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Baerbel82

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Bewertung vom 19.11.2014
Kurz, Ralf

Kopf oder Zahl / Kommissar Bussard Bd.4


sehr gut

Tatort Freiburg

Um es gleich vorwegzunehmen, „Kopf oder Zahl“: Kommissar Bussards vierter Fall, war mein erster Bussard-Krimi. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Zunächst sind wir live dabei, als der Freiburger Professor Ignaz Baer von einem Unbekannten gefesselt, verhört und schließlich erschossen wird. Ein Racheakt?
Anschließend lernen wir Anja Hill kennen. Ihre Chefin, Heidi Peters, leitet die Gruppe Wirtschaftskriminalität. Anja soll - gegen ihren Willen - zur Gruppe Gewaltverbrechen versetzt werden, die Kommissar Bussard leitet. Bussard lebt getrennt von seiner Frau Helen, steht kurz vor der Scheidung und hat zwei Töchter. Er fährt einen alten BMW, spielt Bass und liebt Blues. Anja dagegen bevorzugt lateinamerikanische Rhythmen und Billard. Anja ist ein Zahlenkopf. Ignaz Baer ihr erster Mordfall.
Kurz zuvor wurde Ursula Steiert von ihrer Nachbarin tot aufgefunden. Sie war 68 Jahre alt und eigentlich gesund. Hat der Tod von Frau Steiert etwas mit dem Fall Baer zu tun? Bussard und Anja fahren zum Tatort Baer. Der Professor wurde von seiner Putzfee gefunden. Todesursache Genickschuss, also quasi eine Hinrichtung. Es gibt einen Sohn, der in Freiburg wohnt und eine Ex, die in England lebt.
Professor Baer war eine Koryphäe auf dem Gebiet der Finanzmathematik, Schwerpunkt Wahrscheinlichkeitsrechnungen. In seinem Büro werden zwei Computer gefunden. Ein alter ohne Internetzugang und ein neuer, auf dem alle Daten professionell gelöscht wurden. Von Baers Kollegen, Professor Wiesinger, erfährt die Polizei mehr über dessen Forschungen. Er war wohl ein Kontroll-Freak. Wiesinger über Baer: „Wir kommen manchmal an den Punkt, an dem wir uns entscheiden müssen: Ringelreihen oder Rock 'n' Roll.“
Ein Verdächtiger ist schnell ausgemacht: Ignaz‘ Sohn Frank Baer, ein Kleinkrimineller. Motiv Habgier? Er hat einen Schlüssel, war im Haus, ist hoch verschuldet und hasste seinen Vater. Aber, ist er auch ein Mörder? Frank zu Anja: "Wenn ihr alles über mich wisst, dann gibt es auch jemanden, der alles über euch weiß!"
Baers Assistent, Sven Müller, scheint verschwunden, genau wie die Tatwaffe. Als sich auch noch die US-Geheimdienste einschalten, überschlagen sich die Ereignisse…
Die Geschichte lässt sich flott und flüssig lesen. Die Figuren sind gut gezeichnet und haben auch ein Privatleben. Dass Ralf Kurz im Finale noch mal richtig Gas gibt, rundet das Lesevergnügen ab. Ein paar Punkte bleiben offen, aber das ist auch gut so!
Nur mit Bussard und Anja bin ich nicht richtig warm geworden: Bussard raucht mir zu viel und ist auch sonst kein einfacher Mensch. Anja unterlaufen in ihrem neuen Job zwar noch Fehler, aber das macht sie menschlich. Und sie hat auf jeden Fall Potenzial.

Fazit: Schöner Regio-Krimi mit einem starken Thema und einer komplexen Geschichte. Als die Geheimdienste ins Spiel kommen, steigt auch die Spannung. Eine echte Entdeckung!

Bewertung vom 17.11.2014
Geschke, Linus

Die Lichtung / Jan Römer Bd.1


sehr gut

Unbeschwerte Jugend

Sommer 1986: Eine Clique Jugendlicher trifft sich regelmäßig im Park, um zusammen abzuhängen: Alex und Marion, Kai und Lara, Mike, Markus und Rolf, Paul und Christine, Tanja - und Jan.

27 Jahre später: Jan Römer ist inzwischen 43 Jahre alt, verheiratet mit Sarah und Vater eines Sohnes. Seit knapp 20 Jahren ist er als Autor und Journalist tätig, aktuell beim „Reporter“, für die Themen Reise und Sport. Als ein Kollege ausfällt, soll Jan über ein nie geklärtes Verbrechen schreiben, das in eben diesem Sommer geschah. Und das Pikante daran, er war selbst dabei. Zusammen mit einer ehemaligen Praktikantin und guten Freundin Stefanie Schneider, genannt Mütze, macht sich Jan daran, die Fakten zu recherchieren.

Damals: Zwischen Jan und Tanja knistert es gewaltig. Jans bester Freund ist Mike, der wird jedoch gemobbt, besonders von Paul. Aber ist der deshalb auch ein Mörder? Markus hat ebenfalls Probleme, denn er ist ziemlich dick. Somit das perfekte Opfer? Was geschah wirklich in jenem August 1986 auf der Lichtung? Wer ist Täter, wer ist Opfer? Was werden Jan und Mütze über diesen Cold Case herausfinden?

Jan studiert die alten Akten und stößt schon bald auf Ungereimtheiten. Auf der Suche nach der Wahrheit trifft er seine alten Freunde, zunächst Rolf, dann Lukas, danach Alex und schließlich Tanja, seine erste große Liebe. Jan und Mütze müssen erfahren, dass ihre Nachforschungen bei den Freunden von einst, die seit jener Zeit keinen Kontakt mehr untereinander haben, auf wenig Gegenliebe stoßen. Niemand hat mehr Interesse daran, an den alten Wunden zu rühren. Aber erst als seine Familie bedroht wird, erkennt Jan, dass der Täter von damals jetzt auch ihn im Visier hat.

Schauplatz ist Köln und das Bergische Land. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen aus der Ich-Perspektive von Jan erzählt: der eine im August 1986, der andere in der Gegenwart. „Die Lichtung“, das Krimidebüt von Linus Geschke, lässt sich flott und flüssig lesen. Zudem erfährt man in dem Buch Einiges über das Feeling der 80er Jahre: die unbeschwerte Jugend, die erste Liebe, die Musik, die Mopeds. Die Rückblicke nehmen hierbei einen breiten Raum ein. Das geht ein bisschen zu Lasten der Spannung.

Auch mit Jan bin ich nicht richtig warm geworden. Ein Träumer, der sich selbst als Erwachsener manchmal noch wie ein Teenager benimmt. Wobei er im Verlauf der Geschichte doch eine positive Charakterentwicklung durchmacht. Mütze dagegen war mir sofort sympathisch, eine pragmatische, starke Frau. Und als Team haben die beiden auf jeden Fall Potenzial.

Alles in allem fordert die Geschichte den Leser, allerdings nicht auf unangenehme oder anstrengende Weise. „Die Lichtung“ ist zweifellos ein Krimi, der einen nicht so schnell loslässt. Vergnügen im eigentlichen Sinne wird man beim Lesen angesichts der Geschehnisse eher nicht empfinden, obwohl es nicht vollkommen humorlos zugeht.

Fazit: Solider Regio-Krimi mit viel Lokalkolorit über einen ungelösten Kriminalfall und eine unbeschwerte Jugend. Mehr Jugendroman als Krimi. Ein Erstling mit Hoffnung auf Steigerung.

Bewertung vom 07.11.2014
Florin, Elisabeth

Commissario Pavarotti küsst im Schlaf


sehr gut

Ein ungleiches Paar

„Commissario Pavarotti küsst im Schlaf“ von Elisabeth Florin ist nach „Commissario Pavarotti trifft keinen Ton“ bereits der zweite Fall für den Südtiroler Kult-Kommissar Luciano Pavarotti. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Juli 1985: Der Kriminalroman beginnt mit einem geheimnisvollen Prolog.
Meran heute, ebenfalls im Juli: Wir lernen Commissario Pavarotti kennen, ein Italiener in Südtirol. Nur reden die Leute in Meran nicht gerne mit einem Welschen. Deshalb hatte die Deutsche Lissie von Spiegel, die eigentlich in der Kommunikationsbranche tätig ist, ihm bei seinem ersten Fall geholfen. Dabei hat Pavarotti eine gewisse Zuneigung zu Lissie entwickelt. Und Lissie? Seit sie nach Frankfurt am Main zurückgekehrt ist, hadert sie mit ihrem Beruf, ihrer Wohnung und ihrem Hund Spock.
Plötzlich erhält Pavarotti einen Anruf: Michael Cabruni, der Bewohner einer psychiatrischen Klinik ist tot. Er wurde erstochen. Früher war er Chefingenieur eines italienischen Kreuzfahrtschiffes. Aber warum saß er in einem Rollstuhl? Gespräche mit Klinikchef Anselm Matern und Patientin Hanna Landsberg bringen ihn nicht wirklich weiter. Also lockt er Lissie unter einem Vorwand erneut nach Meran und überredet sie, undercover in der Klinik und auf dem Kreuzfahrtschiff zu ermitteln.
Meran, Frankfurt am Main und das Mittelmeer, das sind die Schauplätze für „Commissario Pavarotti küsst im Schlaf“, einem Kriminalroman mit psychologischem und zeitgeschichtlichem Hintergrund. Zwischendrin sind immer wieder Gesprächsprotokolle eines Kriminalpsychologen eingestreut. Diese Dokumente sind auf den August datiert. Es muss sich also um Cabrunis Mörder handeln, der da begutachtet werden soll. Eine ungewöhnliche Schnitzeljagd beginnt: Nichts ist wie es scheint. Niemand ist, wer er zu sein scheint. Und schon bald gibt es weitere Tote…
„Commissario Pavarotti küsst im Schlaf“ lässt sich leicht und locker lesen. Die Autorin hat eine sehr komplexe, dennoch hochspannende Geschichte mit viel Lokalfarbe geschrieben. Die historischen Geschehnisse sind fundiert recherchiert und die politischen Verstrickungen gut erklärt. Die Geschichte lebt - neben der Spannung - auch von skurrilen Figuren und reichlich Wortwitz.
Mit Pavarotti bin ich allerdings bis zum Schluss nicht warm geworden. Lissie dagegen ist eine starke Frau und hat Empathie. Dennoch wird ihr ein Alleingang fast zum Verhängnis. Leider endet der Krimi mit einem fiesen Cliffhanger und so bin ich schon gespannt, auf den dritten Fall dieses ungleichen Paares.

Fazit: Eine psychologisch raffinierte Geschichte mit interessanten Charakteren und viel Lokalkolorit. Gelungene Mischung aus Dichtung und Wahrheit über ein dunkles Kapitel deutsch-italienischer Vergangenheit und zwei Schiffsunglücke. Sehr zu empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.11.2014
Kibler, Michael

Sterbenszeit / Ricarda Zöller Bd.1


ausgezeichnet

Ein neues Ermittler-Duo betritt die Bühne

Damals: Ein Mann erzählt aus der Ich-Perspektive. „Sterbenszeit“, der neue Kriminalroman von Michael Kibler, beginnt mit einem geheimnisvollen Prolog.
Anschließend wird Ricarda Zöller vorgestellt. Sie arbeitet bei der Kripo in Mainz und hat viel Empathie. Sie wird an einen Tatort gerufen: Die neugeborene Mia wurde im Wald erschossen aufgefunden. Bei der Tatwaffe handelt es sich um eine Pistole, die bereits in Heidelberg zum Einsatz kam, als der homosexuelle Reinhard Hollster ermordet wurde. Der tatverdächtige Ehemann wurde aber freigesprochen.
Danach lernen wird Lorenz Rasper kennen, Typ Frauenheld. Immerhin hat er ein gutes Gedächtnis. Lorenz arbeitet beim BKA in Wiesbaden, in einer neugegründeten Abteilung, die sich noch bewähren muss. Er wird von Ricarda um Hilfe gebeten und ist gerade in Heidelberg, als er den Anruf erhält: Eine weitere Leiche wurde gefunden.
Beim dritten Opfer handelt es sich um Monika, die Mutter des ermordeten Babys. Kommt ihr Mann Pjotr Oloniak als Täter in Frage? Oder handelt es sich um einen Racheakt? Eine alte, ungesühnte Schuld, die mit Monikas Familie zusammenhängt? Denn Monika wurde adoptiert. Ihre leibliche Mutter heißt Ute Pein. Sie war drogenabhängig, lebte in Darmstadt und hat Selbstmord begangen. Ute hatte noch eine andere Tochter, Sandra. Diese wurde eines Tages beim Joggen von einem Fremden erstochen.
Wer ist der ominöse Ich-Erzähler? Was haben beide Handlungsstränge miteinander zu tun? So viele Tote, eine ganze Familie: Mutter, zwei Töchter und die Enkelin. Wofür muss diese Familie büßen? Und wo ist die Verbindung nach Heidelberg? Es stellt sich heraus, dass der Mörder noch andere Familienmitglieder im Visier hat. Können Lorenz und sein Team ihn rechtzeitig stoppen?
Mainz, Darmstadt, Wiesbaden, Heidelberg, Heilbronn, Berlin, Bayreuth und die Ostsee, das sind die Schauplätze für „Sterbenszeit“, den Auftakt einer neuen Krimi-Reihe von Michael Kibler. Aber es gibt auch ein Wiedersehen mit Margot Hesgart und Steffen Horndeich, aus den Darmstadt-Krimis.
Geduldig entwickelt der Autor einen Erzählrhythmus, der Zeit und Raum zum Nachdenken lässt. „Sterbenszeit“ ist ein Kriminalroman mit Tiefgang und gleichzeitig eine Familientragödie. Die historischen Geschehnisse sind fundiert recherchiert und die politischen Verstrickungen gut erklärt. Auch wenn der Leser der Polizei anfangs einen Schritt voraus ist, geht dies nicht zu Lasten der Spannung. Am Ende schließt sich dann der Kreis. Beide Handlungsstränge laufen zusammen und werden schlüssig aufgelöst. Und ganz zum Schluss gibt es sogar noch eine Überraschung.
Mit BKA-Hauptkommissar Lorenz Rasper und Kripo-Kommissarin Ricarda Zöller hat Michael Kibler Figuren mit Ecken und Kanten geschaffen, die glaubhaft handeln und deren Privatleben authentisch wirkt. Aber auch die Nebenfiguren sind gut gezeichnet und alle haben genug Potenzial, so dass man sich auf weitere Fälle durchaus freuen kann.

Fazit: Gelungener Auftakt einer Reihe um ein neues, starkes Team. Gut recherchiert mit einem intensiven Spannungsbogen und einem überraschenden Finale. Schuld und Sühne, Rache und Vergeltung - großes Kino, bitte mehr davon!

Bewertung vom 20.10.2014
Sehlberg, Dan T.

Mona


ausgezeichnet

Maximaler Effekt

Ein schwedischer IT-Professor, ein libanesischer Ex-MIT-Professor, der Mossad, die Hisbollah und das FBI, das sind die Hauptakteure in „MONA“, einem spannenden Thriller, der in der nahen Zukunft spielt. Worum geht es?
Stockholm, Schweden: Wir lernen Eric Söderqvist kennen. Er hält einen Vortrag an der Uni über sein Forschungsprojekt „Mind Surf“. Es geht um das Zusammenwirken von Computer und Gehirn, mit dem Ziel, allein mit Gedankenkraft im Internet zu surfen. Erics Frau Hanna ist Jüdin und IT-Chefin bei einer israelischen Bank, der TBI.
Vier ominöse Männer treffen sich im Iran. Alle haben ihre Gründe, Israel zu hassen. Es geht um den Computervirus „Mona“. Der Virus soll in das israelische Banken- und Finanzsystem injiziert werden. Erfinder des Virus ist der Libanese Samir Mustaf. Seine Tochter Mona wurde einst durch eine israelische Splitterbombe getötet. Seitdem sinnt er auf Rache.
Inzwischen ist es Eric gelungen, mit „Mind Surf“ im Internet zu Surfen. Als Hanna es selbst versucht, surft sie auch auf die Seiten ihrer Bank. Da der Mona-Virus dort bereits aktiv ist, wird sie „infiziert“. Erics Computer wird hierbei ebenfalls befallen. Kurz drauf erkrankt Hanna schwer. Eric folgt der Spur des Virus, auf der Suche nach seinem Erfinder und gerät so ins Visier der Geheimdienste. Kann Eric Hanna retten? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
Stockholm, Tel Aviv, Nizza, Gaza… viele Ortswechsel und kurze Kapitel sorgen für Dynamik. Neben der Bedrohung durch einen komplexen, mysteriösen Computervirus hat Dan T. Sehlberg zudem das brandaktuelle, brisante Thema Nahostkonflikt angepackt. Kaum zu glauben, dass es sich bei „Mona“ um einen Debütroman handelt.
Die Idee, dass ein Mensch sich an einem Computervirus infizieren kann, finde ich genial. Der Schwerpunkt des Romans ist ja das Zusammenwirken von Computer und Gehirn. Wenn ich also allein durch meine Gedanken im Internet Surfen kann, warum soll ein Computervirus dann nicht auch mein Gehirn befallen können? Ein äußerst erschreckendes, doch realistisches Szenario, das sich der Autor ausgedacht hat, gut recherchiert und spannend in Szene gesetzt.
„Mona“ entwickelt sich vom Horrorthriller à la Stephen King, der hauptsächlich auf kurzweilige Unterhaltung abzielt, hin zum anspruchsvollen, dennoch hochspannenden Politthriller in der Tradition eines John le Carré oder Daniel Silva. Und so bin ich schon gespannt, auf den nächsten Band. Denn - „Nichts ist so ansteckend wie ein Computervirus.“

Fazit: Spannender Genre-Mix vom Cyber- zum Polit-, zum Action- und Agententhriller mit einer Prise SF und Horror. Dazu ein melancholischer schwedischer Held. Perfekt!

Bewertung vom 25.09.2014
Schweres, Thomas

Die Abtaucher


ausgezeichnet

Sympathy for the Devil

Tatort Dortmund: Ein unbekannter Mann hat sich in einem Reihenhaus einquartiert und wartet auf Merid, einen Albaner. Er will ihn umbringen. Als Lockmittel hat er einen BMW-SUV vor der Tür geparkt. Wer ist dieser Mann und was ist sein Motiv? Anschließend lernen wir Kommissar Georg Schüppe kennen, genannt „der Spaten“. Gemeinsam mit seinem Kollegen Holger Krokowski, alias Kroko, wird er zu einem Tatort gerufen: Der Sohn des Reihenhausbesitzers hat die Leiche des ermordeten Albaners gefunden.

Reporter Tom Balzack von Broadcast.tv wittert die Story seines Lebens und begibt sich zusammen mit Kameramann Harry und Assistentin Lydia ebenfalls auf die Suche nach dem Täter. Auch die Konkurrenz - Andreas Schneidengel, Roberto und Charly - schläft nicht. In einem anderen Handlungsstrang geht es um den Kinderschänder Heinz, der rückfällig geworden ist. Tom besucht einen Informanten, den Zigeunerkönig Krohl. Der hat nicht nur Heinz gefilmt, sondern auch den BMW-Besitzer und somit den Mörder des Albaners.

Und dann passiert ein zweiter Mord: Frank Reinhardt, Hobbyornithologe und ein alter Bekannter von Schüppe. Handelt es sich um denselben Täter? Wo ist die Verbindung? Die Spur führt die Ermittler auch ins Ausland, unter anderem nach Österreich und Holland. Wer ist gut, wer ist böse? Nichts ist wie es scheint. Niemand ist, was er zu sein scheint. Als Schüppe mit Toms Hilfe erkennt, dass er nicht nur beruflich, sondern auch persönlich in den Fall verstrickt ist, ist es schon fast zu spät...

„Die Abtaucher“ ist ein Slow Burner, von der Krimi-Klamotte zum rasanten Thriller. Das Buch ist eine extrem tiefenscharfe und nicht selten bissige Milieu-Beobachtung. Man muss es lesen, um es zu begreifen. Ein Heer von Protagonisten, das Thomas Schweres sich da ausgedacht hat. Die teils skurrile Figurenzeichnung entspricht dem unterhaltsamen Geschehen. Mein Lieblingscharakter ist Tom: Ähnlich wie der Autor selbst, treibt er sich auf dem Boulevard herum und träumt von einer Karriere als Krimiautor.

Den Spannungsaufbau finde ich gelungen. Der Erzählstil ist knochentrocken, die Sprache schnoddrig, oft politisch inkorrekt und provokant. Auf 220 Seiten kein Wort zu viel, keins zu wenig. So lässt sich die Geschichte flott lesen. Aber ich mag es ja, wenn sich jemand kurz fassen kann. Kaum zu glauben, dass es sich bei „Die Abtaucher“ um einen Debütroman handelt. Noch dazu von einem deutschen Autor. Schon die ersten Kapitel sind so schräg, dass man diesen spannenden Kriminalroman nicht mehr aus der Hand legt.

Dass Thomas Schweres im Finale noch mal richtig Gas gibt, rundet das Lesevergnügen ab. Ein paar Punkte bleiben offen und das ist auch gut so! Denn die Figuren haben meiner Meinung nach reichlich Potenzial. Und so freue ich mich schon heute auf den nächsten Fall für Tom und „den Spaten“.

Fazit: Ganz großes Kino, bitte mehr davon!

Bewertung vom 09.06.2014
Nommensen, Thomas

Ein dunkler Sommer / Kommissar Arne Larsen Bd.1


ausgezeichnet

Schuld und Sühne

Wer ist das Opfer, wer ist der Täter? Das ist hier lange die Frage. Um es gleich vorweg zu nehmen, „Ein dunkler Sommer“ von Thomas Nommensen ist für mich DAS Krimi-Highlight dieses Jahres! Doch worum geht es?
Ort der Handlung ist das fiktive Nordermühlen in Norddeutschland: Ein kleines Mädchen wird entführt und stirbt einen qualvollen Tod. Jens Brückner wird verurteilt, weil sein Alibi geplatzt ist. Aber ist er wirklich der Täter oder auch ein unschuldiges Opfer?
Zehn Jahre später: Als Brückner aus der Haft entlassen wird, hat er alles verloren. Auf Anraten seines Therapeuten hat er sich eine Liste gemacht und besucht nun alle Personen, die im Prozess eine Rolle gespielt haben. Will er sich rächen?
Denn kurz darauf wird Oskar Sartorius, der eine kleine Werkstatt betreibt, grausam ermordet. Er war im Prozess der Hauptbelastungszeuge. Hat der Täter von damals wieder zugeschlagen? Hauptkommissar Arne Larsen und sein Team ermitteln.
Gregor Harms, Larsens Vorgänger, der Brückner seinerzeit ins Gefängnis gebracht hatte, ist inzwischen im Ruhestand. Er fühlt sich jedoch immer noch schuldig, weil er den Tod des kleinen Mädchens nicht verhindern konnte. Als abermals ein Kind verschwindet, wird auch Harms erneut aktiv.
In dem äußerst komplexen Fall sind Ermittler und Leser enorm gefordert und werden immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Geradezu brillant führen die Spuren zu scheinbar Verdächtigen, um dann ins Leere zu laufen. Thomas Nommensen geht dabei als Erzähler wirklich geschickt vor, denn er schildert das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven.
Die Tiefen der menschlichen Psyche, die vom Autor aufgezeigt und ausgeleuchtet werden, lassen zuweilen den Atem des Lesers stocken. Neben dem ausgezeichneten Spannungsbogen ist der Plot an sich hervorragend gelungen. Und dass der Autor im Finale nochmals richtig Gas gibt, rundet das Lesevergnügen ab.
Mit Arne Larsen hat der Autor eine Figur erschaffen, die ein wenig an Tony Hill, den Profiler in den Krimis von Val McDermid erinnert. Aber Larsen ist noch jung und hat meiner Meinung nach noch reichlich Potenzial. Und so freue ich mich schon heute auf den nächsten Fall.

Fazit: Wer ist das Opfer, wer ist der Täter, was ist sein Motiv? Thomas Nommensen erzählt die hochkomplexe Geschichte in perfektem Tempo und mit stetig steigender Spannung bis zum überraschenden Ende. Definitiv mein Krimi-Highlight dieses Jahres, deshalb satte 5*!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.05.2014
Wittkamp, Rainer

Kalter Hund / Martin Nettelbeck Bd.2


ausgezeichnet

Liebe ist…

„Kalter Hund“ ist bereits der zweite Fall für den Berliner LKA-Ermittler Martin Nettelbeck. Dennoch handelt es sich um einen eigenständigen Roman, der auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann. Worum geht es?

Bilal Gösemann braucht Geld für die Verabschiedung seines besten Freundes. Walid Sharif, genannt Abu Halil, will seine Tochter Fatima verheiraten. Hasso Rohloff, ein alternder Playboy, hat Potenzprobleme und Kriminalrätin Jutta Koschke will endlich den Verbrecher Richard Ploog hinter Gitter bringen. Was haben all diese Personen und Handlungsstränge miteinander zu tun?

Bevor die eigentliche Geschichte beginnt, gibt es schon den ersten Toten. Als dann auch noch eine Frau unter ungeklärten Umständen vom Balkon stürzt, bekommen Martin Nettelbeck und sein Team alle Hände voll zu tun…

Ein Heer von Protagonisten, das Rainer Wittkamp sich da ausgedacht hat. Die teils skurrile Figurenzeichnung entspricht dem unterhaltsamen Geschehen. Schnell ist klar, dass das Schlitzohr Gösemann die Verbindung zwischen den Erzählsträngen ist. „Kalter Hund“ ist eine extrem tiefenscharfe und nicht selten bissige Milieu-Beobachtung.

Mein Favorit ist Nettelbeck: Klug und smart, erfolgreich im Job, aber nicht zu ehrgeizig. Zudem hat er viel Empathie und spielt Posaune. Leidvolle Erfahrungen (siehe Vorgänger „Schneckenkönig) haben ihn nicht zynisch oder sarkastisch werden lassen. Im Gegenteil: er überrascht als Teamplayer! Und er hat sogar ein Privatleben, das ihm zunehmend wichtiger zu werden scheint.

Den Spannungsaufbau finde ich gelungen. Der Erzählstil ist knochentrocken, die Sprache schnoddrig, oft politisch inkorrekt und provokant. Auf 250 Seiten kein Wort zu viel, keins zu wenig. So lässt sich die Geschichte flott lesen. Aber ich mag es ja, wenn sich jemand kurz fassen kann.

Schon das erste Kapitel (schräg!) hat meine Neugier geweckt. Dass der Autor im Finale noch mal richtig Gas gibt, rundet mein Lesevergnügen ab. Die Figur Martin Nettelbeck - einschließlich seines Teams - hat meiner Meinung nach noch reichlich Potenzial. Und so freue ich mich schon heute auf den nächsten Fall.

Fazit: Ganz großes Kino, bitte mehr davon!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.04.2014
Berg, Hendrik

Deichmörder / Theo Krumme Bd.1


ausgezeichnet

Blanker Hans und Schwarzer Mann

Ein kleines Dorf an der nordfriesischen Küste Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Dorfbewohner sind in der Kirche und eine junge Frau denkt sehnsüchtig an ihren Mann Boye, der zur See fährt. Sie hat Angst vor Knecht Hans, der sie schon mehrfach bedrängt hat. Währenddessen zieht ein schwerer Sturm auf und der Deich bricht…

Heute: Die Erzieherin Eva Becker und ihr Mann Till sind aus Berlin nach Kleebüll in Nordfriesland gezogen, in ein altes Haus direkt am Deich. Es war wohl eher eine Flucht, denn in Berlin wurde Eva von Mario Stein gestalkt. Dieser Stein ist nach wie vor in Freiheit und von Eva besessen. Doch es geht auch um Liebe und Vertrauen, Angst und Zweifel. Denn Eva und Till können seitdem nicht mehr miteinander reden.

In Kleebüll werden Eva und Till von Hauptkommissar Holger Mannsen und seinem Kollegen Todde observiert. Auch in Berlin ist die Polizei nach wie vor im Einsatz. Kriminalhauptkommissar Theo Krumme beobachtet die alte Wohnung der Beckers, weil er Stein für einen gefährlichen Psychopathen hält.

Die Idylle am Deich ist trügerisch. Eva wird auch in Kleebüll von Albträumen - oder sind es Visionen? - geplagt. Zum einen glaubt sie wiederholt einen „schwarzen Mann“ zu sehen, zum anderen den Geist von Inken, die vor 150 Jahren in ihrem Haus wohnte. Weitere mysteriöse Dinge geschehen, bis zu einem imposanten Finale, in dem Vergangenheit und Gegenwart auf dramatische Weise zusammentreffen…

„Deichmörder“ von Hendrik Berg ist ein spannender, atmosphärisch dichter Kriminalroman. Wenn die Geschichte ausschließlich in einer großen Stadt wie Hamburg oder Berlin spielen würde, würde diese mystische Komponente nicht funktionieren. Aber in einem alten Haus am Deich, im fiktiven Dorf Kleebüll, passt sie ausgezeichnet. Zumal die Beckers nicht die Einzigen sind, die scheinbar einen Hausgeist haben.

Daneben erfreut sich der Leser an der intensiven Landschaftsbeschreibung und dem angenehm ruhigen Erzählstil des Autors. Zudem sind alle Figuren äußerst liebevoll gezeichnet. Der heimliche Hauptdarsteller dieses Romans ist jedoch die malerische Landschaft. Außerdem lernt der Leser viel über das Leben an der Küste, nicht nur über das Boßeln. Und so freue ich mich schon auf die geplante Fortsetzung.

Fazit: „Deichmörder“ ist eine gelungene Mischung aus Krimi und Mystery, vor der idyllischen Kulisse Nordfrieslands. Voller Atmosphäre und Aberglaube. Unheimlich gut!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.