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Hilou
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Bielefeld

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Insgesamt 197 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2025
Bowen, Marjorie;Dickens, Charles;Lovecraft, H. P.

Gruselige Weihnacht überall. Klassische Horror- und Geistergeschichten


sehr gut

Zum Inhalt:
Im viktorianischen England war es wohl üblich, sich zu Weihnachten Schauergeschichten vor dem Kamin zu erzählen. Zu diesem Anlass haben seiner Zeit viele Autoren gruselige Kurzgeschichten verfasst. Im Anaconda Verlag erschien letztes Jahr das Band "Schaurige Weihnachten", um diesen alten Brauch wieder aufzugreifen. Dieses Jahr sind in dem Band "Gruselige Weihnacht überall" sogar mehr Horror- und Gruselgeschichten, zum Teil von bekannten Autoren wie Dickens oder Lovecraft, enthalten.

Meine Leseerfahrung:
Geistergeschichten habe ich schon als Kind geliebt und sicherlich die meisten sogar schon in jungen Jahren gelesen. Daher war ich so glücklich über die Ausgabe vom letzten Jahr. Umso mehr freue mich, dass der Anaconda Verlag die Reihe fortführt und dieses Jahr sogar einige Kurzgeschichten mehr in die diesjährige Ausgabe aufgenommen hat.

Tatsächlich kannte ich außer Dickens und Lovecraft keine der anderen aufgelisteten Autoren und Autorinnen. Das heißt aber nicht, dass ihre Geschichten weniger schaurig sind. Schon die erste Geschichte "Der falsche Mönch" von Louisa Baldwin ist eine klassische Geistergeschichte, wie man es als Fan des Genres erwartet. Ein langsamer Spannungsaufbau und eine unheilvolle Atmosphäre, die auf einem unerwarteten Höhepunkt gipfeln, zeigen deutlich, dass Baldwin das Handwerk beherrscht.

Am meisten hat mich hier jedoch "Der Bahnwärter" von Charles Dickens gepackt. Das mag aber auch an seiner meisterhaften Erzählweise liegen. Kein Wunder, dass diese Kurzgeschichte zu den häufig erzählten Weihnachts-Gruselgeschichten in England zählt, und das, obwohl sie so gar nichts mit Weihnachten zu tun hat.

Nicht jede Kurzgeschichte entspricht hier meinem Geschmack. Aber die Atmosphäre, die das Buch so mit sich bringt, genügt mir persönlich schon. Man muss nicht unbedingt auf Weihnachten warten, das Buch eignet sich auch perfekt für die Halloweenzeit im Oktober und auch für die Vorweihnachtszeit.

Fazit:
Auch der zweite Band der Weihnachtsgrusel-Reihe "Gruselige Weihnacht Überall" aus dem Anaconda Verlag ist die ideale Kurzgeschichtensammlung, um sich auf eine schaurige Weihnachtszeit einzustimmen. Klassischer Horror für zwischendurch mit garantierten Gänsehaut-Momenten!

Bewertung vom 17.10.2025
Buckingham, Royce

Anwälte und andere Monster / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.3


sehr gut

Zum Inhalt:
Der Monsteranwalt Daniel Becker hat es wieder mit kuriosen Fällen zu tun. Er muss einen gut beleibten Liebesgott vor dem Gericht für übernatürliche Wesen vertreten und für dessen Bleiberecht kämpfen. Gleichzeitig lernt Daniel einen jungen kiffenden Drachen namens Herbie kennen, der versehentlich als Echse in einem Zoo gehalten wird. Um ihn da raus zu bekommen, bevor dessen wahre Natur bekannt wird, zettelt Daniel eine "Free Herb"-Bewegung an. Als ob er nicht genug zu tun hätte, setzt ihn die Bürgermeisterin auch noch auf einen mysteriösen Mordfall an, bei dem ein Jugendlicher im Seattle Underground scheinbar in Säure aufgelöst wurde. Doch die Wahrheit ist mehr als verstörend, denn dort unten haust etwas Unbekanntes....

