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Kriegseinsätze, kein Wirtschaftswachstum, immer mehr Arbeitslose, Steueroasen für die Reichen und Lohndrückerei - es ist genug. Oskar Lafontaine nimmt die Unterlassungssünden der Rot-Grün-Regierung scharf ins Visier. Der Ex-SPD-Chef geißelt die Außenpolitik seit dem Kosovo- und jetzt dem Afghanistan-Einsatz und kritisiert die "neue Mitte": sie hat es versäumt, zusammen mit den Globalisierungskritikern eine neue Vision für die Linke zu entwerfen. Eine bessere Welt kann nicht auf den Interessen der Stärkeren aufgebaut werden, sondern braucht eine Weltinnenpolitik, die den Mächtigen auch wirtschaftlich Grenzen setzt.…mehr

Produktbeschreibung
Kriegseinsätze, kein Wirtschaftswachstum, immer mehr Arbeitslose, Steueroasen für die Reichen und Lohndrückerei - es ist genug. Oskar Lafontaine nimmt die Unterlassungssünden der Rot-Grün-Regierung scharf ins Visier. Der Ex-SPD-Chef geißelt die Außenpolitik seit dem Kosovo- und jetzt dem Afghanistan-Einsatz und kritisiert die "neue Mitte": sie hat es versäumt, zusammen mit den Globalisierungskritikern eine neue Vision für die Linke zu entwerfen. Eine bessere Welt kann nicht auf den Interessen der Stärkeren aufgebaut werden, sondern braucht eine Weltinnenpolitik, die den Mächtigen auch wirtschaftlich Grenzen setzt.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.06.2002

