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Anstelle einer Autobiographie erzählt Marlene Streeruwitz in 'Yseut.' von der Reise ihrer Heldin nach Italien, die auch eine Reise in die Vergangenheit wird. Yseut ist auf der Suche nach Antworten. Sie will entscheiden, ob sie nach all den schwierigen Erfahrungen und Versuchen mit der Liebe allein weiterleben will oder ob sie es noch einmal wagen soll. In Italien ist aber nichts mehr so, wie sie es vom Sehnsuchtsland der frühen Reisen in Erinnerung hat. Yseut gerät mitten in den mörderischen Kampf um Macht und Ordnung in einer kleinen Region. Eine alte Aristokratin entpuppt sich als…mehr

Produktbeschreibung
Anstelle einer Autobiographie erzählt Marlene Streeruwitz in 'Yseut.' von der Reise ihrer Heldin nach Italien, die auch eine Reise in die Vergangenheit wird. Yseut ist auf der Suche nach Antworten. Sie will entscheiden, ob sie nach all den schwierigen Erfahrungen und Versuchen mit der Liebe allein weiterleben will oder ob sie es noch einmal wagen soll. In Italien ist aber nichts mehr so, wie sie es vom Sehnsuchtsland der frühen Reisen in Erinnerung hat. Yseut gerät mitten in den mörderischen Kampf um Macht und Ordnung in einer kleinen Region. Eine alte Aristokratin entpuppt sich als Widerstandskämpferin, ein ehemaliger CIA-Agent bringt Yseut in Gefahr, der Polizeipräsident hält sie für eine Anarchistin, und ein charmanter Mafioso will sie verführen. Als Yseut von dem Schlägertrupp einer militanten Separatistenbewegung bedroht wird, greift sie zur Pistole in ihrer Handtasche.
Yseut weiß nicht, was hier gespielt wird, aber sie gibt nicht auf und kämpft mutig. Mitten in den Abenteuern erinnert sich Yseut an ihr vergangenes Leben, das sie hierher geführt hat. Auch diese Reise wird gut ausgehen. Aber wie schon bisher in Yseuts Leben, wird dieser Sieg ganz anders aussehen als erwartet.
Autorenporträt
Marlene Streeruwitz, in Baden bei Wien geboren, studierte Slawistik und Kunstgeschichte und begann als Regisseurin und Autorin von Theaterstücken und Hörspielen. Für ihre Romane erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter zuletzt den Bremer Literaturpreis und den Preis der Literaturhäuser. Ihr Roman »Die Schmerzmacherin.« stand 2011 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Zuletzt erschienen der Roman »Flammenwand.« (Longlist Deutscher Buchpreis 2019), die Breitbach-Poetikvorlesung »Geschlecht. Zahl. Fall.« (2021) sowie der Roman »Tage im Mai.« (2023). Literaturpreise (u.a.):Mara-Cassens-Preis 1996Österreichischer Würdigungsstaatspreis für Literatur 1999Hermann-Hesse-Literaturpreis 2001 (für "Nachwelt")Walter-Hasenclever-Literaturpreis 2002Bremer Literaturpreis 2012Franz-Nabl-Preis 2015Preis der Literaturhäuser 2020Wiener Buchpreis 2023
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2016

Wozu besitzt sie eine Pistole?

Isolde mit sichtbarem Y-Chromosom: Marlene Streeruwitz begibt sich in ihrem Roman "Yseut" auf die Straße - und zieht Bilanz.

Von Katharina Teutsch

Eine Frau. Italien. Nicht mehr Griechenland wie noch im letzten Roman von Marlene Streeruwitz. Eine Frau am Steuer eines Mietwagens in Italien. Sie durchmisst das Gelände, biegt scharf ab, bremst, schaltet, zieht an. Dekonstruierte Sprache. Interpunktion als Statement. Raserei und Absence. Im Hotelzimmer. Eine ekelhafte grüne Wanze. Eine von der Wanze angeekelte Frau. Eine Frau, die die Wanze in ein Handtuch wickelt und entsorgt. Eine Frau, die in Rückblenden und diesmal tatsächlich mit Punkt und Komma aus ihrem Leben erzählt, dem eventuell autobiographisch grundierten Weg einer jungen Frau aus Wien. Der Erzählzeit nach zu schließen ein fünfziger Jahrgang.

