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Fidel Castro, seit 1959 kubanischer Staatschef, trat 2008 offiziell von seinem Amt zurück, zieht aber vermutlich hinter den Kulissen weiter die Fäden. Die einen halten ihn für den "máximo líder" und bedeutendsten Revolutionär des 20. Jahrhunderts, für die anderen ist er ein machtversessener Diktator, der im Land des "Buena Vista Social Club" mit Gewalt ein verhasstes System aufrechterhält. Auf jeden Fall ist Castro bereits zu Lebzeiten eine Legende. Albrecht Hagemann beschreibt in seiner Biografie, die zugleich eine Geschichte Kubas ist, Castro "als begnadeten Redner, autoritären Machtmenschen…mehr

Produktbeschreibung
Fidel Castro, seit 1959 kubanischer Staatschef, trat 2008 offiziell von seinem Amt zurück, zieht aber vermutlich hinter den Kulissen weiter die Fäden. Die einen halten ihn für den "máximo líder" und bedeutendsten Revolutionär des 20. Jahrhunderts, für die anderen ist er ein machtversessener Diktator, der im Land des "Buena Vista Social Club" mit Gewalt ein verhasstes System aufrechterhält. Auf jeden Fall ist Castro bereits zu Lebzeiten eine Legende. Albrecht Hagemann beschreibt in seiner Biografie, die zugleich eine Geschichte Kubas ist, Castro "als begnadeten Redner, autoritären Machtmenschen und gewieften Taktiker." (Süddeutsche Zeitung)

Das Hörbuch ist erschienen im Verlag Komplett-Media. Hier geht's zur Hörprobe!
Autorenporträt
Hagemann, Albrecht
Albrecht Hagemann, promovierter Zeithistoriker, lebt als freier Autor in Detmold. Veröffentlichungen u.a.: 'Nelson Mandela' (1995), 'Kleine Geschichte Südafrikas' (2001).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.02.2003

Ein Mann, ein Staat
Die Biografie des dienstältesten Diktators der Welt, Fidel Castro, ist immer auch die Geschichte seines Landes – Kuba
ALBRECHT HAGEMANN: Fidel Castro, dtv, München 2002. 188 Seiten, 9,50 Euro.
Seit 1959, also mehr als 40 Jahre, ist Fidel Castro jetzt im Amt. Damit ist er der Welt dienstältester Staatschef. Und das wird er, allem Anschein nach, auch noch eine Weile bleiben – ungeachtet der immensen Schwierigkeiten, denen er ausgesetzt ist, seitdem mit dem Untergang des „real existierenden Sozialismus” die wirtschaftlichen Quellen aus Osteuropa versiegt sind. Trotzig beendet Fidel Castro seine Reden seither mit einem:„Socialismo o muerte”, Sozialismus oder Tod.
Bisher hat er alle Proteste gegen sein Regime überstanden. Als ihn im Sommer 1994 erstmals Demonstranten öffentlich zum Teufel wünschten, begab er sich mitten in die aufgebrachte Menge und beruhigte die Gemüter. „Der hat Mut, einfach so herzukommen”, fand einer der Beteiligten. Ein anderer sagte: „Der Alte ändert sich nie. Den kann man nicht stürzen.” Es ist dies ein biografisches Detail, das der Autor mit Recht hervorhebt.
Bei dieser Beharrlichkeit des Revolutionsregimes drängt sich die Frage nach dem Erfolgsrezept Castros auf. Albrecht Hagemann erklärt es mit der Persönlichkeit des máximo líder und mit seinem Charisma, das noch immer nicht verblasst sei.
Überdies habe er „sprichwörtliches Glück”. Das war ihm schon 1953 beschieden gewesen, als er mit gut hundert Gleichgesinnten die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba stürmen wollte, um mit den dort erbeuteten Waffen die Diktatur des einstigen Sergeanten Fulgencio Batista zu bekämpfen. Die Aktion ging schief. Die Armee richtete ein Massaker unter den jungen Leuten an. Nur wenige überlebten. Darunter: Fidel Castro. Nach dreijährigem Exil in Mexiko landete er im Dezember 1956 mit 80 Gefährten, darunter Che Guevara, an der Südwestküste Kubas, um einen Guerillakrieg gegen die Armee Batistas zu beginnen. Die aber war vorgewarnt. Den Kugelhagel der Luftwaffe, der aus heiterem Himmel auf sie niederging, überlebten nur einige wenige Rebellen. Darunter: Fidel Castro. Auch unzähligen Attentatsversuche ist er unversehrt entkommen.
Hagemann schildert nach einer kurzen, recht illustrativen tour d'horizon durch die Geschichte Kubas, wie Fidel Castro, Sprössling eines wohlhabenden Landbesitzers, Zögling von Jesuiten, gelernter Rechtsanwalt und angehender Parteipolitiker, zum Rebellen geworden ist. Und wie er dann, nach dem Befreiungskrieg in der Sierra Maestra und dem Sieg der Revolution, diese „verraten” habe: Zunächst hatte er sich bei seinem Kampf auf die kubanische Verfassung von 1940 mit ihren ausgesprochen liberalen und sozialen Elementen berufen, um dann ideologisch auf den Kommunismus umzuschwenken. Der Schwenk war mit einer Landreform, der Verstaatlichung der Industrie und der Nationalisierung des Dienstleistungssektors verbunden war.
Besonders ausführliche und instruktive Kapitel sind der prekären wirtschaftlichen Entwicklung Kubas gewidmet, dem stets spannungsgeladenen Verhältnis zu den USA, der „Institutionalisierung” der Revolution seit 1975, der Rolle Fidel Castros in der Bewegung blockfreier Staaten und der Militärhilfe für Angola. Es kann gar nicht ausbleiben, dass die Biographie Castros eben immer auch eine Geschichte Kubas ist.
Der Autor beschreibt Fidel Castro als begnadeten Redner, autoritären Machtmenschen und gewieften Taktiker. Auch einige andere Wesenszüge kommen in den Blick. Alles in allem hat er ein faktenreiches und informatives Buch geschrieben, das sich trotz mancher Ungereimtheiten und Fehler gerade für die Annäherung an Kuba eignet.
FRANK NIESS
„Sozialismus oder Tod”, ruft Fidel Castro, wo immer er spricht.
Foto: AP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.10.2003

