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Südafrika in den 60er-Jahren: Die zwölfjährige Emily lebt mit ihren Eltern und ihrer Schwester in einem großen Haus in Johannesburg. Die Eltern streiten sich oft und halten die Fassade der glücklichen Familie nur noch mühsam aufrecht. Emily findet Trost beim alten Nachtwächter Buza, der ihr Geschichten seines Volkes erzählt. Wie die Geschichte vom Kuckuck, dessen Honig Zerrissenes wieder zusammenfügt. Eines Tages lädt Emilys Vater die Mallorys, eine Zigeunerfamilie, ein, ihren Wohnwagen auf dem Grundstück abzustellen. Das Frühjahr, das die beiden ungleichen Familien miteinander verbringen, verändert das Leben aller Beteiligten auf dramatische Weise.…mehr

Produktbeschreibung
Südafrika in den 60er-Jahren: Die zwölfjährige Emily lebt mit ihren Eltern und ihrer Schwester in einem großen Haus in Johannesburg. Die Eltern streiten sich oft und halten die Fassade der glücklichen Familie nur noch mühsam aufrecht. Emily findet Trost beim alten Nachtwächter Buza, der ihr Geschichten seines Volkes erzählt. Wie die Geschichte vom Kuckuck, dessen Honig Zerrissenes wieder zusammenfügt. Eines Tages lädt Emilys Vater die Mallorys, eine Zigeunerfamilie, ein, ihren Wohnwagen auf dem Grundstück abzustellen. Das Frühjahr, das die beiden ungleichen Familien miteinander verbringen, verändert das Leben aller Beteiligten auf dramatische Weise.
Autorenporträt
Die Autorin Linzi Glass, in Johannesburg, Südafrika geboren, ging als Jugendliche in die USA. Sie hat zahlreiche Artikel, Bühnenstücke, Drehbücher und Kurzgeschichten geschrieben. Linzi Glass lebt heute mit ihrer Tochter in Los Angeles.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2010

Liebessehnsuchtsgeschichte mit Epilog
Wenn der Bruder kämpft und die Schwester stirbt: Zwei Jugendbücher erzählen aus Südafrika

Jetzt ist es wieder ruhig im Township Masiphumelele südwestlich von Kapstadt. Ein paar verkohlte Reste erinnern noch an die furchtbare Nacht, als hier die Hütten der Fremden brannten, und ein Loch in ihrem Herzen erinnert die dreizehnjährige Erzählerin aus Lutz van Dijks Jugendbuch "Romeo und Jabulile" an ihren Geliebten, der verschwunden ist seit dieser Nacht - seit Jabuliles Bruder und seine Freunde ihn gejagt haben.

Mit seiner Mutter war Romeo aus Simbabwe geflohen, er hauste in einem Verschlag auf dem Gelände der Baufirma, für die er geschuftet hat, obwohl er nach überstandener Kinderlähmung eher schmächtig wirkt und humpelt. Jabulile ist dreizehn, lebt mit Großmutter und älterem Bruder in den Hinterräumen des "Supa-Cash"-Ladens ihres Vaters, und Romeo ist ihre erste Liebe.

Es sind wenige, aber feine Striche, mit denen Lutz van Dijk sie zeichnet: die Vertrautheit der beiden jenseits alles Fremden, Trennenden; die langen, schweigenden Umarmungen; die Unbedingtheit, die Absolutheit ihrer Zuneigung. Und es sind ebenso sorgsam gesetzte Striche, mit denen er Jabuliles Leben im Township skizziert, ohne Exotik oder Armut zu kolorieren. Und van Dijk kennt sich aus: Der in Berlin geborene Autor kümmert sich seit 2001 mit der Organisation Hokisa in Masiphumelele um Aids-Waisen. Im Mai 2008 ist es dort tatsächlich zu rassistischen Übergriffen gekommen.

Hat Romeo die Schreckensnacht überlebt? Wird Jabulile ihn wiederfinden? Es gibt Hoffnung, aber keine Gewissheit am Ende dieses Buches, das einiges unausgesprochen und einiges unangesprochen lässt. Klar ist nur, dass wenigstens ihr Bruder aus dem Schrecken gelernt hat. Den Zusammenhang der Drohungen seiner Bande mit dem Überfall auf die Fremden aus Simbabwe und Somalia lässt Lutz van Dijk allerdings ebenso im Dunkeln wie, allgemeiner, den von ethnisch motivierter Gewalt unter Schwarzen und der vor nicht einmal zwanzig Jahren abgeschafften Apartheid in Südafrika.

