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In diesem außerordentlich facettenreichen und großzügig bebilderten Epochenüberblick zur deutschen Skulptur des 19. Jahrhunderts werden neben der Architektur- und Grabplastik auch die Randgebiete zwischen Skulptur und Zeichnung, Medaille und Kunsthandwerk berührt. Daraus erwächst ein einzigartiges, ausdifferenziertes, kulturgeschichtlich untersetztes Panorama zur deutschen Skulptur zwischen Goethe und Wilhelm II., zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg, zwischen Aufklärung und Nietzscheschem Skeptizismus. Dabei steht immer die menschliche Gestalt im Zentrum, was diese Epoche…mehr

Produktbeschreibung
In diesem außerordentlich facettenreichen und großzügig bebilderten Epochenüberblick zur deutschen Skulptur des 19. Jahrhunderts werden neben der Architektur- und Grabplastik auch die Randgebiete zwischen Skulptur und Zeichnung, Medaille und Kunsthandwerk berührt. Daraus erwächst ein einzigartiges, ausdifferenziertes, kulturgeschichtlich untersetztes Panorama zur deutschen Skulptur zwischen Goethe und Wilhelm II., zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg, zwischen Aufklärung und Nietzscheschem Skeptizismus. Dabei steht immer die menschliche Gestalt im Zentrum, was diese Epoche auch bis heute nachhaltig weiterwirken lässt. Neben nach Gattungen und historischen Schwerpunkten gegliederten Darstellungen zur Entwicklungsgeschichte der Skulptur bietet das Buch eine Zusammenstellung von zahlreichen Bildhauerbriefen, die hier meist erstmals veröffentlicht werden, sowie ein Lexikon von Fachbegriffen und ein Verzeichnis aller damals für Bronze- und Zinkguss tätigen Gießer undZiseleure.
Autorenporträt
Dr. Bernhard Maaz ist seit 1986 in Berlin an der Nationalgalerie tätig und betreut dort die Sammlung der Skulptur des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Veröffentlichungen - vor allem zur Kunst des 19. Jahrhunderts, aber auch zur Kunst- und Sammlungsgeschichte vom 16. bis zum 20. Jahrhundert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.01.2011

Es beginnt mit Schwierigkeit, endet mit Not
Skulptur im Deutschland des 19. Jahrhunderts: Bernhard Maaz erkundet ein vernachlässigtes Kapitel
Nach dem Sieg über Frankreich war den Treibels ihre Wohnung nicht mehr standes- und zeitgemäß erschienen. Also kehrten sie ihrem Wohnhaus den Rücken, obwohl es ein Architekt aus der Zeit des großen Friedrich – Gontard oder Knobelsdorff – entworfen haben sollte. Beflügelt von den Milliarden, die als Kriegsentschädigung ins Land kamen, und von den „Gründeranschauungen“ errichtete Kommerzienrat Treibel eine „modische Villa“ auf seinem Fabrikgrundstück.
Zu Beginn des Bürgerlichkeitsromans „Frau Jenny Treibel oder ,Wo sich Herz zum Herzen findt’ “ (1892) führt Theodor Fontane seine Leser durch die Villa, weist auf dieses und jenes Ausstattungsdetail: „Der Speisesaal selbst war von schöner Einfachheit: gelber Stuck, in den einige Reliefs eingelegt waren, reizende Arbeiten von Professor Franz. Seitens der Kommerzienrätin war, als es sich um diese Ausschmückung handelte, Reinhold Begas in Vorschlag gebracht, aber von Treibel, als seinen Etat überschreitend, abgelehnt worden. ,Das ist für die Zeit, wo wir Generalkonsuls sein werden . . . ’ ,Eine Zeit, die nie kommt’, hatte Jenny geantwortet.“  
Den Professor Julius Franz kennt heute kaum noch einer. Am bekanntesten, viel gezeigt, kopiert und variiert wurde eine Parkskulptur von seiner Hand, eine Szene von reizvoller Dramatik. Sie zeigt eine Schäfer mit Hund, der von einem Panther angefallen wird, ein realistisch wirkendes, zugleich von antiken Vorbildern geprägtes Werk. Julius Franz gehörte zur Berliner Bildhauerschule, hatte an der Spree studiert, als Gehilfe bei Christian Daniel Rauch gearbeitet.
Auch der schwerstbegabte Reinhold Begas war ein Zögling der Berliner, hatte dann aber im Namen von Natur und Sinnlichkeit gegen neoklassizistisches Maß und die trockene Gelehrsamkeit der Rauch-Schule insgesamt aufbegehrt, war neobarock erfolgreich – eben deshalb lässt ihn Fontane durch die Aufstiegsträume der seelisch immer in kleinen Verhältnissen verbliebenen Kommerzienrätin Jenny Treibel geistern.
