugend. Susanne Gaschke lässt eine Frau zu Wort kommen, die nicht nur Zukunftsideen hat, sondern auch weiß, wie sie zu realisieren sind.
Was heißt: gutes Leben? Was ist wichtig jenseits handfester Privatinteressen? Gesine Schwan weiß: Das gute Leben hat immer auch eine politische und soziale Seite. Damit ein Gemeinwesen lebenswert bleibt, lohnt es
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Produktbeschreibung
Erst das Miteinander macht das Leben lebenswert: Warum Engagement und Solidarität, der Mut zur eigenen Meinung und das Eintreten für politische und soziale Werte heute unverzichtbar sind, das zeigt Gesine Schwan immer wieder eindrucksvoll und überzeugend. Susanne Gaschke lässt eine Frau zu Wort kommen, die nicht nur Zukunftsideen hat, sondern auch weiß, wie sie zu realisieren sind.
Was heißt: gutes Leben? Was ist wichtig jenseits handfester Privatinteressen? Gesine Schwan weiß: Das gute Leben hat immer auch eine politische und soziale Seite. Damit ein Gemeinwesen lebenswert bleibt, lohnt es sich, für Werte einzustehen und für sie zu kämpfen. Mut zur eigenen Meinung ist wichtig und Standfestigkeit, auch gegen den Mainstream. Entsolidarisierungstendenzen und Demokratieverdrossenheit sind nichts Naturgegebenes. Vertrauen und Solidarität haben Zukunft. Mit ihrem privaten Leben und ihrem öffentlichen Engagement zeigt Gesine Schwan überzeugend: Erst das Miteinander macht das Leben lebenswert. Susanne Gaschke lässt eine Frau zu Wort kommen, die Zukunftsideen hat - und weiß, wie sie zu realisieren sind.
Autorenporträt
Gesine Schwan, geboren 1943 in Berlin, Professorin für Politische Philosophie, ist Mitglied der Grundwerte-Kommission der SPD. Bis 2008 war sie Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Sie ist Koordinatorin der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.05.2008

Was denkt Gesine Schwan?

Wer die derzeit meistbesprochene Frau des Landes kennenlernen will, lese ihr Buch "Allein ist nicht genug". Ein gesellschaftlicher Entwurf, eine philosophische Streitschrift über das gute Leben.

Um eine Vorstellung davon zu gewinnen, was Gesine Schwan als Bundespräsidentin sagen würde, ist man nicht auf parteipolitische Mutmaßungen angewiesen, nicht auf Einschätzungen aus zweiter Hand. Man kann sich aus erster Hand informieren. Man braucht nur dieses Buch zu lesen, in dem die "fröhliche Intellektuelle" (Richard von Weizsäcker) mit dem ausgeprägten politischen Gespür ihre Ansichten zu Gott und der Welt offenlegt. Es ist eine philosophische Streitschrift, ein leichthin vorgetragener Gesellschaftsentwurf, ausgehend von teilweise sehr persönlichen Erfahrungen der schlimmen wie der schönen Art. Es ist, wie die "Zeit"-Journalistin Susanne Gaschke im Vorwort schreibt, "eine Art Handreichung für das gute Leben: und zwar ein Leben, das gut für den Menschen ist, der es lebt, und gut für das Gemeinwesen, in dem er lebt". Gaschke hat die Gespräche aufgezeichnet, die sie mit Gesine Schwan über die Themen dieses Buches führte, und gesteht gern, dass sie bei diesem Unternehmen nicht unbefangen ist: "Ich bin dieser Frau gegenüber nicht professionell-neutral: Ich mag sie." Das Buch, in dem Gesine Schwan sich persönlich erklärt, lässt verstehen, warum das so ist.

