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Wie entsteht Musik? Weder bringen Komponisten zu Papier, was ihnen höhere Mächte zufliegen lassen, noch üben sie ein reines Handwerk aus, dessen Regeln auch Algorithmen übernehmen könnten. Sie antworten auf ein tiefes Grundbedürfnis der Menschen, die Stille mit geordneten Klängen zu füllen.Claus-Steffen Mahnkopf erzählt anschaulich und ohne Notenbeispiele, wie die Musik in die Welt kam und wie neue Musik entsteht. Er räumt auf mit den Klischees von Geniekult und schlichtem Handwerk und zeigt die Vielfalt der Herangehensweisen: Selbst die Zeitgenossen Mozart und Beethoven hatten ein extrem…mehr

Produktbeschreibung
Wie entsteht Musik? Weder bringen Komponisten zu Papier, was ihnen höhere Mächte zufliegen lassen, noch üben sie ein reines Handwerk aus, dessen Regeln auch Algorithmen übernehmen könnten. Sie antworten auf ein tiefes Grundbedürfnis der Menschen, die Stille mit geordneten Klängen zu füllen.Claus-Steffen Mahnkopf erzählt anschaulich und ohne Notenbeispiele, wie die Musik in die Welt kam und wie neue Musik entsteht. Er räumt auf mit den Klischees von Geniekult und schlichtem Handwerk und zeigt die Vielfalt der Herangehensweisen: Selbst die Zeitgenossen Mozart und Beethoven hatten ein extrem unterschiedliches Kunst- und Selbstverständnis. Und auch Pop und Jazz entstehen ganz anders als »klassische« Werke. Mahnkopf zeigt, wie sich das »Berufsbild« des Komponisten entwickelte, wie musikalischer Fortschritt entsteht und wie eine Musik der Zukunft aussehen könnte. Ein Buch für alle Musikliebhaber, die ihre Leidenschaft besser verstehen möchten.
Autorenporträt
Claus-Steffen Mahnkopf, geb. 1962 in Mannheim, studierte Komposition, Musiktheorie, Klavier, Musikwissenschaft, Philosophie und Soziologie, u. a. bei Brian Ferneyhough, Klaus Huber und Jürgen Habermas. Er ist seit 2005 Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig, Herausgeber der Zeitschrift »Musik & Ästhetik« und Autor zahlreicher Aufsätze und Bücher. Sein kompositorisches Werk umfasst alle Gattungen und wird regelmäßig von renommierten Klangkörpern und auf großen Festivals aufgeführt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Anregend und streitbar" lautet Andreas Meyers Fazit zu Claus-Steffen Mahnkopfs Buch über das Komponieren. Denn zum einen schätzt der Rezensent und studierte Musikwissenschaftler die "Insider"-Einblicke, die der Professor für Komposition in Leipzig seiner Leserschaft gewährt: Mitten aus der Praxis und mit vielen guten Beispielen unterfüttert ist, was Mahnkopf etwa über die Arbeitsteilung beim Komponieren, über den problematischen Geniekult oder über die Werdegänge seiner Absolventen schreibt, und zwar auf ausgesprochen verständliche und unterhaltsame Weise, wie der Kritiker lobt. Auch die Ausflüge in andere Gebiete wie Filmmusik, Malerei oder Philosophie schätzt er. In anderen Belangen ist ihm die Autorenperspektive dann aber doch etwas zu eingeschränkt auf ein eher altmodisches Bild vom Komponisten mit Stift und Papier am Schreibtisch - moderne Phänomene wie Kompositionsprogramme würden eher "pflichtschuldig" erwähnt statt wirklich thematisiert, und den Erfolg von Pop-Ikonen wie Lady Gaga auf deren "sexyness" zu reduzieren, findet der Kritiker "unterkomplex". Nichtsdestotrotz ein sehr informiertes Buch auch für Laien, so Meyer.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2022

Wie macht man denn die Kunstmusik?
Mit leichter Hand: Claus-Steffen Mahnkopf erläutert die Praxis des Komponierens

Wie viele Noten enthält Richard Wagners "Götterdämmerung"? Claus-Steffen Mahnkopf schätzt: eine halbe Million. Allerdings wäre es eine naive Vorstellung, dass ein Komponist jede dieser Noten einzeln zu bedenken hat. Komponieren verläuft in Mustern, entlang von Konzepten, früher: auf Grundlage von Traditionen, Selbstverständlichkeiten der Satzlehre, "ausfigurierten" Akkorden und Wiederholungen. Für Mozarts "Alla turca" kommt Mahnkopf auf genau 36 Takte Substanz. Folgearbeiten oder "Bin-nenstimmen" konnte man gegebenenfalls Assistenten überlassen - schon Jean-Baptiste Lully führte eine Art Komponiermanufaktur. Was Wagner anbetrifft, so beruht der Anfang des "Rheingold" auf einer einzigen Idee: dem tiefen Es als "Naturton", von dem aus sukzessive der Tonraum und das Orchester erschlossen wird. Aber den Mut, das über viereinhalb Minuten auszukomponieren, den muss man erst einmal aufbringen. Der Rest ist Handwerk - allerdings, in diesem Fall, ein überragendes und innovatives Handwerk.

Mahnkopf, Professor für Komposition in Leipzig und ein vielseitiger Autor auch auf anderen Gebieten - bis hin zu einer "Philosophie des Orgasmus" (2018) -, räumt mit einer Reihe von Vorurteilen und Mythen auf, die sich um seine Profession herum gebildet haben. Er habe sich, schreibt der Autor, an der amerikanischen Vorgehensweise in den Naturwissenschaften ein Beispiel genommen, das eigene Fach in einer für Laien verständlichen Form zu erklären.

