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Körper als Schicksal wird heute nicht mehr hingenommen. Schönheit gilt als machbar, 'mangelnde' Schönheit wird zum persönlichen Versagen. Der Druck auf die Jugendlichen nimmt zu, denn im Gegensatz zum Erwachsenen haben Jugendliche nichts anderes als ihren Körper zur Darstellung ihres sozialen Status und ihrer selbst. Sich mit der eigenen Körperidentität anzufreunden, ist in der Pubertät ohnehin schon schwierig genug, aber in einer Zeit, in der Körper zum Kultobjekt werden, wächst die Orientierungslosigkeit. Der Körper wird zur Dauerbaustelle, der Zwang zur Optimierung wächst, und ständige…mehr

Produktbeschreibung
Körper als Schicksal wird heute nicht mehr hingenommen. Schönheit gilt als machbar, 'mangelnde' Schönheit wird zum persönlichen Versagen. Der Druck auf die Jugendlichen nimmt zu, denn im Gegensatz zum Erwachsenen haben Jugendliche nichts anderes als ihren Körper zur Darstellung ihres sozialen Status und ihrer selbst. Sich mit der eigenen Körperidentität anzufreunden, ist in der Pubertät ohnehin schon schwierig genug, aber in einer Zeit, in der Körper zum Kultobjekt werden, wächst die Orientierungslosigkeit. Der Körper wird zur Dauerbaustelle, der Zwang zur Optimierung wächst, und ständige 'Verbesserungen' sind political correct. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt und alles ist erlaubt.

Aber wer fragt nach den Folgen für Gesundheit und Seele? Immer mehr Jugendliche gehen zum Arzt, um sich verschönern zu lassen. Für das Selbstwertgefühl wird mittlerweile viel investiert. Und auch riskiert. Oft genug mit Unterstützung ehrgeiziger Eltern. Es ist höchste Zeit, eine Bestandaufnahme der aktuellen Situation zu geben und Wege für Jugendliche durch das Labyrinth der Körperinszenierungen zu weisen.
Autorenporträt
Hauner, Andrea
Andrea Hauner, geboren 1959, studierte Germanistik und Geschichte, arbeitete als Autorin und Fernsehjournalistin für ZDF, ARD und Arte. Sie lebt in der Schweiz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2005

Einst waren dicke Bäuche schön
"Bodytalk" trägt anregend zur Körperkommunikation bei

Wer schön sein will, muß leiden, lautet ein ehrwürdiges Diktum, dem auch eine der derzeit erfolgreichsten amerikanischen Arztserien folgt. Darin zeigen die zwei attraktiven Schönheitschirurgen Nip und Tuck Woche für Woche eindringlich, warum soviel Schönheit ihren Preis hat. Davon erzählen nicht nur die dramatischen Schicksale ihrer jeweiligen Patienten, sondern vor allem die beiden Ärzte selbst. Schließlich ist der eine ein extrem attraktiver Weiberheld, der noch von der einzig Richtigen erlöst werden muß, während der andere, nicht ganz so attraktive, demonstriert, daß auch dann noch allerhand Probleme bleiben. Gut durchmischt mit einer serientauglichen Portion anzüglichem Humor belegt "Nip/Tuck - Schönheit hat ihren Preis" den Einzug der kritischen Selbstreflexion in eine Domäne, die angeblich nur der Spiegelung des oberflächlichsten Zeitgeists vorbehalten ist. Was wir von den beiden lernen, ist eigentlich nur eine der ältesten Erkenntnisse der abendländischen Philosophie: Schönheit allein macht auch nicht glücklich.

Für alle, die so spät überhaupt noch fernsehen dürfen, ist dies freilich eher eine Art Durchhalteparole, an der sich der aufgeklärte Geist selbst zu ermuntern versucht. Schließlich bleibt ihm in Anbetracht seines verfallenden Körpers auch nicht viel anderes übrig. Jugendliche haben diese biologische Rutschpartie noch vor sich. In ihren aufschießenden Körpern beginnen jene tückischen Hormone sich auszutoben, die auch uns Erwachsene noch hin und wieder zu den peinlichsten Szenen nötigen. Während wir jedoch mehr oder minder hilfreiche Troststrategien entwickelt haben, sind Jugendliche in ihrem pubertären Zwischenreich ziemlich verloren. Folglich hören sie ganz auf zu essen, durchbohren ihre kleinen Körper großflächig mit Silberschmuck oder trainieren sich Muskelberge an, hinter denen sie fast verschwinden. Ihnen aus diesen Trutzburgen wieder herauszuhelfen, ist für Eltern alles andere als einfach.

Ein erster Schritt dürfte sein, ins Gespräch zu kommen - und genau diesen "Bodytalk" versuchen die beiden Herausgeberinnen Andrea Hauner und Elke Reichert anzuregen. Dazu haben sie Ärzte, Therapeuten oder auch Künstler um Erfahrungsberichte aus der Praxis gebeten, anderes haben sie sich einfach erklären lassen. Zum Beispiel, was Schönheit eigentlich ist und welchen Idealen wir da hinterherjagen. Einleuchtende Antworten darauf liefert der Attraktivitätsforscher Martin Gründl - sein Aufsatz entzaubert das Mysterium Schönheit recht gründlich gleich zu Beginn des Buches. Gründl zeigt überraschende historische Entwicklungen und ihre Ursachen. Während früher etwa ein ordentlicher Bauchansatz Wohlstand und damit Attraktivität signalisierte, wird er mittlerweile eher als Zeichen von mangelnder Selbstkontrolle, also als Charakterschwäche interpretiert.

