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Igelmanu
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Mülheim

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Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 15.08.2014
Kissel, Vera

Was die Welle nahm


ausgezeichnet

Am 26. Dezember 2004 löste ein Erdbeben eine Reihe von verheerenden Tsunamis an den Küsten des Indischen Ozeans aus. Insgesamt starben durch das Beben und seine Folgen etwa 230.000 Menschen (gem. Wikipedia). In Thailand wurden geschätzte 8.000 Menschen von der Welle in den Tod gerissen. Einer davon war Lukas Vater.

Das ist nun 10 Jahre her, Lukas ist mittlerweile 14 Jahre alt. Doch Nacht für Nacht plagen ihn Alpträume, muss er im Schlaf gegen die Welle kämpfen. Und Tag für Tag vermisst er seinen Vater. Das Schlimmste ist aber, dass er mit niemandem aus seiner Familie über seinen Vater sprechen kann - weder seine Mutter noch seine Großeltern beantworten seine Fragen. Es ist, als hätte es seinen Vater nie gegeben!

Lukas will Antworten, Lukas sucht die Wahrheit. Als er einen Brief findet, den seine Mutter versteckt hatte, macht er eine Entdeckung, die ihn völlig schockiert…

Lukas kämpft jeden Tag. Er kämpft gegen seine Angst, gegen das Trauma, das die Flutwelle bei ihm verursacht hat. Wie häufig im Leben sorgt Schweigen dafür, dass eine Situation noch schlimmer erlebt wird, als sie ohnehin schon ist.

Mit niemandem kann er über den Tod seines Vaters reden. Also hat er sich kundig gemacht, hat alles über „die Welle“ gelesen und angeschaut. Seine Phantasie malt sich immer wieder aus, wie sein Vater wohl gestorben ist. Jede Nacht aufs Neue – furchtbar!

Lukas Weg, damit zu leben, ist sein tägliches Schwimmtraining. Dabei fordert er sich bis zur totalen Erschöpfung, bis die Gedanken wieder frei werden. Mich hat das sehr beeindruckt!

Die familiäre Situation, in der Lukas lebt, ruft bei mir nur Kopfschütteln hervor. Regelmäßig hätte ich mir seine Mutter schnappen und mal ordentlich durchschütteln wollen! Wie kann man dem Jungen nur seinen Vater so komplett wegnehmen?

Lukas wehrt sich dagegen. In Gedanken spricht er mit seinem Vater, hütet er vage Erinnerungen, die er an ihn hat. Und er macht ihm Vorwürfe: Warum hast du mich alleingelassen? Ich bräuchte deinen Rat! Warum bin ich so schüchtern? Hab ich das von dir?

Eins war mir sehr schnell klar: Das Buch ist ungeheuer emotional geschrieben. An keiner Stelle hat es mich kalt gelassen! Lukas Gedanken und Gefühle stürzen auf ihn ein, kurze und abgehackte Sätze machen das ganz deutlich! Es sind einfach zu viele Emotionen auf einmal und sie sind viel zu intensiv! Wer so etwas erlebt, denkt nicht in ganzen Sätzen! All die Verzweiflung und die Wut auf die diversen Erwachsenen, die nicht mit ihm reden und auf seinen Vater, der ihn durch seinen Tod verlassen hat, kommen unmissverständlich raus. Ohnehin ist die Pubertät eine Lebensphase, die von starken Gefühlen und Gefühlsschwankungen beherrscht wird. Wenn dann noch solche Probleme hinzukommen, wie hier bei Lukas, wundere ich mich nicht über gelegentliche heftige Wutanfälle.

Dabei merkt man, dass Lukas kein braver Vorzeigejunge ist. Nein, er ist ein ganz normaler Junge mit ganz normalen Gefühlen. Dass er schon mal durchdreht, macht ihn authentisch und gibt die Möglichkeit, sich mit ihm zu identifizieren. Ebenso normal ist, dass Lukas nicht rund um die Uhr an seinen Vater denkt. Neben seinem täglichen Schwimmtraining ist Lesen für ihn enorm wichtig – ein Punkt, der mir natürlich ungeheuer sympathisch ist ;-) Und wenn er den „Kinderhassern“ in der Nachbarschaft einen Streich spielt, kann ich nicht anders, als breit zu grinsen.