Meine Leseerfahrung:
Ich hatte diese Reihe erst mit dem Erscheinen des zweiten Teils entdeckt und musste unbedingt erfahren, wie es dem Monsteranwalt Daniel Becker nach dem spektakulären Hexentribunal so ergangen ist. Das Finale ist deutlich spannender als der Vorgänger, weil Daniel bereits erfahrener in seiner Tätigkeit als Rechtsbeistand für übernatürliche Wesen wirkt und mit sehr abwechslungsreichen Mandanten zu tun hat. Ob es nun der kiffende Drache im Zoo oder der nackte Cupido höchstpersönlich ist, jeder Fall hat seine ganz eigenen Herausforderungen, denen sich Daniel stellen muss.

Wie gewohnt, sind die einzelnen Kapitel wieder recht knapp gehalten. Das gesamte Buch lässt sich fast in einem Rutsch lesen. Was ich wieder sehr genossen habe, ist der schwarze Humor, die schrägen Situationen und die lustigen Dialoge. In diesem letzten Band habe ich auch eher das Gefühl, dass die Handlungsstränge strukturierter aufgebaut sind, so dass man nicht den roten Faden verliert. Der Vorgänger war diesbezüglich etwas verwirrend, es passierte zu viel auf einmal und es war meist nicht klar gegliedert. Jetzt im letzten Teil konnte ich mich voll und ganz auf die Story konzentrieren, ohne dass ich mal zurückblättern musste.

Ich habe das Wiedersehen mit Daniels Team sehr genossen, war traurig, als ein Kanzleimitglied sich ganz verabschiedet hat, und habe bis zum Ende mitgefiebert, als sich Daniel seinem größten Feind gestellt hat. Insgesamt ist "Anwälte und andere Monster" ein würdiger Abschluss der Monsteranwalt-Reihe.

Fazit:
Royce Buckingham beschert dem Monsteranwalt mit dem finalen Teil "Anwälte und andere Monster" ein würdiges Ende. Unterhaltsame Urban Fantasy mit schrägen Charakteren und jede Menge Humor!

Bewertung vom 14.10.2025
Tuli, Nisha J.

Heart of Night and Fire / Das Nachtfeuer-Quartett Bd.1


sehr gut

Zum Inhalt:
Zarya ist seit ihrer Kindheit durch einen Zauber an einem kleinen Ort gefangen. Row zieht sie auf und lehrt sie, wie man kämpft. Ihre dürftigen magischen Fähigkeiten darf sie aber nicht nutzen. Als Row eines Tages nicht mehr nach Hause kommt, verschwindet auch der Zauber, so dass Zarya fliehen kann. Schließlich gelangt sie zu einer Stadt, die Nacht für Nacht von verschiedenen Dämonen belagert und attackiert wird. Um zu helfen, schließt sie sich dem Kommandanten Vikram und seiner Armee an. Über ihre Fähigkeiten schweigt sie aber vorerst. Die beiden kommen sich näher, doch Vikram ist ein bluttrinkender Unsterblicher mit eigenen Geheimnissen...

Meine Leseerfahrung:
Neugierig war ich bei diesem Auftakt auf die Umsetzung des indisch-orientalischen Settings. Außerdem sind viele beliebte Tropes wie Enemies to Lovers, Found Family und Grumpy x Sunshine Freundschaft gebündelt zu finden, weswegen ich beschlossen habe, dieser neuen Fantasy-Reihe eine Chance zu geben. Ich wurde nicht enttäuscht, das Buch hat mich völlig in seinen Bann gezogen. Es hat mich direkt an ein Buch aus meiner Kindheit erinnert, in dem orientalische Märchen aus verschiedenen Kulturen zusammengefasst waren. Die Geschichten enthielten so viele unterschiedliche magische Wesen, dass ich mir die Namen kaum merken konnte. Und so habe ich mich auch mit "Heart of Night and Fire" gefühlt.

Zwar gibt es am Ende des Buches ein Glossar über die Orte und die magischen Wesen, die einzelnen Figuren werden aber nicht aufgezählt. Auch fehlte mir ein Verzeichnis oder zumindest Kurzinfo via Fußnoten über indische Begriffe, wenn es zB um die Kleidung geht. Da diese recht oft vorkommen, habe ich sie diesmal auch gar nicht erst nachgeschlagen, um den Lesefluss nicht zu stören.

