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Woran scheiterten die großen Dynastien? Trieben politisches oder menschliches Unvermögen sie unweigerlich in den Abgrund? Ihre Vertreter waren Visionäre, Philosophen, Fürsprecher ihrer Völker, andere litten unter Verfolgungswahn, neigten zu geistiger Labilität, setzten sich über Gesetz, Gerechtigkeit und menschlichen Anstand hinweg, bis ihr Volk sich gegen sie auflehnte. Eine Kugel, ein Dolch oder die Guillotine setzten den Thronfolgern oft ein plötzliches Ende. Wenige starben im Bett, in einem fremden Land, im Exil.

Produktbeschreibung
Woran scheiterten die großen Dynastien? Trieben politisches oder menschliches Unvermögen sie unweigerlich in den Abgrund? Ihre Vertreter waren Visionäre, Philosophen, Fürsprecher ihrer Völker, andere litten unter Verfolgungswahn, neigten zu geistiger Labilität, setzten sich über Gesetz, Gerechtigkeit und menschlichen Anstand hinweg, bis ihr Volk sich gegen sie auflehnte. Eine Kugel, ein Dolch oder die Guillotine setzten den Thronfolgern oft ein plötzliches Ende. Wenige starben im Bett, in einem fremden Land, im Exil.
Autorenporträt
Erik Durschmied: Erik Durschmied wurde 1930 in Wien geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte er nach Kanada. Er war Kriegsberichterstatter für BBC und CBS. Durschmied berichtete über alle großen Konflikte und Kriege unserer Zeit - über Vietnam, Iran, Irak, Belfast, Chile, Kuba und Afghanistan. Er wurde mehrfach ausgezeichnet und ist Autor des Bestsellers Der Hinge Faktor. Erik Durschmied lebt mit seiner Familie in Paris und der Provence.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2000

Hey, hey, hey, ich war so hoch auf der Leiter
Zum Niedergang von sechs Dynastien weiß Erik Durschmied immer nur dasselbe zu sagen

Thomas Jefferson war der Meinung, daß der junge Baum der Freiheit nur wachsen und gedeihen könne, wenn er von Zeit zu Zeit mit dem Blut von Tyrannen getränkt würde. Diderot sagte, daß die Menschen niemals frei sein würden, bevor man nicht den letzten König mit den Eingeweiden des letzten Pfaffen erdrosselt haben würde. Oliver Cromwell war auch nicht sehr freundlich zu Charles Stuart.

Die Frage des Tyrannenmordes zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Staatenwerdung in der Alten Welt und hat auch heute noch ihre Faszination beibehalten. Schillers Stück von Don Carlos handelt im Kern von nichts anderem, und Shakespeares Königsdramen, gipfelnd in Richard III., zeigen das allmähliche Zugrundegehen einer Welt, die sich dieser Problematik nicht stellen will oder kann. Vom Hause Usher bis zu den Buddenbrooks, von den Welsern in Venezuela bis zu Montezuma im Aztekenreich kamen immer schon große Häuser zu Fall. Einige davon hat sich Erik Durschmied in seinem mit dem pompösen Titel "Der Untergang großer Dynastien" versehenen neuen Buch herausgepickt.

Obwohl die Umstände, die zum Verschwinden der französischen Bourbonen, der Romanows, der Habsburger und der Hohenzollern aus der großen Politik geführt haben, hinlänglich bekannt sein dürften, möchte Durschmied sie gerne wieder erzählen. Und was man da nicht alles erzählen kann von bösen Roten und unheimlichen Rasputins, von Verschwörungen und Anarchisten, von Matrosen und Mätressen - ein bunter Bilderbogen aus einem Märchenbuch, meint man, starrt uns da entgegen. Damit die Geschichte nicht zu uninteressant wird, streut er noch das Ende des Krieges in Japan 1945 ein (die neue Verfassung Nippons brachte ja das Ende des Gottkaisertums des Tennos mit sich) und die Vertreibung des letzten Schahs aus Persien durch Studenten und Mullahs 1979. Darüber wissen vielleicht doch nicht allzu viele Leser Genaueres.