Die Stelle aus der erfrischenden Bourgeois-Satire belegt darüber hinaus, wie verbreitet Skulpturen in der Lebenswelt des 19. Jahrhunderts gewesen sind. Sie gehörten dazu, nicht nur in Schlössern und Kirchen, sondern auch in den halb-privaten Empfangszimmern bürgerlicher Villen und Wohnungen, in Theatern, Museen und auf Friedhöfen, in Parks und im städtischen Raum einer im Denkmalswahn befangenen Zeit.
Der Reichtum der skulpturalen Schöpfungen des 19. Jahrhunderts ist von der Forschung bisher nicht angemessen gewürdigt worden. Ein Grund dafür liegt im überwältigenden Erfolg, der als Inflationierung und Entwertung erlebt wurde. Da obendrein die künstlerischen Avantgarden sich in Abstoßung von der herrschenden Kultur des Historismus formierten und Kunstgeschichte vielfach die rasch absprechenden Urteile übernahm, wissen wir noch viel zu wenig über eine Leitgattung der bürgerlichen Epoche, in der Denkmäler, Statuetten, Bildnisbüsten, Grabmäler so selbstverständlich waren wie die Oper und der Roman.
In diese Lücke stößt mit Kennerblick und Leidenschaft der Kunsthistoriker Bernhard Maaz, der nach Jahren in Berlin nun die Gemäldegalerie Alte Meister und das Kupferstichkabinett in Dresden leitet. Seine Geschichte der Skulptur zwischen 1789 und 1914 trägt Unmassen von Material zusammen, führt den Leser auf gelehrte und höchst vergnügliche Weise über einen fast vergessenen Kontinent und zeigt zugleich, wie viel noch zu tun wäre. Junge Kunsthistoriker finden bei Maaz Dutzende Anregungen für Magisterarbeits- oder Dissertationsthemen.
In der Skulptur reicht das 19. Jahrhundert ungefähr von den Denkmalsentwürfen für Friedrich II. nach dessen Tod im Jahr 1786 bis zum 1913 eingeweihten Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, von Johann Gottfried Schadows Grabmal des Grafen Alexander von der Mark bis zu Louis Tuaillons „Amazone zu Pferde“, die 1898 vor der Berliner Nationalgalerie aufgestellt wurde, vom Frühklassizismus über den Historismus bis an die Schwelle zur modernen Bildhauerkunst eines Barlach, Lehmbruck oder Kolbe.
Die Zentren des Geschehens waren vor allen anderen Berlin, München, Dresden. Große Namen, neben Schadow, Rauch, Tieck, Dannecker, Schwanthaler, Hildebrand, Begas gehören zur Geschichte der deutschen Bildhauerkunst im 19. Jahrhundert, viele zu Unrecht vergessene Künstler, viele durch Krieg, Unachtsamkeit, Borniertheit und fortschrittsgeilen Vandalismus zerstörte Werke.
Die Kunstliteratur hatte den Bildhauern um 1800 eine paradoxe Stellung zugewiesen. Die Skulptur galt als jene Kunst, in der „die Alten“, die Meisterwerke der griechischen und römischen Antike für immer unübertrefflich bleiben würden. Das akzeptierten selbst anti-klassizistische Frondeure wie die Brüder Schlegel. Die Bildwerke der eigenen Zeit waren damit auf eine klassizistische Formensprache verpflichtet. Der Streit um diese Begrenzungen hielt das gesamte Jahrhundert über an. Da ging es um die Frage, ob man Goethe in idealischer-antikisierender Nacktheit darstellen solle; ob die täuschend echte Modellierung von Knöpfen, Gewandfalten, Hosen und Schuhschnallen nicht das Werk des Bildhauers zum Opfer der Mode machen würde; wie weit Reliefs und Brunnen auf malerische Effekte setzen dürften, ob man der farbigen Architektur auch polychrome Skulpturen zur Seite stellen sollte oder solche aus verschiedenen Steinsorten.
Bernhard Maaz irritiert zunächst dadurch, dass er auf den großen Überblick über die Kunstliteratur verzichtet. Er setzt ganz auf einzelne Werke und auf das Handwerkliche. Charakteristischerweise beginnt er mit einem Brief Christian Daniel Rauchs an den Künstlerkollegen, den Dresdner Freund Ernst Rietschel aus dem Jahr 1842: „Nicht genug kann man es sich wiederholen, daß die Skulptur mit Schwierigkeit beginnt und mit der Noth endigt, so ist mir ein Flügelpaar zu den Victorien welche im July nach der Walhalla abgehen sollen, in Trümmern aus Carrara angekommen.“
Der unerwartete Reichtum wird nach Aufgaben sortiert: auf die Idealplastik als autonomes Kunstwerk folgen das Denkmal und die zwischen beiden changierenden Statuette. Ausführlich werden Bildnisbüsten zum Zwecke des privaten wie des öffentlichen Gedenkens betrachtet, auch Grabmäler, Skulpturen an Bauten und Brücken, Brunnen, Skulpturen in Parks, Tierplastiken, Bildnisreliefs und -medaillons. Ein Überblick über die Bildhauerzeichnung, als deren Meister Schadow gilt, und über Polychromiediskussionen, wird zum Rückblick auf den durchwanderten Weg. Als wäre all das noch nicht genug, schließen sich eine Anthologie meist unveröffentlichter Bildhauerbriefe, eine Entwicklungsgeschichte und ein Lexikon zum Bildguss an sowie eine lexikalische Übersicht über Materialien, Werkzeuge und Begriffe. Wer wissen will, wozu der Bildhauer Bier braucht, erfährt es hier: es verlangsamt das Abbinden des Gipses. Obwohl dies alles Grundlagenforschung ist, wird man nicht durch gelehrte Prunksucht abgeschreckt. Liebe zum Gegenstand ersetzt bei Maaz die Einschüchterungsgesten akademischer Rhetorik.