Fidel hier, Fidel dort
Zwei Biographien über den kubanischen "Comandante"

Claudia Furiati: Fidel Castro. Uma biografia consentida. Zwei Bände. Editora Revan, Rio de Janeiro 2002. 1064 Seiten, 100,- Real-Dollar.

Albrecht Hagemann: Fidel Castro. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002. 188 Seiten, 9,50 [Euro].

Als 1959 das siegreiche Rebellenheer der "Bewegung 26. Juli" in Havanna einmarschiert und Chefkommandant Fidel Castro erstmalig zum versammelten Volk spricht, verwandelt sich der Schauplatz unversehens in eine Herrscherapotheose. Aus dem Himmel steigen zwei weiße Tauben herab und setzen sich auf die Schultern des máximo líder. Gemäß christlicher wie afrokubanischer Ikonographie erhält Castro durch dies dokumentarisch belegte Ereignis implizit diejenige Legitimation, die Francisco Franco sich bis zu seinem Tode nicht auf die spanischen Geldstücke zu prägen scheute: "Führer von Gottes Gnaden". "Gott bewahre!" ächzen Regimegegner angesichts solcher Vogelschauen. Als perfide Manipulation und von langer Hand einstudierte Propagandachoreographie mit dressierten Tieren stufen sie die himmlische Herrscherweihe ein.

Messianismus und Machiavellismus, Mythos und Montage treffen in der Einschätzung des dienstältesten Staatschefs der Welt seit seinem Machtantritt aufeinander. Und der comandante vermied es bislang tunlichst, Informationen über die Hintergründe seines Regimes an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Als spektakulär muß es daher erscheinen, daß eine brasilianische Historikerin eine Castro-Biographie veröffentlicht, die sich gänzlich aus Materialien erster Hand nährt. Eigenen Angaben zufolge völlig unbehindert forschte Claudia Furiati in den Privatarchiven Castros, gewann diesen zu ausführlichen Gesprächen, führte Interviews mit engen Vertrauten ebenso wie mit inzwischen im Exil lebenden Abtrünnigen. Ein Bild des Menschen in allen Lebensphasen konnte sie dadurch gewinnen: des Kindes eines spanischen Großgrundbesitzers, des bärtigen Guerrilleros in der Sierra Maestra, des taktisch versierten Staatsmannes, des hartnäckigen letzten Gralshüters des Kommunismus.

"Uma biografia consentida" - zu deutsch etwa "genehmigte Biographie" - heißt das Produkt, ein über tausendseitiges Mammutwerk, das in polyphoner Weise Quellen-, Interview- und Erzähltexte zu kombinieren sucht. Man erfährt von lang gehüteten Geheimnissen wie Castros Verhältnis zu Lala Soto, seiner derzeitigen Lebensgefährtin, Mutter von fünf seiner acht Kinder, kann aber auch einen Blick hinter die politischen Kulissen werfen. Dazu gehören beispielsweise die Wutausbrüche aus enttäuschter Eitelkeit, als er erkennen muß, daß er in der Kuba-Raketenkrise für Chruschtschow als reine Schachfigur fungierte, um den amerikanischen Raketenabzug aus der Türkei und Italien zu erzwingen. Aus solchen zuweilen höchst widersprüchlichen Impressionen bildet Furiati mosaikartig das Porträt eines Menschen, den sie als einen "modernen, karibischen Quijote" interpretiert.

