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Baerbel82

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Insgesamt 969 Bewertungen
Bewertung vom 06.01.2015
Jahnke, Olaf

Tod eines Revisors


sehr gut

Peanuts

Jens Scherer ist tot, angeblich war es Selbstmord. Seine Witwe Charlotte glaubt aber nicht daran. Sie beauftragt Privatermittler Roland Bernau, den Mörder zu finden. Scherer war Revisor bei der Frankfurter Finanzbank und hielt sich in einer Königsteiner Privatklinik auf, um sich gegen Burnout behandeln zu lassen. Tabletten wurden in der Klinik immer genau abgezählt. Wie kann er da an einer Überdosis gestorben sein? Handelt es sich also doch um Mord?
Bernau war früher beim BKA. Jetzt arbeitet er als Privatdetektiv im beschaulichen Kelkheim im Taunus. Unterstützt wird er von seiner Assistentin Susanne und der Journalistin Julia. Die Bank dagegen mauert. Es geht um Wendekriminalität. Liegt hier das Motiv?
Für Bernau tut sich ein Abgrund aus Betrug, Erpressung, Entführung und Mord auf. Neben Politik und Wirtschaft mischen auch die Geheimdienste mit. Doch nichts kann Bernau vorbereiten auf die Skrupellosigkeit des Killers…
„Tod eines Revisors“ ist ein Krimi in der Tradition des guten alten Detektivromans. Mich hat Roland Bernau sofort an Humphrey Bogart als Philip Marlowe erinnert. Genau wie bei Chandler ist die Geschichte in der Ich-Perspektive erzählt, aus der Sicht des privaten Schnüfflers.
Kaum zu glauben, dass es sich um einen Debütroman handelt, noch dazu von einem deutschen Autor. Olaf Jahnke hat nicht nur gewissenhaft und fundiert recherchiert, sondern auch eine komplexe und spannende Geschichte geschrieben, die dank kurzer Kapitel nie langweilig wird.
Neben einer guten Portion Wortwitz lebt die Geschichte von viel Lokalfarbe: Frankfurt, Rhein-Main, und Taunus. Zudem zeichnen überraschende Wendungen und falsche Fährten den Wirtschaftskrimi aus. Diese Elemente heben „Tod eines Revisors“ heraus aus dem üblichen Tätersuche-Genre.

Fazit: Eine spannende Detektivgeschichte mit viel Lokalkolorit. Interessante Thematik unterhaltsam dargeboten. Und das Ende eröffnet die Option auf eine Fortsetzung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.01.2015
French, Tana

Geheimer Ort / Mordkommission Dublin Bd.5


sehr gut

Lügen und Geheimnisse

Die Geschichte beginnt in der Gegenwart: Holly hat am Schwarzen Brett ihrer Schule eine Karte abgehängt - mit dem Bild von Chris und der Überschrift: ICH WEISS, WER IHN GETÖTET HAT.
Christopher Harper, ein 16-jährigen Schüler vom Colm, einem Jungeninternat, war ein Jahr zuvor im Park des Mädcheninternats St. Kilda mit einer Gartenhacke erschlagen worden. Und zwar auf einer Lichtung, dem geheimen Treffpunkt von Hollys Clique.
Holly ist die Tochter von Detective Frank Mackey. Nun übergibt sie diese Karte Detective Stephen Moran, den sie vor einigen Jahren in 'Sterbenskalt' kennengelernt hatte. Damals war Moran der Partner ihres Vaters. Moran und seine Kollegin Detective Antoinette Convay beginnen erneut zu ermitteln.
Es gibt aber auch Rückblicke in die Vergangenheit, als Chris noch 8 Monate zu leben hatte und es werden von Kapitel zu Kapitel weniger, wie bei einem Countdown. Die Geschichte hat mich ein wenig an „Die Lichtung“ von Linus Geschke erinnert. Auch dort konnte der Fall zunächst nicht aufgeklärt werden.
Auf der Suche nach der Wahrheit treffen die beiden Ermittler auf zwei verfeindete Mädchen-Cliquen, die von Joanne und ihren Freundinnen Gemma, Orla und Alison sowie die von Holly, Selena, Julia und Rebecca. Wer lügt, wer verschweigt etwas?
Dann wieder ein Rückblick: Hollys Clique trifft sich auf der Zypressenlichtung und schwört, keine Männergeschichten bis zum Ende der Schulzeit. Da hat Chris noch 6 Monate zu leben. Nichts ist wie es scheint. Niemand ist, wer er zu sein scheint.
„Geheimer Ort“ ist vor allem eins, eine extrem tiefenscharfe und nicht selten bissige Milieu-Beobachtung. Der Erzählrhythmus ist bis zum Ende perfekt austariert und die genaue Figurenzeichnung lässt darauf schließen, dass Tana French, die Meisterin des psychologischen Kriminalromans, das Milieu sehr genau kennt, um das es hier geht: In „Geheimer Ort“ dreht sich alles um Teenager in der Pubertät.
Das Zusammenspiel zwischen Convay und Moran gefällt mir, ebenso die Kapitel in der Ich-Perspektive, erzählt aus Sicht von Moran. Tana Frenchs Sprache ist kraftvoll, aber auch sehr poetisch. Den Spannungsaufbau finde ich äußerst gelungen, die Dialoge sind authentisch, insbesondere die Duelle zwischen der Polizei und den Mädels. Lediglich ein paar paranormale Phänomene haben mich gestört.

