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Der Briefwechsel zwischen Gretha Jünger, geborene von Jeinsen, und Carl Schmitt ist ein Dokument von großem Interesse für Zeithistoriker und zeithistorisch interessierten Laien wie für Literatur- und Kulturhistoriker und Leser der Schriften Ernst Jüngers. Der Briefwechsel umfasst einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten, vom März 1934 bis zum Oktober 1953, er besteht aus 66 Briefen von Carl Schmitt und 90 Briefen von Gretha Jünger.
Carl Schmitt (1888-1985) ist einer der herausragenden Juristen und politischen Denker des 20. Jahrhunderts, für dessen Werk sich in den letzten 20 Jahren auf
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Produktbeschreibung
Der Briefwechsel zwischen Gretha Jünger, geborene von Jeinsen, und Carl Schmitt ist ein Dokument von großem Interesse für Zeithistoriker und zeithistorisch interessierten Laien wie für Literatur- und Kulturhistoriker und Leser der Schriften Ernst Jüngers. Der Briefwechsel umfasst einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten, vom März 1934 bis zum Oktober 1953, er besteht aus 66 Briefen von Carl Schmitt und 90 Briefen von Gretha Jünger.

Carl Schmitt (1888-1985) ist einer der herausragenden Juristen und politischen Denker des 20. Jahrhunderts, für dessen Werk sich in den letzten 20 Jahren auf der ganzen Welt ein schon fast leidenschaftliches Interesse zeigt, was besonders die noch immer wachsende Anzahl Übersetzungen dokumentiert. Bei dem Briefwechsel handelt es sich um den einzigen, den Carl Schmitt mit einer Frau über längere Zeit geführt hat. Die Schriftstellerin Gretha Jünger, die unter dem Namen Gretha von Jeinsen publizierte, ist weniger bekannt als ihr Mann Ernst Jünger, sie hat jedoch an seiner Seite ein eigenständiges unabhängiges Profil als Intellektuelle bewahrt und mit vielen bedeutenden Personen der Zeitgeschichte der 30iger bis 50iger Jahre verkehrt und korrespondiert. Deutlich wird in dem Briefwechsel ihr mit Furchtlosigkeit gepaarter Wille, der sich in praktischer Bewältigung der Alltagsschwierigkeiten wie in Ausnahmesituationen zeigt, bei gleichzeitiger klar von ihr erkannter fraulicher Abhängigkeit im Verhältnis zu ihrem Mann, den sie "Gebieter" nennt.

Der Briefwechsel lässt sich in drei Phasen einteilen; die erste von 1934 bis 1939 hat nur einen geringen Briefbestand und enthält Hinweise auf aktuelle Lektüren, Besucher und vor allem Familiennachrichten zu Carl Schmitts Patensohn Carl Alexander Jünger. In der zweiten Phase bis 1945 bildet das aktuelle Kriegsgeschehen den Hintergrund des Austausches. Es geht um die Fortsetzung von Briefgesprächen nach gegenseitigen tagelangen Besuchen, um Erörterungen von Schriften Schmitts und Ernst Jüngers, den alltäglichen Schrecken des Bombenkrieges und die gegenseitige Sorge um das Befinden. Die dritte Phase mit dem umfangreichsten Bestand reicht bis zum Abbruch des Briefwechsels 1954; in der Nachkriegszeit stehen zunächst die Fragen nach dem Verbleib der Bekannten- und Freundeskreise im Vordergrund, später Krankheit und Tod von Carl Schmitts Ehefrau Duska, dann aber vor allem die bald einsetzenden unterschiedlichen Wirkungen der Arbeiten Ernst Jüngers und Carl Schmitts in der Öffentlichkeit. Während Schmitt im sauerländischen Exil grollt, beginnt für Jünger eine neue erfolgreiche Schriftstellerexistenz. Spannungen und Missverständnisse, die Gretha Jünger aufzuklären versucht, dauern an und führen zu einem abrupten Ende des jahrzehntelangen intensiven Briefaustausches.

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2007

Im Teufelslärm der Zeit
Carl Schmitt fühlte sich von den Briefen Gretha Jüngers beglückt

Zunächst bewunderte er ihre Lebenskraft, dann aber wurde ihm ihre Deutlichkeit zu viel: Carl Schmitt befeuert in seinem freimütigen Briefwechsel mit Gretha Jünger die Kunst der psychischen Maskenbildung.

Es überrascht nicht, was man im Briefwechsel Gretha Jüngers mit Carl Schmitt über Schmitt selbst erfährt. Nach einigen Briefen, die Familiäres und insbesondere das Ergehen von Schmitts Patensohn Carl Alexander Jünger betreffen, wird die Korrespondenz erst mit dem Jahre 1939 und dem Kriegsausbruch dichter. Der Krieg kommt vor allem mit den Bombardierungen zur Sprache - Schmitts wurden ausgebombt -, Andeutungen über die Lage zeigen sich in vorsichtigen Formulierungen, so, wenn Schmitt 1942 vom "Teufelslärm der Zeit" und der "Kunst der psychischen Maskenbildungen" spricht oder 1943 von der "Galgenfrist", die einem noch gelassen sei.

