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Gudmundsson erzählt vom Leben seines Großvaters, des Seemanns und Trinkers, seiner Großmutter und ihrer zehn Kinder. Sie hausen in einem feuchten Kellerloch, die Großmutter muß in der Fischfabrik arbeiten, um etwas dazuzuverdienen, und die Kinder werden von der Fürsorge auf Pflegefamilien überall im Land verteilt. Eine Familiengeschichte, die unter die Haut geht und trotzdem voll Witz und Melancholie steckt.

Produktbeschreibung
Gudmundsson erzählt vom Leben seines Großvaters, des Seemanns und Trinkers, seiner Großmutter und ihrer zehn Kinder. Sie hausen in einem feuchten Kellerloch, die Großmutter muß in der Fischfabrik arbeiten, um etwas dazuzuverdienen, und die Kinder werden von der Fürsorge auf Pflegefamilien überall im Land verteilt. Eine Familiengeschichte, die unter die Haut geht und trotzdem voll Witz und Melancholie steckt.
Autorenporträt
Einar Már Gudmundsson, 1954 in Reykjavík geboren, kehrte nach einem sechsjährigen Aufenthalt in Kopenhagen dorthin zurück. Seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet worden. Bei Hanser erschienen die Romane Engel des Universums (Roman, 1998), für das der Autor mit dem Preis des Nordischen Rates ausgezeichnet wurde, sowie Fußspuren am Himmel (Roman, 2001), Wie man ein Land in den Abgrund führt. Die Geschichte von Islands Ruin (2010) und Vorübergehend nicht erreichbar (Roman, 2011). Im Jahr 2012 wurde Einar Már Guðmundsson mit dem Nordischen Preis der Schwedischen Akademie ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.04.2002

Island, karge Heimat
Im Bann der Großmutter: Einar Már Gudmundssons Familiensaga

Es ist ein großes Panorama, das der isländische Autor Einar Már Gudmundsson in seinem Roman entwirft. Daß es sich dabei um die Geschichte seiner eigenen Familie handelt, kann man nicht nur daraus schließen, daß er das Buch seiner Großmutter widmete. In einer so weitverzweigten, aus tausend Kleinigkeiten zusammengesetzten Geschichte kennt sich so präzise nur aus, wer mit ihr aufgewachsen ist und ihre Einzelheiten unzählige Male gehört hat. Für den Leser ist die Sache schon schwieriger. Er sieht sich einer erstaunlich umfangreichen Sippe gegenüber, deren Vertreter nicht ohne weiteres auseinanderzuhalten sind. Aber da hat der Verlag vorgesorgt: Über das vordere Deckelinnere plus Vorsatzblatt breitet sich ein feinverästelter Stammbaum, der jede im Buch vorkommende oder auch nur erwähnte Person aufführt und obendrein noch kleine Erklärungen gibt.

Die Abstammungsgeschichte reicht ziemlich weit zurück, schätzungsweise bis ins frühe neunzehnte Jahrhundert. Die Romanhandlung setzt aber erst Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ein. Der Autor, 1954 geboren, konzentriert sich auf die Menschen, die er noch gekannt hat, oder jene, die er kannte, ihm etwas bedeutet haben. Er berichtet von Lebensumständen, deren Überlieferungsspanne vergleichsweise kurz war. Es sind recht trübselige Umstände, es geht um eine arme Familie - Island war zu Beginn des vorigen Jahrhunderts für viele Bewohner eine karge Heimat, ein Land der Not.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht die Großmutter, die im Roman den Namen Gudný Gudmundsdottir trägt und den Beinamen "die Starke". Aber alle Stärke ändert nichts daran, daß ihr alkoholfreudiger Mann Ólafur die Familie nicht ernähren kann und daß sie selbst es trotz aller Plackerei nicht schafft, ihren zehn Kindern mehr als ein feuchtes Kellerloch als Zuhause zu bieten. Die Fürsorge greift ein, Kind nach Kind wandert in eine Pflegefamilie, was sich in einigen Fällen als Segen, zumeist aber als Schock für die jungen Seelen erweist. Am Ende finden alle zur Mutter zurück - die Starke hat es fertiggebracht, die Nabelschnur niemals abreißen zu lassen.

Die isländischen Daseinsverhältnisse sind nicht Gudmundssons Gegenstand, sie sind der Lebenshintergrund seiner Figuren. Und nur weil er stets bis ins Detail äußerst sorgfältig arbeitet, kann man, wenn man mag, seine anrührende Familienstory auch als Aufarbeitung einer Geschichtsepoche lesen. In diesem Buch ist alles Allgemeine stets abhängig vom Besonderen. Das soll heißen: Wo immer die Figuren ins politische Weltgeschehen verstrickt werden, resultiert diese Verstrickung aus ihren persönlichen Erlebnissen. Ein Beispiel dafür ist der Großmutter-Sohn und Erzähler-Onkel Ragmar. Er hatte das Pech, von hochmütigen, kaltherzigen Großbauern in Pflege genommen zu werden. In seiner Kindheit lernte er, nicht nur seine persönlichen Peiniger zu verabscheuen, sondern alle, die aufgrund einer sozialen Vorzugsstellung anderen in den Nacken traten. Ragnar wird Kommunist und versucht als Brigadekämpfer in Spanien die Welt zu verbessern.

Das ist weder ihm noch seinen Genossen gelungen. Schließlich sammeln sich die Geschwister, jeder zu seiner Zeit und aus unterschiedlichen Motiven, wieder im Umkreis der starken Mutter, nicht erfolgreicher und nicht viel klüger als zuvor, aber jeder auf seine Weise gereift und nicht ohne Zuversicht. Niemand weiß, ob dieses Zukunftsgefühl sich jemals realisieren wird. Aber darauf kommt es nicht so sehr an. Gudný, der Starken, ist wenig im Leben gelungen, das der Familienchronik als Schmuck dienen könnte. Eines aber doch: Sie hat ihren Kindern zu vermitteln gewußt, daß sie wert sind, geliebt zu werden. Für Gudný wiegt das jeden Reichtum, jede politische Macht auf.

SABINE BRANDT.

Einar Már Gudmundsson: "Fußspuren am Himmel". Roman. Aus dem Isländischen übersetzt von Angelika Gundlach. Carl Hanser Verlag, München und Wien 2001. 236 S., geb., 17,90 .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Familienstammbaum, den der Verlag vorsorglich dem Roman vorangestellt hat, ist auch nötig, meint Sabine Brandt, damit der Leser sich in dieser weitverzweigten Familienchronik zurechtfindet. Sie ist recht angetan von dem Buch, in dessen Zentrum eine Großmutter - "die Starke" genannt - zwar nach und nach alle ihre zehn Kinder in Pflegefamilien abgeben muss, der es aber gelingt, die Familienbande aufrecht zu erhalten. Die Rezensentin glaubt, dass der isländische Autor seine Geschichte nur deshalb so detailliert schreiben kann, weil sie die Geschichte seiner eigenen Familie ist, und sie ist von der "anrührenden Familienstory" ziemlich eingenommen. Sie betont, dass man dabei gleichermaßen viel über "isländische Daseinsverhältnisse" erfährt wie auch über geschichtliche Ereignisse, allerdings würden diese immer nur aus der "persönlichen Verstrickung" der Figuren heraus entwickelt.

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