Fazit: „Geheimer Ort“ ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern vor allem spannendes Drama, das letztlich in einer schrecklichen Tragödie endet. Insgesamt ein schöner Schmöker, der sich locker weg lesen lässt.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.12.2014
Lorenz, Christian

[identität] (eBook, ePUB)


gut

Nichts Neues unter der Sonne

Die Inhaltsangabe ließ auf einen spannenden (Polit-)Thriller hoffen. Leider wurden meine Erwartungen diesbezüglich nicht erfüllt: zu wenig „thrill“ für einen Thriller und Spannung kam auch erst in der zweiten Hälfte auf. Doch worum geht es?
[identität] spielt in Berlin und dem ländlichen MeckPomm in der nahen Zukunft.
Minke Böckenhauer, eine Ex-Polizistin, bewirtschaftet einen Erbhof in Suckow. Ihr Geld verdient sie mit Recherchen im allwissenden Datennetz. Minke ist befreundet mit dem Förster Herzel. Er hat viel Empathie und ein großes Herz, doch sie merkt es nicht.
Eines Tages taucht der ominöse Thomas im Dorf auf. Er wirkt etwas verloren, kann oder will sich nicht erinnern und bewegt sich wie ein Roboter. Wer ist dieser Mann?
Minke entdeckt, wer Thomas wirklich ist. Zu spät merkt sie, in welche Gefahr sie sich und Herzel dadurch bringt...
Hacker, Zocker, die Geheimdienste und andere bizarre Besucher, das sind die Hauptakteure in [identität], dem Debütroman von Christian Lorenz. Es geht um die Rückkehr zur D-Mark, Bewusstseinsmanipulation und Drogen, totale Überwachung und Kontrolle, Identitätswechsel, Macht und Gier.
Die Geschichte ließ sich flott und flüssig lesen. Aber die Beschreibung des Landlebens war mir doch etwas „too much“. Auch hätte der Plot für meinen Geschmack etwas spannender sein können. Die Figurenzeichnung ist plausibel, auch wenn ich persönlich mich nicht mit der Protagonistin identifizieren und ihr Verhalten oft nicht nachvollziehen konnte. Förster Herzel ist mir dagegen sehr sympathisch, Thomas finde ich authentisch - eine tragische Figur.
Die Idee ist gut, aber für einen visionären Thriller haben mir ein bisschen die Innovationen gefehlt.

Fazit: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Gute Idee, bestenfalls durchschnittlich umgesetzt. Wenn man das Landleben liebt, kann [identität] einen dennoch ganz passabel unterhalten.