Als er nach seiner Entlassung aus amerikanischem Gewahrsam - davon berichtet er nichts - Angriffen wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit ausgesetzt ist, klagt er über seine "Verfolger" in dramatischen Bildern: "Ich mache meine submarine, subterrane, sublunare Fahrt durch Feuer und Wasser. Dreimal hat mich der Leviathan verschlungen und wieder aus sich herausgeworfen." Er weigert sich, "über mich selbst reflektierend mich so selber (zu) überleben". - "Wer mir Vorwürfe machen will, wird leicht Material und Beweise und Bundesgenossen genug finden."

Zu Gretha Jüngers Bild aber wird über das bisher Bekannte hinaus einiges Weitere beigetragen. Trotz einmaliger Begeisterung über den unerwartet siegreichen Frankreich-Feldzug ist sie von Anfang an skeptisch. Hinsichtlich der Nachkriegssituation stimmt sie Schmitt in vielem zu, nimmt die Bewertung seiner Nachkriegsstellung jedoch mit Vorsicht anders vor als er. Zwar wendet auch sie sich etwa gegen die "unentwegten Schuldbekenntnisse" Martin Niemöllers - "ich bin nicht für Asche zu haben, sondern für die Flamme" -, zwar sieht sie seltsamerweise die Zeit von 1933 bis 1950 als eine Epoche und meint, sie sei "ein einziges Narrenhaus". Immerhin sieht sie den Beginn schon 1933, und sie fordert Schmitt mehrfach auf, die Angriffe auf ihn gelassen hinzunehmen: "Was kann es Ihnen ausmachen, dass eine Herde von Elefanten auftritt, nachdem wir die Schakale überwunden haben?" Man soll die Metapher nicht überinterpretieren, aber die Gegenüberstellung dieser beiden Tierarten stellt eine deutliche moralische Qualifizierung dar. Auch warnt sie Schmitt davor, sich von ehemaligen Nazis vereinnahmen zu lassen.

Das freilich war es nicht, was zum schließlichen Bruch führte. Gretha Jünger glaubte, Schmitt vor Gerhard Nebel und vor allem mehrfach vor Armin Mohler warnen zu müssen, bei dem sie grobe Illoyalität vermutete. Schmitt brach den Briefwechsel daraufhin wortlos ab, obwohl er wenige Jahre vorher noch geschrieben hatte, sie "brauche nicht zu befürchten, daß es ein Wort von Ihnen geben könnte, das mich kränkt oder befremdet". Womöglich empfand Schmitt diese mehrfachen und ausführlichen Warnungen als ein Zuviel an der Deutlichkeit, die sonst Gretha Jüngers große Stärke war und die Schmitt an ihr faszinierte.

Er hatte bewundernd von ihrer "Lebenskraft" gesprochen und freute sich "immer von neuem" an der "désinvolture Ihrer Sprache und Ihrer Gedanken". Mit dieser Vitalität überwand sie schwierige Situationen. Ein Liebesverhältnis, das ihr Mann Ernst Jünger in Paris unterhalten hatte, beendete sie durch einen "Kampf, der mit einem triumphalen Siege für mich endete". Als es galt, beider Sohn Ernst vor einem Todesurteil zu bewahren, traf sie bei diesen Bemühungen zwar meist auf "menschliche Wesen", jedoch gab es eine Ausnahme, die aber wurde "im sofortigen Angriff zertrümmert".

Im Laufe der Jahre hatten sich beide Briefpartner zunächst immer mehr einander angenähert. Sie schrieben einander offen, herzlich, von Gleich zu Gleich, ein Brief von ihr "beglückte" ihn. Dazu trug zum einen das enge Verhältnis bei, das zwischen Gretha Jünger und Schmitts Frau Duschka bestand. Sie waren beide starke Charaktere, und Frau Jünger ging so weit, das Ehepaar Schmitt als "tragende Kraft meines Lebens" zu bezeichnen. Duschka Schmitts Tod Ende 1950 war auch für Gretha Jünger ein schwerer Schlag, und ihre tiefe Trauer trug wohl auch dazu bei, dass Carl Schmitt und sie einander noch näherkamen.

Zum anderen war es so, dass das Verhältnis beider zu Ernst Jünger unter starken Spannungen litt, natürlich aus ganz verschiedenen Gründen. Dass es eheliche Divergenzen gab, wird von ihr nur angedeutet, ohne Inhaltliches zu sagen, während sich Schmitt verhältnismäßig offen äußert, immerhin der Ehefrau dessen gegenüber, über den er sich beklagt. Besonders unverhüllt tat er das in einem Brief, in dem er ihm vorwarf, sich womöglich den "Interessenten des Zusammenbruchs angeschlossen" zu haben, aber wenn er dort meinte, Ernst Jüngers "altruistische Kapazität" sei "seit 1945 nicht grösser, sondern geringer geworden", dann kann man sich des Reflexes nicht erwehren zu fragen, wie es mit Carl Schmitts eigener altruistischer Kapazität bestellt gewesen sei.