Die feintuerische Art, mit der hierzulande gern über Kulturkritik die Nase gerümpft wird, schert Schwan wenig. Sie tritt in diesem Buch, das den Untertitel "Für eine neue Kultur der Gemeinsamkeit" trägt, in erster Linie als Kulturkritikerin auf. So spießt sie die Verkürzungen, all die Reduktionismen auf, die Wissenschaft, Medien und Wirtschaft als versteckten Preis ihrer Betriebsförmigkeit zahlen, und legt die Verzerrungen dar, die entstehen, wenn partikulare Logiken für das Ganze des Menschen sprechen wollen. Insoweit haben wir es mit einer Aufklärungsschrift zu tun, die das Genre des Pamphlets nicht scheut, sondern es in politischer Absicht gekonnt einzusetzen weiß. Kaum ein Wort kommt hier so oft vor wie das Wort "Zusammenhang". Schwan kritisiert die Zusammenhanglosigkeit, mit der wichtige Aspekte des Gemeinwesens derart verkürzt verhandelt werden, als stünden sie in keinerlei Beziehung zu Fragen des menschenwürdigen Lebens.

Um solche fehlenden Zusammenhänge überhaupt nur zu bemerken, gar zu formulieren, bedarf es eines anthropologischen Entwurfs, einer Vorstellung davon, was als Minimum des guten Lebens gelten soll jenseits einer Orientierung an Rendite und Wettbewerb. Eine solche Vorstellung steht Gesine Schwan glücklicherweise zu Gebote, sie umreißt sie mit viel Überzeugungskraft in diesem Buch und erzeugt damit eine Stimmung, die den Glauben an Politik ermöglicht. Denn diesen Subtext in Richtung Schloss Bellevue versteht jeder: Es reicht nicht, sich im Volk mit Politikschelte zu profilieren. Das verstärkt nur die Politikverdrossenheit, die man rhetorisch bekämpft. Nein, nicht um Politikschelte kann es gehen, sondern um einen gehaltvollen, ausstrahlenden Begriff des Gemeinwesens, in welchem sich die Bürger über die verschiedenen politischen Lager hinweg wiederfinden können. Schwan ist Diskurs-Optimistin: Argumente - weit ausholende, wenn nötig - statt Appelle. Anders gesagt: Sie ist, so beißend ihre Kritik bisweilen ausfällt, eine manisch Konstruktive.

Das rührt auch daher, dass ihr Lebensgefühl - bei allem Überschießenden, Quirligen, Freudigen - erkennbar von einer Bedrohung geprägt und wachgehalten wird: von der metaphysischen Bedrohung nämlich, das Leben könne jederzeit ins Sinnlose, Nichtige abrutschen, wenn man ihm nicht Sinn geben will, es nicht als Aufgabe auffassen will. Ein solches kursiv geschriebenes will findet sich an mehreren Stellen im Text und klingt auch an, wenn die Autorin über ihren christlichen Glauben spricht und den Sinn, den er ihrem Leben gibt: ". . . und ich möchte diesen Sinn; ich muss, ich will so leben, dass er sich erfüllt."

Womit in bester aufklärerischer Tradition gesagt ist, dass bei ihr nichts vom Himmel fällt (auch der Himmel nicht), dass also nichts ist, was der Mensch sich nicht als solches setzt. Von diesem eher prekären Lebensgefühl scheint Gesine Schwan zutiefst durchdrungen. Das macht sie so modern in ihrer Traditionsverbundenheit. Was manchmal bis in die wirbelnde Gestik hinein wie eine Übersprungshandlung wirkt, ist existentiell tatsächlich eine solche: Man hat es mit jemandem zu tun, so der Eindruck, der das Sein beständig dem Nichtsein abtrotzt. Schwan berichtet über ihre jahrelange Depression nach dem Tod ihres ersten Mannes, und man bekommt eine Ahnung von den tieferen Wurzeln ihrer offenen, zugewandten Art. Seit dem Ende der Depression, so klingt es an, ist ihr zumute, als habe sie ein zweites Leben geschenkt bekommen - ein Leben, das nun kraftvoller gelebt, besser verstanden, weniger verläppert werden will denn je. Und der Leser begreift: Tiefer kann ein Bürgerethos kaum gegründet sein.

