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yellowdog

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Insgesamt 2182 Bewertungen
Bewertung vom 14.09.2021
Vlautin, Willy

Nacht wird es immer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Willy Vlautins Sound

Willy Vlautin hat schon oft über das Leben und dem Alltag der einfachen Menschen, z.B. aus der Arbeiterschicht geschrieben. So macht er es auch hier und er geht ohne Pathos dabei vor.

Die 30jährige Lynette lebt mit ihrer Mutter zusammen, sie geht zum College und arbeitet und sie passt auf ihren geistig behinderten Bruder auf. Man kann sich gut vorstellen, wie zehrend das manchmal sein muss. Der Altrag ist anstrengend und manchmal trist.
Der Traum vom Kauf eines Hauses droht zu platzen und Lynette ist bereit, Risiken einzugehen, um das benötigte Geld aufzutrieben.
Als Leser folgt man ihren verzweifelten Weg in dieser Nacht und es werden auch ihre frühreren Erlebnisse erinnert.
Vlautin zeigt, wie es schwer es ist, von der Seite der Verlierer loszukommen und dass das Scheitern manchmal unvermeidlich ist. Dadurch ist Lynette für mich noch lange keine Looserin, aber sie hatte eine Menge Pech im Leben.
Der Roman ist sehr eindringlich, besonders in den starken Dialogen und hat ein genauso gutes Niveau wie Vlautins bisherigen Bücher.

Bewertung vom 13.09.2021
Schoenfeld, Bruce

Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin


sehr gut

Tennisspielerinnen der fünfziger Jahre

An diesem biografischen Sportbuch ist ungewöhnlich, das wahrscheinlich die wenigsten die 1927 geborene amerikanische Tennisspielerin Althea Gibson kennen.
Das Buch wird auch geprägt vom Prolog, den Althea Gibson gegen Ende ihres Lebens verarmt und verbittert war. Am Anfang ihrer Karriere musste sie sehr kämpfen, weil es Widerstände gegen schwarze Tennisspieler gab.
Ein wichtiger Aufhänger im Buch ist die Freundschaft zu ihrer Double-Partnerin Angela Buxton. Deren Leben war auch ziemlich aufregend und abwechslungsreich. Auch ein paar andere Tennisspielerinnen dieser Zeit werden erwähnt.
Eine gute Idee des Autors Bruce Schoenfeld, sich nicht nur auf eine Person zu konzentrieren.
Das Buch zeichnet sich außerdem durch das hochwertige Fotomaterial aus, das zwischen den Kapiteln zu bewundern ist.
Das Buch vermittelt das Bild einer erfolgreichen und selbstbewussten Sportlerin!

Bewertung vom 13.09.2021
Neitzel, Gesa

Löwenherzen


sehr gut

Auf der Schotterpiste

Gesa aus Berlin und Frank, der in Südafrika geboren ist, reisen gemeinsam durch Teile Afrikas und leiten gelegentlich Safaris. Das Buch schildert entspannt und locker über ihre Erlebnisse,

Gesa schreibt durchaus ehrlich über ihre Erfahrungen in Afrika, dazu gehörte auch, dass sie bei der Prüfung zum Safari-Guide in Afrika durchgefallen war
und dass ihr noch Erfahrungen fehlen.
Ebenso die Begegnung mit auch gefährlichen Tieren wie z.B. einer Schlange und Löwen. Und natürlich Elefanten, Hyänen, Fledermäuse, Flusspferde uva.

Es wird vor allen am Anfang ein wenig zu viel und störend gegendert im Buch. Da fehlt das Gefühl für das richtige Maß.
Dafür sind einige Beschreibungen der Landschaft und Tierwelt sowie den Lebensbedingungen detailliert und wirklich nicht schlecht gemacht.

Das Buch ist natürlich schon sehr harmlos, aber es erfüllt die Erwartungen und weckt Sehnsucht nach Afrika und seinen Tieren.

Bewertung vom 12.09.2021
Gatzmaga, Clemens Bruno

Jacob träumt nicht mehr


sehr gut

Clemens Bruno Gatzmagas Debütroman zeigt den Zustand, den Menschen im modernen Arbeitsalltag geraten können. Der erfolgreiche Teamleiter Jakob, Ende Zwanzig, Workaholic und aufstrebende Führungskraft, arbeitet in einer Agentur, als er an einem Arbeitstag, an dem es ihm nicht gut ging, in die Krise gerät. Er musste eine Präsentation für einen wichtigen Auftrag bei einer Bank verlassen. Am Ende des Tages bricht er zusammen und wenig später kündigt er schließlich, weil er innerlich aus dem Tritt geraten ist. Wer auch nur einmal nicht funktioniert ist in der New Work nicht mehr zuverlässig.

Auf der Suche nach dem Normalzustand besucht er seinen Vater und seine Großmutter auf dem Land. Er denkt an seine Kindheit, bei der er früh seine Mutter verlor.

Gatzmaga hat den Arbeitsalltag einer Agentur treffend mit all seinen Begriffen und Gepflogenheiten dargestellt. Aber auch das imposante Finale des Buches ist nicht zu verachten.
Es ist immer wieder interessant, einen neuen Autoren mit Potenzial zu entdecken.