Zum Werk Carl Schmitts und auch Ernst Jüngers trägt der Briefwechsel unmittelbar wenig bei. Das Persönliche soll aber nicht geringgeachtet werden, und sei es nur deshalb, weil es in mittelbarer Weise doch das Werk bedingt. Freilich kann der Briefwechsel natürlich keine vollständige Basis für eine Bewertung der beiden Partner liefern. Es stören Druckfehler sowie Ungenauigkeiten und Unrichtigkeiten des sonst hilfreichen Kommentars. Auf jeden Fall muss man die Situation in der Diktatur und besonders den Krieg sowie die Briefzensur in die Beurteilung einbeziehen.

Dass vom Schicksal der Juden nicht die Rede ist, dürfte zum Teil eben daran liegen, zum Teil aber womöglich auch an Carl Schmitts Einstellung zu ihnen. Wenn er nach dem Krieg gelegentlich in wenig erfreulichen, wenn auch vorsichtigen Formulierungen Juden für die Angriffe auf ihn verantwortlich macht, dann verdient es eine besondere Hervorhebung, dass Gretha Jünger darauf nicht eingeht.

WOLFGANG SCHULLER

"Gretha Jünger - Carl Schmitt. Briefwechsel 1934-1953". Herausgegeben von Ingeborg Villinger und Alexander Jaser. Akademie Verlag, Berlin 2007. 230 S., 10 Abb., geb., 44, 80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Wolfgang Schuller hat diesen Briefwechsel zwischen Carl Schmitt und Ernst Jüngers Ehefrau Gretha mit großem Interesse gelesen. Zum einen ist ihm die Person Gretha Jünger dadurch sehr viel fassbarer geworden, an der Schmitt offenbar vor allem Offenheit und Vitalität beeindruckte. Deutlich wurde dem Rezensenten eine gewisse Distanz zu den Nazis, die sie an einer Stelle als "Schakale" bezeichnet, auch wenn sie auf Martin Niemöllers Schuldbekenntnisse eher herablassend reagierte ("Ich bin nicht für Asche zu haben, sondern für die Flamme"). Aber auch Carl Schmitt trat ihm in diesen Briefen recht deutlich entgegen. So schildert der Rezensent Schmitts selbstmitleidige Klagen über die Vorwürfe gegen ihn, denen er sich nach Kriegsende ausgesetzt sah und für die er vor allem Juden verantwortlich machte (für bemerkenswert hält Schuller hierbei, dass Gretha Jünger dazu nichts sagt). Bemerkenswert erscheint Schuller auch, dass Schmitt, der Gretha Jünger bis dahin in ihrer Offenheit ermunterte, den Briefwechsel abbrach, als sie ihn deutlich vor Gerhard Nebel und Armin Mohler warnte, an denen sie die Illoyalität störte. Zum Schluss bemängelt Schuller nur einige Ungenauigkeiten und Unrichtigkeiten in dem ansonsten von ihm als Hilfreich bezeichneten Kommentar der Herausgeber.

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"Zunächst bewunderte er ihre Lebenskraft, dann aber wurde ihm ihre Deutlichkeit zu viel: Carl Schmitt befeuert in seinem freimütigen Briefwechsel mit Greta Jünger die Kunst der psychischen Maskenbildung." Wolfgang Schuller in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. August 2007 "In diesem durchaus kritischen Briefwechsel begegnet uns ein Schmitt im familiären und existentiellen Umbruch. [...] Villingers Einleitung ist knapp und klar, der Apparat instruktiv, die Edition sorgfältig. Die Ausstattung ist erfreulich gut, so findet sich auch ein schöner Bildteil. [Villinger setzt] bei einem scheinbar marginalen Subtext an und stellt mit den Familien auch die Männer in neues Licht." Reinhard Mehring in: H-Soz-u-Kult, 21. September 2007 "Gretha Jünger versuchte zu vermitteln - zwischen Carl Schmitt auf der einen und Ernst Jünger auf der anderen Seite." Julia Encke in: Literaturen, Heft 4, 2008 "Die Edition als solche ist vorzüglich gemacht. [...] Das Buch ist mit zahlreichen Registern versehen und erfüllt, was Genauigkeit und Sorgfalt angeht, die höchsten Ansprüche. Man darf beiden Herausgebern hohes Lob für diese Briefedition zollen, die einer längst vergangenen Zeit einer humanen Kultur und einem niveauvollen Umgang auch höchst verschiedener Menschen miteinander angehört." Frank-Rutger Hausmann in: Informationsmittel (IFB), 15. Jg., Heft 2, 2007