Dann aber auch dieselbe Frau von Anfang sechzig im Hier-und-Heute, die diese ihre Gegenwart nicht anders als im Hier-und-Jetzt einer Sprache zu beschreiben weiß, die mehr mit den abgehackten Gesten der Gebärdensprache zu tun hat als mit der strukturierten Rede eines Sprechers. Wo ist sie gelandet? Irgendwo im Podelta. In einer Villa mit Zimmervermietung und Wanzenbefall. Dort macht Yseut, wie die Heldin dieses neuen Romans von Marlene Streeruwitz heißt, Bekanntschaft mit ein paar theatralischen Figuren: der Contessa eines einst auch von Lord Byron aufgesuchten Schlosses, einem melancholischen Mafioso, der Yseut verführen will, und einem CIA-Pensionisten, dem der Kehlkopf herausoperiert wurde und der fortan mittels eines kleinen fiependen Verstärkers spricht. Yseut rettet ihm bei einer gemeinsamen Spritztour das Leben, indem sie einen Schlägertrupp in die Flucht schießt - mit einer Pistole, die sie in ihrer Handtasche mit sich herumträgt. Wieso besitzt Yseut eine Pistole?

Weil Studium, Hippiekommune, Ehen und Scheidungen, ja nicht einmal Mutterschaft und Psychoanalyse geholfen haben. Nun also eine Pistole, die wenigstens in einer Hinsicht Sicherheit bietet, obwohl Yseut nach ihrem 007-haften Auftritt die Waffe entwendet wird und diese erst beim parodistischen Showdown mit Teppichschuss und Bleiweste wieder zu Gesicht bekommt. Der Leser ist etwas alleingelassen mit dem undurchsichtigen Hintergrundkonflikt zwischen lokalen Separatisten (Brigate venetiche), Carabinieri, Menschenhändlern und einer konspirativen Gräfin.

Welche Lebensstationen beschreibt Streeruwitz? Es ist der Weg vom "sonnigen Kind" zur "ernsten Person", wie sie von Ehemann Nummer eins beschrieben wird. Dann der Aufbruch nach Kalifornien mit ebendiesem Ehemann. Erste Schritte des Aufbegehrens mittels Bildung: ein Studium der Linguistik. Dann eine kurze und enttäuschende Karriere als Theaterschauspielerin. Rückkehr nach Wien. Nacktheit auf der Bühne. Gewaltvoll herbeigezwungene Nacktheit. Dann "tiefe Verlorenheit" in Sofia als Mitarbeiterin einer "Agentur". Noch in Amerika die Ehe mit Simon, mit dem Isolde mit dem großen Ypsilon einen Sohn bekommt. Dann die Ehe mit Lauritz, der sich ihr nie ganz gezeigt hatte, "weil er mit seinem Betrügerleben gar kein echtes Gesicht besitzen konnte". Weitere Liebschaften und Beziehungen, genauer: Beziehungsversuche lässt die Erzählerin in einer Mixtur aus erlebter und wörtlicher Rede in beklemmenden Erinnerungsbildern aufscheinen und wieder verglühen.

