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Eine persönliche Portraitgalerie "Lies keine Geschichtswerke, nur Biographien, denn das ist das Leben ohne Theorie." Dieses Wort Benjamin Disraelis steht am Anfang von Horst Fuhrmanns hier veröffentlichter Auswahl aus einer großen Zahl von Lebensskizzen. Gewiss ist der Ausspruch nicht buchstäblich zu nehmen, doch zeigt diese "Portraitgalerie", was ein mit bedeutenden "Geschichtswerken" hervorgetretener Historiker wie Fuhrmann dem biographischen Genre abzugewinnen versteht. Ob mit, ob ohne Theorie - voller Leben sind diese Skizzen allemal. Das Wort "Portraitgalerie" ist weit gefassßt und…mehr

Produktbeschreibung
Eine persönliche Portraitgalerie
"Lies keine Geschichtswerke, nur Biographien, denn das ist das Leben ohne Theorie."
Dieses Wort Benjamin Disraelis steht am Anfang von Horst Fuhrmanns hier veröffentlichter Auswahl aus einer großen Zahl von Lebensskizzen.
Gewiss ist der Ausspruch nicht buchstäblich zu nehmen, doch zeigt diese "Portraitgalerie", was ein mit bedeutenden "Geschichtswerken" hervorgetretener Historiker wie Fuhrmann dem biographischen Genre abzugewinnen versteht. Ob mit, ob ohne Theorie - voller Leben sind diese Skizzen allemal. Das Wort "Portraitgalerie" ist weit gefassßt und umgreift Erlebtes und "Erlesenes", den lebendigen Kontakt mit Zeitgenossen wie auch die stille Zusammenkunft, die sich aus der Lektüre von Werken ergibt, bei denen man merkt, dass ihre Verfasser ins eigene Leben hineinspielen, oder von Quellentexten, die das Leben von Menschen plastisch werden lassen, denen man - leider - nie persönlich begegnet ist.
Der Bogen ist weit gespannt. Er reich t vom Clan der Weizsäckers mit seinen "Begabungshäufungen" bis nach Oberschlesien, in Fuhrmanns Geburtsstadt Kreuzburg, der Stadt Gustav Freytags mit ihren Polen und Juden und der kuriosen Familie Jarklowski. Von da geht es weiter bis zu einer Begegnung der besonderen Art, der Motivauswahl der letzten deutschen Banknoten. Neben vielen anderen begegnet der Leser der reichen Familie Pringsheim, dem exkommunizierten Theologen Ignaz von Döllinger, Golo Mann, Jacob Burckhardt und anderen aus der Zunft der Historiker, nicht zu vergessen die von den Nationalsozialisten vertriebenen Gelehrten, die ihre Leistungen außerhalb Deutschlands vollbringen mußten.
"Am Ende", schreibt Fuhrmann, "stellt man fest, daß jeder Mensch seine eigene Portraitgalerie hat, durch die er schreitet." Horst Fuhrmann lädt mit diesem Buch in seinen persönlichen Bildersaal ein - fremdes Leben, gespiegelt im eigenen.
Autorenporträt
Horst Fuhrmann, langjähriger Präsident der 'Monumenta Germaniae Historica' und em. Professor für Geschichte an der Universität Regensburg, war bis 1997 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.01.2002