Gibt es so etwas wie ein letztes Werk des 19. Jahrhunderts? Die Geschichte der Bildnisbüsten etwa beginnt Maaz mit Alexander Trippels Goethe (1788/89), bei dem das Repräsentative zugunsten der Gesichtszüge und der in ihnen erscheinenden Individualität zurücktreten muss. Er endet mit Max Klingers Nietzsche-Büste (1902). Hier sei der dargestellte Mensch entleibt, das traditionelle Bruststück „durch eine giacomettihafte Restform ersetzt“. Schnurrbart und Augenbrauen dienen der Person zum Versteck. „Als wolle der moderne Mensch, dessen Exemplum Nietzsche hier zu sein vorgibt, sich dem emotional–intellektuellen Zugriff seines Gegenübers (sowie des Porträtisten) rabiat entziehen, wirkt der eigentliche Persönlichkeitskern des Philosophen unerfaßbar, ja unfaßbar.“ Eine destabilisierte und zugleich aufbrechende Moderne habe hier also ihr „Bild und Bildnis“ gefunden.
Wer in den zwei exzellent bebilderten Bänden blättert, wird bald auf ein weiteres Hauptwerk Max Klingers stoßen: den polylithen „Beethoven“ (1885-1902): mythensnykretistisch, den Komponisten mit nacktem Oberkörper zeigend, ein Zeugnis der religiösen Verehrung des genialen Menschen. Die Spannung zwischen Verkleinerung und Erhöhung, Entleerung und Vergötterung des Menschen prägte die Geschichte der Skulptur des 19. Jahrhunderts.
JENS BISKY
BERNHARD MAAZ: Skulptur in Deutschland zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg. Deutscher Kunstverlag, Berlin, München 2010. 2 Bände, 760 Seiten mit 648 Duplex- u. 54 s/w Abb., 178 Euro.
Denkmäler, Statuetten, Grabmäler
waren so selbstverständlich
wie die Oper und der Roman
Bier braucht der Bildhauer,
weil es das Anbinden des
Gipses verlangsamen hilft
In Max Klingers Nietzsche-Büste
werden Verlust und Aufbruch
der Moderne Bildnis
Während viele das Genre wählten oder dramatische Szenen, zeigt Adolf von Hildebrands „Schlafender Hirtenknabe (1870 - 73)“ einen weniger narrativen Weg zur Erneuerung der Skulptur. Er stellt einen Welt- und Selbstvergessenen dar, der Betrachter soll auf die Oberflächenmodellierung und den menschlichen Körper achten. – Christian Daniel Rauchs „Adelheid von Humboldt als Psyche“ (1810-1826) steht auch heute noch im Berliner Schloss Tegel. Abb. aus d.besprochenen Band
Genrehaft wirkt Erich Hösels „Hunne zu Pferde (1895-97, Bronze). Aber von der Zurschaustellung archaischer Kraft zum Säbelrasseln, bei dem auch der Kaiser gern auf Hunnen verwies, scheint es nur ein Schritt zu sein. Abb. aus d. bespr. Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit hohem Lob bedenkt Jens Bisky diese zweibändige Geschichte der Skulptur in Deutschland von 1789 bis 1914, die der Kunsthistoriker Bernhard Maaz vorgelegt hat. Er attestiert dem Autor, eine ungeheure Fülle von Material zu behandeln und damit auch ein bislang wenig erforschtes Kapitel Kunstgeschichte zu erhellen. Das Werkt zeichnet sich für ihn durch profunde Kenntnisse des Autors sowie durch leidenschaftliche, gelehrte und auch amüsante Darstellung aus. Ausführlich werden bekannte und unbekannte Künstler betrachtet und Idealplastiken, Denkmäler, Bildnisbüsten, Grabmäler, Skulpturen an Bauten und Brücken, Brunnen, Skulpturen in Parks, Tierplastiken, Bildnisreliefs und -medaillons untersucht. Zudem bietet das Werk zur Freude Biskys einen Überblick über die Bildhauerzeichnung, über Polychromiediskussionen sowie eine lexikalische Übersicht über Materialien, Werkzeuge und Begriffe. Auch die Abbildungen scheinen ihm von sehr guter Qualität. "Liebe zum Gegenstand", urteilt Rezensent Bisky, "ersetzt bei Maaz die Einschüchterungsgesten akademischer Rhetorik."

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