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Das komplexe und rätselhafte Werk Meret Oppenheims (1913-1985) hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Viel ist bisher über ihren Werdegang und ihre Kunst geschrieben worden und dennoch ist über die reale Person Meret Oppenheim nur wenig bekannt. Über sich selber hat sie sich stets in Schweigen gehüllt und die Veröffentlichung persönlicher Dokumente während zwanzig Jahren nach ihrem Tod untersagt.
Oppenheims 1958 zusammengetragenes Album Von der Kindheit bis 1943 ist Tagebuch und eine Art Kunstwerk zugleich. Es versammelt Fotos, Objekte, Notizen und kurze Texte, aber auch
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Produktbeschreibung
Das komplexe und rätselhafte Werk Meret Oppenheims (1913-1985) hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Viel ist bisher über ihren Werdegang und ihre Kunst geschrieben worden und dennoch ist über die reale Person Meret Oppenheim nur wenig bekannt. Über sich selber hat sie sich stets in Schweigen gehüllt und die Veröffentlichung persönlicher Dokumente während zwanzig Jahren nach ihrem Tod untersagt.

Oppenheims 1958 zusammengetragenes Album Von der Kindheit bis 1943 ist Tagebuch und eine Art Kunstwerk zugleich. Es versammelt Fotos, Objekte, Notizen und kurze Texte, aber auch Ideen und Konzepte für neue Werke und bietet sehr persönliche Einblicke in ihr privates Leben und Denken. In diesem Band ist es komplett und in Originalgrösse Seite für Seite farbig abgebildet und transkribiert. Begleitet wird es von einem ebenfalls autobiografischen Text, den Oppenheim 1970/71 niedergeschrieben hat und der hier auch in farbigen Abbildungen und als Transskript vollständig wiedergegeben ist. Eine Einführung der Herausgeberinnen Lisa Wenger und Martina Corgnati rundet dieses sorgfältig gestaltete Buch ab, das unser Bild der grossen Künstlerin um vollkommen neue Perspektiven bereichert.
Autorenporträt
Lisa Wenger, geboren 1949, ist eine Nichte Meret Oppenheims und eine der Verwalterinnen ihres Nachlasses. Sie hat Tausende von Briefen Oppenheims und ihrer Korrespondenzpartnerinnen und -partner transkribiert. Martina Corgnati, geboren 1963, ist Kunsthistorikerin, Kuratorin und Kritikerin. Sie lehrt als Professorin an der Accademia di Belle Arti di Brera in Mailand und hat umfangreich über Meret Oppenheim und die Kunst der Avantgarde publiziert.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Alexandra Wach freut sich, ein wenig am Boheme-Leben der Meret Oppenheim teilnehmen zu können mit der um weitere Texte, Briefe, Fotos, Zeichnungen und andere Dokumente aus dem Leben der Künstlerin ergänzten Neuauflage des autobiografischen "Albums" von 1958. Wach ist ganz hingerissen von dem visuellen Fest des "Gesamtkunstwerks", das der Leserin eine echte Fundgrube bietet, wie sie findet. So kann die Rezensentin etwa Oppenheims Korrespondenzen mit Museen nachvollziehen, Kritiken lesen oder über die Flucht von Oppenheims Eltern 1933 erfahren. Dass es sich hier um eine subjektive Werk- und Lebensdokumentation handelt, sollte die Leserin laut Wach im Kopf behalten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2022

Sinn für Giacomettis Ohren

Autobiographisches Gesamtkunstwerk:

Meret Oppenheims "Album" erscheint zusammen mit einem bisher ungedruckten Text.

Nicht nur die Surrealisten schätzten Meret Oppenheims mit Pelz überzogene Tasse. Als ihr das New Yorker Museum of Modern Art in seiner Gründungsphase 1936 das inzwischen berühmte Objekt "Frühstück im Pelz" abkaufte, war die in Berlin geborene Tochter eines jüdischen Arztes gerade mal Anfang zwanzig und konnte noch nicht ahnen, dass sie an diesem Coup, der ihr einen Platz in der Kunstgeschichte sicherte, aber auch ein Stiletikett aufzwang, gemessen werden würde. Die zehn Jahre, die Oppenheim im Kontext des Surrealismus arbeitete, überschatteten dann die Nachkriegsjahrzehnte, in denen sie eine wiedererkennbare Handschrift verweigerte und vom Kunstbetrieb ignoriert wurde.

Kompromisslosigkeit schien ihr in die Wiege gelegt. Ihr Großvater zeichnete mit ihr und ihrer jüngeren Schwester jeden Abend. Das "Aschenbrödel" der Sechsjährigen steigt eine Himmelsleiter hoch, die Baumgipfel drunter im Blick, mit ausgestreckten Armen, als möchte sie die ganze Welt umarmen. Zwölf Jahre später war es dann das Kunstmekka Paris, das Oppenheim gemeinsam mit der befreundeten Künstlerin Irène Zurkinden erobern wollte. Bis Mitte 1933 wohnte sie im Hotel Odessa. Hier schrieb sie auf dem Papier des Café du Dôme: "Ich sah oft Mayo, den Ägypter, der mir seltsame Kuchen brachte. Einer war ein Poulet mit grünen Erbsen. Es war aber aus Biskuit und die Erbsen aus Zucker. Ein anderer hatte die Form eines knorrigen Baumstamms mit Fliegenpilzen aus Marzipan darauf. Es wurde viel getrunken und Haschisch geraucht."