Fazit: Ein sehr empfehlenswertes Jugendbuch über die Suche nach der eigenen Identität. Ein Plädoyer für Offenheit und Toleranz, das auch Eltern lesen sollten.

Bewertung vom 01.08.2014
Arenz, Ewald

Ein Lied über der Stadt


ausgezeichnet

„Du wirst sehen, Tochter…du wirst sehen. Wenn es wirklich mal nötig ist, wirst du auch wissen, was richtig ist.“

Luises Vater weiß, was er zu tun hat. Und was er nicht zulassen darf. Dazu gehört beispielsweise, sich für Nazi-Propaganda einspannen zu lassen. Eine Haltung, die Mitte der 30er Jahre in Deutschland ausgesprochen gefährlich ist. Aber seine Lebenseinstellung verlangt nach „Freiheit der Rede, Freiheit des Glaubens und Freiheit des Herzens“ – danach lebt er, auch wenn er sich damit Feinde macht. Schon Jahre zuvor, noch vor 1933, hat er mit seiner liberalen Haltung nicht wenige brave Bürger seiner Gemeinde in einer bayrischen Kleinstadt vor den Kopf gestoßen. Seiner Tochter Luise jedoch kam diese Haltung zugute. Seit frühester Kindheit hatte sie nur einen Wunsch: Sie wollte fliegen!

„Wenn man in den Himmel sah, dann wusste man doch: Er war so weit und so offen und vor allem so unendlich wie nichts anderes auf der ganzen Welt. Und weil Luise sich nach der Unendlichkeit sehnte, so sehr, dass es manchmal wehtat, wollte sie fliegen, seit sie das erste Flugzeug gesehen hatte.“

Ihre ganz persönliche Freiheit sollte über den Wolken stattfinden und Luises Vater ermöglicht ihr diesen Traum. Ein paar glückliche und unbeschwerte Jahre als gefeierte Kunstfliegerin liegen vor ihr, doch die politische Lage ändert sich und Luise muss in ihr Heimatstädtchen zurückkehren. Anfänglich ist sie nur traurig, weil sie nun nicht mehr fliegen kann, doch dann wird sie mit der harten Realität „auf dem Boden“ konfrontiert, die darin besteht, dass ihrem Vater ob seiner Haltung mit dem KZ gedroht wird und ihr bester Freund Georg als Kommunist im Widerstand agiert…

Ein großartiges Buch über einige großartige Menschen! Toll geschrieben, ich fühlte mich zu jeder Zeit mitten im Geschehen! Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, wobei der erste Teil in den Jahren vor 1933 spielt und die Realisierung von Luises großem Traum zum Thema hat. Das alleine war schon toll zu lesen: Mit welchem Enthusiasmus und mit wie viel Einsatz sie sich in dieser von Männern beherrschten Domäne behauptete, oder wie sie in nächtlicher Schufterei gemeinsam mit ihrem Freund Georg an einem Flugzeug baute.

Der zweite Teil behandelt dann die Zeit ab 1935, als sie gezwungenermaßen ins Haus des Vaters zurückkehren muss. Ab da stieg die Spannung unaufhörlich an. Während der letzten 100 Seiten hatte ich eigentlich ziemlichen Durst, konnte mich aber nicht überwinden, meine Lektüre auch nur für ein paar Minuten zu unterbrechen. Es war völlig klar, dass dies alles nicht gut ausgehen könnte, dass alles auf ein schlimmes Ende zusteuern würde. Aber wie genau würde dies aussehen? Und sollte wirklich nur die böse Seite siegen?

Am Ende wird Luise wieder fliegen. Und sie wird wissen, was richtig ist.

Bewertung vom 01.08.2014
Golch, Dinah Marte

Wo die Angst ist / Behrens & Kamm Bd.1


sehr gut

Nichts ist, wie es scheint. – Dieser Satz steht auf der Rückseite des Buches, als Kommentar eines Regisseurs. Tatsächlich war das genau der Gedanke, der mir beim Lesen immer wieder in den Sinn kam.

Zunächst scheint alles recht klar zu sein. Ein Gründungsmitglied einer Anti-Rassismus-Bewegung wird Opfer eines grausamen Tötungsversuchs. Mitten in Potsdam hat ihm jemand so oft ins Gesicht getreten, dass er mit schwersten Hirnverletzungen im Koma liegt. Dieser Jemand wird von einem Zeugen, der mutig einschritt und dabei selbst verletzt wurde, als klassischer Typ „Neonazi“ beschrieben. Und der Junge war nicht nur ein mutiger Vorkämpfer seiner Bewegung, sondern zusätzlich auch noch Türke. Alles passt hervorragend zusammen.