So kommt es, dass Gesine Schwan ein Bild vom aktiven Bürger verkörpert, das sich als zweite Natur der Persönlichkeit darstellt: "Diese Bürgerschaft kann nicht einfach kognitiv gelernt, nicht antrainiert werden, sondern bedarf einer psychischen Verankerung. Sie erfordert Selbst- und Fremdvertrauen, Selbstsicherheit - im psychoanalytischen Drei-Instanzen-Modell könnte man sagen: Ich-Stärke -, die wir vor allem in der Familie gewinnen oder verlieren und die ihre Bestätigung im Alltag braucht." Wenn sie eine "unironische Wahrnehmung von Familie als Keimzelle der Gesellschaft" fordert, dann lässt sie zugleich keinen Zweifel daran, dass die Zukunft unserer Betriebe weiblich ist. "Es ist unschwer zu erkennen, dass zur Bürgertugend zunehmend Kompetenzen gehören, die eher weiblicher als männlicher Sozialisation entspringen." Sätze wie diese gehen nicht in Stellung, sondern fallen bei Gesine Schwan nebenbei, wie es sich für Selbstverständlichkeiten gehört, und jede Hosenträgerpublizistik, die hier Einwände erhöbe, sähe gegenüber dieser Frau sehr schnell sehr piefig aus.

Wenn es ihr um die Herstellung des Politischen geht, kommt Gesine Schwan exemplarisch immer wieder auf ihr eigenes Arbeitsfeld, die Wissenschaft, zu sprechen. Sie nennt es irritierend, "wenn Repräsentanten der deutschen Wissenschaft öffentlich behaupten, es gäbe rein wissenschaftliche - das heißt unpolitische und wertfreie - Leistungskriterien. Dass dies wissenschaftstheoretisch unhaltbar ist, hat schon Max Weber eindringlich gezeigt. Trotzdem wird die Behauptung aufrechterhalten. Auf diese Weise kann man die eigenen politischen Motive verstecken und gegen eine öffentliche Diskussion immunisieren." Aufschlussreich, wie Schwan sich in diesem Zusammenhang dagegen wehrt, Bildung gegen Ausbildung auszuspielen. Gerade weil man heute weniger als früher wisse, welche Fähigkeiten der Arbeitsmarkt der Zukunft erwarte, "kommt es mehr und mehr nicht auf technische Fertigkeiten an, sondern auf die Fähigkeit des Einzelnen, sich eigenständige Kategorien für die überbordenden Informationen, insgesamt für die ,Welterfahrung' zu erarbeiten, um über die nackten Informationen hinaus zu reflektiertem Wissen zu gelangen, neue Ideen zu entwickeln, Initiativen zu ergreifen und mit anderen kooperativ umzusetzen".

Wenn Gesine Schwan rauf und runter "Reflexionsfähigkeit" predigt, dann meint sie nichts anderes als Nachdenkenkönnen. Wer nicht gewohnt sei, die jeweiligen Voraussetzungen von Wissen zu befragen - also die Reichweite von Argumenten zu prüfen und sich klarzumachen, welches Wissen auf welche Frage antwortet und auf welche gerade nicht -, der verdummt auf höchstem Informationsniveau. Insofern liest sich dieses Buch auf weite Strecken auch wie ein Leitfaden des Denkens, überfällig in Zeiten einer Wissenschaftsfinanzierung, die der "Logik ertragreichen Wirtschaftens" folgt: "Auf der Strecke bleiben dabei weiter reichende Fragen: Was bedeutet chemischer Dünger im Lichte neuerer geologischer, meteorologischer oder klimatologischer Forschung? Wie hängen ökonomische Modelle mit sozial- und moralphilosophischen Fragen zusammen? Woher rühren aktuelle Forschungskonzentrationen etwa auf den Bereich embryonaler Stammzellen? Welche kulturellen und sozialen Fragen haben ihre (anwendungsorientierten) Ergebnisse? Wer bestimmt - mit welcher Legitimation? -, wo die zukünftigen Akzente gesetzt werden? Diskussionen darüber können wir in den verdienstvollen Feuilletons renommierter Zeitungen verfolgen, auch in politischen Beiräten, aber die Wissenschaften selbst, insbesondere die Hochschulen, geben dafür keine systematische Anregung und haben auch nicht die zum Nachdenken erforderliche Zeit."