Die Story selbst ist nämlich sehr spannend und actionreich. Eine geheimnisvolle Seuche breitet sich im Land aus, Dämonen scheinen zu mutieren und greifen auch tagsüber an, alle fürchten sich vor einer seltenen Art von Magie und Zaryas Vergangenheit ist mehr als nebulös. Bei all der Spannung sind auch noch die Charaktere sehr facettenreich und authentisch. Insbesondere Zarya gefällt mir sehr gut, da sie sich aus ihrer Unerfahrenheit heraus zu einer starken Heldin entwickelt und auch bei zwischenmenschlichen Beziehungen stets die Oberhand hat. Sie ist eine Kämpferin durch und durch und hat noch so viel Potential, das sich sicherlich in den weiteren Bänden der Reihe weiter entfalten wird.

Während man noch über die indisch-mythologische Fantasywelt von Tuli staunt, wird man ganz subtil in ein Beziehungsdrama reingezogen, dessen Ausgang mich zu meiner Überraschung tatsächlich stark interessiert hat. Normalerweise bin ich kein Fan von Liebesgeschichten. Hier ist sie aber absolut passend, um Zaryas Entwicklung voranzutreiben. Der Love-Interest ist hier übrigens im ersten Band nicht völlig entschlüsselt, was zusätzlich zum Weiterlesen anspornt.

Mich hat der Auftakt zur Nachtfeuer-Quartett-Reihe auf jeden Fall gepackt und ich werde ganz sicher auch die folgenden Bände lesen.

Fazit:
"Heart of Night and Fire" von Nisha J. Tuli vereint indische Mythologie und Slowburn Romance auf eine sehr spannende Art und Weise. Es ist eine Geschichte über eine starke Heldin mit besonderen Fähigkeiten und einem großen Herzen!

Bewertung vom 02.10.2025
Bunting, Philip

Das Lexikon gruseliger Tiere


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
In Philip Buntings "Das Lexikon gruseliger Tiere" werden auf humorvolle und kindgerechte Weise Sachinformationen mit spannenden Fakten über außergewöhnliche Tiere aus aller Welt verbunden. Das Buch ist durchgehend illustriert und eignet sich bereits für Kinder ab 4 Jahren. Durch das vermittelte Tierwissen werden Schritt für Schritt vorhandene Ängste abgebaut und Interesse und Begeisterung für die Natur geweckt.

Meine Leseerfahrung:
Das Cover ist vielleicht ein Hingucker, aber allein der Titel des Buches hat bereits unsere Neugier geweckt. Unser Jüngster ist sehr interessiert in allem, was in der Tierwelt vor sich geht. Ganz besonders findet er die Lebewesen der Tiefsee, Insekten und Echsen spannend. Ich hatte also schon geahnt, dass er dieses Buch lieben wird.

Die Illustrationen sind schon sehr ansprechend, die einzelnen Tiere sind leicht verniedlicht dargestellt. Zu jedem Tier gibt es den dazugehörigen lateinischen Fachbegriff, der allerdings durchgestrichen und durch einen weitaus lustigeren Begriff ersetzt worden ist. So wird beispielsweise aus Pygocentrus nattereri (Roter Piranha übrigens) der lustigere Name Scharfus zahnus giericus. Als ob das nicht schon witzig genug ist, sind um den Fisch herum nicht wirklich fachliche, aber dafür umso humorvolle Kurzinfos verteilt, wie "Schaut grimmig drein." oder "Jeder Schurke, der etwas auf sich hält, hält ihn im Aquarium." Ich musste bei jedem Bild schmunzeln, unsere Jungs (7 und 10 Jahre alt) fanden es superwitzig. Sie haben nicht nur einen, sondern sehr viele Tierarten für sich entdeckt, die sie auf Grund ihrer Fähigkeiten besonders faszinierend fanden. Mir persönlich gefällt an diesem Buch die Vielfalt der vorgestellten Tiere, insbesondere dass nicht nur völlig unbekannte exotische Tiere, sondern auch allgemein bekannte Tiere wie der Schimpanse, der Wolf oder der Löwe enthalten sind.

