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Die Nachfrage nach Schulen in freier Trägerschaft in der Bundesrepublik steigt ständig. Zugleich werden die finanziellen Belastungen der Eltern, deren Kinder diese Schulen besuchen, aufgrund zunehmender Tendenz zu staatlicher Unterfinanzierung dieser Einrichtungen immer gravierender. Flankierend reduziert die höchstrichterliche Rechtsprechung seit 1990 die 1987 in Übereinstimmung mit der Rechtsdogmatik ausgebildete verfassungsrechtliche Leistungspflicht des Staates gegenüber Ersatzschulen beträchtlich. Das Grundrecht auf Errichtung solcher Schulen, insbesondere seine Sozialklausel, ist in…mehr

Produktbeschreibung
Die Nachfrage nach Schulen in freier Trägerschaft in der Bundesrepublik steigt ständig. Zugleich werden die finanziellen Belastungen der Eltern, deren Kinder diese Schulen besuchen, aufgrund zunehmender Tendenz zu staatlicher Unterfinanzierung dieser Einrichtungen immer gravierender. Flankierend reduziert die höchstrichterliche Rechtsprechung seit 1990 die 1987 in Übereinstimmung mit der Rechtsdogmatik ausgebildete verfassungsrechtliche Leistungspflicht des Staates gegenüber Ersatzschulen beträchtlich. Das Grundrecht auf Errichtung solcher Schulen, insbesondere seine Sozialklausel, ist in seiner Existenz bedroht. Problematisch ist dabei die neu interpretierte Voraussetzung der Leistungspflicht, die"evidente Gefährdung der Institution Ersatzschulwesen"- wobei völlig offen bleibt, wie die"Institution"zu definieren ist und wann diese"gefährdet"sein könnte. Im Rahmen einer eingehenden Analyse dieser Rechtsprechung wird auch die individuelle Bedeutung der Errichtungsgarantie begründetin Erinnerung gerufen. Die von der Rechtsprechung benutzten Argumente wie z. B. das"hergebrachte Bild der Privatschule"zeigen zudem eine ausgeprägte Realitätsferne und geben Anlass, Bestand und Funktion der Freien Schulen darzustellen mit ihren öffentlichen Aufgaben der Innovation und der konfessionellen Bildung, aber auch der Integration und der Flächendeckung. Diese Aufgaben berechtigen zu der Forderung, die öffentliche Finanzhilfe statt an gegriffenen Rechengrößen an der Höhe der staatlichen Schülerkosten zu orientieren. Diese Schülerkosten sind jetzt zuverlässig feststellbar. Vielfalt im Schulwesen soll auch weiterhin für alle zugänglich bleiben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2006

Ein Appell an das Bundesverfassungsgericht
Was Subventionen ausgleichen sollen: Eine Streitschrift möchte die Zukunft der Schulen in freier Trägerschaft sichern

Das Grundgesetz gewährleistet das Recht zur Errichtung privater Schulen. Private Schulen, die öffentliche ersetzen sollen, dürfen nur genehmigt werden, wenn sie qualitativ nicht hinter den öffentlichen zurückstehen und nicht eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen fördern. So stand es wörtlich schon in der Weimarer Verfassung.

Dieses Buch unterrichtet zunächst darüber, was Lehre und Rechtsprechung aus jener Vorschrift gemacht haben: ein Jedermann-Grundrecht. Jedermann darf eine freie Schule errichten. Aber faktisch kann nicht jedermann eine freie Schule gründen. So viele Kinder gibt es nicht.

Die Privatschulfreiheit ist systemunabhängig. Den Zugang zum System regelt natürlich das System. Nur wer sich eine Quasi-Staatsschule leisten kann, bekommt sie als Privatschule genehmigt. Eine Quasi-Staatsschule kann sich kaum ein Individuum leisten. Schulgelder dürfen wegen des Sonderungsverbots nicht kostendeckend erhoben werden. Also werden private Ersatzschulen subventioniert, allerdings aus drei unterschiedlichen Gründen. Einmal soll die Subvention das ausgleichen, was der Staat durch die Ersatzschulen einspart. Zum anderen soll dem Grundrechtsträger die Wahrnehmung seines Freiheitsrechtes ermöglicht werden. Schließlich soll die Subvention eine Schulvielfalt fördern. Realistischerweise kann der Staat nur einer verschwindenden Minderheit von möglichen Grundrechtsträgern die Wahrnehmung der Gründungsfreiheit ermöglichen. Die privilegierten Grundrechtsträger können sich aber auf das Vielfach-Argument berufen, das zu nichts verpflichtet, aber eine Gemeinschaft suggeriert.

Unerachtet dieser schwierigen Argumentationslage hat das Bundesverfassungsgericht 1987 in einem Hamburger Fall entschieden: Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen muß "zugleich als eine Verpflichtung des Gesetzgebers erachtet werden, die privaten Ersatzschulen zu schützen und zu fördern", notfalls finanziell. Mit dieser Entscheidung waren die Träger der privaten Schulen nicht nur zufrieden, sie waren glücklich.

