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Vorgestellt in Elke Heidenreichs LESEN! vom 09.12.2003!
"Für alle, die schon immer mal wissen wollten, wie denn der Literaturbetrieb hinter den Kulissen aussieht. Höchst banal, kann ich Ihnen sagen: banal, eitel, neidisch und hämisch. Und das steht alles in diesem Buch drin." (Elke Heidenreich)
Frank Page, der Ich-Erzähler in Charles Simmons` neuem Roman, der eigentlich nur eine Seminararbeit über die seit den 50er Jahren wöchentlich erscheinende, renommierte Literaturzeitschrift Belles Lettres verfaßt hat, wird in der Folge selbst dort Redakteur und erlebt die zwiespältige Wirklichkeit
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Produktbeschreibung
Vorgestellt in Elke Heidenreichs LESEN! vom 09.12.2003!

"Für alle, die schon immer mal wissen wollten, wie denn der Literaturbetrieb hinter den Kulissen aussieht. Höchst banal, kann ich Ihnen sagen: banal, eitel, neidisch und hämisch. Und das steht alles in diesem Buch drin."
(Elke Heidenreich)

Frank Page, der Ich-Erzähler in Charles Simmons` neuem Roman, der eigentlich nur eine Seminararbeit über die seit den 50er Jahren wöchentlich erscheinende, renommierte Literaturzeitschrift Belles Lettres verfaßt hat, wird in der Folge selbst dort Redakteur und erlebt die zwiespältige Wirklichkeit hinter der edlen Fassade.

Die schwerreichen, aber nicht gerade belesenen Inhaber, die über ein ganzes Arsenal von Zeitschriften gebieten, wechseln nach völlig inhaltsfernen Gesichtspunkten die Chefredakteure aus, eine Sekretärin will Rezensentin werden und wird rechtzeitig auf einen hochbezahlten Posten bei einer anderen Zeitschrift weggelobt, eine Liste der 25 bedeutendsten Autoren Amerikas wird nach geradezu karnevalesken Gesichtspunkten zusammengestellt und erregt dann weltweit Aufsehen. Aber der Höhepunkt ist erreicht, als neun bislang unbekannte Sonette Shakespeares auftauchen, die auf die schwierige Frage, ob Shakespeare schwul war, eine ziemlich eindeutige Antwort geben. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei dem Kampf der Redaktion gegen einen besonders ekelhaften neuen Chefredakteur.

Die ewige Mesalliance zwischen Geld und Geist, die allmähliche Entstehung der Zeitungswirklichkeit beim Beeinflußtwerden, der Abgrund zwischen hohem Anspruch und debiler Wirklichkeit wird mit böse-hinreißender Komik beschrieben. Simmons` äußerst unterhaltsame Donquichotterie ist ein Vergnügen für jeden Leser, der seinen Spaß an Scherz, Satire, Ironie und deren tieferer Bedeutung hat.

Autorenporträt
Charles Simmons, geboren 1924, war mehrere Jahrzente als Redakteur bei der New York Times Book Review tätig. Gleich für seinen ersten Roman "Powdered Eggs" (Eipulver) erhielt er 1964 den Faulkner Award. Er lebt und arbeitet in New York und auf Long Island. Nach dem großen Erfolg von "Salzwasser" erscheint nun auch sein früherer Roman "Lebensfalten" auf Deutsch.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2003