Abgeklärt könnte man diese Vergangenheitsbetrachtung nennen. Jedenfalls nicht sentimental. Streeruwitz schildert durch sie hindurch eine Subjektwerdung. Unsichtbarkeit - darauf war sie als Kind der fünfziger Jahre getrimmt. "Die Männer kamen zuerst, und die Freundinnen mussten das einsehen", lautet zum Beispiel eine frühe Devise, die erst viel später im Leben hinterfragt werden kann. Angesichts des anderthalb Jahrzehnte jüngeren Mafioso mit amourösen Absichten weiß noch die reife Yseut, was zu tun ist: "Diesen Mann vor ihrem Alter bewahren. Wie es ja immer darum gegangen war, die Männer vor sich zu bewahren." Und obwohl da Fortschritt und Einsehen ihre Wirkung zeigen, gibt es Grenzen der Selbstwahrnehmung, die Yseut als Kind ihrer Zeit kaum überwinden kann. "Sie. Ihre Generation. Sie hatten erobert. Sie hatten erobern können. Sie war die erste Frau im Team der Agentur gewesen." Aber sie war eben die Erste. Die Kämpfe, die Verunsicherung, der Preis waren groß, daher ist jedes Buch der Streeruwitz eine angewendete Kampfhandlung inklusive Rückschlag.

Wie alle Streeruwitz-Bücher ist auch "Yseut" mit dem Untertitel "Abenteuerroman in 37 Folgen" eine nachvollziehende Emanzipationsbewegung. Ein Anschreiben gegen das Abgeleitetsein des weiblichen Geschlechts in der westlichen Kultur. Reinhard Baumgart hatte anlässlich ihres ersten längeren Prosastücks geschrieben, hier werde weder auf Kasse noch auf Klasse hin erzählt, sondern bitter, stur, fast fanatisch vom einmal gewählten Thema aus. Was ist aus diesem Thema geworden, das bei Streeruwitz - anders als bei Ingeborg Bachmann etwa, die immer verrückter war - Gefahr lief, zum Diskurs zu gerinnen?

Man könnte sagen, es wird nicht, sondern es bleibt. Totale Subjektivität, schmerzhaft bis in die malträtierte Syntax, die haspelnde Ellipse. Ein Locked-in-Syndrom des Sprachzentrums, das allerdings nur in den Passagen der erzählten Gegenwart, nicht in denen der erinnerten Lebensfragmente zum Tragen kommt und das nach inzwischen zwanzigjährigem Gebrauch Materialermüdungen aufweist. Denn: "Alles gleich und mäßig. Gleichgültig. Alles gleich gültig und lachhaft. Aber nicht lächerlich."

Von diesem Einwand einmal abgesehen: Marlene Streeruwitz hat mit "Yseut", diesem panoramatischen Roman, noch einmal Bilanz gezogen. Sie sitzt dabei fast ununterbrochen am Steuer eines Wagens. Ab und zu steigt ein Mann ein und dann wieder aus. Und Yseut, trotz aller Zweifel Herrin ihres Wegs, versichert uns: "So war es."

Marlene Streeruwitz: "Yseut". Abenteuerroman in 37 Folgen.

Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2016. 414 S., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In ihrem neuen Roman stattet Marlene Streeruwitz ihre Protagonistin mit einer Waffe aus, um sie für eine Reise nach Italien zu wappnen. Rezensentin Meredith Haaf kann es ihr nicht verdenken: Auf Schritt und Tritt wird Yseut, eine durchaus interessante Frau von Ende sechzig, von Männern angegangen: einer verlässt sie, einer gesteht ihr seine Liebe, ein paranoider Polizist verfolgt sie, ein Mafiosi will sie verführen. Dann die Erinnerungen: an den trinkenden Vater, den schmierigen Kinderarzt, den schlagenden Akademiker. Angesichts all der Zudringlichkeit wird's der Rezensentin ganz klaustrophisch, zumal Streeruwitz mit ihrer harten Parataxe das Hirn eh auf Hochtouren laufen lasse. Wer dem männlichen Zugriff auf weibliche Emotion so ausgeliefert ist, muss sich natürlich bewaffnen, versteht Haaf einerseits. Andererseits kommt ihr auch in den Sinn, dass sich Frauen, gerade Feministinnen, auch mal mit etwas anderem beschäftigen sollten als nur mit Männern.

© Perlentaucher Medien GmbH
die Schräglagen und Überspitzungen, die Streeruwitz [...] mit Lust und Geschick einbaut, sagen wie in einer guten französischen Filmkomödie sehr Konkretes über unsere Gegenwart aus. Evelyne Polt-Heinzl Wiener Zeitung 20161008