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Mit Witz und Ironie erzählt Al-Mozany die Geschichte des jungen, um Asyl bittenden Mansur, der behauptet, er stamme von einem deutschen Kreuzritter ab. Im Schlagabtausch eines skeptischen, doch wohlwollenden Richters mit dem Protanonisten wird die deutsche Realität aus ungewöhnlicher Perspektive geschildert. Ein heiter-satirischer Dialog zwischen Orient und Okzident, der die gängigen Vorurteile in ihrer Absolutheit persifliert.

Produktbeschreibung
Mit Witz und Ironie erzählt Al-Mozany die Geschichte des jungen, um Asyl bittenden Mansur, der behauptet, er stamme von einem deutschen Kreuzritter ab. Im Schlagabtausch eines skeptischen, doch wohlwollenden Richters mit dem Protanonisten wird die deutsche Realität aus ungewöhnlicher Perspektive geschildert.
Ein heiter-satirischer Dialog zwischen Orient und Okzident, der die gängigen Vorurteile in ihrer Absolutheit persifliert.
Autorenporträt
Hussain Al-Mozany, geboren 1954 in Amarah/Südirak, aufgewachsen in Bagdad, lebt als Übersetzer und Schriftsteller in Köln. Al-Mozany studierte in Münster und Kairo Arabistik, Islamwissenschaft, Germanistik und Publizistik. Er veröffentlichte zahlreiche Erzählungen und Romane in arabischer Sprache und übersetzte Bachmann, Benn, Grass u. a. ins Arabische. Auf Deutsch erschien von ihm der Roman Der Marschländer, 1999.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.09.2002

Spätaussiedler aus Bagdad
Abendland gesucht: Ein Schelmenroman von Hussain Al-Mozany

Politische Ahnenforschung ist ein Akt kultureller Barbarei: Das Fremde soll enteignet und kolonialisiert, Blut und Boden der Heimat in alle Welt exportiert werden. Man kann den Spieß freilich auch in kritischer Absicht umdrehen. Alfred Rosenberg suchte die arische Urrasse in Indien, der Deutsch-Iraker Hussain Al-Mozany seine germanischen Wurzeln in Köln: Ein Araber, der die christlichen Kreuzritter mit ihren vergessenen Bastarden konfrontiert. Peter der Einsiedler, ein apokrypher Wanderprediger, verlor einst auf dem west-östlichen Lotterdiwan seine kreuzzüglerische Wut. Aus seiner Mesalliance mit einer gewissen Aischa ging fast tausend Jahre später Mansur hervor, ein fahnenflüchtiger irakischer Soldat, der mit Peters "Heiratsurkunde" und einem gefälschten Visum im Gepäck zurück ins gelobte Abendland desertiert.

Sein Asylantrag steht, wie die Konstruktion überhaupt, auf eher schwachen Füßen. Al-Mozany hat nicht umsonst Günter Grass' "Blechtrommel" übersetzt: Sein arabischer Spätaussiedler will dem Land seiner Stiefväter den Spiegel seines "natürlichen Deutschtums" vorhalten. Die psychologischen Gutachten und Gentests, denen er unterzogen wird, sind grimmige Satiren auf die Absurditäten des deutschen ius sanguinis. Aber der fatalistische, passive Flüchtling verteidigt seine Gastgeber unbeirrt gegen die Anklagen undankbarer Mitasylanten, muslimischer Fanatiker und deutscher Ausländerfreunde und versucht den abendländischen Aggressor so durch schelmisch-unterwürfige Identifikation zu entwaffnen.

Am Ende wird er tatsächlich eingebürgert. Beim Kölner Karneval tanzt und schunkelt Mansur, obwohl ihm die Polonaisen der Jecken so fremd sind wie Kamelkarawanen und das "Alaaf" seinem feinen Ohr wie "getrocknetes Viehfutter" klingt. Der Sohn der Wüste, ein homophober Macho, empfindet die falschen Jungfrauen und Kastrationsriten der Weiberfasnacht als Angriffe auf seinen ohnehin beschädigten Mannesstolz. Nicht einmal im bacchantischen Taumel kann er sein Mißtrauen, sein Heimweh und seine traumatischen Kriegserlebnisse vergessen: Er bleibt, wie sein Urahn, ein entwurzelter, dünkelhafter Einsiedler, ausgeschlossen von Sprache, Kultur und Reichtum seiner Wahlheimat, zerrissen, versteinert und sich selbst entfremdet: "Der Feind kniet in deinen Eingeweiden."

Al-Mozany, 1954 im Südirak geboren und 1980 nach Deutschland gekommen, schrieb vor drei Jahren seinen ersten Roman auf Deutsch. "Der Marschländer" erzählte die Geschichte seiner Flucht. Jetzt läßt er sein ganzes Leben Revue passieren: die Kindheit in Bagdad, Korruption und Terror in Saddam Husseins Reich, die Giftgasattacken an der Front, Kulturschock und tapfere Integrationsversuche in Köln. Er schont dabei weder Deutsche noch Araber, und auch sein Held, ein großer Säufer, Kiffer, Schwarzfahrer und Weiberheld vor Allah, ist ein Narr wie aus Tausendundeiner Nacht oder einer grobianischen Groteske von Rabelais.

