"Bitte", sagt mein Verleger, "bitte, verschone mich mit deinem Durcheinander, ein Thema, wähle ein Thema - und ich mache dich berühmt.", berichtet Franz Schuh im Vorwort seines Buchs. Doch der selbst ernannte Gegner aller Hauptsachen des Lebens tut seinem Verleger den Gefallen nicht. Seine Wissenschaft ist die des Kleinen und Abseitigen, seine Geisteshaltung die eines Flaneurs, das Objekt seiner Forschungen das furchtbar Menschliche in seinen disparatesten Facetten.
So entgeht Franz Schuh also der Berühmtheit und bewegt sich gleichwohl stets auf Augenhöhe mit seinen berühmten Vorgängern wie Robert Musil, Alfred Polgar oder Karl Kraus. Seine Orte sind die öffentlichen Lokale, die Cafés, Hotels, die Kneipen, das Beisl, diese "wirklichen Universitäten der Stadt", dort setzt er sich vorsichtig dem Leben aus, immer beobachtend, immer lustvoll lavierend zwischen Gemeinplätzen und ihren unzähligen Gegenteilen.
So entgeht Franz Schuh also der Berühmtheit und bewegt sich gleichwohl stets auf Augenhöhe mit seinen berühmten Vorgängern wie Robert Musil, Alfred Polgar oder Karl Kraus. Seine Orte sind die öffentlichen Lokale, die Cafés, Hotels, die Kneipen, das Beisl, diese "wirklichen Universitäten der Stadt", dort setzt er sich vorsichtig dem Leben aus, immer beobachtend, immer lustvoll lavierend zwischen Gemeinplätzen und ihren unzähligen Gegenteilen.
CD 1 | |||
1 | Ja,Ich Kann Es Nicht... | 00:05:44 | |
2 | Sinn Und Zeit | 00:01:51 | |
3 | Ein Deutscher Sommer | 00:02:57 | |
4 | Huach Amoi Zua! | 00:10:48 | |
5 | Späte Liebe | 00:01:17 | |
6 | Bei Den Kunsttischlern | 00:20:34 | |
7 | Schöpfung | 00:01:22 | |
8 | Gehetzte Langeweile(In Ausschnitten) | 00:13:04 | |
9 | Lebensglück/Neue Sicht/Charlie Chaplin | 00:00:50 | |
CD 2 | |||
1 | Als Ich Das Letzte Mal Etwas Schönes Sehen Wollte | 00:36:26 | |
2 | Elegie Vom Großvater | 00:00:22 | |
3 | Im Salzkammergut,Da Kann Ma Gut... | 00:12:02 | |
4 | Denktraum | 00:04:06 | |
5 | Literatur Und Verbrechen(Ausschnitt) | 00:09:27 | |
6 | Erlebnis Mit Jandl(Ausschnitt) | 00:03:06 | |
7 | Radio Banal | 00:00:39 |
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2007Hund oder Huhn
Franz Schuh spricht mit Wiener Zunge seine eigenen Essays ein
Beginnt eine Wiener Zunge ein „Hu” zu formen, so kann das ungeübte hochdeutsche Ohr noch nicht entscheiden, ob ein Huhn oder ein Hund herausspringt. Diese leicht absurd klingende Gründlichkeit bei der Hervorbringung von Vokalen und der Sortierung der Konsonanten in wirklich weiche und wirklich harte oder nur allgemeine Langsamkeit oder, noch einfacher, für deutsche Hörer bloß ungewohnte Art der Betonung verleiht der österreichischen Sprechweise im deutschen Ohr den Geschmack von Gemütlichkeit mit Komik. Es erinnert ans Lied von der Reblaus. Der Kritiker und Essayist Franz Schuh besitzt und verwendet eine solche Wiener Zunge. Sie muss seine Texte verändern; die Zunge kann gar nicht ohne Wirkung bleiben, denn ein Mensch denkt ja auch in der Sprache, die er spricht, also denkt er auf österreichisch gemächlicher, vielleicht manchmal hartnäckiger, vielleicht nur prononcierter als sein deutscher Zuhörer.
Von Franz Schuh ist nun ein Hörbuch mit zwei Sprechplatten seiner Essays erschienen: „Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche”. Unfertig seien ihm seine Sachen am liebsten, unreif sei er sich selbst am erträglichsten. Weil er dies seinem Hörbuch mitgibt, darf man seine nicht genau bezeichneten Texte wohl Essays, Versuche, nennen. Beispielsweise der Versuch, einen sehr früh morgens ausgeschlafenen ohnmachtswütenden Kläffer, Hund also, nicht Huhn, als Fortführung einer Trachtenmode seiner grünbraun gekleideten Eignerin mit organischen Mitteln vorzustellen am Morgen des Tages, als er etwas Schönes sehen wollte, was ihm nicht gelang. Oder die strafprozessrechtsphilosophischen Erwägungen einer Paarbeziehung, in welcher ein kühler, also richterlicher Typus des Liebhabers sich gegen einen leidenschaftlichen Typus verhält wie der Staat gegen einen Verbrecher. Paarung und Prozessrecht: Hier die Hingabe als Geständnis – dort die Erschaffung des Verbrechens durch seine Öffentlichmachung: Die Anschauung von außen löst die Identität von Verbrecher und Verbrechen auf. Diese Idee ins Paarungsverhalten zu übertragen ist nicht nur wahr und originell, es ist hübsch.