Der ermittelnde Hauptkommissar Sigi Kamm, bekannt für seine nicht immer juristisch ganz einwandfreie Ermittlung, wird aufgrund der prekären Lage (rassistisch motivierter Mordanschlag) gezwungen, mit der Psychologin Alicia Behrens zusammenzuarbeiten. Sie soll den Vater des Opfers und den geschockten Zeugen nebst Familie betreuen. Und diesen zur Aussage bewegen, denn plötzlich ist er genau dazu nicht mehr bereit…

Bei diesem Buch wäre es tödlich, zu viel zu verraten. Denn es passiert unglaublich viel und immer wieder gibt es neue Entwicklungen. Ich habe manches Mal kopfschüttelnd dagesessen und hab gedacht: „Das kann doch jetzt nicht wahr sein!“ Spannend war es auf jeden Fall, das steht mal fest.

Zwischendurch kamen mir immer mal wieder Zweifel ob es gut ist, mit einem so brenzligen Thema so zu jonglieren. Ich bin mir da auch nach wie vor unsicher. Auf jeden Fall sollte man das Buch sorgfältig lesen und sich Zeit zum Nachdenken nehmen.

Ein zweiter Knackpunkt war für mich persönlich die Psychologin. Psychologen sind auch Menschen, keine Frage. Aber diese schleppte selber ein unbewältigtes Kindheitstrauma mit sich rum, das in der Sektenmitgliedschaft ihrer Eltern begründet war. Den Andeutungen nach würde ich sagen, dass es Zeugen Jehovas gewesen sein müssen. Es gab noch diverse Anspielungen, die mit dem Tod der Mutter zu tun hatten, in den sie irgendwie verstrickt ist und einem scheinbar inhaftierten Vater. Ich schätze – da dies der erste Fall für Kamm und Behrens war – dass in den kommenden Bänden daran noch weiter gearbeitet wird. Ich hoffe vor allen Dingen, dass sie sich selber mal in eine gute Therapie begibt, denn ihr ständiges „sie parkte die eigenen Gefühle in der Warteschleife in ihrem Hinterkopf“ ging mir nach einer Weile doch ziemlich auf die Nerven. Zudem störte mich ihre Art, selbst aus der brenzligsten Situation noch ein Rollenspiel zu machen. Ich hatte das Gefühl, dass diese Frau nicht in der Lage ist, ein einziges normales Gespräch zu führen. Und sie schien auch keine anderen Bedürfnisse zu haben, als immerfort an ihre Therapien zu denken. Für mich war sie ein Musterbeispiel für Verdrängungsverhalten. Vermutlich sollte das auch so rüberkommen, damit in den Folgebänden an ihren Problemen gearbeitet werden kann. Ich hoffe nur, dass dies zügig erledigt wird!

Der Kommissar war mir hingegen sympathisch und die Handlung – wie gesagt – sehr spannend, überraschend und anspruchsvoll. Ich werde dem nächsten Fall der beiden auf jeden Fall eine Chance geben (und hoffe auf eine baldige, erfolgreiche Therapie der Therapeutin).

Bewertung vom 01.08.2014
King, Stephen

Joyland


ausgezeichnet

Tritt ein - wenn du es wagst.

Diese freundliche Einladung begrüßt jeden, der sich dem Horror House im Vergnügungspark Joyland nähert. Diese Geisterbahn ist anders als jede andere, die Dev in seinen bisherigen 21 Lebensjahren kennengelernt hat. Denn diese Geisterbahn hat eine Geschichte…

Im Sommer 1973 hat Dev mit gebrochenem Herzen dem Ferienjob in der Mensa seiner Uni den Rücken gekehrt und beim Vergnügungspark Joyland als „Happy Helper“ angeheuert. Ein Job, der ihm überraschenderweise viel Spaß macht, selbst – oder gerade – wenn er bei brütender Hitze in einem Hundekostüm vor kleinen Kindern tanzen muss. In diesem Sommer lernt er viel über sich selbst, trifft neue Freunde, rettet Leben und macht einen schwerstkranken Jungen glücklich.

