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Schloss Friedrichstein, der Familiensitz der Grafen von Dönhoff, war das prächtigste unter den Schlössern Ostpreußens. Erbaut im frühen 18. Jahrhundert ist es heute vor allem bekannt als Heimatort von Marion Gräfin von Dönhoff, die im Januar 1945 aus Ostpreußen fliehen musste. Nach dem Krieg wurde das Schloss von den Sowjets dem Erdboden gleichgemacht. Der Kunsthistoriker Kilian Heck und der Dirigent Christian Thielemann erforschen seit Jahren mit Leidenschaft und Akribie die wechselhafte Geschichte des Barockschlosses. Dabei haben sie Erstaunliches ans Licht gebracht: Entgegen der bisherigen…mehr

Produktbeschreibung
Schloss Friedrichstein, der Familiensitz der Grafen von Dönhoff, war das prächtigste unter den Schlössern Ostpreußens. Erbaut im frühen 18. Jahrhundert ist es heute vor allem bekannt als Heimatort von Marion Gräfin von Dönhoff, die im Januar 1945 aus Ostpreußen fliehen musste. Nach dem Krieg wurde das Schloss von den Sowjets dem Erdboden gleichgemacht. Der Kunsthistoriker Kilian Heck und der Dirigent Christian Thielemann erforschen seit Jahren mit Leidenschaft und Akribie die wechselhafte Geschichte des Barockschlosses. Dabei haben sie Erstaunliches ans Licht gebracht: Entgegen der bisherigen Annahme sind bedeutende Teile der Ausstattung wie prachtvolle Wandteppiche und kostbare Gemälde keineswegs verloren, sondern bis heute gut erhalten. Ihre begeisternden Funde präsentiert der prachtvoll ausgestattete Band hier erstmals der Öffentlichkeit. Darüber hinaus wird von ausgewiesenen Fachleuten die Geschichte dieses trotz seiner immensen Bedeutung nie gründlich erforschten Schlosses von den Anfängen bis in die Gegenwart erzählt.
Autorenporträt
Dr. Kilian Heck war bis 2005 wissenschaftlicher Assistent an den Kunstgeschichtlichen Instituten der Universitäten Heidelberg und Frankfurt. Derzeit arbeitet er an einem Forschungsprojekt zu Carl Blechen. - Christian Thielemann ist Dirigent und war von 1997 bis 2005 Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin. Seit 2004 ist er Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.05.2007

Das Herrenhaus der Grafen Dönhoff in Ostpreußen
Die Rote Armee zerstörte 1945 Schloss Friedrichstein - ein meisterliches Buch hat den geschichtsträchtigen Barockbau rekonstruiert

"Ein Urwald hat die Zivilisation verschlungen", klagte die Publizistin Marion Gräfin Dönhoff 1989 nach einem lange hinausgeschobenen Besuch ihres Vaterhauses Friedrichstein. "Das riesige Schloss ist wie vom Erdboden verschluckt, nichts ist davon geblieben, nicht einmal ein Trümmerhaufen." Zu Schutt und Asche zerfallen war das schönste Herrenhaus Ostpreußens, von Angehörigen der Roten Armee in Brand gesetzt, bereits im Januar 1945. Bis zur endgültigen Vernichtung des Gebäudes zwölf Jahre später hielten sich noch ruinöse Reste des Erdgeschosses; danach wurde der Baugrund aufkeimenden Brennesseln und wild wucherndem Gesträuch überlassen.

Marion Dönhoffs einprägsame Schilderungen einer unbeschwerten Kindheit im Memelland bewogen den Dirigenten Christian Thielemann noch zu Lebzeiten der 2002 gestorbenen Autorin, eine wissenschaftliche Untersuchung des alteingesessenen Adelsgeschlechtes und seines Stammhauses anzuregen. Einen couragierten Mitstreiter für sein Projekt fand er in dem Kunsthistoriker Kilian Heck, der namhafte Fachleute zur Bearbeitung von Teilaspekten heranzog. Sonderkapitel der Neuerscheinung gelten der Genealogie, den Gartenanlagen, der Tafelkultur, der Person des kunstsinnigen August von Dönhoff und den Schnappschüssen, die dessen jüngste Tochter Marion dem elterlichen Anwesen und seiner berückend schönen Umgebung widmete.