Der Autor salbt seine Wunden mit allen Wundern und Wohlgerüchen der arabischen Poesie: blumige Metaphern, Anekdoten, Legenden und Zitate von Gilgamesch bis Goethe. Interessanter als die hybriden Collagen und ein manchmal befremdlicher Humor sind für den deutschen Leser aber die Berichte aus dem Innern der Asylantenheime: überfüllte, überhitzte Treibhäuser, in denen Aggressionen und sexuelle Not, Angst, Demütigung und Haß gedeihen und nur selten einmal Verbrüderungen, Gespräche, flüchtige Frauenbekanntschaften oder multikulturelle Küchen- und Haschischdünste für Entspannung sorgen.

Al-Mozany schreibt aus der Perspektive des germanophilen Fremdlings, frei von Verbitterung, Ressentiments und Klischees, aber mit sich und seiner neuen Heimat hadernd. Er ist stolz auf seine aus schüchterner Mimikry, erzwungener Assimilation und Sarkasmus geschmiedete neue Identität, aber noch stolzer auf die alte Hochkultur Mesopotamiens, von der die Kreuzritter in ihrem Hochmut nie etwas wissen wollten. Der burleske, derbe Ton dieses tragikomischen Bildungsromans sollte niemand täuschen: Unter den süßen Duft aus den Betten, Fleischtöpfen und Joints des Abendlandes mischen sich immer wieder die üblen Gerüche von kultureller Arroganz, bürokratischer Schikane und Ausländerhaß.

MARTIN HALTER

Hussain Al-Mozany: "Mansur oder Der Duft des Abendlandes". Roman. Reclam Verlag, Leipzig 2002. 271 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Der Angelpunkt und das satirische Ziel des Romans ist das ius sanguinis des deutschen Staatsbürgerschafts-recht, welches nur denjenigen als Deutschen anerkennt, in dessen Adern deutsches Blut fließt. Warum soll, was den Russlanddeutschen zusteht, nicht auch für arabische Nachkommen der deutschen Kreuzritter vergönnt sein? Mansur jedenfalls versucht es, und er findet einen Anwalt, der verrückt genug ist, ihm beizustehen. Entlang dieses recht gewollt anmutenden Plots entspinnt sich eine hintersinnige Groteske über deutsche und ausländische Identität, die in der gegenwärtigen deutschen Literatur nur vergleichbar ist mit dem (viel ernster angelegten) Buch Gefährliche Verwandtschaften von Zafer Senocak. Der Humor ist die große Leistung des Romans von Al-Mozany. Er umfasst alle Spielarten, die Parodie, die Groteske, die Satire, die Anekdote ebenso wie Sprachwitz und Ironie." Die Zeit

"Al-Mozany schreibt aus der Perspektive des germanophilen Fremdlings, frei von Verbitterung, Ressentiments und Klischees, aber mit sich und seiner neuen Heimat hadernd. Er ist stolz auf seine aus schüchterner Mimikry, erzwungener Assimilation und Sarkasmus geschmiedete neue Identität, aber noch stolzer auf die alte Hochkultur Mesopotamiens, von der die Kreuzritter in ihrem Hochmut nie etwas wissen wollten. Der burleske, derbe Ton dieses tragikomischen Bildungsromans sollte niemand täuschen: Unter den süßen Duft aus den Betten, Fleischtöpfen und Joints des Abendlandes mischen sich immer wieder die üblen Gerüche von kultureller Arroganz, bürokratischer Schikane und Ausländerhass." Frankfurter Allgemeine Zeitung…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Der 1954 im südirakischen Marschland geborene Autor Hussain Al-Mozany, der in Deutschland einmal als Übersetzer der "Blechtrommel" ins Arabische und zum anderen mit seinem 1999 veröffentlichten Roman "Der Marschländer" bekannter wurde, nimmt in seinem neuen Roman das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht, basierend auf dem ius sanguinis, der Blutsverwandtschaft, aufs Korn, berichtet Stefan Weidner. Mansur, Held dieses Werks, versucht, die Staatsbürgerschaft zu erlangen, indem er behauptet, von einem mittelalterlichen Wandermönch abzustammen. Auch wenn der Plot etwas "gewollt" anmute, habe der Autor entlang dieser Geschichte eine "hintersinnige Groteske" gesponnen, in der er sämtliche "Spielarten" des Humors eingearbeitet habe, staunt der Rezensent. Al-Mozany warte mit Parodie, Groteske, Satire, Anekdote, "Sprachwitz" und Ironie auf, die sowohl Deutsche, als auch Araber gründlich zur Schau stellten. Vorurteile und Stereotype kämen hier in voller Breite zur Sprache, so führe der Autor Ausländer so vor, wie ein Roland Koch oder ein Edmund Stoiber sie gerne sähen, warnt der Rezensent: nämlich als "Haschischraucher" und "Dealer", deren augenscheinlichste Beschäftigung das Nichtstun sei. Auch wenn Weidner vieles irritiert hat, ist er sicher, dass Al-Mozany nach diesem Roman nicht mehr "übersehen" werden kann - jedenfalls von denen, die sich "ernsthaft für postkoloniale Literatur in Deutschland" interessieren, behauptet der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
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