Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 4,90 €
  • Broschiertes Buch

Vom Anfang der Kolonialzeit (1910) bis heute spannt sich der Bogen dieser Anthologie moderner koreanischer Lyrik, die von der schmerzvollen Geschichte dieses Landes zeugt und vom Kampf ums Überleben, dem inneren wie dem äußeren.
Die koreanische Dichtung blickt auf eine Jahrtausende alte Tradition zurück, und auch die schwierige und schmerzvolle Geschichte des Landes im 20. Jahrhundert wird begleitet von Gedichten, die vom Kampf ums Überleben zeugen, dem äußeren wie dem inneren. Von den Klassikern der Moderne zu Beginn des letzten Jahrhunderts bis ins heutige, vom Westen beeinflusste…mehr

Produktbeschreibung
Vom Anfang der Kolonialzeit (1910) bis heute spannt sich der Bogen dieser Anthologie moderner koreanischer Lyrik, die von der schmerzvollen Geschichte dieses Landes zeugt und vom Kampf ums Überleben, dem inneren wie dem äußeren.
Die koreanische Dichtung blickt auf eine Jahrtausende alte Tradition zurück, und auch die schwierige und schmerzvolle Geschichte des Landes im 20. Jahrhundert wird begleitet von Gedichten, die vom Kampf ums Überleben zeugen, dem äußeren wie dem inneren. Von den Klassikern der Moderne zu Beginn des letzten Jahrhunderts bis ins heutige, vom Westen beeinflusste Südkorea spannt der vorliegende Band den Bogen und gibt somit einen Überblick über die Entwicklung der modernen koreanischen Lyrik. Sämtliche Gedichte zeugen von dem zentralen Stellenwert, den die lyrische Dichtung innerhalb der koreanischen Literatur besitzt, und davon, wie poetisch und vital ihre Sprache bis heute ist.
Autorenporträt
Marion Eggert, Dr., Professorin für Koreanistik an der der Fakultät für Ostasienwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2006

Letzte Nachtansicht von Asien
Klangkaskaden: Zwei Lyrikbände beleuchten Koreas Identität

Die koreanische Poesie des zwanzigsten Jahrhunderts ist zugleich ein Spiegelbild und Schmelztiegel traditioneller und westlich aufgeklärter Strömungen, ein viel debattiertes Experimentierfeld zwischen politisch-engagierten und ästhetisch-puristischen Ambitionen. Sie ist direkter oder allegorisch verhüllter Ausdruck der politischen Situation und nationaler Befindlichkeit zwischen Kolonialismus und Koreakrieg, Militärdiktatur und Demokratie. Zwei Lyrikbände zeigen nun die Entwicklungslinien der koreanischen Poesie als Teil der Zeitgeschichte und Demokratiebewegung auf.

Kim Soo-Young (1921 bis 1968), von dem bei Peperkorn bereits der zweite Gedichtband erschienen ist, gilt als exemplarischer "engagierter Dichter" Koreas. Bei Kim, der in seiner Kunst eine Einheit von Inhalt und Form anstrebte, schlägt sich die politische Entwicklung seines Landes bis in die Dynamik seiner Gedichte nieder. Die zunächst erfolgreiche April-Revolution von 1960 gegen die autokratische Regierung Rhee Syngmans, die nach dessen Abdankung bis zum Militärputsch Parks ein Jahr später die Hoffnung auf Freiheit nährte, war eine Art "Stunde Null" und Initialerfahrung seines Schreibens.

Seine Forderungen nach sprachlicher Innovation und Abkehr vom traditionellen Manierismus ebenso wie vom Fatalismus der Fünfziger-Jahre-Literatur, denen er auch in literaturkritischen Arbeiten wie "Dichtung! Spuck es aus!" Ausdruck verlieh, setzte er konsequent auch in seiner Dichtung um. So bettet er Jahreszeitenmotive als Symbole der Metamorphose in aktuelle politische Zusammenhänge ein. Seine oft sprachspielerischen und somit schwer übersetzbaren Gedichte, die mit einem Gestus beständiger Selbsterneuerung ausgestattet sind, entziehen sich konventioneller Lektüren. Dabei entzündet sich seine revolutionäre Verve oftmals an scheinbaren Randnotizen, Naturbeobachtungen oder Nebensächlichkeiten im Leben gewöhnlicher Bürger, die ins grotesk-surreale gesteigert werden.