Landeskunde für Klippschüler
Oskar Lafontaine hat ein Buch für Globalisierungsgegner geschrieben: erschreckend naiv und populistisch
OSKAR LAFONTAINE: Die Wut wächst. Politik braucht Prinzipien, Econ Verlag, München 2002, 272 Seiten,
22Euro.
Nach seinem Rücktritt aus der aktiven Politik legte Oskar Lafontaine 1999 ein Buch mit dem so einprägsamen wie unleugbaren Titel vor: „Das Herz schlägt links”. Es wurde, wie sich der Econ-Verlag brüstet, ein „phänomenaler Erfolg”. Denn der einstige SPD-Vorsitzende und Kurzzeit- Finanzminister erläuterte, der Kurs der rot-grünen Koalition habe eine Entwicklung genommen, die ihn „mit großer Sorge” erfülle. Ein Erfolg wurde das Buch aber nicht wegen irgendwelcher Enthüllungen, die der Leser auch vergeblich suchte, sondern wegen der sagenumwobenen Umstände des Spontan- Rücktritts von Lafontaine sowie des fast ebenso sagenumwobenen Vorschusses, den der Saarländer damals erhielt. In einem Buch, das dem Verlag so viel Geld wert ist, muss ja etwas drin stehen.
Tröster enttäuschter Genossen
Nun also das neue Werk mit dem wieder ans Herz gehenden Titel „Die Wut wächst”. Weil der Autor seit gut drei Jahren nur noch als Zeitungs- Autor, Konferenz-Redner und Tröster enttäuschter Genossen Einfluss auf die aktive Politik zu nehmen vermag, drehen sich die 272 Seiten naturgemäß weniger um Details der Regierungsarbeit. Es scheint fast, das Multitalent von der Saar bewerbe sich mit dem Buch um das Amt des Außenministers. Denn „Weltinnenpolitik” ist sein Thema, wenn man von einem zusammengewürfelten, sprunghaften und lieblosen Eingangskapitel über den Niedergang der Linken in der SPD und echte Reformbereitschaft der Regierung Schröder absieht.
Lafontaine arbeitet sich durch die Weltgeschichte der vergangenen Jahre und kommt immer wieder zum selben Ergebnis: Die Machtfülle der USA als einzig verbliebener Supermacht ist die Ursache für eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse in der Welt; ihre Macht muss kontrolliert werden. Am besten, indem die USA mit einem künftigen Reformpräsidenten an der Spitze freiwillig einen Teil ihres Einflusses an die Uno abtreten. „Der oft verwendete Begriff der Globalisierung ist ein anderes Wort für das Vordringen der amerikanischen Vorherrschaft und Lebensweise auf dem Erdball”, schreibt Lafontaine. Mit Hilfe von Öl, Waffen, Geld und Medien werde die Hegemonie vorangetrieben. Der militärisch-industrielle Komplex habe sich mit dem Finanzkapital der Wall Street verbunden. Weltbank und Internationaler Währungsfonds seien ebenfalls Instrumente der US-Machtpolitik. Und weil die Amerikaner, so Lafontaine, fatalerweise nach dem Motto handelten, wer nicht für sie sei, sei gegen sie, müssten sie im Dienste einer neuen Weltordnung stärker in die Vereinten Nationen eingebunden werden. Die Lösung: Die Uno mit einer eigenen Polizei und eigenem Heer, ein Sitz der EU im Sicherheitsrat und die Aushebelung des amerikanischen Vetos.
Das kommt teilweise erschreckend naiv und durchaus populistisch daher; so fragt Lafontaine mit rührendem Pathos: „Denkt George W. Bush überhaupt darüber nach, warum sein Land mit 4,5 Prozent der Weltbevölkerung 25 Prozent der gesamten Ölförderung verbraucht, 40 Prozent der Militärausgaben der Welt in seinen Haushalt stellt, für 50 Prozent aller Waffenexporte verantwortlich ist und 64 Prozent des auf den Weltmärkten angebotenen Kapitals zur Verbesserung seines Lebensstandards benötigt?” Das ist Landeskunde für Klippschüler, vorgetragen mit einem gehörigen Schuss Demagogie. Dazu passt, dass sich Lafontaine herzlich wenig mit der Entwicklung US-amerikanischer Politikmuster- und Traditionen befasst; stattdessen arbeitet er sich am aktuellen Präsidenten und seinem „compassionate conservatism” ab.
Wer nun die Keule des Antiamerikanismus-Vorwurfs schwingt, greift dennoch daneben. Immerhin befasst sich der Autor in zahlreichen, kurzen Kapiteln über den Irak und Afghanistan, über den Balkan und den Internationalen Strafgerichtshof, über Entwicklungshilfe und Waffenexporte durchaus kundig mit der jüngsten Geschichte und seziert Fehler und Schwächen der Europäer sowie, sehr viel grundsätzlicher, die Kontinuitäten westlicher, eigennütziger Politik.
Attac-Mitglied Lafontaine hat ein Buch für Globalisierungsgegner geschrieben. Die simplen Analysen und Antworten erinnern an Juso-Papiere aus den Frühzeiten der Apo: „Solange sich die USA als unentbehrliche Nation ansehen, sind sie Weltpolizei aus eigenem Entschluss. Dahinter steht das Streben nach Weltherrschaft und die mangelnde Bereitschaft, sich internationalem Recht zu unterwerfen.” Außenminister wird man damit nicht.
Cathrin Kahlweit
Bewerber für das Außenministerium? Oskar Lafontaine bei der Präsentation seines Buchs in Berlin.
Foto:Reuters
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Wut - Die Fortsetzung
Nachdem Oskar Lafontaine nach nur 136 Tagen die rot-grüne Koalition verlassen und alle politischen Ämter niedergelegt hatte, war es still um ihn geworden. Aufsehen erregte seine Abrechnung Das Herz schlägt links, die von vielen ehemaligen Parteifreunden als ungerechter Angriff empfunden wurde. Die Wut wächst kann nun als Fortsetzung dieser Abrechnung gelesen werden. Er zieht darin eine ernüchternde Bilanz nach fast vier Jahren rot-grüner Regierung. Einer seiner zentralen Kritikpunkte ist die Orientierung der Sozialdemokratie an der so genannten Neuen Mitte, die einherging mit der Suche nach besonders mehrheitsfähigen, um nicht zu sagen populistischen Positionen, die nicht Ausdruck einer genuin politischen Weltsicht sind, sondern einem - vorwiegend ökonomisch begründeten - Pragmatismus entspringen. Es bedürfe aber, so formuliert Lafontaine mit Gandhi, einer Politik mit Prinzipien. Daher fühlt er sich Willy Brandt und dessen Politik der Entspannung verbunden. In diesem Geiste kritisiert er als weiteren faulen Kompromiss der Schröder-Regierung deren Kosovo-Politik, die er als Abkehr von jeder friedlichen Konfliktlösung anklagt.
Globalisierung als Chance
Vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Diskussion um die Globalisierung rät Oskar Lafontaine, heute skeptischer als noch in seinem Band Keine Angst vor der Globalisierung (1998), innezuhalten und drastisch umzudenken. Wie die Globalisierungskritiker von "attac" so fordert auch er ganz neue Ansätze: Dies betrifft die Rolle der UNO als Weltpolizei, die Entschuldung der armen Länder, das Austrocknen von Steueroasen, die Einführung der Tobin-Steuer oder eine "Weltfinanz-Architektur". Letztlich geht es Lafontaine bei allen Exkursen um eines der ältesten Themen der deutschen Sozialdemokratie: die soziale Gerechtigkeit. Wie lässt sich soziale Gerechtigkeit verwirklichen, und zwar nicht nur für Deutschland, sondern weltweit? Die Sozialdemokratie sieht er dabei als potenziellen Motor, denn: "Wer den Linken das Totenglöckchen läutet, hat die Signale von Seattle bis Genua nicht verstanden." Die Themen liegen sozusagen auf der Straße, allein: Die Genossen machen nichts daraus.
Eine wichtige Stimme
Hier schreibt jemand, der wirklich etwas zu sagen hat und sich nicht wie viele Kollegen hinter "politischen Sachzwängen" verschanzt. Oskar Lafontaine legt eine pointierte Analyse aktueller Probleme vor, die sich allerdings auch den Vorwurf gefallen lassen muss, einem - wenn auch gezähmten - Etatismus verpflichtet zu sein, dem heute nur noch wenige folgen wollen.
(Henrik Flor, literaturtest.de)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dass der Titel dieses Buches ans Herz geht, findet die Rezensentin Cathrin Kahlweit schon, doch gerade darin liegt für sie das Problem. Lafontaine beschäftigt sich mit der "Weltinnenpolitik", doch kommt er in seiner Aufbereitung der weltgeschichtlichen Ereignisse der letzten Jahre immer zum selben Ergebnis, bemängelt Kahlweit. Lafontaines These: Die Machtfülle der USA verschiebe die weltpolitischen Kräfteverhältnisse und müsse daher einer internationalen Kontrolle, etwa der UNO unterstehen. Das Stichwort, so die Rezensentin, sei hier allerdings nicht Anti-Amerikanismus, wohl aber Globalisierungsgegnerschaft. Doch Kahlweit ist von den "simplen Analysen und Antworten" eher befremdet und nennt Lafontaines Buch "erschreckend naiv und populistisch", eine "Landeskunde für Klippschüler". Und sollte Lafontaine vorgehabt haben, sich mit diesem Buch um das Amt des Außenministers zu bewerben, so Kahlweit, dann stehen die Chancen schlecht.

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