Bewertung vom 12.12.2014
Kniesel, Guido

Kein Wille geschehe


ausgezeichnet

Für immer und ewig

Um es gleich vorwegzunehmen, „Kein Wille geschehe“, der zweite Psychothriller von Guido Kniesel, ist echt der Hammer! Doch worum geht es?
Schauplatz ist Berlin. Eine Frau namens Nadine will mit einem Zimmermannshammer die „Schlampe“ Lara ermorden, damit ER zu ihr zurückkommt.
Jahre danach wird dem pensionierten Richter Anton Kaltenfeld die Kehle durchschnitten. Auf die Stirn des Toten schreibt der Mörder mit dem Blut des Opfers AMOR FATI. Anschließend ermordet er auch noch Staatsanwalt Michael Hofmann. Der Modus Operandi ist derselbe.
Hendrik Jansen, ein forensischer Psychiater, will mit seiner Frau Diana und dem gemeinsamen Sohn Noah Urlaub auf Rügen machen. Da er die Toten kannte, soll er Berlin nicht verlassen. Deshalb, schickt er seine Familie mit dem Taxi vor. Doch sie kommt niemals an…
Ein Richter, ein Staatsanwalt und ein Gutachter, wo ist die Verbindung? Befindet sich der Täter auf einem Rachefeldzug? Als Hendrik eine ominöse E-Mail mit einem gruseligen Foto geschickt bekommt, muss er erkennen, dass der Mörder auch ihn im Visier hat. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
Guido Kniesel hat nach seinem Debüt „Der Proband“ mit „Kein Wille geschehe“ erneut einen beklemmenden Psychothriller geschrieben, der eine fesselnde Reise in die dunkelsten Winkel der menschlichen Psyche verspricht. Diesmal ist das Thema Willensfreiheit. Haben wir einen freien Willen oder sind Menschen wie lose Blätter im Wind? Glaubt der Mörder wirklich, man könne nichts gegen sein Schicksal tun?
Die Geschichte lässt sich flott lesen. Auch wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut. Dazu besticht der Roman durch fundiert recherchierte Hintergründe. Die Figurenzeichnung ist ausgezeichnet gelungen und der Erzählrhythmus bis zum Ende perfekt austariert. Sogar der Humor kommt nicht zu kurz. Zitat: „Ups!“, sagte Aichner, als er Hendriks Lippen begutachtete. „Das sieht aber wirklich schei*e aus.“
Dass Guido Kniesel im Finale nochmal Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende des Thrillers hält der Autor für seine Leser noch bereit. Ein Buch mit Herzblut. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann.

Fazit: Eine gut recherchierte Geschichte über die dunkle Seite der menschlichen Seele, mit einem intensiven Spannungsbogen und einem versöhnlichen Ende. Starker Stoff. So muss Thriller!

Bewertung vom 08.12.2014
Behrendt, Michael

Steinefresser


sehr gut

Böse Spiele

„Steinefresser“ von Michael Behrendt beginnt mit einem krassen Prolog.
Anschließend lernen wir Wolf Schacht kennen. Eigentlich ist er ein SEK-Mann, knallhart und ein Schläger. In seinem ersten Fall ermittelt er aber als Praktikant beim LKA. Zusammen mit seinem Kollegen Quiquek, der in Wirklichkeit Sven heißt, soll er den angeblichen Selbstmord von Heiko Brettschneider untersuchen. Der war als Personenschützer für Staatssekretär Arnold Tiedge tätig.
Und was hat der kleine Junge aus dem Prolog damit zu tun?
Als weitere Menschen unter ominösen Umständen sterben, fühlt sich auch Schacht bedroht…
SEK, LKA, BStU, MfS, Stasi, HV A, das sind die Hauptakteure in „Steinefresser“, einer spannenden Mischung aus Kriminalroman, Action-, Polit- und Spionage-Thriller und eine Hommage an Berlin. Es geht um ein düsteres Kapitel deutsch-deutscher Geschichte, sexuelle Perversionen, Erpressung und Verrat - Ewiggestrige und um Selbstjustiz.
Michael Behrendt ist ein Profi, „Steinefresser“ sein Krimidebüt. Ein gut recherchiertes Buch, mit einem ganz intensiven Spannungsbogen und einem überraschenden Finale. Viele Ebenen des organisierten Verbrechens und des Ermittlungsapparates werden berührt. Geheimdienstliche Aktivitäten sind im Spiel. Der einzelne Mensch wird oftmals hart getroffen von den Handlungen der Mächtigen und ihrer skrupellosen Handlanger.
Die Figuren haben Ecken und Kanten, die Geschichte lebt - neben der Spannung - auch von Wortwitz und pfiffigen Dialogen. Diese Elemente heben den Krimi heraus aus dem üblichen Tätersuche-Genre. Wolf ist kein einfacher Charakter. Gegenüber Frauen empfindet er Macht, Macht ist sexy. Sex and Crime. Für mich ist „Steinefresser“ daher eher ein Männerbuch: Boxen, Karate, Polizei-Interna und Nutten. Und von allem etwas „too much“: zu viel Gewalt, zu viel Testosteron.