Vorlesen müssen wir hier zwar nicht mehr. Aber ich begrüße es dennoch, dass die sachlich informativen Texte unter jedem Tierbild zudem sehr einfach gehalten und nicht allzu lang sind. So steht dem Lesespaß der Kinder nichts entgegen.

Fazit:
"Das Lexikon gruseliger Tiere" von Philip Bunting hilft Kindern, ihre Ängste vor unbekannten und schaurig wirkenden Tieren zu überwinden, und das auf eine spannende, unterhaltsame und sehr humorvolle Weise!

Bewertung vom 16.09.2025

Das Alte Ägypten


sehr gut

Zum Inalt:
Eva-Maria Schnurr ist als Herausgeberin bekannt für ihre Geschichtslektüren im Taschenbuchformat. Von den Kelten bis zu Pompeji, von der Hexenverfolgung bis zur britischen Krone hat sie bereits mit kompaktem Geschichtswissen für kurzweilige, faszinierende Lesestunden gesorgt. In der neuesten Ausgabe der SPIEGEL-Buch-Reihe geht es nun um "Das alte Ägypten". Auch hier geben verschiedene Beiträge von Historikern/-innen und SPIEGEL-Autoren neue Einblicke in historische Ereignisse, diesmal in das Zeitalter der Ägypter.

Meine Leseerfahrung:
Keine andere Zivilisation hat mich so sehr fasziniert wie die des alten Ägyptens. Noch immer sind viele Aspekte nicht gänzlich geklärt, wie die Entschlüsselung der Hieroglyphen, der Bau der Pyramiden oder die gesellschaftlichen Strukturen zu dieser Zeit, was womöglich die allgemeine Begeisterung für dieses Zeitalter erklärt.

Wenn man so geschichtsinteressiert ist wie ich, dann verschlingt man wohl fast jede Literatur, dass sich mit diesem Thema beschäftigt. Doch nicht jedes Geschichtsbuch bringt das Wissen auch unterhaltsam und spannend rüber oder lässt sich so flüssig lesen. Was mir hier gefällt, sind die recht kurzen Beiträge verschiedener Autoren, die sich mit den einzelnen Themengebieten beschäftigen. So bleiben die einzelnen Kapitel knapp und eignen sich ideal fürs kurzweilige Lesen. Inhaltlich ist das Buch allerdings sehr kompakt, was man in Anbetracht der wenigen Seiten wohl nicht bemängeln kann. Das Buch soll ja auch nur schnelle Einblicke in das Fachgebiet liefern und nicht als Lexikon der Geschichte dienen. Demzufolge gibt es auch nur wenige Abbildungen, was mE doch völlig ausreichend ist. Der Fokus liegt hier ganz klar auf den Statements in den Texten, wie zB die mutige Aussage, dass historische Artefakte aus Ägypten zurück in ihr Herkunftsland gehören, da sie nunmal als Diebesgut aus der Kolonialzeit einzustufen sind (so in einem Interview mit dem Historiker Jürgen Zimmerer).

Insgesamt ist das Buch auch deswegen so lesenswert, weil kein allzu wissenschaftlicher Schreibstil vorherrscht. Zwischen den einzelnen Beiträgen wurde zudem hier und da "Schnelles Wissen" über interessante Themen gestreut, wie zB den aktuellen Umgang mit illegalem Handel in Ägypten oder die humorvolle Spekulation über Kleopatras tatsächliches Aussehen. Daran sieht man, wie breit gefächert die Interessengebiete bedient werden.

Ich fand das Buch als leichte Geschichtslektüre sehr unterhaltsam. Für eingehendere Recherchen sollte man aber eher zu wissenschaftlichen Fachbüchern greifen.

Fazit:
Erneut bringt Eva-Maria Schnurr eine kompakte Geschichtslektüre mit interessanten Einblicken und verschiedenen Blickwinkeln heraus und erweckt diesmal damit Begeisterung für "Das Alte Ägypten" mit all seinen faszinierenden Facetten. Sehr unterhaltsam und spannend zusammengefasst!

