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Die Zerstörung des Vaters - ein Leben lang kämpft die Tochter gegen den Vater, dabei wird sie zu einer eigenständigen Künstlerin, deren Werke die Menschen rund um den Globus beeindrucken. Ihre Skulpturen zeugen von Prozessen, die in der persönlichen Geschichte und im Denken von Louise Bourgeois ihren Ursprung haben. So sind die hier versammelten Texte der Künstlerin, die Gespräche mit ihr, der Schlüssel zum Verständnis des bildnerischen und skulpturalen Werks.

Produktbeschreibung
Die Zerstörung des Vaters - ein Leben lang kämpft die Tochter gegen den Vater, dabei wird sie zu einer eigenständigen Künstlerin, deren Werke die Menschen rund um den Globus beeindrucken. Ihre Skulpturen zeugen von Prozessen, die in der persönlichen Geschichte und im Denken von Louise Bourgeois ihren Ursprung haben. So sind die hier versammelten Texte der Künstlerin, die Gespräche mit ihr, der Schlüssel zum Verständnis des bildnerischen und skulpturalen Werks.
Autorenporträt
Louise Bourgeois, geboren 1911 in Paris, studierte von 1936 - 1938 u. a. an der Ecole du Louvre, der Academie Julian und im Atelier von Fernand Leger. 1938 ging sie nach New York, wo sie bis heute lebt und arbeitet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2002

Das Muß der Spinnenfrau
"I do, undo, redo": Schriften und Interviews von Louise Bourgeois

"Ich heiße Louise Josephine Bourgeois. Ich wurde am 24. Dezember 1911 in Paris geboren." Mit diesen klaren, kurzen Sätzen beginnt der Sammelband "Schriften und Interviews", der rechtzeitig zum unlängst begangenen runden Geburtstag der Künstlerin (F.A.Z. vom 24. Dezember 2001) jetzt auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Er macht den Leser mit einer Auswahl der Tagebucheintragungen, Briefe, Gesprächsaufzeichnungen, Reden und freien Texten einer Frau bekannt, die schon als Schülerin damit begann, ihre Gedanken einem Tagebuch anzuvertrauen. Es war ein Album mit girlandenverzierten Kalenderblättern und Illustrationen. "Album" nannte sie im deutlichen Rückgriff auf diese Anfänge auch eine kleine, mit persönlichen Fotografien illustrierte Autobiographie, die sie im Alter von dreiundachtzig Jahren veröffentlichte. Sie fand ebenfalls Aufnahme in diesen Sammelband. So beginnt und endet ein großer Monolog, der teilweise in bedrückender Weise Einblick gewährt in eine von Einsamkeit, Ängsten und Depressionen gepeinigte Kinder- und später Künstlerseele. Das ist die dunkle Seite, die durch den Humor etwas aufgehellt wird.

Diese Texte, im Original zunächst auf Französisch verfaßt, der Muttersprache von Louise Bourgeois, und später Englisch, als sie 1938 mit ihrem amerikanischen Mann nach New York zog, liegen seit drei Jahren in der englischen Erstausgabe vor. Sie erschienen bei Violette Editions in London 1998 (F.A.Z. vom 9. Januar 1999). Die deutsche Fassung ergänzt diese Publikation um drei kurze Texte, die Louise Bourgeois seither aus verschiedenen Anlässen schrieb. Der erste, vom September 1999, entstand für eine Francis-Bacon-Ausstellung bei Lelong in Paris, jener Galerie, die 1985 ihre erste Einzelausstellung in Europa zeigte. Der Text gibt die Erinnerungen an einen Atelierbesuch im Juli 1951 in London wieder. Die Präzision und Lebendigkeit, mit der dies hier festgehalten ist, zeigt, daß die Künstlerin auf genaue Tagebuchnotizen zurückgreifen konnte. Was sie an Bacons Malerei bewundert, gibt Aufschluß über ihr eigenes Tun. Diese Kunst, schreibt sie, sei eine Reise ins Innere, ein gemalter Adrenalinstoß im Nervensystem, der die Obsessionen, Wut und Begierden, freisetze: "Sein Leiden war kommunikativ. Das ist etwas, das ich mit ihm gemein habe."

Der zweite Text entstand im Februar 2000 aus Anlaß der Präsentation ihrer Werke in der Tate Modern, die im Juni des gleichen Jahres in London eröffnet wurde. "I do, I undo, I redo" ist die witzig ernste Deskription ihrer künstlerischen Vorgehensweise: frohgemutes Beginnen, depressives Zerstören, versöhnendes Wiedergestalten. Die ewige Tretmühle aller schöpferisch Tätigen.

Der letzte Text schließlich, ein fiktiver Dialog zwischen Vater und Kind, zeigt, daß Louise Bourgeois, zumindest 1999, als sie ihn schrieb, noch immer ganz auf der Höhe ihrer durch nichts zu erschütternden Ironie war. Der Dialog gilt den ewig gleichen, unsere Existenz betreffenden Fragen, auf die es keine Anworten gibt. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wozu sind wir hier? "Ich weiß es wirklich nicht." - "Danke Vater. Ich werde deine Weisheit meinen Kindern weitergeben."

Künstleraussagen sind bekanntlich voller Fallen. Die von Marie-Laure Bernadac und Hans-Ulrich Obrist ausgewählten Schriften und vor allem Interviews führen spiralenartig in Louise Bourgeois' Erinnerungswelt, in das, was sie in ihrem Werk sammelt und verschlüsselt. "Der schöpferische Impuls für alle meine Arbeiten der letzten fünfzig Jahre, für alle meine Themen", schreibt sie im Rückblick, "ist in meiner Kindheit zu suchen." So lenkt sie etwa jedes Gespräch dorthin, bis der Fragende an und in ihren Fäden hängt. Fäden, Spiralen, Käfige, Fallen, Großspinnen sind wiederkehrende Motive in ihrem Werk.

Der klar gegliederte, sorgfältig edierte Band hat seinen Schönheitsfehler im bibliographischen Teil. Er berücksichtigt weitgehend nur die amerikanischen und französischen Quellen. Wie so häufig muß man auch hier feststellen, daß es Sprachbarrieren sind, die den Auswahlmechanismus so sehr simplifizieren.

BARBARA CATOIR.

Louise Bourgeois: "Destruction of the Father - Reconstruction of the Father". Schriften und Interviews 1923-2000. Herausgegeben von Marie-Laure Bernadac und Hans-Ulrich Obrist. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Tarcisius Schelbert und Inge Presser. Ammann Verlag, Zürich 2001. 440 S., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dass Louise Bourgeois mittlerweile zu den "bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts" gerechnet wird, kann die Rezensentin Isabelle Graw nur schwer nachvollziehen. Daher hat sie sich von der Lektüre dieser Schriften Aufschluss über die Gründe ihrer Abneigung erhofft - und gefunden. Bourgeois, so Graw, besteht "fast zwanghaft auf einer psychoanalytischen Deutung ihrer hypersuggestiven Arbeiten". Und genau das erscheint der Rezensentin problematisch: "Das Werk ist die perfekte Entsprechung naivster Sublimierungstheorien." Lacans Vorstellung eines komplexen und teilweise undurchsichtigen Unbewussten fechte Bourgeois aufs Äußerste an, da sie ihrem eigenen Begriff des "transparenten" Unbewussten widerspreche. Und so, bedauert die Rezensentin, versperrt Bourgeois den Weg zu anderen Rezeptionsweisen.

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