Nanu? Das soll ein Buch von Stephen King sein? Klingt doch eher wie eine nette Geschichte übers Erwachsenwerden. Aber keine Sorge! Der Grusel ist da, er ist nur nett verpackt. Denn da ist ja noch besagte Geisterbahn, in der vor Jahren ein junges Mädchen ermordet wurde. Und der kranke Junge sieht Dinge, die sonst niemand sieht…

Toll! Ich hatte über viele Jahre keinen King mehr gelesen, erlebte aber schon nach einigen Seiten das vertraute „hier-kannst-du-nicht-mehr-aufhören-zu-lesen“-Gefühl. Anders jedoch als in vielen früheren seiner Bücher gibt es nur wenig Horror-Elemente, dafür viel subtilen Grusel. Und natürlich kann man sich auf ein spannendes Finale freuen! Auch wenn er nicht so blutig daherkommt wie die meisten seiner Vorgänger weiß King doch, wie man seinen Leser ans Buch fesselt.

Und jetzt bin ich auf „Doctor Sleep“ gespannt – der wartet nämlich schon auf meinem SuB.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.08.2014
Stevens, Amanda

Totenhauch


sehr gut

„Er darf nicht dahinterkommen, dass du ihn sehen kannst.“ … „Warum, Papa?“ „Weil die Toten nur eins wollen: wieder Teil unserer Welt sein. Sie sind wie Parasiten, sie werden angezogen von unserer Lebensenergie, ernähren sich von unserer Körperwärme. Wenn sie wissen, dass du sie sehen kannst, werden sie sich an dich heften wie Pesthauch. Du wirst sie nie wieder los. Und dein Leben wird nie wieder dir gehören.“

Amelia Gray kann Geister sehen. Ihren ersten Geist sah sie im Alter von 9 Jahren, als sie ihrem Vater – einem Friedhofsgärtner – bei der Arbeit half. Ihr Vater, der die gleiche Gabe hat, gab ihr diverse wichtige Verhaltensregeln mit auf den Weg. Denn beim Umgang mit Geistern ist große Vorsicht geboten, ein Fehler kann auf ewig schlimme Folgen haben! Bislang hatte Amelia sich auch stets an die Regeln gehalten, doch als Detective John Devlin in ihr Leben tritt und sie um Mithilfe bei der Aufklärung einer Mordserie bittet, erscheint ein Regelverstoß unumgänglich. Was nun auf Amelia zukommt ist mehr als alles, was sie sich vorstellen konnte…

Mystery-Thriller gehören zu den Büchern, die ich eher selten lese. Normalerweise ist mir der Realismusgehalt eines Buches sehr wichtig, aber zum einen sollte man immer mal in andere Genre reinschnuppern und zum anderen: Was weiß man schon über das Reich der Toten? Wer kann beweisen, dass es so etwas wie Geister nicht doch gibt? ;-)

Ein Großteil der Handlung findet auf Friedhöfen statt. Das ist Amelias Welt, sie ist Friedhofs-Restauratorin. Und dies wiederum ist für mich ein faszinierender Beruf. Die diversen Schilderungen Amelias Tätigkeiten betreffend fand ich ebenso interessant wie die Beschreibungen der Örtlichkeiten.

Und ob man nun an die mögliche Existenz von Geistern glaubt oder nicht, so hat Amanda Stevens hier eine fesselnde Geschichte geschrieben und eine hochinteressante Welt erschaffen. Beim Lesen kommen einem die diversen Geistererscheinungen völlig normal vor, sie gehören schließlich fest zu Amelias Welt.

Auch die Mordserie ist spannend beschrieben und sorgt immer wieder für Überraschungen. Hier hätte ich mir aber noch ein wenig mehr Tiefe gewünscht. Die einzelnen Mordfälle bleiben für meinen Geschmack ein wenig zu sehr an der Oberfläche.