Naturgemäß galt das Hauptinteresse der Initiatoren einer Bestandsaufnahme des unwiederbringlich verlorenen Schlosses, eines Juwels barocker Architektur, das nach neueren Forschungen auf den Franzosen Jean de Bodt zurückgeht, der in Berlin am Bau des Zeughauses mitwirkte und in Potsdam Teile des Stadtschlosses entwarf. Dass in Friedrichstein zwischen 1709 und 1714 eine reich gegliederte "Palast-Fassade" von 67 Metern Länge entstehen konnte, ist der vorgesehenen Nutzung als "Königsschloss" zu danken. Mit Finckenstein und Schlobitten sollte Friedrichstein preußischen Potentaten bei Inspektionsreisen in die östlichen Provinzen eine standesgemäße Unterkunft bieten.

Otto Magnus Graf von Dönhoff, der Erbauer des Schlosses, besaß als preußischer General und aktiver Teilnehmer an der Krönung Friedrichs III. in Königsberg die Gunst des Hauses Hohenzollern. Zur obligatorischen Ausstattung eines königlichen Logis gehörten seinerzeit monumentale Wandteppiche mit mythologischen oder historischen Darstellungen. Vermutlich bereits von Otto Magnus in die Gesellschaftsräume integriert wurden acht Gobelins mit Szenen aus dem Leben Alexanders des Großen, die auf Vorlagen von Jacob Jordaens basierten. Fotografische Bestandsaufnahmen von 1910 zeigen das stilistische Bric-à-brac des Möbelinventars vor der Kulisse kostbarer Tapisserien aus Flandern. Voluminöse Danziger Aufsatzschränke hatten sich wohl oder übel mit einem gründerzeitlichen Harmonium, neobarocken Buffets und einer Kommode im erlesenen Geschmack des friderizianischen Rokoko zu vertragen, die 1983 von der Potsdamer Schlösserverwaltung erworben wurde.

Entgegen der Erklärung Marion Dönhoffs, die in ihrem Erfolgsbuch "Namen, die keiner mehr nennt" 1962 noch vom Totalverlust der Kunstschätze und Archive gesprochen hatte, überdauerte den Flammensturm von 1945 eine größere Zahl vorsorglich "evakuierter" Objekte, die August von Dönhoff in engem Kontakt mit dem Berliner Museumsdirektor Wilhelm von Bode erwerben konnte. Als Vorsitzender des 1897 gegründeten Kaiser-Friedrich-Museums-Vereins zum Kenner herangereift, frönte der vormalige Diplomat nicht nur seiner Neigung zu weiblichen Akten in Gestalt von Göttinnen, Nymphen und Sabinerinnen, sondern versuchte darüber hinaus, den in zweihundert Jahren erworbenen Hausstand im Kontext der Epochen zu ergänzen und zu verbessern.

Auf Augusts Urgroßvater Christian geht die Umgestaltung weiter Teile des barocken Gartens in eine Parklandschaft nach englischem Vorbild zurück. Seinen topographischen Reiz zog Friedrichstein aus einem vorgelagerten See, dessen natürliche Schönheit, wie aktuelle Fotos zeigen, keinerlei Schaden erlitt, wohingegen die Gutshäuser Groß Barthen und Skandau kriegsbedingt zerstört wurden und Dönhoffstädt, dessen Fassade der Schauseite von Friedrichstein geschwisterlich ähnelt, zu verfallen droht.

CAMILLA BLECHEN

Kilian Heck, Christian Thielemann (Hrsg.): "Friedrichstein". Das Schloss der Grafen von Dönhoff in Ostpreußen. Deutscher Kunstverlag, München 2006. 320 S., 60 Farbtafeln, 200 S/W-Abb., geb., 68,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.02.2007