Bewertung vom 11.09.2025
Leblanc, Maurice

Arsène Lupin. Der Gentleman-Gauner


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Spätestens seit der Netflix-Serie "Lupin" ist auch hierzulande der Klassiker von Maurice Leblanc bekannt. Der Anaconda Verlag bringt nun neun Kurzgeschichten um den Gentleman Gauner Arsène Lupin aus 1907 in einer wunderschön gestalteten Hardcover-Sonderausgabe heraus, der den ersten Band des Krimi-Klassikers bilden soll. Enthalten sind insbesondere die bekannteren Geschichten wie "Arsène Lupin wird verhaftet", "Das Halsband der Königin" sowie "Die schwarze Perle".

Meine Leseerfahrung:
So oft hatte ich mir vorgenommen, diesen Klassiker noch zu lesen. Nun bin ich froh, dass ich es endlich geschafft habe, denn sonst wäre mir ein Stück französische Kriminalliteratur entgangen, die ihresgleichen sucht. Arsène Lupin ist ein Meisterdieb und Verwandlungskünstler, und hat tadellose Umgangsformen. Doch was ihn so sympathisch für die Leserschaft macht, ist die Tatsache, dass seine Opfer auch nicht gerade saubere Bürger sind und man sich insgeheim doch wünscht, dass diese dekadenten Schnösel eine angemessene Bestrafung durch Lupin erfahren. Außerdem stellt sich der Meisterdieb in einigen Fällen auch als Helfer dar, wie zB in der Kurzgeschichte "Der mysteriöse Fahrgast", als er der Polizei hilft, einen Mörder zu fassen.

Bei diesem Buch darf man keine typischen Kriminalgeschichten erwarten. Für mich persönlich waren es eher Abenteuergeschichten um einen ungewöhnlichen Gauner mit Charme und Herz, den man sicherlich zu den ersten Antihelden der klassischen Literatur zählen darf. Besonders beeindruckend ist dabei, wie intelligent er in seinen Unternehmungen vorgeht. Zudem gefällt mir auch der gehobene Humor, dessen sich Leblanc beim Erzählstil bedient.

Ich werde ganz sicher noch die folgenden Bände über die Kultfigur Lupin lesen und freue mich bereits auf weitere Sonderausgaben aus dem Verlag.

Fazit:
Unübertroffener Klassiker über einen Meisterdieb mit Gentleman-Manieren in einer wunderschön gestalteten Hardcover-Ausgabe! Dieses Buch sollte in keinem Buchregal fehlen.

Bewertung vom 29.08.2025
Slaughter, Karin

Dunkle Sühne / North Falls Bd.1


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Emmy Clifton arbeitet als Deputy in North Falls, einer kleinen Stadt, wo jeder jeden kennt. Das idyllische Leben dort hat ein abruptes Ende, als zwei Teenager, Cheyenne und Madison, plötzlich verschwinden. Der Fall geht Emmy besonders nah, weil Madison die Stieftochter ihrer besten Freundin ist. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Mädchen lebend gefunden werden. Emma stürzt sich mit ihrem Vater, dem Sheriff Gerald Clifton, in die Ermittlungen und bringt verstörende dunkle Geheimnisse zutage.

Meine Leseerfahrung:
Als Fan der Will-Trent-Reihe hatte ich eigentlich auf eine Fortsetzung gehofft. Aber dieser Auftakt zur neuen Reihe mit Emmy Clifton war dermaßen gut, dass ich Will Trent fast, aber nur fast, vergessen habe. Es ist nicht nur der Erzählstil von Karin Slaughter, der mich immer wieder abholt. Hier passt einfach alles: Der Plot, die Charaktere, die Handlung, die Ermittlungen....

Emmy Clifton als Hauptfigur finde ich persönlich sehr ansprechend. Sie ist die Art Frau, mit der man gern befreundet wäre. Zum Einen ist sie sehr authentisch und menschlich, und hat so ihre Fehler, die sie auszubügeln versucht. So hart sie auch im Beruf ist, zeigt sie dennoch oft genug ihre Emotionen. Zum Anderen ist sie eine intelligente Person, die bei ihren Ermittlungen systematisch vorgeht und lehrbuchmäßig arbeitet. Eine Hauptfigur, die vielschichtig und sympathisch ist. Aber auch die anderen Charaktere, und zwar auch jede einzelne Nebenfigur, sind sehr glaubwürdig. Man merkt, mit welcher Aufmerksamkeit sich die Autorin einzelnen Charakterentwicklungen widmet.

Die Geschichte muss man allerdings mit Vorsicht genießen. Sie ist nichts für schwache Gemüter, denn hier geht es um pädophile Sexualstraftäter und Vergewaltigung. Karin Slaughter schreibt hart, brutal und sehr intensiv.

Mich hat der Auftakt überzeugt, an dieser Reihe werde ich sicherlich dranbleiben. Bisher habe ich aber auch kein Buch von Slaughter schlecht bewertet. Die Autorin liefert immer solide Thriller ab. Aber bei "Dunkle Sühne" würde ich sogar mehr als 5 Sterne vergeben. So gut ist dieses Buch.

Fazit:
"Dunkle Sühne" ist ein unerwartetes Thriller-Highlight des Jahres, das konstante Spannung und starke Emotionen bietet. Nichts für schwache Nerven, aber ein geeigneter Einstieg in die Welt von Karin Slaughter, wenn man einen richtig guten Thriller von ihr lesen möchte.

Bewertung vom 22.08.2025
Wexler, Django

How to Become the Dark Lord and Die Trying


sehr gut

Zum Inhalt:
Laut Prophezeiung ist Davi die langerwartete Heldin, die die Menschheit vor dem Dark Lord, dem Fürsten aller bösen Kreaturen, retten wird. Doch sie scheitert und stirbt immer wieder. Und jedes Mal wacht sie an derselben Stelle wieder auf, um den nächsten Versuch zu starten. Insgesamt 237-mal. Doch dann kommt die Erleuchtung: Wozu das Ganze, wenn sie doch selbst zum nächsten Dark Lord werden könnte? Doch der Anfang ist schwer, wenn man zunächst inmitten einer Bande von Orks landet...

Meine Leseerfahrung:
Ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Wahrscheinlich ein weiteres Fantasy-Buch mit einer schillernden Hauptfigur und mit vielen dunklen Gestalten, jede Menge Action und Magie. Nun ja, war alles drin, und doch lässt sich dieses Buch einfach nicht in die gewöhnliche Fantasy-Sparte einreihen. Django Wexler sagt selbst, dass dieser Roman ein Projekt war. Womöglich wusste er anfangs auch nicht, wohin die Reise geht. So fühlt es sich nämlich durchgehend an. Man darf das Buch einfach nicht ernst nehmen und sich völlig auf die alberne und schräge Geschichte einlassen. Ich habe auch erst ein wenig gebraucht, mich in der Story zurecht zu finden. Danach fing der Spaß aber so richtig an.

Wexler hat sich vom sog. japanischen Isekai-Trend in Animes inspirieren lassen: Ein Mensch aus der aktuellen Zeit wird dabei in eine Fantasywelt versetzt, wie wir es hierzulande beispielsweise von "Alice im Wunderland" kennen. Doch die Hauptfigur Davi ist kein bisschen wie Alice, vielmehr ist sie eine Antiheldin mit seltsamen Attitüden und derbem Humor. Stellenweise fragt man sich, ob Davi tatsächlich eine Frau ist, weil sie oftmals sehr abgestumpft, schamlos und hartgesotten rüberkommt. Aber das muss sie wohl auch sein, wenn sie inmitten von bösen Kreaturen überleben und schließlich der nächste Dark Lord sein will.

Die ganze Story und Erzählweise war zwar schräg und gewöhnungsbedürftig, es hat aber nicht an Unterhaltung gemangelt. Daher werde ich ganz sicher auch die Fortsetzung lesen. Wer derben Humor aber nicht ertragen kann, sollte hier die Finger von lassen. Die Triggerwarnung am Ende des Buches ist absolut berechtigt.

Fazit:
"How to become the Dark Lord and die trying" von Django Wexler ist ein ungewöhnlicher Fantasyroman mit einer derben satirischen Note. Sicher nicht jedermanns Sache, aber abseits jeglicher festgefahrener Fantasyklischees!

Bewertung vom 02.08.2025
King, Stephen

Kein Zurück


weniger gut

Zum Inhalt:
Die berühmte Feministin Kate McKay tourt mit ihren Vorträgen über sexuellen Missbrauch und Frauenrechte durch die USA und ist dafür in konservativen Kreisen sehr verhasst. Nachdem ihre Assistentin Corrie Anderson am hellichten Tag fälschlicherweise für Kate gehalten und attackiert wird und später ein Briefumschlag mit Milzbrandsporen seinen Weg zu Kate findet, soll die Privatdetektivin Holly Gibney fortan als Personenschützerin den Rest der Tour begleiten. Doch Holly ist gleichzeitig auch mit einem Fall der Polizei beschäftigt: Eine Mordserie mit zufällig gewählten Opfern, denen der Täter kleine Zettel mit Namen von Geschworenen aus einem bekannten Gerichtsprozess in die Hände legt. Die Lage spitzt sich immer weiter zu, als Holly selbst ins Visier gerät...

Meine Leseerfahrung:
Stephen King gehört ausnahmslos zu den wenigen Autoren, auf deren Veröffentlichungen ich mich immer wie ein kleines Kind freue. Dabei ist es unerheblich, ob das Buch alle Erwartungen sprengt oder auf jeder erdenklichen Ebene versagt. Diese Bewertung wird mich daher sicherlich nicht davon abbringen, noch weitere Bücher von King zu lesen, aber ich muss hier ganz klar und deutlich sagen, dass "Kein Zurück" für mich bisher die größte literarische Enttäuschung des Jahres ist.

Dabei bin ich mittlerweile ein großer Fan der Hauptprotagonistin Holly Gibney, die trotz gesammelter Erfahrungen mit übernatürlichen Monstern, erfrischend pragmatisch bleibt und ihren Job in der Privatdetektei weiterhin mit viel Engagement ausführt. Und da fängt für mich schon das Problem an; nämlich dass Holly in "Kein Zurück" zu einer Leibwächterin von einer egoistischen Feministin degradiert wird. Die Monster, mit denen sie sich diesmal beschäftigt, sind überraschend menschlich und ´normal`. Damit fehlten mir schon die übernatürlichen Elemente, die Kings Bücher eben so überaus spannend machen. Das gesamte Buch liest sich diesmal eher wie eines der schlechteren Grisham-Thriller.

Worauf man sich immer verlassen kann, ist die Tatsache, dass King brisante aktuelle Themen aufgreift, wie vorliegend zB den christlichen Fundamentalismus in Amerika und das Abtreibungsrecht. Doch der Erzählstil blieb diesmal meilenweit hinter der Erwartung zurück. Mehrmals habe ich abgebrochen und bin neu gestartet. Und dennoch hat mich die Langatmigkeit des Buches jedesmal zurückgeworfen. Ich bin eigentlich nur deswegen am Ball geblieben, weil ich unbedingt erfahren wollte, welche Persönlichkeit sich hinter dem gesuchten Serienmörder verbirgt. Die Auflösung und das Finale kamen leider erst am Ende überraschend schnell und völlig unspektakulär.

Spannung blitzt durch das gesamte Buch hindurch nur selten auf und auch die Dialoge haben nicht den Witz und Charme, den man sonst von King kennt. Im Nachwort erklärt er, dass er an der Hüfte operiert wurde, als er an diesem Roman schrieb. Er wurde daher mehrfach umgeschrieben und selbst mit der Endfassung scheint der Meister nicht vollends zufrieden zu sein. Das merkt man leider auch als Leser/in. Ich würde es begrüßen, wenn er sich und Holly mal eine Pause gönnt. Das würde uns allen gut tun.

Fazit:
"Kein Zurück" von Stephen King ist seit langer Zeit eines der schwächeren Bücher, wenn nicht sogar das Schwächste überhaupt. Begeistert vielleicht nur absolute Holly-Fans, ist jedoch definitiv kein Must-Read!

Bewertung vom 23.07.2025
Schwab, V. E.

Bury Our Bones in the Midnight Soil


sehr gut

Zum Inhalt:
Maria wird im Spanien des frühen 16. Jahrhunderts geboren, muss einen spanischen Adligen heiraten und lernt eine mysteriöse Witwe kennen, die ihr zur Freiheit verhilft.
Die Schottin Alice dagegen kämpft sich 2019 durch ihre College-Zeit in den USA und versucht, ihre Ängste und Hemmungen zu überwinden. Letztendlich landet sie bei einem One-Night-Stand, der ihr leben auf den Kopf stellt. Doch was diese ungleichen Frauen verbindet ist die Geschichte der jungen Charlotte, die 1827 in die Londoner Gesellschaft einheiraten soll und stattdessen mit einer ungewöhnlichen Adligen jahrzehntelang durch Europa reist.
Sie alle drei gieren nach Freiheit und Liebe, und ziehen dabei eine blutige Spur nach sich...

Meine Leseerfahrung:
Bei V.E. Schwab lese ich mir möglichst nie den Klappentext durch, um mir nicht den Überraschungsmoment zu verderben. Es reicht, dass ich weiß, dass es wieder einmal ein ungewöhnliches Fantasybuch sein wird. "Addie LaRue" und "Galant" haben mich insoweit davon überzeugt, dass Schwab mit ihrem poetischen Schreibstil jede Geschichte zum Leuchten bringt.

Diesmal geht es um junge Frauen, die sich nicht unbedingt an gesellschaftliche Normen anpassen wollen. Mir hätten hier emanzipierte weibliche Persönlichkeiten durchaus schon gereicht. Schwab geht aber einen Schritt weiter und verpasst jeder weiblichen Hauptfigur eine queere Natur. Damit sind die Figuren als Frauen durch die Jahrhunderte hinweg nicht bereits auf Grund des eigenen Geschlechts auf der Verliererseite, sondern und insbesondere auf Grund ihrer sexuellen Neigungen. Spätestens mit dem Erscheinen von Alice in 2019 merkt man beim Lesen, dass die Autorin womöglich autobiographische Details in ihren Roman hat einfließen lassen. Das wiederum macht die Geschichte so authentisch. Es sind mittlerweile über 500 Jahre vergangen und es ist immer noch nicht selbstverständlich, wen oder wie man liebt.

Ich bin kein Fan von LGBTQ-Literatur, weil ich mich zuweilen im Fantasy-Genre davon erschlagen fühle. Persönlich hätte ich mir auch wenigstens eine heterosexuelle Beziehung bei den Hauptfiguren gewünscht. Aber wenn man an die Klassiker wie Carmilla oder die Vampirromane von Anne Rice denkt, sind homoerotische Beziehungen nicht ungewöhnlich im Vampirismus. Daher fand ich die Konstellationen hier nicht erzwungen oder gestellt. Vielmehr machen sie sehr deutlich, mit welchen Gefahren die weiblichen Protagonisten zu kämpfen haben und wie sie durch die Zeit alles durchstehen, ja sogar überleben. Wer aber auf eine Unterscheidung von Gut und Böse hofft, könnte hier enttäuscht werden. Denn alle drei Frauen sind komplexe Persönlichkeiten, die schlimme Dinge tun.

"Bury our Bones in the Midnight Soil" gehört für mich zu den besseren Werken von V.E. Schwab. Ich werde ganz sicherlich noch weitere Bücher der Autorin lesen.

Fazit:
Ein poetisch erzählter Vampirroman über drei Frauen, die auf die verschiedensten Arten versuchen, ihren Hunger zu stillen. Brutal, ehrlich und voller Emotionen! Damit kann sich "Bury our Bones in the Midnight Soil" unter den besten Vampirstorys der letzten Jahrzehnte einreihen.