Durschmied aber zum Beispiel weiß, "wo all die großen Könige begraben liegen". Wenn man sich da bei Attila (doch im Busento?) oder Karl dem Großen (der letzte, der seine Gebeine gesehen haben will, soll ja Friedrich I. Barbarossa gewesen sein; oder haben die französischen Revolutionsheere auch mit Karls Knochen ihren Schabernack getrieben?) nicht so ganz sicher sein kann, wollen wir diese Einzelfälle mal nicht so genau untersuchen.

Was Durschmied nicht weiß (oder liegt es doch an der Übersetzung?), ist, daß Maria Theresia nicht römisch-deutsche Kaiserin war, ja nicht sein konnte. Sie war Erzherzogin in den österreichischen Erblanden, Königin von Ungarn und versammelte noch allerlei andere Titel vor ihrem Namen, blieb aber doch nur Gattin eines Kaisers (Franz I. Stephan) und Mutter zweier anderer (Joseph II. und Leopold II.). Und so schleichen sich noch allerhand kleinere und manchmal auch größere Fehler ein (so unterschlägt der Verfasser komplett den Ausgleich zwischen den Reichsteilen Österreich und Ungarn in der Habsburgermonarchie von 1867) - zwar im einzelnen durchaus verzeihlich, aber doch bei einem neueren Werk ärgerlich. Und auch die Übersetzung hinkt bisweilen ganz gewaltig. Wenn ein Absatz über die Donaumonarchie die Worte "in den Ländern, die einst ein Teil dieser großen Nation gewesen waren" enthält, kann etwas nicht ganz stimmen.

Den einzelnen Kapiteln zu den Dynastien stellt der Autor jeweils ein mehr oder minder willkürliches Zitat voran (zu den Habsburgern etwa bringt er das altbekannte Sprüchlein "Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube"; zu den Hohenzollern immerhin "Verläßt die Kugel erst den Lauf, hält sie kein Kaiser Willi auf"; bei den Pahlewis die Koransure, daß Allah mit den Geduldigen sei), beginnt dann mit einer zugespitzten Szene aus den letzten Tagen der letzten Herrscher (Ausnahme ist hier logischerweise Kaiser Hirohito), um dann, nach einer meist sehr gerafften Zusammenfassung der Geschichte der Herrscherhäuser, breiteren Raum dem jeweils letzten an der Herrschaft befindlichen Vertreter zu widmen.

Wer sich nun zum Beispiel ernsthaft für die Umstände, die zum Prozeß gegen den Bürger Louis Capet, vormals Ludwig XVI., und seiner Gemahlin geführt haben, interessiert, ist immer noch besser mit Stefan Zweigs Marie-Antoinette-Biographie bedient, welche die Französische Revolution aus der Sicht des mitfühlenden Monarchisten beschreibt. Durschmieds Darstellung ist zwar fast ebenso ahistorisch im Sinne der Konzentration auf wenige Persönlichkeiten, entbehrt aber der sprachlichen Brillanz Zweigs und spart dafür nicht mit Klischees aller Art (Saint-Just und Marat sind natürlich finstere Gestalten; Robespierre, der verschlagene Intrigant, macht sich ständig Notizen, wen er aufs Schafott bringen wird; die Königin und ihr Liebhaber Graf Fersen sind so unvorsichtig, und die Schweizergarden sind so treu). Wenigstens kann man sich am Tode des Duc d'Orléans, dem Volk als Philippe Egalité bekannt, der mal als Onkel, mal als Bruder von Ludwig XVI. bezeichnet wird, schadlos halten. Der hatte ja seinen Neffen (oder Bruder?) auf die Guillotine zu bringen geholfen. Aber das hat man doch oft, daß gekrönte Häupter nicht besonders leutselig sind.

Nicht überraschend heißt es zum Tode des senilen Habsburgers Franz Joseph im Jahr 1916: "Ein Gigant hatte die Weltbühne verlassen. Er war der Architekt eines friedlichen Österreichs, die Antriebskraft für die Vereinigung vieler Völkerschaften und Nationalitäten zu einem großen Donaureich." Wenn vielleicht das Bild vom habsburgischen Völkerkerker etwas übertrieben erscheint, so war der Staat doch alles andere als friedlich, nämlich gewiß eine Diktatur des Adels und des Militärs (in der Praxis sowieso fast dasselbe), mit einer Verfassung, die nach Belieben außer Kraft gesetzt werden konnte. Und an der Niederlage im Weltkrieg sind sowieso hauptsächlich die Ränke der Italiener schuld. Durschmied untermalt dies mit den Worten: "Das also war Italiens berühmter Sieg von Vittorio Veneto, der in Wirklichkeit nichts anderes war als eine Kombination italienischer Doppelzüngigkeit und österreichischer Stümperei." Das also ist Durschmieds ausgewogene Darstellungsweise.