Eine Führung vor der Flucht
Christian Thielemann und Kilian Heck lassen Friedrichstein, das ostpreußische Schloss der Dönhoffs, wiedererstehen
Ostpreußen mit seinen Eichenalleen und Wäldern ist die Lieblingslandschaft des Dirigenten Christian Thielemann. Hierhin reist er alljährlich, um seelisch und moralisch aufzutanken. So kam er auf die Idee, eines der eindrucksvollsten barocken Baudenkmäler Ostpreußens, das von der Roten Armee 1945 dem Erdboden gleichgemacht worden ist, zumindest „virtuell” wieder auferstehen zu lassen: Schloss Friedrichstein, das Stammschloss der Dönhoffs, in dem noch Marion Gräfin Dönhoff, die 2002 verstorbene Herausgeberin der Zeit, im Jahre 1909 als jüngstes von sieben Geschwistern geboren ist. Sie selber hat 1936 ihre volkswirtschaftliche Dissertation über die Friedrichsteiner Güter und ihre Bewirtschaftung im Laufe der Geschichte geschrieben und in ihrem legendären Ostpreußen-Buch „Namen die keiner mehr nennt” (1962) die Geschichte ihrer Familie erzählt.
„Friedrichstein – das war das Schönste!” sagte sie am Ende eines stundenlangen Gesprächs mit Christian Thielemann über Ostpreußens Schlösser und Herrenhäuser im Jahre 2000. Im Laufe dieses Gesprächs entwickelte sich der Plan des Dirigenten, in einem Buch dieses in der Nähe Königsbergs gelegene Schloss mit seiner Geschichte, Kunst, Landschaft und geistigen Welt noch einmal in die Gegenwart heraufzurufen. Dieses Buch liegt nun vor uns: ein schöner Band, bei dessen bibliophiler Ausstattung, zumal den zahllosen farbigen und schwarz-weißen Abbildungen, nicht gespart worden ist, herausgegeben von dem tonangebenden Kapellmeister Thielemann und dem jungen Kunsthistoriker Kilian Heck; unterstützt werden sie von einem Team einschlägig bewanderter Historiker und Kunstwissenschaftler, welche die Geschichte der Dönhoffs und ihres Stammsitzes bis zu dessen Untergang 1945, die bedeutenden Kunstsammlungen des Schlosses, seine Barockarchitektur, Gärten und Landschaft und nicht zuletzt die sozialen und ökonomischen Faktoren der Dönhoffschen „Herrschaft” akribisch beschreiben.
Das Buch ist eine gelungene wissenschaftliche Dokumentation, doch zugleich ein Lesebuch, in dem man bei der Lektüre der vorzüglich geschriebenen Beiträge und der Betrachtung des erlesenen Bildmaterials wirklich versinken kann. Ein bedeutendes Stück verschollener deutscher Geschichte wird hier noch einmal anschaulich beschworen. Der Leser wird buchstäblich von Zimmer zu Zimmer geleitet, sodass man sich der Täuschung hingeben könnte, wir dürften mit diesem „Führer” in der Hand nun die Räumlichkeiten besichtigen. Doch in der nahezu unveränderten landschaftlichen Umgebung Friedrichsteins erinnern nur noch einige übrig gebliebene Steine an die Herrlichkeit des im späten 17. Jahrhundert errichteten, kurz vor dem Krieg aufwendig restaurierten Schlosses.
Hecks und Thielemanns Buch hätte in dieser Form nicht entstehen können, gäbe es nicht eine Fülle bildlichen Materials (zu viel, um in diesen Band aufgenommen zu werden, der durch eine Bild-DVD ergänzt wird) und wären nicht ein Großteil des Familienarchivs – mit Autographen von Kardinal Mazarin bis Alexander von Humboldt – sowie eine Fülle von Teppichen, Möbeln, Skulpturen und Gemälden während des Kriegs trotz strengen Verbots in den Westen evakuiert worden, da man den Untergang Ostpreußens deutlich vorhersah.
Friedrichstein gehörte zu den drei Königsschlössern, die dem Preußenkönig Friedrich I. – in einer ihm vorbehaltenen, pompösen „Königsstube”, die den Glanz des königlichen Hauses zu repräsentieren hatte – zur Übernachtung dienten, wenn er die Provinz bereiste. Und dass es ein Schloss der Dönhoffs war, verstand sich von selbst, gehörten sie doch zu den prominentesten Adelshäusern Preußens. Im 17. und frühen 18. Jahrhundert waren sie von einem kleinen westfälischen Uradelsgeschlecht zu einer litauisch-polnischen Magnatenfamilie aufgestiegen, von der sich der preußische Zweig abspaltete.