Zum Glück nur selten macht der Sprecher Schuh seinem deutschen Hörer die Freude, die weniger schmeichelnden Töne seiner volkstümlichen Landsleute hinauszuquaken, wenn er beispielsweise das „Prosit auf die Gemütlichkeit” nachahmt. Das ist dann nicht mehr weich. MARTIN Z. SCHRÖDER
FRANZ SCHUH: Schwere Vorwürfe. Schmutzige Wäsche. Textauswahl. Gelesen vom Autor. 125 min., Kein & Aber Records, Zürich 2007. 2 CD, 19,90 Euro.
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Franz Schuh spricht mit Wiener Zunge seine eigenen Essays ein
Beginnt eine Wiener Zunge ein „Hu” zu formen, so kann das ungeübte hochdeutsche Ohr noch nicht entscheiden, ob ein Huhn oder ein Hund herausspringt. Diese leicht absurd klingende Gründlichkeit bei der Hervorbringung von Vokalen und der Sortierung der Konsonanten in wirklich weiche und wirklich harte oder nur allgemeine Langsamkeit oder, noch einfacher, für deutsche Hörer bloß ungewohnte Art der Betonung verleiht der österreichischen Sprechweise im deutschen Ohr den Geschmack von Gemütlichkeit mit Komik. Es erinnert ans Lied von der Reblaus. Der Kritiker und Essayist Franz Schuh besitzt und verwendet eine solche Wiener Zunge. Sie muss seine Texte verändern; die Zunge kann gar nicht ohne Wirkung bleiben, denn ein Mensch denkt ja auch in der Sprache, die er spricht, also denkt er auf österreichisch gemächlicher, vielleicht manchmal hartnäckiger, vielleicht nur prononcierter als sein deutscher Zuhörer.
Von Franz Schuh ist nun ein Hörbuch mit zwei Sprechplatten seiner Essays erschienen: „Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche”. Unfertig seien ihm seine Sachen am liebsten, unreif sei er sich selbst am erträglichsten. Weil er dies seinem Hörbuch mitgibt, darf man seine nicht genau bezeichneten Texte wohl Essays, Versuche, nennen. Beispielsweise der Versuch, einen sehr früh morgens ausgeschlafenen ohnmachtswütenden Kläffer, Hund also, nicht Huhn, als Fortführung einer Trachtenmode seiner grünbraun gekleideten Eignerin mit organischen Mitteln vorzustellen am Morgen des Tages, als er etwas Schönes sehen wollte, was ihm nicht gelang. Oder die strafprozessrechtsphilosophischen Erwägungen einer Paarbeziehung, in welcher ein kühler, also richterlicher Typus des Liebhabers sich gegen einen leidenschaftlichen Typus verhält wie der Staat gegen einen Verbrecher. Paarung und Prozessrecht: Hier die Hingabe als Geständnis – dort die Erschaffung des Verbrechens durch seine Öffentlichmachung: Die Anschauung von außen löst die Identität von Verbrecher und Verbrechen auf. Diese Idee ins Paarungsverhalten zu übertragen ist nicht nur wahr und originell, es ist hübsch.
Zum Glück nur selten macht der Sprecher Schuh seinem deutschen Hörer die Freude, die weniger schmeichelnden Töne seiner volkstümlichen Landsleute hinauszuquaken, wenn er beispielsweise das „Prosit auf die Gemütlichkeit” nachahmt. Das ist dann nicht mehr weich. MARTIN Z. SCHRÖDER
FRANZ SCHUH: Schwere Vorwürfe. Schmutzige Wäsche. Textauswahl. Gelesen vom Autor. 125 min., Kein & Aber Records, Zürich 2007. 2 CD, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Franz Schuh liest sich selbst. Und Martin Z. Schröder, der sich das angehört hat, denkt erst einmal über das Österreichische nach, in dem vieles sich langsamer anhört, aber vielleicht auch insistenter ist als im Hochdeutschen. Die Texte, die sich unfertig geben - und Schuh betont extra, dass er sich im Unfertigen zuhause fühlt - ordnet der Rezensent in die Schublade Essay, weil sie eben Versuche sind und auch sein wollen. Um Liebe geht es, um Hunde und um "Paarung und Prozessrecht". Schröder fasst seine Besprechung kurz, aber zweifellos hat ihm, was er da hörte, gefallen, von gelegentlichen Ausreißern in "wenig schmeichlerische Töne" des Österreichischen abgesehen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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