So geht es munter weiter. Ein geschwächtes britisches Empire muß den Völkerbund walten lassen, Amerika bezahlt die Zeche für den Weltkrieg mit der Depression der dreißiger Jahre, Exkaiser Wilhelm leidet im Exil. Im Abschnitt über die Tennos erfahren wir, daß sich im spanischen Bürgerkrieg rote Milizen aus der Sowjetunion mit Bomberformationen aus Deutschland und Italien bekriegten, und was die große Dynastie der Pahlewis (immerhin regierte sie von 1926 bis 1979; zum Vergleich: Bourbonen 1589 bis 1830, Romanows 1613 bis 1917, Habsburger 1273 bis 1918, Hohenzollern 1614 bis 1918, die Tennos seit dem sagenhaften Zeitpunkt von 660 vor Christus) in diesem Buch überhaupt verloren hat, wird wohl ein Geheimnis Durschmieds bleiben.

Etwas anderes noch bleibt das ganze Werk hindurch mysteriös: Was will uns der Dichter damit sagen? Die halbe Seite Nachwort bringt keine Zusammenschau oder irgendwelche die einzelnen Abschnitte verbindenden Gedanken außer diesen: "In der Schnelligkeit der Urteilsbildung neigen Menschen dazu, die Namen großer Männer aus dem ewigen Buch der Geschichte zu streichen. Tod durch die Feder. Auch das ist eine Todesart." Geht es um den Tod im allgemeinen oder im speziellen? Man weiß so wenig!

Wenn Durschmied etwas konsequent durchhält, dann das Bedauern darüber, daß die jeweils letzten Herrscher zu große Unentschlossenheit an den Tag gelegt haben. Tatsächlich viermal (bei Ludwig XVI., Nikolaus II., Karl I. und Mohammed Reza II. Pahlewi) schreibt er den Gedanken nieder, daß die Monarchen durch den rücksichtslosen Einsatz loyalen Militärs die Katastrophe des Untergangs sicher hätten abwenden können, aber entweder ein zu weiches Herz oder was auch immer sonst hätte sie daran gehindert. Abgesehen davon, daß den besagten Herren loyale Truppen wohl gar nicht mehr zu Gebote standen - darf Geschichte am Ausgang des zwanzigsten Jahrhunderts noch durch solche Brillen betrachtet werden? Sachbücher jedenfalls sollten nicht so gestaltet werden und Stückwerk bleiben. Oder wie der Autor es selbst auszudrücken beliebt: "Wenn das Beil fällt, dann saust es heran."

MARTIN LHOTZKY

Erik Durschmied: "Der Untergang großer Dynastien". Bourbonen, Romanows, Tennos, Habsburger, Pahlewis, Hohenzollern. Aus dem Englischen von Helga Polletin. Böhlau Verlag, Wien 2000. 312 S., geb., 58,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen empörten Verriß läßt Martin Lhotzky diesem Buch über den Niedergang von sechs ausgewählten Dynastien angedeihen. Was der Autor zu erzählen hat, ist hinlänglich bekannt und zudem in einer Weise dargestellt, die eher an einen "bunten Bilderbogen aus einem Märchenbuch" als an ein ernstzunehmendes Sachbuch erinnert, schimpft der Rezensent. Zudem findet er die Auswahl der behandelten Dynastien unverständlich und die ihnen vorangestellten Zitate zumeist "willkürlich". Das Buch wimmele von Klischees und lasse eine "ausgewogene Darstellungsweise" vermissen. Kleinere, mitunter auch gewichtigere Fehler verstimmen den Rezensenten erheblich. Auch die Übersetzung findet er nicht zufriedenstellend. Insgesamt bleibt das Buch "Stückwerk" und wird dem Anspruch eines Sachbuchs des 21. Jahrhunderts in keiner Weise gerecht, urteilt Lhotzky erbost. Am Ende bleibe die Frage, was "der Dichter damit sagen" wolle, auf die der Rezensent keine zufriedenstellende Antwort hat.

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