Zu den schönsten Beiträgen des Bandes gehört Nicola Dönhoffs Schilderung des Lebens auf Schloss Friedrichstein in den Jahrzehnten vor dessen Zerstörung. Da glaubt man sich manchmal fast in einen Roman von Eduard von Keyserling versetzt. Die berühmten Gäste des Schlosses aus dem preußischen Königshaus, Politiker und Gelehrte – wie der Historiker Hans Rothfels oder der Literaturwissenschaftler Max Kommerell – und vor allem die bedeutenden Musiker: Edwin Fischer oder das Busch-Quartett, die häufig im Gartensaal musizierten, ziehen an unserem inneren Auge vorbei. Es werden die gesellschaftlichen Rituale, der distanzierte Umgang der Kinder mit ihren weithin entrückten Eltern oder die herzliche Vertrautheit zwischen Kindern und Bediensteten nachgezeichnet. War einer von diesen krank, so gehörte es sich, dass die Kinder der Herrschaft bei ihnen Nachtwache hielten, sich um ihre medizinische Versorgung kümmerten und Einkäufe für sie erledigten – wie umgekehrt auch die Diener und Angestellten sich für die Erziehung der Kinder der Herrschaft mitverantwortlich fühlten.
Dies war ein sozialer Mikrokosmos, der von wechselseitiger Loyalität geprägt war und von einem unanfechtbaren Wertsystem, in dem Bescheidenheit, Wahrhaftigkeit, Zivilcourage, Sozialgefühl und Liberalität die Leitlinien bildeten, nichts verpönter war als Lüge, Angeberei und Feigheit. Ein Wertsystem, das nicht ideologischer Überbau, sondern noch glaubwürdige Handlungsanweisung war und in dem die Opposition weiter Teile des ostpreußischen Adels, zumal der Dönhoffs gegen den Nationalsozialismus gründete.
In den letzten Kriegsjahren leerte sich das Schloss mehr und mehr – von Menschen und Kostbarkeiten. „Das Schloss hat keine Seele mehr”, schreibt Hartmut von Hentig, Jugendfreund von Marion Gräfin Dönhoff, in einem Brief aus Friedrichstein, „und ich verstehe, was Rilke meint, wenn er von einem Haus sagt, es sehe beleidigt aus, wenn jemand in ihm verstorben ist.” Grauenvoll schließlich der Untergang des Schlosses im Jahre 1945. Seine Bewohner waren evakuiert. Die eindringende Rote Armee trieb Frauen und Mädchen aus den umliegenden Dörfern in Friedrichstein zusammen, um sie reihenweise zu vergewaltigen. Väter, die ihre Töchter vor diesem Schicksal zu bewahren suchten, wurden erschossen.
Die „Feudalherren” waren nicht mehr da; statt dessen wurden die von ihnen „Ausgebeuteten” drangsaliert und ermordet. So sahen die Segnungen des Sozialismus aus. Eine betrunkene Soldateska randalierte im Schloss, das schließlich, wohl nicht aus Absicht, sondern aufgrund von fahrlässigem Umgang mit der im Schloss gelagerten Munition, in Flammen aufging. Was von Friedrichstein noch stehengeblieben war, hat man später gesprengt.
Die Reste des Gemäuers wurden in den fünfziger Jahren abgetragen, die Skulpturen des Parks erst 1957 zerschlagen. Nicht einmal ein Trümmerhaufen ist von der einstigen Pracht geblieben. „700 Jahre Geschichte ausgelöscht.” So das Fazit von Marion Gräfin Dönhoff, deren Fotografien aus Friedrichstein das letzte Kapitel des Buchs gewidmet ist. Vergleichende Photos der Umgebung von Friedrichstein heute und zu seinen Glanzzeiten zeigen den umwaldeten See – kaum ein Unterschied zwischen einst und jetzt –, doch der Blick über den Wasserspiegel hinweg dorthin, wo einst das riesige Schloss stand, trifft nun auf Buschwerk, in dem nicht einmal mehr ein Stein zu sehen ist. DIETER BORCHMEYER
KILIAN HECK, CHRISTIAN THIELEMANN (Hrsg.): Friedrichstein. Das Schloss der Grafen von Dönhoff in Ostpreußen. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2006. 320 Seiten, 68 Euro.
Ein Stück verschollener deutscher Geschichte wird hier anschaulich
Anstelle der „Feudalherren” wurden die „Ausgebeuteten” drangsaliert
„Friedrichstein – das war das Schönste!” sagte Marion Gräfin Dönhoff vor einigen Jahren im Gespräch mit Christian Thielemann. Die Bilder zeigen, von oben links im Uhrzeigersinn, das Schloss von der Parkseite (um 1900), das Kinderzimmer, ein Luftbild um 1940 und den Gartensaal. Abbildungen aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Camilla Blechen schwelgt in dem Glanz des ostpreußischen Adels, den der Kunsthistoriker Kilian Heck und der Dirigent Christian Thielemann mit diesem Band wiederauferstehen lassen. Er rekonstruiert das Schloss Friedrichstein der Familie Dönhoff, angeblich das "schönste Herrenhaus Ostpreußens". Das Hauptinteresse der Herausgeber, so die Rezensentin, gilt der Bestandsaufnahme der 1945 zerstörten Anlage, die bei Blechen nicht nur als "Juwel barocker Architektur" Bewunderung hervorruft, sondern auch mit ihren Tapisserien, Gobelins und einem Jahrunderte umfassenden Bric-a-brac.

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