Marktplatzangebote
7 Angebote ab € 4,80 €
  • Gebundenes Buch

Einem der bekanntesten und umstrittensten Autoren Russlands zum 150. Geburtstag - Maxim Gorki. Als junger Mann aus dem Volk wurde er mit seinen ersten Erzählungen in ganz Europa berühmt. Die Texte dieser Auswahl, die in der Neuübersetzung von Ganna Maria Braungardt frisch erstrahlen, entstammen vorrangig der frühen Phase seines Schaffens, als seine ursprüngliche Kraft noch ihren ganzen Zauber ausübte. Sie zeigen, warum wir ihn heute wieder lesen sollten. Meistererzählungen in neuer Übersetzung

Produktbeschreibung
Einem der bekanntesten und umstrittensten Autoren Russlands zum 150. Geburtstag - Maxim Gorki.
Als junger Mann aus dem Volk wurde er mit seinen ersten Erzählungen in ganz Europa berühmt. Die Texte dieser Auswahl, die in der Neuübersetzung von Ganna Maria Braungardt frisch erstrahlen, entstammen vorrangig der frühen Phase seines Schaffens, als seine ursprüngliche Kraft noch ihren ganzen Zauber ausübte. Sie zeigen, warum wir ihn heute wieder lesen sollten.
Meistererzählungen in neuer Übersetzung
Autorenporträt
Gorki, Maxim
Maxim Gorki wurde am 28. März 1868 als Aleksej Peschkow in Nishny Nowgorod in bedrängten, ärmlichen Verhältnissen geboren. In seinen frühen Werken schildert er Erlebnisse und Menschen; denen er in seiner Kindheit und Jugend und während seiner Wanderjahre ab 1888 begegnete, und stellt die dunkelsten Seiten des Lebens dar. Schon bald gibt er sich den Namen Gorki - der Bittere. Dennoch tritt er zugleich als einer der größten Optimisten der russischen Literatur in Erscheinung. Schnell wird er im In- und Ausland berühmt. Seine Romane; Erzählungen, Theaterstücke werden in über hundert Sprachen übersetzt. Sein Verhältnis zu den Mächtigen nach der Revolution in Russland ist voller Widersprüche, viele Jahre verbringt er im Ausland. Am Ende ist er eine Galionsfigur Stalins und Gegenstand eines maßlosen Personenkults. Gorki starb am 18. Juni 1936 in Moskau.

Braungardt, Ganna-Maria
Ganna-Maria Braungardt, geboren 1956, studierte russische Sprache und Literatur in Woronesh (Russland). Seit 1991 arbeitet sie als freiberufliche Übersetzerin und übertrug u. a. Ljudmila Ulitzkaja, Boris Akunin, Jewgeni Wodolaskin und Leonid Zypkin ins Deutsche. Ganna-Maria Braungardt lebt in Berlin.

Grjasnowa, Olga
Olga Grjasnowa, geboren 1984 in Baku, Aserbaidschan. Längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland, Israel und der Türkei. Für ihren vielbeachteten Debütroman "Der Russe ist einer, der Birken liebt" wurde sie mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis und dem Anna Seghers-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschien von ihr "Gott ist nicht schüchtern". Der Roman wurde zum Bestseller und hat sich 50 000 mal verkauft. Olga Grjasnowa lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2018

Dem Volk aufs Maul geschaut
In Gorkis frühen Texten steckt bereits das Spätwerk

Ohne Ornithologie, scheint es, geht bei Maxim Gorki gar nichts: Der Sturmvogel der Revolution, heißt es über ihn, der als flügellahmer Piepmatz im goldenen Käfig saß, um, nun wird es unentschiedener, entweder als Strauß den Kopf in den Sand zu stecken und ja nicht zu sehen, was sich tat im Land der Sowjets, oder als liebevolle Glucke arme Poeten unter die Fittiche zu nehmen. Bis heute ist sich die Literaturgeschichte uneins über den passenden Beinamen, so dass die ganze bunte Vogelschar getrost abflattern könnte - wäre da nicht die Schellente, russisch gogol, und damit der gleichnamige Schriftsteller. Gegen ihn zog Gorki regelrecht zu Felde.

Hatte noch Dostojewski behauptet, sämtliche russischen Schriftsteller seien aus dem "Mantel" Gogols hervorgekrochen, so hält Gorki fest, dessen Rolle als Wegbereiter des Realismus "könne und müsse angefochten" werden, denn seine beiden einzigen Werke, die nicht grottenschlecht seien - der "Revisor" und die "Toten Seelen" -, wären ohne Puschkin nie entstanden; im Übrigen sei der Mann zu subjektiv, was ihn mit Dostojewski verbinde. Gut gekräht, Hahn.

Das harte Urteil, in seiner "Geschichte der russischen Literatur" gefällt, enthält Gorkis gesamte Poetik: Subjektivismus sei zu meiden, Literatur habe nützlich zu sein. Sein Frühwerk zeigt gelegentlich noch Spuren unnützer Ironie: "Ich weiß, dass die Menschen in unseren hochkultivierten Tagen immer weichherziger werden, und selbst wenn sie ihren Nächsten an der Kehle packen und eindeutig vorhaben, ihn zu erwürgen, sind sie bemüht, das so liebenswürdig wie möglich und unter Wahrung allen in diesem Fall angebrachten Anstands zu tun", später verlieren sich diese Töne, der Sozialistische Realismus war aus der Taufe gehoben.

Zum hundertfünfzigsten Geburtstag des Autors (1868 bis 1936) hat der Aufbau-Verlag nun siebzehn frühe Erzählungen in Neuübersetzung herausgebracht. Der Vorwurf des Subjektiven ist ihnen nicht zu machen. Gorki, ein Junge aus ärmsten Verhältnissen, der mit elf Jahren ein Wanderleben begann, gibt Vagabunden, Barfüßern und Arbeitern eine Stimme. Diese ist in der Tat neu in der Literatur und klingt unverfälscht, denn Gorki schaute dem Volk aufs Maul - ein Ton, für den Ganna-Maria Braungardt in gewohnt souveräner Weise deutsche Pendants fand.

Die Texte sind entsprechend dialoglastig, selbst wenn das Reden mitunter rein körperlich unmöglich wird: "Ich würd dir ja was erzähln, Bruder, aber mein Mundwerk ist schwach, denn mein Bauch ist leer. Der Bauch, das ist das Wichtigste am Menschen." Um Hunger geht es beinah immer. Diese Impressionen sind gut, sofern sie auf jede Moral am Ende verzichten, leider erliegt Gorki aber meist der Versuchung, einen Erzähler ausposaunen zu lassen, wie brutal Menschen sein können, die "vom wölfischen Leben in Neid und Habgier vollkommen verwildert sind". Dialoge verwandeln sich dann schnell in einen Austausch von Thesen. "In armen Häusern werden die Kinder mehr geliebt, weil sie mal arbeiten sollen." Noch heute ist spürbar, mit welchem Ungestüm Gorki geschrieben hat; die Kehrseite des Gepolters ist freilich sein plakativer, rechthaberischer Gestus.

Selbst das gefiel jedoch. Dieser Autodidakt, der sich auch nach Jahren im Exil noch weigerte, Fremdsprachen zu erlernen, aus seiner Verachtung für Bauern und Intellektuelle kein Hehl machte und lautstark auftrat, galt nach seinem Durchbruch 1894 in gebildeten Kreisen als Mann, mit dem man sich gern zeigte. Was unterstriche die eigene Toleranz besser?

Der Band "Jahrmarkt in Holtwa" stellt Gorki nicht neu als verkannten Autor vor, im Gegenteil, er illustriert recht gut, wie schnell sich die Kraft und das Impulsive des Frühwerks abnutzt. Auf Dauer trägt Authentizität allein eben nicht. Gleichwohl bieten die Geschichten eindrückliche Bilder, so, wenn ein junger Mann "mit den Zähnen Trommelwirbel zu Ehren von Hunger und Kälte" schlägt oder die Erde "erschöpft und gekränkt war vom ewigen Wechsel des hellen, warmen Sommers zum kalten, nebligen und feuchten Herbst". Am besten ist Gorki, wenn er fast publizistisch schreibt. Nicht von ungefähr sind seine drei autobiographischen Werke ("Meine Kindheit", "Unter fremden Menschen" und "Meine Universitäten") letztlich feuilletonistische Genrebilder, zudem höchst lesenswerte. Große Literatur findet man bei ihm nicht, großen Journalismus schon.

CHRISTIANE PÖHLMANN

Maxim Gorki: "Jahrmarkt in Holtwa". Meistererzählungen.

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Aufbau Verlag, Berlin 2018. 288 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
" Er (Gorki) gibt den von der Industrialisierung Entwurzelten, denen, die am Rand der Gesellschaft leben, eine Stimme." Neues Deutschland 20180327