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Zuerst dachte sie, dass es nur ein paar Wochen dauern würde. Doch aus sechs Wochen wurden fünf Jahre Zwangsarbeit. Sala war 1940 sechzehn Jahre alt, als sie ihre polnische Heimatstadt verlassen musste, um die von den Nationalsozialisten befohlene Zwangsarbeit abzuleisten. Fünf Jahre lang überlebte die junge Jüdin unter schwersten Bedingungen sieben verschiedene Lager, um dann für lange Zeit darüber zu schweigen. Erst am Vorabend einer schweren Herzoperation vertraute sie sich ihrer Tochter Ann Kirschner an. Anhand der Briefe, die Sala sich in dieser Zeit mit ihrer Familie und Freunden schrieb,…mehr

Produktbeschreibung
Zuerst dachte sie, dass es nur ein paar Wochen dauern würde. Doch aus sechs Wochen wurden fünf Jahre Zwangsarbeit. Sala war 1940 sechzehn Jahre alt, als sie ihre polnische Heimatstadt verlassen musste, um die von den Nationalsozialisten befohlene Zwangsarbeit abzuleisten. Fünf Jahre lang überlebte die junge Jüdin unter schwersten Bedingungen sieben verschiedene Lager, um dann für lange Zeit darüber zu schweigen. Erst am Vorabend einer schweren Herzoperation vertraute sie sich ihrer Tochter Ann Kirschner an.
Anhand der Briefe, die Sala sich in dieser Zeit mit ihrer Familie und Freunden schrieb, erzählt Ann Kirschner die Geschichte der grausamen Odyssee ihrer Mutter durch das besetzte Europa von Salas Leben in den Lagern, den kleinen Fluchten, von Freundschaft und ihrem unbedingten Willen zu überleben. Eine bewegende und grausame Zeit, über die Sala lange schweigt, auch als sie in den USA ein neues Leben findet.
Autorenporträt
Ann Kirschner ist die Tochter von Sala Garncarz Kirschner und Sidney Kirschner. Sie arbeitete als Literaturwissenschaftlerin an der Princeton University und als freie Unternehmerin. Heute ist sie Dekanin am Macauly Honors College der City University of New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2008

Ungeheuere Überlebenskraft
Leiden einer Zwangsarbeiterin im "Dritten Reich" - erzählt von ihrer Tochter

Zeitzeugenberichte besitzen den Reiz des Authentischen. Das "gelebte Leben" im unmittelbaren Kontakt zur Vergangenheit weckt Sympathie und ermöglicht Identifikation. Ein geglücktes Beispiel für die wechselseitige Erhellung an der Schnittstelle von anrührendem Einzelschicksal und zeitgeschichtlichem Kontext ist das vorliegende Buch. "My Mother's Holocaust story", so der Untertitel im Original, lässt sich lesen als Geschichte einer vieljährigen, lebensgefährlichen Odyssee von Polen nach New York; als Dokumentation der vernichteten polnisch-jüdischen Lebenswelt; als Einblick in das System der Arbeitslager unter dem NS-Regime; als Zeugnis der Überlebenskraft eines Mädchens; als Ausdruck einer innigen Mutter-Tochter-Beziehung. Erst als Erwachsene, zu Beginn der neunziger Jahre, erfährt die Autorin, dass ihre Mutter Sala Kirschner, elftes Kind des bitterarmen Rabbiners Josef Garncarz aus dem westpolnischen Sosnowiec, die Kriegsjahre 1940 bis 1945 als Zwangsarbeiterin in diversen Arbeitslagern zugebracht hat. Jahrzehntelang war das Thema tabu gewesen, nun übergibt die Mutter der Tochter ihren im Geheimen aufbewahrten Schatz. Es sind Hunderte Fotos, Briefe und Postkarten, die sie erhalten hat, verfasst auf Polnisch, Tschechisch, Jiddisch und Deutsch, sowie Tagebuchnotate, alles sorgsam und unter Gefahr aufbewahrt in der Zeit der Drangsalierung. Die Tochter publiziert einen Teil der Dokumente und rekonstruiert um sie herum die Lebensgeschichte der Mutter. Deren Hintergrund bildet die eskalierende Unterdrückung und Verfolgung der Juden durch Hitler-Deutschland, der die große Familie Garncarz fast vollständig zum Opfer fällt. Sala selbst gerät in das nationalsozialistische Knechtungs- und Ausbeutungssystem, das durch die "Dienststelle Schmelt" als makabre Kooperation von NS-Apparat, deutschen Unternehmern und polnisch-jüdischen Vermittlern organisiert war. Sie überlebt, auch dank des liebevollen Zuspruchs, der sie per Post (was bis 1943 möglich war) von Seiten der Familie und Freunden erreicht. Am Ende des Krieges heiratet sie einen jüdischen GI und emigriert in die Vereinigte Staaten.

Ihre Geschichte erzählt von menschlichen Beziehungen unter inhumanen Bedingungen, gibt Auskunft über Innenleben und Funktionsweisen des Lagers und berichtet vom sogenannten "Alltag" der Zwangsarbeiter. Damit bietet sie wichtiges Anschauungsmaterial für das weite Forschungsfeld der "Soziologie des Lagers", die mit Hans G. Adlers Analyse des KZ Theresienstadt gleich nach dem Krieg begann. Der ruhige, ausgewogene Ton beeindruckt, gerade bei heiklen Themen, etwa der Rolle der jüdischen Zwangsarbeiterverwalter und Lager-"Kapos". Salas Bewältigungsstrategie bestand erst lange im Schweigen und dann in der vollständigen Offenlegung des Erinnerten mit Hilfe der Tochter. Darin liegt auch ein Akt der Aneignung der Deutungsmacht über die eigene Geschichte. Dem hegemonialen Täterblick entzieht man die Vergangenheit am besten mit abgründigem Humor. Als alte Frauen sitzen die überlebenden slave girls zusammen und drehen die Geschichte um: "Mein Vater war so reich, dass er mich zwei Jahre ins Lager schicken konnte!", prahlt die eine. Sala kontert: "Mein Vater war noch viel reicher - er hat mich fünf ganze Jahre ins Lager geschickt!"

CHRISTIANE LIERMANN

Ann Kirschner: Salas Geheimnis. Die Geschichte meiner Mutter. Aus dem Amerikanischen von S. Röckel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 360 S., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Großen Eindruck hat Ann Kirschners Buch über das Schicksal ihrer Mutter als Jugendliche während des Holocaust auf Rezensent Dorion Weickmann gemacht. Kirschner rekonstruiere diese Geschichte aus Briefen und Fotografien jener Jahre, die ihre Mutter fünfzig Jahre lang im Schrank in einem roten Pappkarton aufbewahrt hatte. Mutter Sala sei als Sechzehnjährige 1940 in ein Arbeitslager gekommen, wo sie unvorstellbare Demütigungen und apokalyptische Bilder durchlitten habe. Am Leben gehalten hätten Sala die Briefe ihrer Schwestern und Freunde, bis diese Stimmen langsam verstummt seien. Schnörkellos, zurückhaltend und einfach erzähle Kirschner die Geschichte ihrer Mutter und der Auslöschung ihrer Familie und Freunde, betont Weickmann, nie gleite sie ins Rührselige, Pathetische ab, weshalb der Schrecken auf den Rezensenten umso eindringlicher und erschütternder wirkte. Aber auch als Liebesbeweis einer Tochter ihrer Mutter gegenüber beeindruckt Weickmann dieses Buch.

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