Fachmäuse
Vorbürokratisch: Horst Fuhrmanns
persönliche Porträtgalerie
Brauchen wir solche Bücher? Die „persönliche Portraitgalerie”, die der Mediävist Horst Fuhrmann unter dem Titel „Menschen und Meriten” auf Anregung seines Verlegers im Münchener C.H. Beck Verlag erscheinen lässt, enthält vorwiegend Gelegenheitsschriften, die sich akademischen Feieranlässen verdanken. Nun ist bekannt, mit welcher Grazie und welchem Witz Fuhrmann, der ein bedeutender Forscher, aber auch ein beachtlicher Schauspieler ist, solche Aufgaben – Gedenkansprachen, Kongresseröffnungen, Akademiereden – bewältigt. Auch Nichtwissenschaftler kamen immer gern, wenn Fuhrmann eine seiner Rollen – Präsident der Monumenta Germaniae Historica, Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Kanzler des Ordens pour le mérite – öffentlich ausübte. Die Institutionen begannen zu leben, Wissenschaft wurde als Spiel erlebbar.
In dem neuen Band kommen Forschungen über Fuhrmanns schlesisches Heimatstädtchen Kreuzburg, den Geburtsort Gustav Freytags und wahrscheinlich ein exemplarischer Ort jüdisch-deutsch-polnischen Zusammenlebens in der vornationalistischen Epoche, hinzu. Aus der Porträtreihe wird eine Selbstbiographie und der Umriss einer geistigen Welt. Fuhrmanns hohe Ämter brachten ihn dazu, sowohl die großen Herren der Zunft – seine Vorgänger Ignaz von Döllinger (1799-1890) und Paul Fridolin Kehr (1860-1944) – wie auch ihre Außenseiter und Emigranten zu würdigen, schrullige Fachmäuse (etwa den Latinisten Bögel) oder den Melancholiker Golo Mann, der ein begnadeter Erzähler, aber ein nachlässiger Editor war, was Fuhrmann, selbst ein Meister der Editionstechnik, nicht weiter übel nimmt.
Das Buch ist anekdotenreich und äußerst unterhaltsam. Selbst da, wo es zu flach bohrt und zu harmlos daherkommt – bei den „Emigrantenschicksalen” – nimmt man dankbar eine Anregung entgegen, die zu weiterer Forschung animiert. Der Band ist aber auch sehr nützlich, was seine plauderhafte Oberfläche uns zunächst pädagogisch geschickt verbirgt. In seinen Zentralstücken regt er zur Lektüre einst wirkmächtiger, aber inzwischen vergessener Autoren an. An Gustav Freytag und Döllinger wird in den Antiquariaten niemand mehr achtlos vorbeigehen, der diese Aufsätze gelesen hat. Was Fuhrmann über Döllingers Akademiereden berichtet, ist so animierend, dass man sich am Ende fragt: „Wo bleibst du, Andere Bibliothek, dass du hier nicht schon längst einen Auswahlband vorgelegt hast, mit köstlichen Stücken über mittelalterliche Fälschungen oder französische Mätressen?” Aber die Andere Bibliothek hat uns ja bisher nicht einmal Döllingers noch viel größeren Schüler und Freund Lord Acton zugänglich gemacht.
Der andere Nutzen kann in der Weckung eines wissenschaftshistorischen Bewusstsein bestehen. Fuhrmann erzählt vom gleichmütigen Leben der Institutionen und der höchst farbigen Menschen in ihnen. Wer sein Biogramm Paul Fridolin Kehrs, des römischen Institutsleiters und Monumenta-Präsidenten, begriffen hätte, käme wohl kaum auf den Gedanken, aus dem Deutschen Historischen Institut in Rom eine Stiftung mit schnell wechselnden Managern zu machen. Und doch ist es soeben durch eine Gewaltmaßnahme der Ministerin Bulmahn durchgesetzt worden. Kehr war ein persönlicher Freund von Achille Ratti, dem späteren Papst Pius XI. Das kann keinem Amtschef gelingen, der nach fünf oder zehn Jahren wieder abberufen wird. Horst Fuhrmanns antiquarische Kasualschriften lesen sich wie Flaschenpost aus der vorbürokratischen Epoche der deutschen Wissenschaft. Darin liegt ihre übers Protokoll hinausreichende Bedeutung.
GUSTAV SEIBT
HORST FUHRMANN: Menschen und Meriten. Eine persönliche Portraitgalerie. Zusammengestellt und eingerichtet unter Mithilfe von Markus Wesche. Verlag C.H. Beck, München 2001. 358 Seiten, 24,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.06.2002

Ein Kapitel für sich
Lauter Lobreden: Horst Fuhrmann, der musikalische Monumentist, spricht über Vorgänger, Lehrer und Zeitgenossen

Daß Alfred Pringsheim ein "Meister des Wortwitzes" war, belegt Horst Fuhrmann mit einer "Huldigungsrede", die der Münchner ordentliche öffentliche Professor der Mathematik seinem Fachkollegen Georg Cantor darbrachte. Cantor hatte sich um die Ausbildung von Gymnasiallehrern verdient gemacht, hatte, so Pringsheim, nicht nur die Mengenlehre hervorgebracht, sondern auch eine Menge Lehrer. Der Witz, den ein Redner macht, muß im Saal zünden. Wortspiele sind von der Vergänglichkeit aller rhetorischen Glanzleistungen besonders angegriffen, erscheinen auf dem Papier leicht als matte Kalauer. Und doch kann man sich vorstellen, daß Pringsheims schlichter Scherz im hochfeierlichen Zusammenhang der Huldigung eines weltberühmten Gelehrten eine befreiende, entlastende Wirkung hatte.

