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Gioconda Belli, eine der exemplarischen Frauenfiguren Lateinamerikas erzählt: wie sie sich am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront gegen die Somoza-Diktatur Nicaraguas beteiligt, wie sie trotzdem ihre zwei Töchter großzieht und wie sie gleichzeitig mit ihren Gedichten Weltruhm erlangt. Die Schilderung eines Lebens zwischen Liebe, Widerstand und Revolution.

Produktbeschreibung
Gioconda Belli, eine der exemplarischen Frauenfiguren Lateinamerikas erzählt: wie sie sich am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront gegen die Somoza-Diktatur Nicaraguas beteiligt, wie sie trotzdem ihre zwei Töchter großzieht und wie sie gleichzeitig mit ihren Gedichten Weltruhm erlangt. Die Schilderung eines Lebens zwischen Liebe, Widerstand und Revolution.
Autorenporträt
Gioconda Belli, geb. in in Managua, studierte in Spanien und den USA. Ab 1970 beteiligte sie sich am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront FSLN gegen die Somoza-Diktatur ihres Landes. Sie lebt in Managua und Los Angeles/USA.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.04.2001

Verdrehte Köpfe
Gioconda Bellis Erinnerungen an die Revolution in Nicaragua

Sie muß eine ganz außergewöhnliche Frau sein: schön, stark, klug, mutig und zugleich mütterlich, sanft und verführerisch - eine Mischung, die Männer in die Knie zwingt und Frauen vor Neid erblassen läßt. Gioconda Belli, die Tochter aus gutem Haus, kann einfach alles. Sie weiß sich zu benehmen, als Debütantin im Abendkleid genauso wie als sandinistische Revolutionärin im Kampfanzug. Sie ist gebildet, einfallsreich und weltgewandt. Sie stellt PR-Kampagnen auf die Beine und organisiert verbotene Waffentransporte. Sie schreibt Gedichte, leitet eine Fernsehanstalt, erzieht Kinder und verdreht den Männern reihenweise den Kopf. Über vierhundert Seiten wird die Autorin nicht müde, ihre Erfolge auf allen Gebieten wortreich vor der geneigten Leserschaft auszubreiten.

Und doch hat Gioconda Belli im Grunde ein trauriges Buch geschrieben. Die Sandinisten, denen sie sich früh schon angeschlossen hat, können zwar den Sieg über die verhaßte Somoza-Diktatur für sich in Anspruch nehmen. Sie haben Nicaragua von einem Regime befreit, das einige wenige reich gemacht und die Masse des Volkes ins nackte Elend getrieben hat. Sie haben der Übermacht Amerikas und den Angriffen der Contras widerstanden und sind doch letztlich gescheitert - an ihrem Idealismus und ihrem Übermut, an der eigenen Eitelkeit, der inneren Zerrissenheit und an der Unfähigkeit, das Land aus dem politischen und wirtschaftlichen Chaos herauszuführen. Gioconda Belli hat auch diese Entwicklung früh erkannt. Sie hat sich dagegen aufgelehnt und letztlich verloren.

Ihr Erinnerungsbuch "Die Verteidigung des Glücks" ist aus dem Wissen um dieses Scheitern heraus geschrieben. Raffiniert werden die zeitlichen Ebenen einander gegenübergestellt: Da ist die Zeit des revolutionären Aufbruchs, der Mobilisierung des Volkes, der internationalen Solidarität, und da ist die Zeit der Rückschau, der nachträglichen Kritik, aber auch der Nostalgie und der Trauer um die Toten und die verratenen Ideale. Und mittendrin, hin- und hergerissen zwischen Traum und Ernüchterung, die Frau, die zu verstehen sucht, was mit ihr, mit ihrem Volk und ihren Kampfgefährten geschehen ist. Als Angehörige des Bürgertums, das von der Diktatur profitierte, und als Frau in einer von Männern dominierten Bewegung steht sie unter einem starken Rechtfertigungsdruck. Sie muß revolutionärer sein als die Revolutionäre, und sie muß sich als Frau gegen jene Machos behaupten, die auch in der Kämpferin stets die potentielle Geliebte sehen. Das erste gelingt ihr besser als das zweite. Vom einfachen Compañero bis hinauf zum Generalissimo auf Kuba liegen die Männer ihr zu Füßen. Und Gioconda Belli genießt es, wider besseres Wissen. Sie heiratet, kriegt Kinder, trennt, sich, verliebt sich, gibt sich hin.

In die Kritik am lateinamerikanischen Machismo mischt sich eine weibliche Eitelkeit, die bisweilen schwer erträglich ist. Zugleich gehören die Passagen über den Konflikt zwischen persönlichem Glücksanspruch und revolutionärem Engagement zu den interessantesten des ansonsten wenig anschaulichen Buches. Der Konflikt ist alt und unauflösbar. Rosa Luxemburg hat ihn gekannt und war, wie zahlreiche Revolutionärinnen nach ihr, wild entschlossen, "für ihr Quentchen Glück mit dumpfem Eigensinn zu kämpfen". Von Männern bekommt man solche Eingeständnisse eher selten zu hören. Gioconda Belli hingegen bekennt sich, eigenwillig, wie sie ist, offen und manchmal bis an die Grenze zum Kitsch zu ihren Leidenschaften und Eskapaden.

Hier setzt die Kritik der Autorin an der sandinistischen Revolution an. Sie hat sich das Glück der Massen auf die Fahne geschrieben; am Glück des einzelnen war sie nicht interessiert. Für Gioconda Belli jedoch gehört beides zusammen: die Revolution und das Glück, die Liebe zum Volk und die Liebe zu den Menschen, die ihr nahestehen. Verbissen hält sie an der Behauptung fest, daß "im Kampf für das Glück aller das erste Glück, das man fand, das eigene" war. Daß es auch ihr nicht gelungen ist, beides miteinander in Einklang zu bringen, macht die Tragik ihres Lebens aus. Ihren Erinnerungen aber geben diese Reflexionen die unverwechselbare Note.

Über Revolutionen in Lateinamerika und anderswo ist viel geschrieben worden, meist von Männern. Über die Konflikte des einzelnen und den Preis, den konkrete Menschen für ihren Einsatz zu bezahlen hatten, war dabei in der Regel wenig zu erfahren. Dafür bedarf es wohl des weiblichen Blicks. Nach der Lektüre von Gioconda Bellis Memoiren versteht man besser, warum auch diese Revolution scheitern mußte.

KLARA OBERMÜLLER

Gioconda Belli: "Die Verteidigung des Glücks. Erinnerungen an Liebe und Krieg". Aus dem Spanischen von Lutz Kliche. Carl Hanser Verlag, München 2001. 413 S., geb., 46 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sybil Wagener sieht durch diese Autobiografie der nicaraguanischen Schriftstellerin mit der "Legenden der Kämpferin" aufgeräumt, als Belli in den siebziger Jahren weit über die Grenzen ihres Landes hinaus berühmt geworden ist. Das Buch mache deutlich, dass die Autorin entgegen ihrem Ruf so gut wie nie ein Gewehr in den Händen gehalten habe und "historiografisch relevante" Einzelheiten über die Sandinistische Revolution enthalte es auch nicht. Die Rezensentin moniert, dass die Autobiografie vieles nur andeutet und nicht wirklich reflektiert wird, dass Belli die Revolution lediglich als "Luxus betrieben hat". Gleichzeitig aber findet sie trotzdem, dass es eine "spannende" Lektüre ist, die eine "weibliche Erfolgsstory" zwischen der "Liebe, den Kindern, der Poesie und der Weltgeschichte" aufspannt.

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