Die "Kunst der Komposition" überzeugt mit einer Fülle von treffenden Beispielen aus der aktuellen Praxis wie aus der Musikgeschichte, mit Ausflügen in Film und Filmmusik, Jazz und Pop, Malerei, Philosophie und Zeitgeschichte. Es liegt eine eigenartige Ironie in der Tatsache, dass Mahnkopf, der als Komponist einer ausnehmend strikten und radikalen Ästhetik verpflichtet ist - dem von ihm selbst sogenannten "Komplexismus" in der Nachfolge Brian Ferneyhoughs -, als Buchautor mit ausgesprochen leichter Hand zu schreiben versteht: assoziativ, anschaulich und temporeich. Der Verlag bewirbt das Buch mit der für Musiker eigentlich traurigen Auskunft, dass es keine Notenbeispiele enthalte. Tatsächlich kommt die "Kunst der Komposition" ohne zünftige Aufmachung aus (immerhin eine Ausnahme gibt es: ein Formschema zu György Ligetis "Continuum", dessen Entstehung hier überzeugend rekonstruiert wird). Man kann sich dieses Buch auf den Nachttisch legen, ohne Experte zu sein oder es werden zu wollen.

Mahnkopf berichtet als Insider über die Praxis des Kompositionsstudiums an deutschen Musikhochschulen, über eigene Gastdozenturen in China und über typische Werdegänge heutiger Absolventen. Aufschlussreich ist schon die Bemerkung, dass Kommissionen bei Aufnahmeprüfungen misstrauisch werden, wenn Kandidaten angeben, "alles" in der Musik oder jedes Genre zu lieben. Dass man von angehenden "Kunstmusikkomponisten" starke Abneigungen und Idiosynkrasien erwartet, bezeichnet letztlich ein ungebrochenes Ideal von Originalität, ein Selbstbild eigensinniger und "schroffer" Persönlichkeit, zu dem sich Mahnkopf (was den Eigensinn anbetrifft) auch ausdrücklich bekennt. Man mag das bei einer so exzentrischen Tätigkeit wie dem Komponieren für unvermeidlich oder gar selbstverständlich halten.

Aber ebendieses Selbstbild ist auch ein letztes Residuum des Geniekults, den Mahnkopf nach außen hin ablehnt und von dem er richtig sieht, dass das entsprechende Gebaren in der Vergangenheit namentlich Frauen von diesem Studium abgeschreckt hat (sofern hier nicht noch ganz andere Ausschlussmechanismen greifen). Ehrfurchtgebietend mutet auch das geforderte "Portfolio" eines jungen Komponisten nach dem Ende dieses Studiums an: Aufführungen durch renommierte Ensembles, professionelle Tonaufnahmen, Arbeitsstipendien, "Residenzen", Doktoratsstudium, Medienpräsenz, Preise und so fort. Nicht zuletzt über die finanzielle Seite einer solchen Existenz ("Kann man davon überhaupt leben"?) weiß Mahnkopf interessant zu berichten, wiederum mit Beispielen aus dem eigenen Werdegang.

Es versteht sich, dass eine so gedrängte und meinungsstarke Darstellung auch zum Widerspruch reizt. Die historische Argumentation ist bisweilen allzu forciert, etwa die Gegenüberstellung von Mozart ("Rokoko") und Beethoven (an der Schwelle zur Moderne). So richtig es ist, dass Beethovens Wirken zu einer "Neudefinition des Künstlers" in der Musik geführt hat, so sehr hat gerade auch Mozarts Nachruhm unmittelbar nach seinem Tod zur Herausbildung der Klassikerideologie beigetragen. Nur wenige Kollegen würden der im letzten Teil aufgebrachten Typologie von neun "Richtungen" der zeitgenössischen Musik umstandslos beipflichten. Vor allem Jüngere wünschten sich wohl mehr Auskunft über aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Performance, über kollaborative Projekte, politischen Aktivismus oder Komponieren mit digitalen Medien.

In gewisser Weise lebt der von Mahnkopf vorgestellte Komponist mit Papier und Stift am heimischen Schreibtisch noch in einer heilen Welt (wiewohl Notebook und Notenschreibprogramme pflichtschuldig mit genannt werden). Die soziale Isolation der Neuen Musik wird einerseits beklagt, andererseits in Abrede gestellt. Dass sie - nach Niklas Luhmann - ein "Subsystem" der Kunst sei und als solches in einer ausdifferenzierten Gesellschaft zweifellos ihre Berechtigung hat, ist so richtig wie auf Dauer wohl unbefriedigend. Für Popstimmen hat Mahnkopf kein Ohr und auch kein Verständnis; den Erfolg von Lena oder Lady Gaga auf "sexyness" zu schieben ist dann doch etwas unterkomplex.

Unter dem Strich bleibt ein anregendes und streitbares Buch, das manche Tür zur Geheimlehre der Komposition öffnet und auch richtigerweise die Frage nach der Musik als Tonkunst überhaupt einmal wieder stellt. Das aber auch die Fülle an Problemen und ungeklärten Phänomenen letztlich nur anzureißen vermag. ANDREAS MEYER

Claus-Steffen Mahnkopf: "Die Kunst des Komponierens".

Wie Musik entsteht.

Reclam Verlag, Ditzingen 2022. 240 S., geb., 26,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein anregender Durchgang durch die Musikgeschichte: Ein gelehrtes Buch, das nah an der Praxis des Musikbetriebs ist und doch ganz ohne Noten auskommt.« WELT AM SONNTAG, 04.09.2022