Komisch war der Kontrast zwischen einer Ökonomie der Mittel, die des Mathematikers am Rednerpult würdig war, und jenen barocken Schmuckelementen, auf die auch ein geistreicher Festredner nicht wird verzichtet haben können, der Kontrast aber auch zwischen den beiden Hervorbringungen Cantors, dem abstrakten, avantgardistischen, einschüchternden Gegenstand seiner Forschungen und dem zählbaren, altmodischen, liebenswürdigen Ertrag seines pädagogischen Eros. Gerne wüßte man, ob Pringsheims hausväterliche Pointe ein Schmunzeln auf die Gesichter seiner Zuhörer treten ließ. Fuhrmann hat darüber offenbar nichts herausfinden können; er hätte es uns gewiß nicht verschwiegen.

Als einen Meister des Wortwitzes kennt nicht nur das Münchner akademische Publikum Horst Fuhrmann. Während er die Präsidentenämter der Monumenta Germaniae Historica und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften bekleidete, versprachen Vorträge in den fürstlichen Kulissen der Münchner Großwissenschaft allein wegen der Einleitungen des Gastgebers ein glänzendes Vergnügen. Man möchte glauben, daß manches abgründige Lob, manche erhellende Wortverdrehung im Kollegenkreis noch kursiert, so daß diesem stattlichen Bändchen biographischer Skizzen Freundeshand einmal eine Broschüre biographischer Kritzeleien beigesellen könnte, eine Sammlung jener scheinbar dahingeworfenen Charakterisierungen von Mitforschern, die Fuhrmann in Wahrheit in den Echoraum einer reichen Tradition sprach.

Die Würdigungen von Vorgängern, Lehrern und Zeitgenossen gehen auf Anlässe zurück. Aber auch im förmlichen Rahmen von Laudatio und Nekrolog, wenn aus einem Lebenswerk die bleibenden Werte in den Thesaurus des Fachgedächtnisses überführt werden, gedenkt Fuhrmann der informellen Wege, auf denen Überlieferung weitergetragen wird und Bildung sich fortpflanzt. Aufmerksam liest man, wie er die Wirkung von Rednern charakterisiert, aber ebenso präzise bestimmt er den Ton, den ein Mentor im Gespräch anschlug, Hermann Heimpel, der unter der histrionischen Geste den Ernst des Erlebens verbarg, Percy Ernst Schramm, der über die subtilsten symbolhistorischen Konstellationen mit der Direktheit des Husaren urteilte, mit der Frische des letzten Ritters.

Es liegt ein eigentümlicher Reiz im Gegensatz zwischen dieser Hellhörigkeit für Nuancen des Mündlichen und der Lebensarbeit, die den Laudator mit der Mehrzahl der Geehrten verbindet. Die Monumenta, romantische Gründung, positivistische Fabrik, sammeln die Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, die Schriftdenkmäler, und sind selbst ein einziges gewaltiges Denkmal der Schrift. Der Zweck der Monumentisten ist die Wiederherstellung des Wortlauts der Urkunde im Moment der Niederschrift. Auszuscheiden ist alles, was aus Gesprächen der Abschreiber in den Text eingeflossen sein könnte. Die Geschichte, der der Monumentist doch zuarbeitet, muß ihm als Verschmutzung der Reinheit der Quelle erscheinen - hinter dem Grobianismus seines Amtsvorgängers Paul Fridolin Kehr, der Geschichtsprofessoren als Schwätzer abtat und Geschichtsdarstellungen als Romane, hebt Fuhrmann ein methodologisches Dilemma ans Licht.

Den Widerstreit von Forschungstrieb und Darstellungsfreude erörtert Fuhrmann auch im Vortrag zum zweihundertsten Geburtstag Ignaz von Döllingers, der ihm in doppelter Rolle vorausging, als Akademiepräsident und als Experte für mittelalterliche Fälschungen. An den Festtagen der Akademie hielt Döllinger, als Märtyrer der Forschungsfreiheit nach der Exkommunikation vom König zum Präsidenten berufen, öffentliche Vorträge. Nach dem Urteil treuer Schüler wie Lord Acton versäumte es der gefeierte Redner, seine Forschungen fortzusetzen. Fuhrmann kann zeigen, daß dieses Ideal reiner Wissenschaft seine Radikalität einem außerwissenschaftlichen Antrieb verdankte, daß Döllinger und Acton die Quellenkritik mit der quasi eschatologischen Erwartung überforderten, sie könne durch zweifelsfreie Klärung von Sachverhalten Frieden stiften. Der Primat des Papstes brach nicht zusammen, wenn der Nachweis gelang, daß ihm Fälscher juristische Argumente geliefert hatten.