Inzwischen sind die privaten Schulträger wieder unglücklich. Sie beobachteten, wie die Landesgesetzgeber die Zahlungen an die "Schulen der freien Trägerschaft" kürzen, und sie sind tief betroffen, weil das Bundesverfassungsgericht diese Tendenz zu stützen und dabei von seinem Urteil von 1987 abzuweichen scheint. Ein Beschluß des Bundesverfassungsgerichts von 2004 klingt in der Tat ganz anders als das Urteil von 1987 und ist auch anders gemeint. 2004 heißt es: Das Recht zur Errichtung von Privatschulen "verpflichtet den Staat nur dann zur finanziellen Förderung privater Ersatzschulen, wenn ohne eine solche Förderung der Bestand des Schulwesens als Institution gefährdet wäre". Die Träger der freien Schulen halten diese neue Rechtsprechung für verfassungswidrig. Das wird in diesem Buch vielfach begründet. Gegen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes gibt es keine förmlichen Rechtsbehelfe. Man wird das Buch deshalb als Beschwerde an die öffentliche Meinung und als Appell an das Bundesverfassungsgericht verstehen müssen, an seiner alten Rechtssprechung festzuhalten.

Der erste Teil der Schrift enthält fünf vorzügliche juristische Stellungnahmen, die die Entstehung und Entwicklung des Problems und das Für und Wider darlegen. Juristenliteratur, gewiß, aber wer das Thema spannend findet, der wird auch die Gutachten spannend finden. Der zweite Teil bietet eine Übersicht über die Schultypen in freier Trägerschaft und ungleichmäßig beeindruckende Selbstdarstellungen der einzelnen Träger. Der dritte Teil enthält eine Untersuchung des Steinbeis-Transferzentrums Wirtschafts- und Sozialmanagement, Heidenheim, über die "staatlichen Schülerkosten als Vergleichsmaßstab und Berechnungsgrundlage der öffentlichen Finanzhilfen".

Über die Erheblichkeit dieser Untersuchung für ihr Anliegen müssen sich die Verfechter der Ersatzschulen noch einigen. Denn der Oberkonsistorialrat Manfred Richter hat im ersten Teil des Bandes scharfsinnig begründet: "Der Gesichtspunkt der Entlastung der öffentlichen Haushalte kann für die Beurteilung der Höhe der verfassungsrechtlich gebotenen Finanzhilfe nicht herangezogen werden." Das ist kein zufälliger Rohrkrepierer. Es betrifft die Struktur der Freiheitsrechte. Richter hat recht. Privatschulfreiheit erlaubt die Gründung von Schulen neben und in Konkurrenz mit dem staatlichen Schulwesen. Deshalb kann es für den Finanzhilfeanspruch nicht darauf ankommen, ob die Ersatzschulen den Staat entlasten oder nicht. Das ist ein Anwendungsfall des berühmten Arrow-Theorems, nach dem individuelle Präferenzen (Privatschulen) nicht in kollektive (Vielfalt, Mitteleinsparung) umgewandelt werden können und umgekehrt.

Wie dieses Problem zum Verschwinden gebracht werden kann, hatte schon die alte Rechtsprechung offengelassen. Daher ist es unwahrscheinlich, daß das Buch das Bundesverfassungsgericht zur Umkehr bewegen wird. Es hätte sich aber schon ein großes Verdienst erworben, wenn es das Bundesverfassungsgericht veranlassen könnte, seine hochproblematische Gewohnheit zu überdenken, Leistungsansprüche gegen den Staat mit der Erwägung zu rechtfertigen, der Staat müsse den Betroffenen die Wahrnehmung ihrer Freiheitsrechte ermöglichen.

GERD ROELLECKE

Friedhelm Hufen, Johann Peter Vogel (Hrsg.): "Keine Zukunftsperspektiven für Schulen in freier Trägerschaft?". Rechtsprechung und Realität im Schutzbereich eines bedrohten Grundrechts. Duncker & Humblot, Berlin 2006. 301 S., br., 38,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was ist "Privatschulenfreiheit"? Diese Frage und auch den Stand der derzeitigen Argumentation hat Gerd Roellecke in diesem Band geklärt. Über die Position der Verfasser herrscht beim Rezensenten ebenfalls Klarheit. Das Buch liest er als "Beschwerde" und "Appell" in Sachen Privatschulrecht. Die enthaltenen juristischen Gutachten, die Darstellungen verschiedener freier Schultypen sowie die Expertenuntersuchung zur Finanzierungsfrage scheint er allerdings für ausgewogen und differenziert genug zu halten, um das Buch allen Interessierten ans Herz zu legen.

© Perlentaucher Medien GmbH