Nutzlos für das Fortkommen als Künstlerin war dieser Einstieg in das Nachtleben keineswegs, denn es dauerte nicht lange, bis sie Alberto Giacometti traf und dessen Ohren in Zeichnungen und Wachsskulpturen verewigte. Auf einem Fest bei Kurt Seligmann lernte sie auch Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp kennen und sah das erste Bild des späteren Geliebten Max Ernst.

"Während all dieser Pariser Jahre wurde 'die Nacht zum Tag gemacht'. Am Tag wurde geschlafen bis nachmittags", so das Boheme-Fazit, das man in ihrem "Album" nachlesen kann. Sie stellte es 1958 unter dem Titel "Von der Kindheit bis 1943" zusammen, als Reaktion auf die Biographien anderer Surrealisten, in denen sie zu einer herzlosen Femme fatale stilisiert wurde. Vor knapp zehn Jahren ergänzte das Faksimile bereits einen Band, der ihren unveröffentlichten Briefwechsel ins Zentrum rückte.

Flankiert wird die Neuauflage von dem auf Französisch geschriebenen, bisher unveröffentlichten Text "Meine Biographie" von 1971 und seiner Übersetzung. Das Resultat ist ein hinreißendes und zugleich kaum einzuordnendes, das visuelle Element bevorzugendes Gesamtkunstwerk aus Tagebuch, Fotografien, Zeichnungen, Anekdoten und kurzen Erinnerungen - eine autobiographische Fundgrube, die nach Oppenheims Verfügung erst zwanzig Jahre nach ihrem Tod 1985 veröffentlicht werden durfte.

Auf manchen Seiten kleben Originalzeichnungen in Nachbarschaft von Einladungen, Briefen und Bildern, die andere von ihr gemacht haben. Man liest Kritiken, die Korrespondenz mit dem Museum of Modern Art und stößt auf die Namen von Dora Maar oder auch Leonor Fini, die auf der diesjährigen Biennale von Venedig mit einigen Gemälden vertreten ist. Manche Eintragungen dienen der Selbstverortung, wenn Oppenheim etwa schreibt: "Seit 1935 mache ich, um etwas Geld zu verdienen, Entwürfe für die Haute-Couture, die auch zum Teil angenommen wurden. So z. B. ein mit Pelz überzogenes Metallarmband, das Schiaparelli nahm. Dieses war der direkte Vorläufer zur Pelztasse! Rochas nahm Stoffentwürfe. Aber dieses Werk war mir ganz fremd. Ich war viel zu ungeschickt, ahnungslos und in den Wolken." Oder sie berichtet über ihre Eltern, die 1933 Deutschland verlassen mussten und in Basel zwar eine neue Heimat fanden, der Tochter aber kein Geld mehr schicken konnten. "Meine Reisen nach Paris wurden spärlicher. Ich wohnte immer noch in einem Atelier, Rue des Plantes. Aber nicht nur äusserlich wurde alles schwieriger. Die Zweifel, die mich schon früher von Zeit zu Zeit befallen hatten, wurden zur Verzweiflung."

Natürlich ist das Album eine subjektive und lückenhafte Dokumentation ihres Werks und Lebens, in dem nicht nur die letzten drei Jahrzehnte fehlen. Die Nacktfotos, die Man Ray von ihr an der Druckerpresse gemacht hatte, sucht man vergeblich. Stattdessen stößt man auf eine zweizeilige Notiz und eine Zeichnung, die eine der Posen aufgreift. Während der Kriegsjahre zieht sich Oppenheim in der Schweiz ins Private zurück, malt ein leeres aufgeschlagenes Bett, märchenhafte Waldwesen und arbeitet im Garten vor ihrem Atelier. Leere Blätter häufen sich. Wie es nach dem Krieg weiterging, erfährt man im hinteren Teil ihrer "Biographie": Ab 1950 reiste Oppenheim immer mal wieder in die französische Kapitale, traf Giacometti oder die in der Tschechoslowakei lebende Surrealistin Toyen. Die politisierten Jünger Bretons fand sie "altbacken", die Atmosphäre stimmte für sie nicht mehr. Die Akte Paris wurde endgültig geschlossen. ALEXANDRA WACH

Meret Oppenheim: "Mein Album". Von der Kindheit bis 1943 / Autobiographie

Hrsg. von Lisa Wenger und Martina Corgnati. Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich 2022. 328 S., Abb., geb., 48,- Euro.

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