So eng van Dijk den Fokus seines Buchs gewählt hat, so weit und komplex hat Linzi Glass ihren Jugendroman "Im Jahr des Honigkuckucks" angelegt: Eindringlich beschreibt die in Südafrika geborene Autorin die Zerrüttung einer wohlhabenden Familie im Johannesburg des Jahres 1966, in der es nicht die exaltierte Mutter und der sprachlose Vater, sondern die schwarzen Hausangestellten sind, die der bald dreizehnjährigen Erzählerin Halt geben. Es ist die Geschichte zweier Schwestern, die Geschichte einer Gewalttat, eine Liebessehnsuchtsgeschichte, und sie ist so niederschmetternd, dass die Autorin nicht umhinkam, in einem Epilog zu zeigen, dass wenigstens Emily, ihre Heldin, all das leidlich unbeschadet überstanden hat - die einzige Schwäche eines sonst ausgesprochen starken Buchs.

Immer wieder laden die Eltern Fremde ein, eine Zeitlang bei ihnen zu wohnen - um sich abzulenken, um nicht immer nur zu streiten. Jetzt ist es ein Tierfotograf mit seiner halbverwilderten Familie, der seinen muffigen Wohnwagen aufs Gelände stellt. Emilys Eltern sind fasziniert von dem unabhängigen Leben der vier, sie können gar nicht genug bekommen von den Geschichten aus der Wildnis. Und die beiden Mädchen nehmen sich der gleichaltrigen Jungen an. Otis, der Ältere, ist nach einem Unfall als Baby (oder war es eine Entgleisung des Vaters?) behindert - ein bärenstarker Sechzehnjähriger mit dem Sprachvermögen eines Kleinkinds, dem zuweilen ein Spuckefaden aus dem Mund tropft. Sarah, die bezaubernde fünfzehnjährige Schwester, zeigt ihm unbeirrbar, wie man tanzt, malt und schreibt, während er sie nur anschaut, "als wäre sie eine Eistüte, an der man lecken kann".

Streak, der Jüngere, fasst unterdessen Vertrauen zu Emily, erzählt von der Enge des Lebens im Wohnwagen, von seiner Sehnsucht nach Beständigkeit, von seinem Wunsch, auch einmal eine Schuluniform zu tragen, von den Gewaltausbrüchen des Vaters, der glaubt, nur mit Prügeln den Älteren im Zaum halten zu können. Es ist eine zarte Liebe, die sich zwischen diesen beiden entwickelt. Während sich zwischen Otis und Sarah die Katastrophe anbahnt: Dass er eines Nachts über sie herfällt, sein Vater ihn daraufhin halb tot prügelt und mit der Familie überhastet abreist, ist der eine dramatische Höhepunkt des Buches.

Der Rest ist stummes Elend: Emilys Eltern bleiben ahnungslos, die Mutter widmet sich ohnehin mehr ihrer Affäre als ihren Töchtern. Sarah, für deren Schönheit sich die Mutter immerhin noch begeistern kann, ist zerstört. Sie wird das Geschehen nicht lange überleben. Emily, die sich auch ein wenig mütterliche Liebe, Anerkennung, Aufmerksamkeit gewünscht hätte, findet Trost in Fabeln und Zulu-Märchen, aber auch in der Geschichte des unerschrockenen Rolihlahla, der später unter seinem englischen Namen Nelson Mandela berühmt werden soll und Anfang der sechziger Jahre zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Es ist der alte Zulu-Nachtwächter Buza, ihr heimlicher Vertrauter draußen am Tor des elterlichen Anwesens, der ihr all das hingebungsvoll erzählt. Bis auch er, um Sarah zu retten, in Gefahr gerät.

Linzi Glass hat ein Buch voller eindringlicher Geschichten und Bilder geschrieben. Sie schafft es, ihren großen Themen - Gleichgültigkeit und Gewalt - Raum zu geben, ohne die kleinen dadurch in den Schatten zu stellen: das Nebeneinander von zwei Familien, in denen die Liebe fehlt, und eine Freundschaft zwischen Jung und Alt, Weiß und Schwarz unter den Zeichen der Apartheid.

FRIDTJOF KÜCHEMANN

Lutz van Dijk: "Romeo und Jabulile". Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2010. 112 S., geb, 12,90 [Euro]. Ab 11 J. Linzi Glass: "Im Jahr des Honigkuckucks". Aus dem Englischen von Ulli und Herbert Günther. Hanser, München 2010. 256 S., br., 14,90 [Euro]. Ab 13 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Anrührend und so traurig wie schön findet Fridtjof Küchemann diesen komplexen Jugendroman. Er spielt im Jahr 1966 und erzählt von einer reichen Familie in Johannesburg. Die Ich-Erzählerin ist dreizehn, heißt Emily und leidet sehr am ständigen Streit der Eltern. Eine Schaustellerfamilie, die ihren Wohnwagen auf dem Gelände der Familie abstellen darf, bringt zuerst Leben, dann aber noch viel größeres Unglück über Emily und vor allem ihre etwas ältere Schwester Sarah. Schonungslos schildert die Autorin, so Küchemann, sowohl den Schrecken der Gewalttat, die sich ereignet, als auch das Elend, das in einem lieblosen Alltag liegt. Nur dass die Autorin in einem Epilog der Erzählerin ein versöhnliches Ende schenkt, findet der Rezensent zwar verständlich, für einen kleinen Kunstfehler hält er es aber doch.

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