Was aber wirklich klasse war, waren einige klaustrophobische Schilderungen. Wenn Amelia in irgendwelchen unterirdischen Grabkammern herumkriecht, bekommt man schon vom Lesen Platzangst ;-)

Auch Freunde der Romantik können sich freuen, denn Amelia fühlt sich zu John Devlin sehr stark hingezogen. In der Summe ergibt das einen flott zu lesenden Thriller mit Spannung, ganz viel Mystery und ein paar (abgesehen von der Mordserie ;-) ungelösten Problemen, mit denen es vermutlich im Folgeband „Totenlichter“ weitergeht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.08.2014
Koch, Sven

Totenmond


ausgezeichnet

„Er schenkte der Beute ein Lächeln und rieb sich die Hände. Die Kälte kroch sogar ihm bis in die Handschuhe. Er warf erneut einen Blick aus dem Fenster und sah, dass es nun Zeit war. Kurz darauf spürte er es auch am Reißen und Zerren in seiner Haut, am Zittern jedes einzelnen Muskels. Seine Nasenflügel blähten sich. Die Bestie kam hervor.“

Eine grausame Mordserie beschäftigt Polizeipsychologin Alexandra von Stietencron und ihre Kollegen. Die Opfer sind junge Frauen, die furchtbar verstümmelt aufgefunden werden. Die Leichen sehen aus, als wären sie von einem Raubtier zerfleischt worden. Geheimnisvolle Zeichen an den Tatorten und Briefe, deren Inhalt aus Songtexten besteht, geben weitere Rätsel auf. Eine harte Nuss für Alex, die zudem bald feststellen muss, dass sie weiter in den Fall hineingezogen wird, als ihr lieb ist…

Dieser Thriller gefiel mir sehr gut! Gleich von Beginn an wollte ich nur noch weiterlesen, weiterlesen, weiterlesen… Die kurzen Kapitel haben das sicher noch unterstützt.

Alex war mir sehr sympathisch. Sie hat die für den Polizeiberuf typischen Beziehungsprobleme und liefert sich im beruflichen Bereich ein stetes Kompetenzgerangel mit der neuen Dezernatsleiterin. So erfahren wir durchaus Einiges über die private Alex, aber diese Abschnitte bleiben mengenmäßig in einem vernünftigen Rahmen. Genau so mag ich es gern, denn der Charakter wirkt sehr menschlich, ohne dass zu viel Rahmenhandlung die Spannung stört.

Die Spannung bleibt also hoch und im Laufe der Handlung wurde ein für mich sehr interessantes Thema aufgebracht, das ich hier nicht benennen werde, damit sich jeder Leser davon überraschen lassen kann. Ich fand dieses Thema jedenfalls so spannend, dass ich mich gleich mal im Internet darüber schlau gemacht habe. Das Nachwort liefert ebenfalls einige Infos dazu.

Auch der Schreibstil gefiel mir. Wie schon erwähnt sind die Kapitel kurz und lesen sich schnell weg. Gut gefiel mir auch die Wortwahl, wenn ein Abschnitt aus der Perspektive des Täters erzählt wird. Ein Beispiel liefert das Eingangszitat meiner Rezi. Das Opfer als „Beute“ zu bezeichnen, ist schon recht aussagekräftig!

In der Summe ergibt das eine volle Leseempfehlung von mir und ich bin froh, dass weitere Bücher von Sven Koch auf meinem SuB warten :-)

Superspannend und mit einem tollen Thema. Eine volle Leseempfehlung für jeden Thriller-Freund.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.08.2014
Fitzek, Sebastian

Amokspiel


sehr gut

„Hallo Berlin. Es ist 7.35 Uhr. Und Sie hören gerade Ihren größten Albtraum.“

Eigentlich hatte die Kriminalpsychologin Ira Samin für diesen Tag ganz andere Pläne. Seit dem Tod ihrer ältesten Tochter ist aus ihr eine Alkoholikerin geworden, die ihr trauriges Dasein nun mit ihrem Selbstmord beenden will. Doch stattdessen wird sie zu einem Einsatz gerufen: Ein bewaffneter Psychopath hat in einem Radiosender Geiseln genommen und kündigt ein makabres Spiel an. In jeder Stunde will er wahllos eine Telefonnummer wählen. Wenn sich der Angerufene mit der richtigen Parole meldet, lässt er eine Geisel frei. Wenn nicht, wird sie erschossen. Was er fordert, klingt eigentlich ganz einfach: Seine Verlobte soll zu ihm ins Studio gebracht werden. Aber leider gibt es da ein Problem, denn sie ist seit 8 Monaten tot…

Dieses Buch hat mich wirklich gut unterhalten. Ich finde es klasse, wenn die Handlung fortwährend Rätsel aufgibt. Wenn ich mich ständig fragen muss, was real ist und was vielleicht nur Fiktion. Ist die Freundin tatsächlich noch am Leben oder hat der Geiselnehmer eine Wahnvorstellung, weil er ihren Tod psychisch nicht verarbeiten kann? Gibt es wirklich eine Verschwörung und wenn ja, wer steckt dahinter? Und wem kann man überhaupt trauen?