Das ist Kulturkritik, wie wir sie brauchen: antitotalitär nicht nur im Blick auf die Menschenrechtsverletzungen des Kommunismus, die Schwan stets beim Namen genannt haben wollte, sondern eben auch im Blick auf die potentiell zerstörerischen und demokratiefeindlichen Folgen der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Die freie Marktwirtschaft ist für Schwan so alternativlos wie die historische Entspannungspolitik. Ihr geht es um die kulturelle Einbettung des Marktes: Überall dort, wo der Markt zur Weltanschauung wird, tut das auch dem Markt nicht gut. Es sind solche glasklaren Unterscheidungen, die Schwan zu einer Instanz machen, der man zutraut, das gebeutelte Wort "Elite" mit neuem Glanz zu versehen. Weil sie das Politische beharrlich für die Überlegungen der menschenwürdigen Ordnung offenhält. Wenn das Philosophie ist, dann - die Prognose sei doch bitte gestattet - wird Politik an Philosophie genesen.

Man kommt bei der Lektüre dieses Buches nicht umhin, sich nach dem besonderen Charakter der Volksnähe zu fragen, die Schwan seit ihrer Kandidatur vor vier Jahren, bei der sie knapp gegen Horst Köhler unterlag, ungebrochen genießt. Susanne Gaschke beschreibt im Vorwort die lebhaften Reaktionen in der Bevölkerung, deren sie Zeuge wurde, sobald Gesine Schwan irgendwo aufkreuzte: "Alle haben das Gefühl, sie sollten sie kennen. Sehr viele möchten mit ihr sprechen und gehen hinterher fröhlich, beschwingt von dannen." Kein Wunder, dass sich ihre politischen Gegner fragen: Wie populär mag diese Frau erst werden, sollte sie eines Tages das höchste Staatsamt bekleiden?

Dass Gesine Schwan in ihrer Person scheinbar gegensätzliche Positionen vereint und deshalb als "Linke" auch Anziehungskräfte im bürgerlich-liberalen Lager entfaltet, kann nur auf den ersten, parteipolitischen Blick erstaunen. Im Grunde ist es aber nicht erstaunlich, dass eine Position, wird sie nur hinreichend tief ergründet, das Verbindende sehen lässt, das sie mit anderen Positionen gemeinsam hat. So gesehen blockiert die Schärfe einer Argumentation nicht die Verständigung, sondern macht sie recht eigentlich erst möglich. Weil Gesine Schwan es intellektuell darauf anlegt, die Dinge zu ergründen, statt sie entlang der vordergründigen Konfliktlinien wahrzunehmen, ist sie so etwas wie eine Vermittlerin aus besserer Einsicht. Geht man zu weit, wenn man hierin das Geheimnis ihrer Popularität erblickt?

CHRISTIAN GEYER

Gesine Schwan: "Allein ist nicht genug". Für eine neue Kultur der Gemeinsamkeit. Herausgegeben von Susanne Gaschke. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2007. 220 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz angetan zeigt sich Rezensent Christian Geyer von diesem Buch Gesine Schwans, das aus Gesprächen mit der "Zeit"-Journalistin Susanne Gaschke entstanden ist. Wer Schwan, die derzeit wieder für das Amt der Bundespräsidentin im Gespräch ist, kennenlernen möchte, sollte nach Ansicht Geyers dieses Buch lesen. Er würdigt es als überzeugenden gesellschaftlichen Entwurf, der wieder einen Glauben an die Politik ermöglicht, und zugleich als "philosophische Streitschrift über das gute Leben". Es vermittelt seines Erachtens nicht nur einen hervorragenden Eindruck von der Person Schwans, für die er viel Sympathie an den Tag legt, sondern auch von ihren intellektuellen Ansichten und Einsichten, denen er nur zustimmen kann. Besonders schätzt er ihre Kulturkritik, ihre Kritik der Verkürzungen von Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, ihre aufgeklärte, kritische, aber konstruktive und offene Art sowie ihr Plädoyer für die Reflexion. Ihm scheint das Buch neben vielen, was es ist, auch ein "Leitfaden des Denkens", zu sein. Besonders hebt er Schwans Fähigkeit hervor, scharf zu argumentieren und die Dinge zu ergründen, "statt sie entlang der vordergründigen Konfliktlinien wahrzunehmen". Insofern hält er sie auch für eine "Vermittlerin aus besserer Einsicht".

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