Zwischen bissiger Politkritik und satirischer Selbstanklage singt der Dichter das Lied von der Einsamkeit der Revolution ("die Revolution hat nicht geklappt, ich habe nur das Zimmer gewechselt"), sinniert er über Freiheit und Kleingeist, Kunst und Imagination. Politisch unverfängliche Allegorien wie Wind und Gras repräsentieren, wie im Schlußgedicht "Das Gras" von 1968, die Widerstandsfähigkeit des geschundenen Volkes. Kim überzeugt dabei auch noch in der Übersetzung durch Klangkaskaden und rhythmische Musikalität: "Der Tag ist trüb, und das Gras legt sich nieder . . . Legt es sich später als der Wind, steht es doch früher auf als der Wind. Weint es später als der Wind, lacht es doch früher als der Wind. Der Tag ist trüb, die Graswurzel legt sich nieder."

Ein kurz vor seinem tödlichen Autounfall verfaßtes Gedicht gibt auch einer bei dtv erschienenen Anthologie ihren Namen, die aber auch zahlreiche andere literarische Zeitzeugen des Jahrhunderts zu Wort kommen läßt. Sie beginnt mit Klassikern der Widerstandsliteratur zu Zeiten des japanischen Kolonialismus (1910 bis 1945) wie Yi Sanghwas romantisch-morbides Gedicht "Geraubtes Land" oder O Sangsuns nihilistisch-meditative "Letzte Nachtansicht von Asien". Dabei wurden westliche literarische Strömungen, die zur Horizonterweiterung und zu wachsendem Freiheitsdrang beitrugen, ironischerweise größtenteils aus Japan importiert.

Die Anthologie spannt einen Bogen von der geschichtsfernen Nachkriegsliteratur der fünfziger Jahre über die regimekritisch engagierte Generation der sechziger und die völlig politisierten Achtziger, bis sich mit zunehmender Demokratisierung und Kommerzialisierung seit den Neunzigern eine erneute Wendung nach innen, eine Fragmentierung und Infragestellung konventioneller Schreibformen feststellen läßt.

Ein herausragendes Beispiel für Koreas aktuelle poetische Selbstfindungsprozesse ist die Autorin Kim Hyesun (geboren 1955). In Gedichten wie "Schwindelgefühle" arbeitet sie, innere und äußere Welten verkehrend, mit der Metaphorik von Auge, Spiegel und Schatten und läßt so die irrlichternden Identitäten der Postmoderne anklingen: "Dieser Himmel ist spiegelglatt / ich führe ihn an die Lippen, er schmeckt nach Blut / er gleicht der Pupille von jemandem / über dies Auge schiebt jemand wie eine Lupe die Sonne und starrt mich an daß es blendet . . . / in wessen Aquarium bin ich hier / wie gefangen im Spiegelkabinett kann ich heute die Augen nicht öffnen / worauf mein Blick auch trifft bin alles ich."

STEFFEN GNAM

Kim Soo-Young: "Jenseits des Rausches". Gedichte. Aus dem Koreanischen übersetzt von Kang Yeo-Kyu und Uwe Kolbe. Edition Peperkorn, Thunum 2005. 114 S., br., 15,- [Euro].

"Wind und Gras". Moderne koreanische Lyrik. Herausgegeben und aus dem Koreanischen übersetzt von Marion Eggert. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005. 160 S., br., 8,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwei Bände mit koreanischer Lyrik demonstrieren laut Steffen Gnam die "Entwicklungslinien der koreanischen Poesie als Teil der Zeitgeschichte". Die Anthologie "Wind und Gras" versammelt Gedichte von "Klassikern der Widerstandsliteratur" seit 1910 bis zu Lyrik der Gegenwart, und es lässt sich der Wandel von unpolitischen Texten der 50er Jahre über die Regimekritik der 60er und die "völlig politisierten" 80er Jahre bis hin zu einer "Wendung nach innen" seit den 90er Jahren nachvollziehen, meint der Rezensent. Als "herausragendes Beispiel" für die aktuelle Lyrik Koreas stellt Gnam die Lyrikerin Kim Hyesun vor, die in ihren Gedichten die "innere und äußere Welt" ineinander fließen lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH