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Die umwerfend respektlose Geschichte einer Frau, die zeit ihres Lebens nur einem Gott huldigt: der Freiheit.
Kein Name könnte schlechter zu dieser Heldin passen als Modesta, die Bescheidene. Denn sie giert nach Leben. Gewappnet mit einem scharfen Verstand, bedingungsloser Hingabe und einer Prise Unverfrorenheit zieht sie aus, es zu erobern. Aus dem Elend der elterlichen Holzhütte führt ihr Weg sie über ein Kloster bis an die Spitze eines uralten Adelsgeschlechts. Dort, als Fürstin Brandiforti, hat sie endlich die Freiheit, mit allen überkommenen Traditionen und Zwängen der verkrusteten…mehr

Produktbeschreibung
Die umwerfend respektlose Geschichte einer Frau, die zeit ihres Lebens nur einem Gott huldigt: der Freiheit.

Kein Name könnte schlechter zu dieser Heldin passen als Modesta, die Bescheidene. Denn sie giert nach Leben. Gewappnet mit einem scharfen Verstand, bedingungsloser Hingabe und einer Prise Unverfrorenheit zieht sie aus, es zu erobern. Aus dem Elend der elterlichen Holzhütte führt ihr Weg sie über ein Kloster bis an die Spitze eines uralten Adelsgeschlechts. Dort, als Fürstin Brandiforti, hat sie endlich die Freiheit, mit allen überkommenen Traditionen und Zwängen der verkrusteten sizilianischen Gesellschaft zu brechen. Zu lieben, wen sie will, zu denken, was sie will, und zu kämpfen, wofür sie will. Eine wunderbar kraftvolle, sinnliche und rebellische Anleitung zum Glücklichsein und das Portrait einer unvergleichlichen Frau, die ihre Träume gegen die gesamte Männergesellschaft des alten Sizilien durchsetzt.

»Goliarda Sapienzas Bücher sind geprägt von einer schmerzerfüllten und zärtlichen sicilianità.« Dacia Maraini

»Ebenso unwiderstehlich wie >Der Leopard< von Lampedusa." « GIORNO

Autorenporträt
Goliarda Sapienza (1924 - 1996) war die Tochter zweier berühmter Vorkämpfer der sozialistischen Bewegung in Italien. Sehr freigeistig erzogen, geht sie sechzehnjährig nach Rom an die staatliche Schauspielschule, wird, wie ihre Eltern, von den Faschisten verfolgt, kämpft im Widerstand. Nach dem Kriegwird sie als Theaterschauspielerin gefeiert und führt als Frau von Maselli und Freundin von Zavattini, Visconti u. a. ein Leben zwischen Politik, Kunst und Boheme. 1950 beginnt sie zu schreiben. Von 1967 bis 1976 arbeitet sie an"L'arte della gioia", versetzt dabei Bilder, Möbel, Schmuck und begeht sogar einen Diebstahl, weil sie nicht anders kann, als nur zu schreiben, bis der Roman fertig ist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2005

Erstürmung einer Familie
Sizilianisches Sittenbild: Goliarda Sapienza erzählt die Geschichte einer vitalen Selbstentfaltung

Es ist das Programm des Lustprinzips, das den Lebenszweck setzt", sagt Freud. Aber, fügt er im Essay über das "Unbehagen in der Kultur" hinzu, "es ist überhaupt nicht durchführbar". Ist es doch, behauptet Goliarda Sapienza und erzählt zum Beweis des Gegenteils die Lebensgeschichte von Modesta, einer ganz und gar "unbescheidenen" Sizilianerin, der das Lustprinzip auf den Leib geschrieben war. Daß an erotischen Einzelheiten nicht gespart wird, hat diesem Buch mehr Skandal verschafft als wohl beabsichtigt: Es wurde 1976 fertig, aber erst 1998 veröffentlicht, zwei Jahre nach dem Tod seiner Autorin. Wenn das Werk allerdings einen besonderen Reiz oder gar Brisanz besitzt, dann eher aufgrund seiner Konstruktion: Es ist als doppelte Autobiographie angelegt. Dadurch kommt ein Wechselgeschehen zwischen Zeigen und Verbergen in Gang. Die Autorin Goliarda Sapienza verhüllt sich hinter ihrer Protagonistin Modesta, um in ihr zu enthüllen, was sie selbst für sich behält.

Das Spiel von Liebe, Macht und Tod ist nach Sizilien verlegt, gerne als Ort archaischer Leidenschaftsentfaltung genutzt. Was wäre die (neuere) italienische Literatur ohne diese "Insel des Wahns", wie Leonardo Sciascia sie einst nannte? Steigernd kommt die zeitliche Versetzung hinzu: Die Ereignisse des Romans finden in der aufgeladenen Epoche vor dem Ersten Weltkrieg statt. Über allem liegen die Schatten von Lampedusas "Leoparden" (1958). Denn auch die Sapienza erzählt eine Geschichte der Dekadenz, allerdings aus der Perspektive der Heldin Modesta. Sie kommt von ganz unten. Erster Ratgeber in allen Lebenslagen ist ihr Körper. Was dieser will, bestimmt ihren Willen. Es sind vor allem drei Motive, die ihn antreiben. Modesta entstammt gesellschaftslosen Verhältnissen, fühlt sich gedemütigt, ungeliebt und zugleich triebhaft sinnlich. So kommt es, daß ihr Vater sie, fast noch ein Kind, zur Frau macht und der Haß auf die Mutter und die schwachsinnige Schwester ihr instinktiv das Recht auf Gewalt und Revolte einräumt: Modesta läßt sie in ihrer Hütte verbrennen.

Die Waise kommt ins Kloster; das Verhaltensmuster wiederholt sich. Dank ihrer unverhohlenen Sinnlichkeit wird sie die Geliebte der Oberin, eine gefallene Adelige aus dem Geschlecht der Brandiforte. Damit tritt die dekadente Gegengesellschaft ins Spiel ein und mit ihr höhere Ansprüche. Modesta beginnt zu lesen und ihre Tabula rasa kulturell einzudecken. Die Autorin bekennt sich durch ihre Figur hindurch zu der Überzeugung, daß, wer unbedingt zu seinem Lustprinzip steht, dadurch auch zu seiner geistigen Erweckung finden wird. Das Kloster ist jedoch kein Ort vitaler Selbstentfaltung. Die Heldin sorgt schließlich eigenhändig dafür, daß die lebensmüde Oberin ihre tödliche Ruhe findet.

Durch ihren Tod erbt Modesta ein neues Leben in der Fürstenfamilie der Brandiforte. An jedem ihrer Mitglieder sind die Zeichen des Niedergangs abzulesen: Da ist die Großmutter, die tyrannisch das Bild des alten Adels verteidigt; der Fürst, schwachsinnig, eingesperrt und totgeschwiegen; sein Bruder, der zum Intellektuellen geworden und für die linke Sache gestorben ist; die Schwester, Oberin des Klosters, hat eine uneheliche Tochter im Alter von Modesta hinterlassen, zart, unselbständig, behindert. In diese morbide Gesellschaft setzt Modesta den Stachel des Fleisches - und erobert sie. Die Tochter wird ihre Geliebte. Von ihrer eignen debilen Schwester weiß sie, wie man Schwachsinnige behandelt: Sie vollbringt das "Wunder", den Fürsten sozial und sexuell zu domestizieren. Ihre Vitalität feiert einen Triumph nach dem anderen. Durch die formale Heirat wird Modesta zur Fürstin; bekommt einen schwächlichen Sohn, der offiziell als Erbe gilt, tatsächlich aber vom Gutsverwalter stammt, der auch schon der Vater ihrer Geliebten ist. Später darf dessen Sohn über ihren Körper verfügen; ein anderer Geliebter verbindet sich mit ihrer Geliebten und zeugt seinerseits ein schwaches Kind. Schnitzlers "Reigen" erschien 1900.

Abermals weckt die Befriedigung ihres kreatürlichen Willens Modestas intellektuelles Interesse. Als Fürstin macht sie sich sozialistisches Gedankengut zu eigen; läßt drei Schwarzhemden umbringen, die ihre "Familie" bedrohen, will studieren und, vor allem, die Sprache beherrschen. Die Botschaft ist klar: Vitale Energien bekennen sich, wenn sie gedanklich gefaßt werden, zu gesellschaftlich-revolutionären Idealen. Anders gesagt, linke Ideologie liegt in der Natur des Menschen.

Die Geschichte hat zwar ein Ende, aber keinen Schluß. Zäh verteidigt die Heldin, materiell und biologisch, das Adelshaus, das sie eingenommen hat. Zugleich aber zersetzt sie es ideologisch. Zurück bleibt ein Leben unaufgelöster Widersprüche. Modesta steht treu zu ihrem Gebieter, dem Körper. Seine Leidenschaftsnatur erzeugt zwar hohe Energien, enthält aber kein Ordnungsprinzip. Wie zum Zeichen dafür hat ihr Kind, der Sohn einer starken Frau, wenig Lebenskraft, während das Kind des debilen Fürsten, das dieser mit seiner Sexualamme gezeugt hat, kerngesund ist.

Sprechend werden diese Verwerfungen jedoch erst eigentlich vor dem Hintergrund der zweiten, verhüllten Autobiographie. Wieviel an dieser Geschichte Erlebnis und was Erfindung ist, ist im Grunde unerheblich. Modesta lebt weniger aus dem Geist ihrer Epoche heraus als in der Projektion ihrer Autorin. Goliarda Sapienzas Eltern waren zur Zeit Modestas Vorkämpfer der sozialistischen Bewegung; es war die Tochter, die freigeistig erzogen war, die sich gegen den Faschismus stellte und dafür verfolgt wurde; die sich der Resistenza anschloß und im Rahmen des sozialistischen Projekts Emanzipation, Feminismus, freie Liebe (als Frau und Gefährtin bedeutender Männer) und politisches Engagement auslebte. Der Mai 1968 mochte insofern als die Erfüllung ihrer intellektuellen Biographie erscheinen. Damals begann sie, ihren Roman zu schreiben.

So betrachtet, ist "In den Himmel stürzen" das Hohelied der Unangepaßtheit und des Protestes, aber zugleich, und das eher unfreiwillig, auch Schadensbericht dieses Lebensentwurfs. Denn was bleibt am Ende? Nichts ist gelöst; alles voll offener Widersprüche. Die Dekadenz von einst wurde durch Verworrenheit abgelöst. Über sechs Tote immerhin führte der Weg der "Fürstin" nach oben, ohne jede Spur eines schlechten Gewissens. Das Fazit ist daher bedenklich.

Goliarda Sapienza: "In den Himmel stürzen". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Constanze Neumann. Aufbau Verlag, Berlin 2005. 442 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "Hohelied der Unangepasstheit und des Protests" und zugleich "Schadensbericht" eines Lebensentwurfs empfand Rezensent Winfried Wehle diesen skandalträchtigen wie autobiografisch gefärbten Roman. Seinen Informationen zufolge begann Goliarda Sapienza das Buch 1968 und beendete es 1976. Doch erst 1998, zwei Jahre nach ihrem Tod, habe es erscheinen können. Die Geschichte von Sapienzas Protagonistin Modesta spielt Wehle zufolge in der "aufgeladenen Epoche" vor dem Ersten Weltkrieg. Über allem spürt der Rezensent den Schatten von Lampedusas "Leoparden", denn auch hier werde die "Geschichte einer Dekadenz" erzählt. Protagonistin Modesta kommt, wie Wehle schreibt, von ganz unten und katapultiert sich auf den Wegen von Mord, Erotik und Hörigkeit in den Rang einer Fürstin. Als solche mache die mit allen Wassern der Sinnlichkeit gewaschene Modesta sich schließlich sozialistisches Gedankengut zu eigen. "Sprechend" werden für den Rezensenten all diese Verwerfungen einer rücksichtslos libertär gesinnten Frau jedoch erst vor dem Hintergrund der Biografie der Autorin. Zwar betrachtet er es als "unerheblich", was an der Geschichte erfunden ist und was nicht. Trotzdem spiegelt sich in der Auffassung, welche ihm die Geschichte Modestas vermittelt hat, der Geist der Epoche wieder: dass sich nämlich "vitale Energien" zu "gesellschaftlich-revolutionären Idealen" bekennen und "linke Ideologie" so in der Natur des Menschen liegen.

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