Das Eigengewicht theologischer Gründe gibt Fuhrmann nicht als Apologet des Papsttums zu bedenken, sondern als Historiker, den das Lebendige der Tradition beschäftigt, der Geist, der sich nicht auf Buchstaben reduzieren läßt. Fasziniert erfährt man, daß Stephan Kuttner, der Kanonist, auch als Konzertpianist hätte berühmt werden können, daß er Druckfahnen stets bei Stereomusik las und im Alter eine Messe komponierte - und daß Bernhard Bischoff, der Paläograph, gleichfalls ein talentierter Pianist war. In Bischoffs Musikalität erkennt Fuhrmann die andere Seite der eidetischen Anlage, des einmaligen visuellen Gedächtnisses, das einmal inspizierte Manuskripte ein Leben lang speicherte. Bischoff las Handschriften gerade nicht wie Partituren, deren Sinn sich in der Notation erschöpft: Vor seinen Augen verwandelten sie sich in Musikstücke, er hörte gleichsam den Schreiber als den Interpreten, der aus der Komposition eines Autors erst das Erlebnis macht. Einen Reimser Schreiber des dritten Viertels des neunten Jahrhunderts erkannte Bischoff daran, wie das lange S sich vornüberneigt, "als ginge ein Wind durch ein Ährenfeld". Dezent hat Fuhrmann unter den einprägsamen Bildern Bischoffs eines ausgewählt, in dem jene Sphärenharmonie mitschwingt, von der sich seiner Darstellung zufolge Bischoff und Kuttner getragen fühlten, wenn sie mit unfehlbarer Sicherheit ihre Konjekturen markierten. Und leise hört man einen melancholischen Zwischenton heraus: Die Ährenlese des Philologen steht immer in Konkurrenz zum Werk des Schnitters, der Tod heißt.

Den Nachruf auf Kuttner hat Fuhrmann vor dem Orden Pour le Mérite gesprochen, dem auch Bischoff angehörte und dessen Kanzler Schramm war. Es ist charakteristisch, daß Fuhrmann in den Gedenkworten für das Ordensmitglied Golo Mann den quellenkritischen Dilettanten rügte, um das freie, manchmal wunderliche Urteil des nur sich selbst verpflichteten Autors zu rühmen. Die Disziplin des Monumentisten empfängt ihr Recht vom wunderlichen Reichtum des geistigen Lebens, das er nachträglich sortiert. Bischoff sammelte Mineralien und Schmetterlinge. Auch Thomas Mann muß sich eine Korrektur gefallen lassen. 1954 erklärte er sich bereit, sich den Orden "frischweg verleihen" zu lassen. Aber der Orden ist gar keine Dekoration, sondern ein Kapitel. Es tritt jährlich zusammen in öffentlicher Sitzung, so wieder am kommenden Montag. Es geschieht nichts, als daß einige Mitglieder reden, hauptsächlich über andere Mitglieder, und alle anderen zuhören. Nur einmal alle Jubeljahre spielt ein Mitglied Musik.

PATRICK BAHNERS

Horst Fuhrmann: "Menschen und Meriten". Eine persönliche Portraitgalerie. Zusammengestellt und eingerichtet unter Mithilfe von Markus Wesche. Verlag C.H.Beck, München 2001. 358 S., 52 Abb., geb., 24,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Nicht nur dem Münchner akademischen Publikum, das Horst Fuhrmann als Präsident der Monumenta Germaniae Historica und der bayrischen Akademie der Wissenschaften oft als Redner beglückt hatte, ist Fuhrmann als "Meister des Wortwitzes" bekannt, weiß Rezensent Patrick Bahners. Vom Geistes- und Sprachreichtum des Autors zeuge auch der vorliegende "stattliche" Band mit "biografischen Skizzen", von dem sich der begeisterte Rezensent erhofft, dass er "Freundeshand" dazu anregen könnte, einen weiteren mit "biografischen Kritzeleien" Fuhrmanns zu ergänzen. Im weiteren berichtet Bahner detailliert aus dem Inhalt. So hat er "fasziniert" gelesen, dass der Kanonist Stephan Kuttner auch ein brillanter Konzertpianist hätte werden können, oder der Paläograf Bernhard Bischoff als Pianist ebenfalls sehr "talentiert" war. Fuhrmanns hochgelobten Wortwitz weiß der Rezensent allerdings in seiner sehr trockenen Besprechung nicht zu transportieren.

© Perlentaucher Medien GmbH"