Fazit: Das Buch ist ein echter Slow Burner, kommt langsam - aber gewaltig. Eine hochkomplexe, spannende Geschichte und der gelungene Auftakt einer Trilogie.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.11.2014
Stäber, Bernhard

Vaters unbekanntes Land


ausgezeichnet

Nichts wird jemals vergessen

„Vaters unbekanntes Land“ startet mit einem krassen Einstieg: Wir begegnen Eivind Tverdal. Wie sich später herausstellt, hat er nicht mehr lange zu leben. Sein Kopf wird als Kunstwerk im Labyrinth einer Galerie in Bergen inszeniert, der Torso wird in einem Wald gefunden.
Anschließend lernen wir Arne Eriksen kennen: Er ist Psychologe und leidet unter Panikattacken. Deshalb hat er Berlin verlassen und will in Haugesund, an der Südwestküste von Norwegen, im Land seines verstorbenen Vaters, einen Neuanfang wagen.
Auf der Fähre trifft Arne auf Frode Bakklund, der per Anhalter unterwegs ist. Der Journalist nimmt ihn mit nach Hause. Dort begegnet Arne auch Kari Bergland. Sie ist Kommissarin in Bergen und für den Fall Tverdal zuständig.
Kari überredet Arne, als psychologischer Berater für die Polizei zu arbeiten und ein Täterprofil zu erstellen. Kari ist eine toughe Frau und hat viel Empathie. Rührend kümmert sie sich um ihren guten Freund Frode, der zu viel trinkt und laute Musik hört. Außerdem verteidigt sie Arne gegen die Angriffe ihres Chefs Holger Nygård und der Kollegen.
Ab und zu werden Kapitel in der Ich-Perspektive erzählt, aus Sicht des Täters. Wer ist dieser Mann und wo liegt sein Motiv? Jedenfalls scheint er besessen zu sein von antiken Labyrinthen und der griechischen Mythologie.
Immer wieder plagen Arne Panikattacken. Und so macht er sich - nicht ganz freiwillig - auf den Weg nach Nordland zu einem Anthropologen und Psychologen. Dort stellt er sich endlich den Dämonen seiner Vergangenheit und hat sogar eine Vision bezüglich Tverdals Mörder.
Zwischendrin werden Kapitel in Kursivschrift eingestreut, in denen sich Arne an die Vergangenheit erinnert, an sein traumatisches Erlebnis in Berlin, aber auch an Segeltörns mit seinen Vater in Norwegen.
Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse: Ein weiterer Mann wird ermordet, eine Frau verschwindet und Arne gerät selbst in den Fokus des Täters…
Bernhad Stäber ist ein großartiger Beobachter und Erzähler. Sein Schreibstil ist überaus angenehm und vermag mit leisen Tönen zu fesseln. Sowohl Arnes Panikattacken kommen authentisch rüber, als auch die Atmosphäre während seiner Reisen. Der Leser kann sich sehr gut in ihn hineinversetzen und das Geschehen nachempfinden.
„Vaters unbekanntes Land“ ist ein spannender Thriller und gleichzeitig eine Familientragödie. Eine tragische Geschichte über Untreue, Scham, Hass - Rache und Vergeltung. Atmosphärisch so bestechend, dass man sofort nach Norwegen reisen möchte. Gut gefallen haben mir auch die Einblicke in das Leben am Polarkreis und die Mythen und Gebräuche der Samen.

Fazit: „Vaters unbekanntes Land“ verspricht spannende und atmosphärische Unterhaltung vor der faszinierenden Kulisse Norwegens. Bitte mehr davon!