Vorgeblich aus Gründen der Objektivität sucht sie jede Wertung zu vermeiden: Es gebe "noch nicht genügend historische Distanz für ein Urteil über Fidel Castro". Vielmehr legt dies aber nahe, daß der im Begriff der biografia consentida enthaltene "Konsens" durchaus auf beiden Seiten gewährleistet ist. Eine ausdrückliche Stellungnahme, geschweige denn handfeste Kritik am Herrschaftsstil Fidel Castros wird an keiner Stelle laut. Vielmehr werden unzählige Informationen aneinandergereiht. Doch auch diese werfen nie zu helles Licht in die Grauzonen und auf die dunklen Kapitel der kubanischen Revolution. All das rechtfertigt vielleicht noch nicht die scharfen Angriffe, die das Buch in kubanischen Exilpublikationen aus Miami und Madrid auslöste. Übrig bleibt dennoch wenig mehr als eine um Objektivität bemühte Hofberichterstattung.

Ideologisch wie methodisch diametral entgegengesetzt ist das Castro-Porträt von Albrecht Hagemann. Er hinterfragt, was die offizielle Geschichtsschreibung der Revolution festsetzt. Das fängt buchstäblich mit der Geburt des comandante an. Recht überzeugend kann Hagemann herleiten, daß diese für die Öffentlichkeit um ein Jahr, von 1927 auf 1926, zurückdatiert wurde. Nicht zuletzt, um dem eigenwilligen kubanischen Kult mit der Zahl 26 Vorschub zu leisten, Symbol der am 26. Juli 1953 ausgebrochenen Revolution. Biologisch gesehen wurde Castro am 13. August 2002 75 Jahre alt.

Wiederholt stellt Hagemann die von Furiati vermiedenen unbequemen Fragen: Suchte Castro vom Beginn seiner Herrschaft an, zu mächtig werdende Gegner zu liquidieren? Mußte der populäre Revolutionsgeneral Ochoa daher Ende der achtziger Jahre mit einer spektakulären Drogenaffäre zwischen Havanna und Medellín in Verbindung gebracht und nach einem Schauprozeß hingerichtet werden? Oder war er ein Bauernopfer, um den comandante selbst vor dem Verdacht des Drogenhandels zu schützen? Was war die Motivation dafür, in einem jahrelangen Militäreinsatz in Angola das Leben von Abertausenden von jungen Kubanern zu opfern? Auf der Basis von Max Webers Terminus des "charismatischen Führers", der in Krisensituationen die Bevölkerung hinter sich zu sammeln weiß, entwirft Hagemann das Bild eines skrupellosen Pragmatikers, dessen Politik in erster Linie auf den Machterhalt ausgerichtet ist. Zur Fundierung seiner verlockenden Thesen fehlt es dem Autor jedoch genau an dem, was die Besonderheit von Furiatis Buch ausmacht: Quellen aus erster Hand. Auch fehlt ihm die nötige Vertrautheit mit Kuba, seiner Kultur und Sprache. Wenig überzeugend sind zudem die unterschwellig häufig präsenten Gleichsetzungen von Castros Regime mit dem Nationalsozialismus. So werden etwa Parallelen zu Hitlers Führerstaat suggeriert oder in symmetrischer Weise Begriffe wie "Machtübernahme" oder "Konzentrationslager" auf Hitler wie Castro angewendet. Derartige schwerlich haltbare Entgleisungen mindern die Glaubwürdigkeit des Buches beträchtlich.

FLORIAN BORCHMEYER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Es kann gar nicht ausbleiben, dass die Biographie Castros eben immer auch eine Geschichte Kubas ist. Der Autor beschreibt Castro als begnadeten Redner, autoritären Machtmenschen und gewieften Taktiker." Süddeutsche Zeitung

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Grundthese von Albrecht Hagemanns Castro-Biographie erscheint Florian Borchmeyer "verlockend": Der "maximo lider" entspreche Max Webers Typus des "charismatischen Führers", "dessen Politik in erster Linie auf den Machterhalt ausgerichtet ist". Hagemann habe also das Gegenteil des offiziellen Revolutionsheroismus im Auge: eine Geschichtsschreibung der "unbequemen Fragen", die er denn auch, so Borchmeyer, allesamt stellt, ohne sie aber überzeugend beantworten zu können - dazu fehle es ihm an "Quellen aus erster Hand" sowie der nötigen "Vertrautheit mit Kuba, seiner Kultur und Sprache". Zudem schieße er sich durch unqualifizierte Vergleiche mit Hitler selber in einen Rückstand, den er nicht mehr aufholen könne. Schade, meint Borchmeyer, und weist auf ein anderes Buch hin, das er zwar auch nicht ruhigen Gewissens empfehlen kann, das aber alles habe, was Hagemann fehlt: die "polyphone" Mammutbiografie der brasilianischen Historikerin Claudia Furiati ("Fidel Castro. Uma biografia consentida"), der auf Kuba alle Türen offen standen, und die so nicht nur ein vollständiges Bild des Menschen zeichnen, sondern auch "lang gehütete Geheimnisse" aufdecken konnte. Allerdings fehle ihr trotz aller Interviews und Quellen jener kritische Ansatz, über den Hagemann nicht hinaus kommt.

© Perlentaucher Medien GmbH