Ruf aus, red mit, reich her
Charles Simmons’ unterhaltsame Entlarvung des Literaturbetriebs
Sechzehn Jahre sind vergangen, seit Charles Simmons, ehemaliger Redakteur der New York Times Book Review seinen Roman „The Belles Lettres Papers” in den USA veröffentlichte. Wenn die nebelhafte Erinnerung nicht täuscht, war das eine Zeit, in der hierzulande noch viele dem Glauben anhingen, Bücher würden für das Leben geschrieben, nicht für den Betrieb. Deshalb hätte es sich damalskaum gelohnt, eine Satire über Zustände und Gepflogenheiten in der Redaktion einer Literaturzeitschrift ins Deutsche übersetzen zu lassen. Inzwischen aber hat das Fernsehen im Verein mit der Boulevardpresse so viel Aufklärungsarbeit geleistet, dass der Blick hinter die Kulissen der Literaturkritik auch bei uns ein dankbares Publikum finden dürfte, und zwar nicht nur unter den Fachkollegen, die sich gebauchpinselt fühlen, wenn jemand ihrer Zunft den Zerrspiegel vorhält.
Gewiss lässt sich, was Simmons im Amerika der Achtziger aufspießte, nur bedingt auf alteuropäische Verhältnisse im dritten Jahrtausend übertragen; auch blüht im deutschen Blätterwald kein echtes Äquivalent zu der Publikation, bei der er einschlägige Erfahrungen sammelte. Dennoch darf, was jenes delikate und windige Gewerbe in seinen Grundzügen prägt, eine ähnlich weltumspannend-zeitlose Gültigkeit beanspruchen wie bestimmte Erscheinungsformen der Kriminalität, die das Genre des Detektivromans zum globalen Dauerbrenner machen. Anders gesagt: Der Autor Charles Simmons, der den Literaturbetrieb von beiden Seiten kennt, ist ein vertrauenswürdiger Gewährsmann, und wem die Welt der Schriftsteller, Redakteure und Rezensenten schon immer suspekt vorkam, der wird seine dunklen Ahnungen hier auf das Unterhaltsamste und Verlässlichste bestätigt sehen.
Am Anfang braucht man ein wenig Geduld. Frank Page, der Ich-Erzähler, referiert den Werdegang des fiktiven, 1951 gegründeten Literaturmagazins Belles Lettres so gewissenhaft, als sei das Kapitel tatsächlich die komprimierte Fassung der Seminararbeit, die dem jungen Mann zu einem Job in der Redaktion dieses illustren Mediums verholfen hat. Kenner der New Yorker Szene mögen die Chronik, in der Geld und Geist in wechselnder Konstellation auftreten, als Einstieg in einen Schlüsselroman lesen; dem Outsider dient sie jedenfalls zur Einübung in die vergnügliche Marotte des Verfassers, Personennamen aus der Terminologie des Druckereiwesens oder der Buchherstellung zu entlehnen.
Sobald Page ins Sanktuarium der Literaturkritik eingedrungen ist, geht es freilich richtig zur Sache. Die Fragen, mit denen seine Freunde ihn nun bestürmen, dürften auch Lesern dieses Buches auf der Seele brennen: „Lasen wir wirklich alle Bücher selbst? Wie entschieden wir, welche rezensiert werden sollten? Wie suchten wir die Rezensenten aus?” Wer sich zu den Informierteren zählt, möchte wissen, „ob wir die Rezensenten beeinflußten und die Rezensionen redigierten”. Auf alles erhält man hier Antworten, die im Detail zwar etwas amüsanter ausfallen als im wirklichen Literaturbetrieb, sich aber nie sehr weit von der Realität entfernen. Milieukundige wiederum werden Bürointrigen, Schriftstellerschrullen und Verleger-Machenschaften wiedererkennen, das Missverhältnis zwischen Kapital und Hirnkapazität, die kuriosen Profilierungsversuche intellektueller Flachbohrer, die literaturpolitische Macht erotischer Verstrickungen, den unausrottbaren Drang zur Kanonbildung, die ganze Luftigkeit und Nichtigkeit eines Metiers, das noch immer mit den noblen Zielen der Geschmacksbildung und Kulturförderung identifiziert wird.
Neu, wild und laut
Aber Charles Simmons hat mit seiner launigen Mediensatire nicht nur die Literaturkritik, nicht nur den Kulturjournalismus erfasst: Der Coup einer grandiosen Fälschung, der einen größenwahnsinnigen Chefredakteur den Kopf kostet, ist deutschen Magazinlesern von einem anderen Ressort her vertraut. Die Geschichte der Zeitschrift Belles Lettres erreicht ihren komischen Tief- und Höhepunkt, als neun bis dato unbekannte Sonette Shakespeares samt anonymer Expertise auftauchen, von deren Veröffentlichung der ebenso dumme wie aufgeblasene Blatt-Sanierer Newbold Press (!) sich den ultimativen Knüller verspricht, scheint der Fund doch neue und eindeutiger Aufschlüsse über die homosexuellen Neigungen des Dichters zu liefern.
Als Lyrik-Erfinder und Shakespeare-Parodist läuft Charles Simmons zur Hochform auf, und die Übersetzung von Ulrike Draesner wird der anzüglichen Anverwandlung vollkommen gerecht: „Du fragst, ob jenes Frauenteil ich misse,/ das weich, gespalten, lockend offen lag?” Oder auch: „Ruh nicht, renk ein, ruf aus, red mit, reich her . . .” Ein Shakespeare-Fake, der im Roman natürlich sofort auffliegt – und der doch Lust macht, selber mal einen betriebsentlarvenden Blödsinn in die viel zu ernste Literaturwelt zu pflanzen. Klaus Modick ist als Übersetzer des Prosa-Anteils übrigens nicht minder zu loben, auch wenn die Frage erlaubt sei, ob die Bezeichnung „kesser Vater” für „Lesbierin” heute noch allgemein verständlich ist – und ob man „Möppse” wirklich mit zwei p schreibt.
KRISTINA MAIDT–ZINKE
CHARLES SIMMONS: Belles Lettres. Roman. Aus dem Englischen von Klaus Modick. Übersetzung der Sonette: Ulrike Draesner. Verlag C. H. Beck, München 2003. 184 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wem der illustre Literaturbetrieb schon immer suspekt war, der wird hier voll auf seine Kosten kommen, so Kristina Maidt-Zinkes Resümee. Sie hat sich jedenfalls prächtig amüsiert bei der Lektüre des jetzt nach 16 Jahren ins Deutsche übersetzten Romans von Charles Simmons, der die Gepflogenheiten in Verlagshäusern gnadenlos offen lege. Am Beispiel der Redaktion eines fiktiven Literaturmagazins werden "kuriose Profilierungsversuche intellektueller Flachbohrer" und die "literaturpolitische Macht erotischer Verstrickungen" auf das Amüsanteste auseinandergelegt, so die begeisterte Rezensentin. Dazu auch noch gut übersetzt, sei dieses Werk also ein Genuss für alle, die dieses "delikate und windige Gewerbe" jenseits seiner "noblen Ziele" entlarvt sehen wollen. Und die Shakespeare-Fälschungen des Protagonisten haben Maidt-Zinke sogar "Lust gemacht, selber mal einen betriebsentlarvenden Blödsinn in die viel zu ernste Literaturwelt zu pflanzen"...

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