Mit Aufsätzen wie diesem erweist sich "Bodytalk" als klassisches Aufklärungsbuch. Die Herausgeberinnen haben aber auch Texte gesammelt, in denen entweder Jugendliche selbst berichten, wie sie mit einer Eßstörung fertig geworden sind, oder in denen Experten aus der Praxis erzählen. Der anschauliche Bericht des Schönheitschirurgen Stefan Duve etwa vermeidet jegliches Moralisieren. Überhaupt versuchen die Beiträge in "Bodytalk" tatsächlich eine Art Gespräch über den Körper zu initiieren, indem sie Ursachen für bestimmte Trends benennen und manches Ideal entzaubern. So entlarvt Elke Reichart in einem Kapitel über die Darstellung der Pop-Idole eindrücklich die "grenzenlosen Möglichkeiten der Fotomanipulation".

Daneben macht "Bodytalk" aber auch Gesprächsangebote auf der metaphysischen Ebene. Der Psychiater Manfred Lütz legt überzeugend dar, wie sehr der allgemeine Gesundheitskult zum Religionsersatz geworden ist; den aufgeregten Kampf gegen das Älterwerden bezeichnet er als "höchst lukrative Anleitung zum Unglücklichsein" - denn nur mit Unglücklichen kann man gute Geschäfte machen. Als Gegenmittel empfiehlt Dr. Lütz schlicht Gelassenheit. Dem kann man sich nur anschließen. Spätestens nach der Lektüre dieser Körperkommunikation in achtzehn Kapiteln dürften sowohl Jugendliche als auch Erwachsene in einem umfassenden Sinne fit sein, um ihrer eigenen Hülle bis ins hohe Alter etwas freundlicher zu begegnen.

ANDREA GERK

Andrea Hauner/Elke Reichart: "Bodytalk - Der riskante Kult um Körper und Schönheit". Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004. 208 S., br., 10,- [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2005

Schönheit
Der moderne Kult um den Körper
Sie war ein bildhübsches Mädchen von 17 Jahren. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, Chiara Ohoven habe den Gang zum Schönheitschirurgen nötig. Sie tat es trotzdem und war nach einer Lippenaufspritzung dann monatelang die Lachnummer in Boulevardmagazinen und auf Partys. Duffy Duck wurde das Mädchen mit den Schlauchbootlippen genannt. Ein krasser Einzelfall, aber auch ein Indiz dafür, dass immer mehr Jugendliche nicht zufrieden mit ihrem Körper sind, einem zweifelhaften Schönheitsideal nacheifern und ihr Aussehen optimieren wollen.
Die Autorinnen Andrea Hauner und Elke Reichart haben sich in ihrem Buch Bodytalk. „Der riskante Kult um Körper und Schönheit” dieses Wahns um das vermeintlich perfekte Aussehen angenommen. Eine interessante Textsammlung, die auf der Höhe der Zeit liegt. Schließlich machen auf MTV junge Frauen und Männer die absurdesten Operationen, um Britney Spears oder Brad Pitt zu gleichen. Im glücklichsten Fall sehen sie immer noch ein bisschen so aus wie vorher - im schlechtesten Fall passt in ihrer Visage alles nicht mehr zusammen, am wenigsten die Seele in den aufgetunten Körper.
In deutschen Privatsendern lassen sich Frauen vor laufender Kamera malträtieren, um dann aus einem blau gefleckten Häufchen Elend als „The Swan” vor dem Fernsehzuschauer aufzuerstehen und sich sagen zu lassen, sie seien schön geworden - dabei wurde ihnen nur ein Nullachtfuffzehn-Plastikbusen angeschraubt. So etwas sehen und lesen Jugendliche, wenn sie den Fernseher einschalten oder Zeitungen kaufen. Mit dem Busen verhält es sich übrigens folgendermaßen, wie man in Bodytalk lesen kann: Die künstlichen Silikonformen, die der Schwerkraft trotzen und in der Natur nicht vorkommen, wirken auf Männer angeblich anziehender als die natürlichen Formen. Verhaltensbiologen bezeichnen dies als „übernormale Reize” oder auch als „Superattrappen”.
Psychologen, Ärzte, Wissenschaftler und Künstler kommen in Bodytalk zu Wort, aber auch Jugendliche. Die Definition von Schönheit, Probleme in der Pubertät, die Liebe, Essstörungen sind die Themen. Hauner und Reichart lassen immer wieder nach den Folgen für den Körper und der Seele fragen und stellen schwierige Sachverhalte leicht verständlich dar. Was die beiden Journalistinnen während ihrer Recherchen verstanden haben: „Wichtiger als jeder weltpolitische Konflikt scheint der Kampf um Idealgewicht, Idealfigur und Idealgesicht zu sein, und keine Gegenbewegung ist in Sicht, die dieser verhängnisvollen Entwicklung neue Werte entgegensetzt.” Ihre klugen Analysen können vielleicht ein kleiner Anfang sein. (ab 11 Jahre und Erwachsene)
Andrea Hauner / Elke Reichart
Bodytalk
Der riskante Kult um Körper und Schönheit. Dtv ( Reihe Hanser) 2004. 204 Seiten, 10 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Als klassisches Aufklärungsbuch lobt Rezensentin Andrea Gerk diese "Körperkommunikation in achtzehn Kapiteln" von Andrea Hauner und Elke Reichart,das sich ihren Informationen zufolge mit Auswüchsen jugendlichen Schönheits- und Körperwahns befasst. Es beginnt mit den der Rezensentin einleuchtenden Antworten eines "Attraktivitätsforschers" auf die Frage, was Schönheit ausmacht und durch welche vermittelten Vorstellungen dieses Bewusstsein geprägt wird, die das Mysterium Schönheit aus ihrer Sicht gleich zu Beginn entzaubert haben. Doch auch die anderen Beiträge von Ärzten, Therapeuten und Künstlern fand die Rezensentin mehr als empfehlenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH"