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KimVi
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Niedersachsen
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Insgesamt 1588 Bewertungen
Bewertung vom 05.09.2019
Turton, Stuart

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle


sehr gut

Die Familie Hardcastle empfängt auf ihrem Anwesen Blackheath eine große Gesellschaft zum Ball und zur Jagd. Am Abend, gegen 23 Uhr, stirbt Evelyn Hardcastle, die Tochter des Hauses. Und das nicht nur einmal, sondern jeden Tag aufs Neue - acht Tag lang. In einer Endlosschleife wiederholt sich der gesamte Tagesablauf. Ein geheimnisvoll gekleideter Unbekannter erklärt Aiden Bishop was es damit auf sich hat: Aiden soll den Tod von Evelyn Hardcastle aufklären. Wenn ihm das gelingt, kann er die Endlosschleife unterbrechen und Blackheath verlassen. Dazu hat er acht Tage Zeit. Diese wird er allerdings nicht in seiner eigenen Gestalt verbringen. Jeden Morgen erwacht er im Körper eines anderen Gastes und kann so versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Seine Nachforschungen werden durch Gegenspieler erschwert, die ihm nach dem Leben trachten....

Ohne Erklärungen oder anderweitiges Vorgeplänkel befindet man sich sofort mitten im Geschehen - und zwar im Körper eines Mannes, der offenbar sein Gedächtnis verloren hat und obendrein verletzt ist. Man ist zunächst ebenso verwirrt wie der Mann. Und gerade wenn man meint, dass man nun weiß, in wessen Körper man dort, durch die verwendete Ich-Perspektive, steckt, kommt alles noch ganz anders. Denn schon bald stellt sich heraus, dass man selbst eigentlich Aiden Bishop heißt und im ersten Wirt steckt, der einem auf der Suche nach dem Mörder von Evelyn Hardcastle helfen soll. Klingt verwirrend - ist es auch. Deshalb ist es wichtig, von Anfang an mit hoher Konzentration zu lesen, um ja nicht den roten Faden oder die Übersicht zu verlieren. Das lohnt sich allerdings, da man dann mit einem ungewöhnlichen Krimi belohnt wird, der sich deutlich von der Masse abhebt.

Achtmal der gleiche Tag, allerdings aus acht unterschiedlichen Perspektiven, da man in acht verschiedenen Wirten steckt. Dabei gilt es nicht nur die wechselnden Wirte im Auge zu behalten, sondern auch noch diverse Zeitsprünge. Da alles aber sehr gut kenntlich gemacht wird, gelingt die Zuordnung, wenn man konzentriert liest, mühelos. Die Wirte haben alle unterschiedliche Stärken und Schwächen. Außerdem hat Aiden gut damit zu tun, die eigenen Charakterzüge der Wirte zu zügeln oder für seine Zwecke zu nutzen. Sie alle werden ausführlich in die Handlung eingeführt, wodurch man sie relativ gut einschätzen kann. Dennoch kommen bei den detaillierten Ausführung auch mal ein paar Längen in der Handlung auf. Dadurch, dass man den gleichen Tag immer wieder erlebt, kommt es natürlich auch zu Ereignissen, die man bereits kennt. Dennoch unterscheiden sie sich, wenn auch durch Kleinigkeiten. Doch hier lohnt es sich besonders, diesen Details Aufmerksamkeit zu schenken, da sich nach und nach die ersten Teile des Puzzles zusammenfügen. Bis man das erste Bild erhält, dauert es allerdings ziemlich lange und selbst dann kann man noch nicht sicher sein, dass die Teile an der richtigen Stelle liegen. Dadurch ist dieser Krimi keinesfalls vorhersehbar, sondern sorgt bis zum Ende für Überraschungen.

Ich habe mich beim Lesen dieses ungewöhnlichen Krimis sehr gut unterhalten. Ich gebe allerdings zu, dass ich wusste, dass ich hier von Anfang an konzentriert lesen musste, um die Feinheiten wahrzunehmen und mich nicht zu verzetteln. Deshalb konnte ich die geheimnisvollen und ziemlich ungewöhnlichen Ermittlungen gespannt verfolgen und eigene Vermutungen anstellen. Wobei ich auch da gestehen muss, dass ich nicht sonderlich erfolgreich war und ziemlich daneben lag. Das hat mir allerdings gut gefallen, da die Auflösung auf mich keineswegs vorhersehbar wirkte. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala vergebe ich deshalb vier Sternchen und die Empfehlung, sich selbst auf diese ungewöhnliche Kriminalhandlung einzulassen.

Bewertung vom 05.09.2019
Barclay, Linwood

Kein Entkommen


sehr gut

David Harwood möchte mit seiner Ehefrau Jan und dem gemeinsamen vierjährigen Sohn Ethan einen wundervollen Tag im Freizeitpark verbringen. Doch der Familienausflug verläuft völlig anders als geplant. In einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit verschwindet plötzlich die Karre mit dem schlafenden kleinen Jungen. Um Ethan möglichst schnell wiederzufinden, trennen sich Jan und David bei ihrer Suche. Die Erleichterung ist groß, als David seinen Sohn endlich wieder in die Arme schließen darf. Doch der Albtraum ist damit noch nicht vorbei, denn nun fehlt von Jan jede Spur. Die Überwachungskameras zeigen nur David und seinen Sohn. Es scheint fast so, als wäre Jan nie mit den beiden im Freizeitpark gewesen. Jans Verschwinden gibt nicht nur der Polizei Rätsel auf und ehe David weiß wie ihm geschieht, steht er unter Mordverdacht....


Das Buch beginnt mit einer rätselhaften Szene, die auf den ersten Blick nicht mit dem eigentlichen Inhalt in Verbindung gebracht werden kann. Sie weckt allerdings spontan das Interesse am Geschehen. Der Autor verwendet wechselnde Erzählperspektiven. Meist verfolgt man die Handlung in der Ich-Form, aus der Sicht von David Harwood. Man kann so seine Gedanken und Gefühle hautnah miterleben und seine wachsende Verwirrung nachvollziehen. Es gibt allerdings auch Szenen, in denen man weitere Protagonisten der Handlung begleitet und das Geschehen aus der Erzählperspektive beobachtet. Dadurch verfügt man über umfassendere Hintergrundinformationen als der Ich-Erzähler David. Allerdings mindert dies nicht die Spannung, da Linwood Barclay es hervorragend versteht, nur wenige Informationen weiterzugeben und den Leser auf falsche Fährten zu locken.

Der Schreibstil des Autors, ist genau wie in seinen bisher erschienenen Thrillern, flüssig und angenehm lesbar. Es fällt leicht, sich auf die Handlung einzulassen und sich die agierenden Personen vorzustellen. Als Jan so plötzlich verschwindet, kann man Davids Entsetzen förmlich spüren. Auch seine wachsende Verwirrung, als er langsam entdeckt, dass sie ihm anscheinend einiges verschwiegen hat, wirkt glaubhaft und nachvollziehbar. Genau wie David selbst, hat man das Gefühl, dass sich die Beweise für seine Schuld langsam verdichten und dass es kein Entkommen für ihn geben wird. Beim Lesen stellt man sich ständig die Frage, was geschehen ist und spielt die verschiedenen Möglichkeiten in Gedanken durch. Doch allzu früh wird man nicht auf die Lösung kommen, denn Linwood Barclay hält noch einige Wendungen bereit, die die eigenen Ermittlungen wieder ergebnislos erscheinen lassen. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint.

Der Autor schafft es mühelos, den Leser in den Bann der Ereignisse zu ziehen. Obwohl keine nervenaufreibende Hochspannung aufkommt, bleibt das Interesse an der Handlung durchgehend bestehen. Linwood Barclays Thriller kommt ohne blutiges Gemetzel aus und setzt eher auf die leisen Töne. Er gewährt einen Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele und regt den Leser zum Mitfiebern an.

Auf meiner persönlichen Bewertungsskala bekommt der Thriller vier von fünf möglichen Sternen. Ich habe mich, auch ohne Blutvergießen und detaillierte Leichenbeschreibungen, beim Lesen gut unterhalten und konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen. Den einen Stern ziehe ich ab, da ich mir gelegentlich etwas mehr Spannung gewünscht hätte. Auch der finale Showdown konnte mich nicht ganz überzeugen, da er auf mich etwas zu überladen und dramatisch wirkte.

Bewertung vom 04.09.2019
Leimbach, Alida

Wintergruft


gut

Heike Meierbrink arbeitet als Pfarrerin in Osnabrück. Da ihr Mann Udo ebenfalls Pfarrer ist, teilen die beiden sich eine Stelle innerhalb ihrer Gemeinde. Heike reagiert alles andere als erfreut, als sie erfährt, dass Udo eine Affäre hat. Nach einem Streitgespräch mit ihrem treulosen Ehemann verlässt sie wutentbrannt das Haus und verschwindet spurlos. Udo findet zwar einen Abschiedsbrief, doch der kommt ihm nicht geheuer vor. Denn so kopflos würde seine Ehefrau niemals handeln. Als sich Heikes Verschwinden nicht länger vor der Gemeinde und den Freunden verheimlichen lässt, wendet sich Udo an die Polizei. Die misst Udos Anliegen aber kaum Bedeutung bei. Das ändert sich schlagartig, als Heikes Auto, mit blutverschmiertem Werkzeug im Kofferraum, an einem Pendlerparkplatz aufgefunden wird....

Die Erzählung beginnt mit einem Prolog, in dem man eine Frau beobachtet, die in einem Kellerraum gefangen gehalten wird. Das Interesse an der Handlung ist somit früh geweckt, da man gerne erfahren möchte, wer dort im Keller sitzt, wie es zu dieser Situation kam und wer die Frau dort eingesperrt hat. Doch zu einer Auflösung kommt es zu diesem frühen Zeitpunkt natürlich nicht, hier muss man sich in Geduld üben. Das eigentliche Geschehen wird einzelnen Kapiteln erzählt, die mit dem Datum der Handlung versehen sind.

Das rätselhafte Verschwinden der Pfarrerin Heike wird in der Erzählperspektive geschildert. Schnell bekommt man den Eindruck, dass in dieser Kirchengemeinde einiges im Argen liegt. Lügen, Hass und Intrigen sind an der Tagesordnung und von der christlichen Nächstenliebe, oder gar der Einhaltung der zehn Gebote, ist man in dieser Gemeinde weit entfernt. Im Verlauf der Handlung werden viele unterschiedliche Charaktere eingeführt, die im Leben der verschwundenen Pfarrerin eine Rolle spielen. Es fällt allerdings nicht besonders leicht, eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen. Sie alle haben menschliche Schwächen, Fehler oder andere Besonderheiten, doch leider wirken sie trotzdem nicht wirklich lebendig, sondern eher farblos und blass. Deshalb beobachtet man relativ emotionslos ihr Verhalten. Die Autorin beschreibt detailliert die Verwicklungen zwischen den jeweiligen Charakteren, sodass man einen umfassenden Eindruck von den verzweigten Beziehungen untereinander bekommt. Leider gehen diese ausufernden Beschreibungen zu Lasten der Spannung. Die Handlung plätschert einfach vor sich hin, ohne dabei in Fahrt zu kommen. Die Ermittler nehmen in diesem Krimi wenig Raum ein. Ihre Arbeit wird nur am Rande gestreift und ist für den Handlungverlauf eher nebensächlich. Man erfährt einiges aus ihrem Privatleben. Doch auch hier gehen die weitläufigen Beschreibungen zu Lasten der Spannung. Man hat einfach das Gefühl, dass es nicht weitergeht. Positiv ist allerdings, dass Täter und Motiv lange im Dunkeln bleiben. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht, sodass sich die lang vermisste Spannung schließlich doch noch einstellt.

Da ich mir einen spannenden Krimi erhofft hatte, bin ich in der Bewertung ziemlich unentschlossen, denn Ermittlungen und spannende Momente kamen mir in diesem Roman deutlich zu kurz. Insgesamt gesehen habe ich mich beim Lesen recht gut unterhalten. Leider nicht mehr - aber auch nicht weniger.

Bewertung vom 03.09.2019
Timm, Katerina

Der Schwur der Jungfrauen


gut

Gemeinsam mit ihren Freundinnen schwört die junge Bauerntochter Kathrin, dass sie sich niemals im Leben mit dem Frauenhelden Lux einlassen wird. Er ist zwar der Erbe eines großen Hofes, doch die Gerüchteküche sagt, dass der Lux für den Freitod eines jungen Mädchens verantwortlich ist, das sich aus Angst vor Schimpf und Schande in den Tod stürzte. Er zeigt in dieser Hinsicht allerdings keine Betroffenheit, sondern bandelt munter mit den nächsten Mädchen an. Durch eine List wird Kathrin dazu gezwungen ihren Schwur zu brechen und den Lux zu heiraten. Doch die Ehe steht unter keinem guten Stern. Lux zeigt ihr die kalte Schulter und auch die neue Familie gibt ihr das Gefühl nicht erwünscht zu sein. Als ihre Jugendfreundin ihr anbietet auf der Burg auszuhelfen, nimmt Kathrin die Gelegenheit gerne wahr. Dort wendet sie sich nicht nur einem anderen Mann zu, sondern erhält die Möglichkeit, den Bauern, die einen Aufstand gegen die Obrigkeit planen, einen Dienst zu erweisen. Doch Eifersucht und Verrat liegen in der Luft...


Der Einstieg in diesen historischen Roman gelingt mühelos. Durch die detaillierten, aber keinesfalls ausufernden, Beschreibungen kann man sich Handlungsorte und agierende Personen lebhaft vorstellen. Man erfährt vom harten und entbehrungsreichen Leben der Bauern und kann ihren Unmut, der durch steigende Abgaben stetig wächst, gut nachvollziehen. Die Autorin lässt in ihre fiktive Erzählung die Geschichte des Untergrombacher Bundschuhs mit einfließen. Im Nachwort kann man nachlesen, in welcher Form sich künstlerische Freiheit und historische Daten, dieses bereits im Keim erstickten Aufstandsversuchs der Bauernschaft gegen die Obrigkeit, mischen.

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar. Die Protagonisten wirken recht lebendig, auch wenn man die Reaktionen der Hauptprotagonistin Kathrin manchmal nur schwer nachvollziehen kann. Kathrin hat einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, doch leider gibt es für sie nur schwarz und weiß. Grautöne sind für sie nicht vorhanden und deshalb wirkt sie gerade anfangs sehr engstirnig und bemerkt manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Die Handlung hält einige Überraschungen bereit, sodass keine Langeweile aufkommt. Doch leider wirken die Liebesverwicklungen von Kathrin so übertrieben konstruiert, dass die Geschichte langsam ins Unglaubwürdige abrutscht und die Lesefreude abrupt abnimmt. Die Wendungen bedienen viel zu viele Klischees. Meiner Meinung nach wäre hier weniger deutlich mehr gewesen.

Insgesamt gesehen habe ich mich beim Lesen recht gut unterhalten. Wenn die Liebesverwicklungen von Kathrin auf mich nicht so übertrieben konstruiert gewirkt hätten, dann wäre meine Bewertung sicher um einiges besser ausgefallen. So vergebe ich allerdings "nur" drei von fünf Bewertungssternen.

Bewertung vom 01.09.2019
Bengtsdotter, Lina

Löwenzahnkind / Charlie Lager Bd.1


gut

Charlie Lager gilt als eine äußerst fähige Ermittlerin bei der Stockholmer Polizei. Als in der Kleinstadt Gullspång die siebzehnjährige Annabelle spurlos verschwindet, werden Charlie und ein weiterer Kollege entsandt, um die dortige Polizei zu unterstützen. Niemand ahnt, dass Charlie selbst aus Gullspång stammt und keine glücklichen Erinnerungen an diese Zeit hat. Diese Tatsache und Charlies Alkohol- und Tablettenproblem, sind keine guten Voraussetzungen für reibungslose Ermittlungen. Doch Charlie nimmt die Herausforderung an. Dabei gräbt sie nicht nur tief in Annabelles Vergangenheit, sondern muss sich auch ihren eigenen Dämonen stellen....

Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Dabei gibt es intensive Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Hauptprotagonistin. Außerdem wird man natürlich Zeuge der aktuellen Ermittlungen. Darüber hinaus gibt es Rückblicke in die Vergangenheit. Nach und nach erfährt man etwas über die Ereignisse des Abends, an dem Annabelle verschwand, und blickt kontinuierlich noch weiter zurück, in eine längst vergangene Zeit, in der die zwei ungleichen Freundinnen Rosa und Alice eine entscheidende Rolle spielen. Gerade dieser Handlungsstrang lässt sich nicht auf Anhieb mit den anderen Ereignissen in Verbindung bringen. Dennoch sorgen diese Szenen dafür, dass man sich ständig fragt, wie sich das wohl alles miteinander verknüpfen wird. Dadurch, dass die Wechsel der Perspektiven entsprechend gekennzeichnet sind, fällt es leicht, die Übersicht über die unterschiedlichen Handlungsstränge zu behalten.

Der Einstieg in die Handlung gelingt relativ mühelos. Charlie Lager wirkt vom ersten Moment an sehr sympathisch, auch wenn man schnell den Eindruck gewinnt, dass sie eine Menge Probleme zu bewältigen hat. Dennoch ist sie eine äußerst fähige Ermittlerin, die ziemlich hartnäckig die Spuren verfolgt. Gelegentlich kommt es allerdings dazu, dass sie über das Ziel hinausschießt, was sicher ihrer Vergangenheit und ihren Problemen geschuldet ist. Dennoch fällt es bei diesen Szenen nicht gerade leicht, sich mit ihr zu identifizieren. Denn dann möchte man sie einfach nur schütteln. Doch das zeigt ja eigentlich, wie lebendig sie wirkt. Der Handlungsort Gullspång wird sehr detailliert und ausufernd beschrieben. Man kann sich dadurch zwar alles lebhaft vorstellen, doch leider gehen diese intensiven und ausschweifenden Beschreibungen zu Lasten der Spannung. Denn dadurch bekommt man das Gefühl, dass man etwas auf der Stelle tritt und gerät in Versuchung, diese Szenen zu überlesen.

Das Interesse an der Handlung wird früh aufgebaut. Das liegt mit an den unterschiedlichen Strängen, die zunächst nicht miteinander in Verbindung gebracht werden können. Diese Ungewissheit übt einen großen Reiz aus, denn man möchte unbedingt mehr erfahren. Der Autorin gelingt es außerdem hervorragend, falsche Spuren auszulegen, denen man nur allzu bereitwillig folgt. Überraschende Wendungen sorgen allerdings oft dafür, dass man die eigenen Ermittlungen, die man beim Lesen angestellt hat, über den Haufen werfen muss, um noch einmal neu anzusetzen. Dadurch tappt man nicht nur bis zum Schluss im Dunklen, sondern wird außerdem vom Ende und dem Zusammenfließen der unterschiedlichen Stränge überrascht.

Krimis und Thriller sind ja meine absoluten Favoriten und deshalb war ich auf dieses Exemplar äußerst gespannt. Als hochspannenden Thriller würde ich das Buch nicht einordnen, sondern eher als soliden Krimi, mit einem dramatischen Hintergrund. Insgesamt gesehen habe ich mich beim Lesen gut unterhalten und wurde am Ende mit der Auflösung des Handlungsstrangs, in dem es um die ungleichen Freundinnen Rosa und Alice geht, positiv überrascht. Auch wenn ich mir ein wenig mehr Spannung erhofft hatte, würde ich gerne eine Fortsetzung der Reihe lesen, um zu erfahren, wie es mit Charlie Lager weitergeht.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2019
Raabe, Marc

Zimmer 19 / Tom Babylon Bd.2


ausgezeichnet

Auf der Eröffnungsveranstaltung der Berlinale kommt es zu einem entsetzlichen Vorfall: Statt des eigentlich geplanten Eröffnungsfilms, wird ein Snuff-Film gezeigt, in dem eine junge Frau vergewaltigt und ermordet wird. Bei dieser Frau handelt es sich offensichtlich um die Tochter des amtierenden Bürgermeisters. Tom Babylon vom LKA und die Psychologin Sita Johanns gehören zum Team, das sofort mit den Ermittlungen betraut wird. Doch schon bald stellt sich heraus, dass ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden und dass einige Ermittlungsansätze nicht verfolgt werden dürfen. Wer hat Interesse daran, bei diesen heiklen Ermittlungen zu mauern und was ist der Grund dafür? Als ein weiterer Mord geschieht, beginnt ein spannender Wettlauf gegen die Zeit.....

Nach "Schlüssel 17" ist "Zimmer 19" der zweite Band, in dem Tom Babylon vom LKA und die Psychologin Sita Johanns gemeinsam ermitteln. Obwohl man den aktuellen Ermittlungen sicher auch dann folgen kann, wenn man den ersten Teil nicht gelesen hat, ist es dennoch ratsam die beiden Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Denn es wird immer wieder Bezug auf die vorherige Handlung genommen. Es gibt dazu zwar einige eingeflochtene Erklärungen, dennoch kann man die Situationen einfach besser einschätzen, wenn man die Vorgeschichte kennt.

Der Einstieg in diesen Thriller gelingt mühelos, denn das Interesse wird sofort geweckt, da man sich vom ersten Moment an im spannenden Geschehen befindet und die Ereignisse bei der Berlinale beobachtet. Man möchte unbedingt erfahren, welches Motiv hinter dem Snuff-Film steckt und gerät deshalb früh in den Sog der Handlung.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen. Im Zentrum der Ereignisse stehen natürlich die aktuellen Ermittlungen in der Gegenwart. Es gibt allerdings immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit der Psychologin Sita Johanns. Diese beiden unterschiedlichen Stränge sind, jeder für sich, durchgehend interessant. Zunächst ahnt man nicht, wie sich das alles wohl verbinden wird, doch tatsächlich gelingt es Marc Raabe, sie glaubhaft und spannend miteinander zu verknüpfen. Er gibt dabei zunächst nur wenig preis, sodass man fast bis zum Schluss im Dunkeln tappt. Durch neue Informationen kommt es oft dazu, dass man die eigenen Ermittlungen, die man ja unwillkürlich beim Lesen anstellt, über den Haufen werfen und neu ansetzen muss. Hier ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Aber gerade das macht den besonderen Reiz dieses Thrillers aus. Die Spannung ist enorm hoch, kann durchgehend gehalten werden und gipfelt in einem rasanten Finale.

Die Charaktere sind vielschichtig und sehr interessant. Gerade mit den beiden Hauptcharakteren kann man sich identifizieren und ihre Handlungen nachvollziehen. Wenn man den ersten Teil gelesen hat, kann man eine gelungene Weiterentwicklung der Protagonisten beobachten. Sie wirken noch lebendiger, sodass man beim Lesen alles mühelos vor Augen hat. Der Schreibstil ist sehr angenehm lesbar. Es gelingt Marc Raabe hervorragend, die Szenen so zu beschreiben, dass beim Lesen sofort das Kopfkino anspringt und man ganz in das spannende Geschehen eintauchen kann. Hochspannung, Nervenkitzel und eine kaum vorhersehbare Handlung machen diesen Thriller zu einem echten Pageturner.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.