Fitzek schafft es, so zu schreiben, dass man geneigt ist, jeden irgendwann mal zu verdächtigen. Und noch etwas anderes gefällt mir an seinem Schreibstil gut: Manchmal lese ich einen Satz, der zum Beispiel einen Gedanken aus der Sicht des Täters wiedergibt. Dieser Satz passt zu dem, was gerade geschieht, ich ordne den Inhalt logisch ein. So 200 oder 300 Seiten später geschieht etwas und ich denke: „Moment mal! Das passt doch nicht zu dem, was er zu einem früheren Zeitpunkt gedacht hat!“ Empört blättere ich zurück und glaube schon, Herrn Fitzek bei einem Logikfehler erwischt zu haben. Ich finde die Stelle, lese nach und stelle plötzlich fest, dass man sie auch ganz anders interpretieren kann! Nur ist mir das zuvor nicht aufgefallen. Klasse! So macht das Mitraten noch mehr Spaß 

Der Fall selbst ist spannend und bleibt auch kontinuierlich auf hohem Niveau. Die Verhandlungen zwischen Ira und dem Geiselnehmer erhalten noch zusätzliche Brisanz dadurch, dass all ihre Gespräche übers Radio gesendet und so von Millionen Menschen mitgehört werden.

Ein paar Dinge erschienen mir allerdings zu konstruiert. Da wäre – in meinen Augen – etwas weniger mehr gewesen. Aber da ich trotzdem viel Spaß mit dem Buch hatte, vergebe ich gute 4 Punkte für diesen Thriller.

Fazit: Spannend und klasse geschrieben. Das Buch hat mich wirklich gut unterhalten!

Bewertung vom 31.07.2014
Penney, Stef

Was mit Rose geschah


sehr gut

„Sie vermuten, man habe Ihre Tochter vor sechs Jahren ermordet – und haben bislang mit niemandem darüber gesprochen?“

Privatdetektiv Ray Lovell wacht in einem Krankenhaus auf – gelähmt, unfähig zu sprechen, unfähig sich zu erinnern. Ständig wird er von Halluzinationen geplagt, die nach und nach von Erinnerungen abgelöst werden. Was war nur geschehen?

Ein Mann namens Leon Wood hatte ihn aufgesucht und gebeten, seine verschwundene Tochter zu suchen. Der Mann – ein Rom. Und er – Ray Lovell – ist ebenfalls zur Hälfte ein Rom und nur deshalb, meint Wood, hätte er eine Chance, bei seinen Leuten zu ermitteln. Denn einem gorjio – einem Nicht-Roma – würde man auch nicht eine Frage beantworten. So macht sich also Ray auf die Suche nach der verschwundenen Rose. Und stößt schon nach kurzer Zeit auf mehr als eine Ungereimtheit.

An dieser Stelle könnte ein Leser der Versuchung erliegen, bewusste oder unbewusste Vorurteile gegenüber „Zigeunern“ bestätigt zu sehen. Doch Stef Penney benutzt einen wie ich finde genialen Kunstgriff, um das zu verhindern. Sie lässt abwechselnd Ray erzählen und dann wieder JJ – einen vierzehnjährigen Jungen, der in eben der Familie lebt, in der Ray die Ursache für Roses Verschwinden vermutet. Denn JJ liebt sein Leben und seine Familie, fühlt sich wohl und geborgen. Mir war der Junge ungeheuer sympathisch! Eines Tages jedoch, gefördert durch Rays Ermittlungen, gerät sein gesamtes Weltbild ins Wanken.

Eine spannende Geschichte mit interessanten Einblicken in die Welt der Roma. Und keine Sorge: Alle Roma gut, alle gorjios schlecht – so einfach wird es auch nicht. Die Suche nach Rose wird noch mehr als eine Überraschung bringen! Als Krimi würde ich dieses Buch jedoch nicht bezeichnen, sondern eher als Familiengeschichte.

Im Anhang befindet sich ein kleines Glossar zur Erklärung der im Buch verwendeten Begriffe. Wer aus dem Textzusammenhang nicht gleich versteht, was mokady oder prikaza bedeutet, kann dort nachschlagen.