Bewertung vom 12.09.2021
Kent, Kathleen

Die Tote mit der roten Strähne


sehr gut

Dallas-Police

Die Tote mit der roten Strähne ist ein unterhaltsamer Thriller, angesiedelt in Texas. Der Roman lebt von der Hauptfigur, Detective Betty Rhyzyk, einer Polizistin aus Brooklyn, die jetzt in Dallas Ermittlungen leitet.
Die Handlung wird stets aus ihrer Sicht gezeigt, entsprechend von ihren Gedanken kommentiert und gewertet. Sie ist ein schräger Charakter, die selbstbewusst ist und auch mal einen Spruch heraushaut. Das gefällt mir.
Betty lebt in einer lesbischen Beziehung, die ihr Kraft gibt.
Kathleen Kents Stärken neben dem Entwurf ihrer einzigartigen Protagonistin liegt in den kraftvollen Darstellen der Szenen. Auch der Polizeitalltag wird in Ansätzen gezeigt.
Den Gesamtplot mit der Jagd auf einen Drogenbaron halte ich für nicht so originell und mit der Zeit auch nicht besonders spannend. Die anfänglichen Passagen, die Bettys nicht gerade einfaches Einleben in die texanischen Gepflogenheiten haben mir besser gefallen. Kathlee Kent ist selbst in Texas aufgewachsen. Ich halte daher viele Beschreibungen des Texas-Ambiente für wirklich glaubhaft.

Bewertung vom 12.09.2021
Rooney, Sally

Schöne Welt, wo bist du


ausgezeichnet

Nach Gespräche mit Freunden und Normale Menschen erwartet man Sally Rooneys dritten Roman mit Spannung und wieder geht es um Beziehungen und Lebensgefühl der Generation, die jetzt Ende Zwanzig/Anfang 30 ist.

Der Roman beginnt mit einem Blind Date. Die Schriftstellerin Alice lernt Felix durch Tinder kennen, doch das Date läuft nicht besonders. Doch als sie sich zufällig wiedersehen, kommen sie sich näher. Aber sie sind auch sehr unterschiedlich und es wird nicht leicht.
Die Handlung spielt sich an der irischen Küste ab.
Eine weitere wichtige Figur ist Alice Freundin Eileen. Sie lebt in Dublin und ist auf ihren Jugendfreund Simon fixiert. Doch zwischen ihnen ist es wohl nicht ganz klar, ob es mehr als nur Freundschaft ist.

Es gibt viele Mails zwischen Alice und Eileen, die zeigen, dass ihnen ihre Freundschaft wichtig ist. Ihre Gespräche sind ein wichtiger Bestandteil des Romans.
An einigen Stellen wirkt es aber so, als würde die Autorin ihre eigene Meinung mit transportiieren. Zum Beispiel bei den Klagen über den Literaturbetrieb. Das halte ich für eine Schwäche des Buches.
Dafür sind die Dialoge eine große Stärke von Sally Rooney und die psychologische Note ist überzeugend. Das gipfelt in einer großen Aussprache der vier im Finale.

Bewertung vom 11.09.2021
Baar, Anna

Nil


sehr gut

Nil von Anne Baar ist ein rätselhaftes Buch, in der eine Autorin von Fortsetzungsromanen ein schnelles Ende finden muss.
Die Figuren nehmen Außenseiterpositionen ein, das gilt insbesondere für den Sonderling Sobek.
Mit ihm zusammen schreibt sie an ihrem Finale.
Aber darf man das geschilderte einfach glauben. Ich denke, nein, denn es gibt einige Widersprüchlichkeiten und in diesen Überlegungen liegt ein Teil des Reizes des Buches.

Sprachlich ist das herausfordernde Buch bemerkenswert, es gibt immer wieder Sätze, die man so noch nicht gelesen hat. Dieses Jahr sind einige ungewöhnliche Bücher beim Österreichischen Buchpreis nominiert und Nil gehört dazu.

Bewertung vom 09.09.2021
Schuh, Franz

Lachen und Sterben


ausgezeichnet

Ein Buch von Bedeutung

Ich habe den österreichischen Schriftsteller Franz Schuh erst jetzt mit diesem Buch entdeckt. Eine tolle Entdeckung! Da bin ich fast sauer auf mich selbst, dass ich ihn bisher übersehen habe. Aber in Deutschland ist er, glaube ich, nicht so bekannt wie in Ö. Als norddeutscher Leser verstehe ich auch nicht alles, was er an Schmäh etc. anspricht.
Franz Schuh, der schwer erkrankt ist, versammelt in diesem Buch eine Reihe von Texten, die zwischen Essay und Literatur schwanken, aber auf jeden Fall ist er immer originell, oft witzig und wirklich hellsichtig. Sein Urteil ist nie vorschnell getroffen und gerade dadurch glaubwürdig.

Einige bemerkenswerte Gedichte sind zwischen die Texte gestreut.

Interessant auch, worauf sich Franz Schuh so bezieht, da sind Karl Kraus wie Elias Canetti oder Helmut Quatlinger, Nestroy, nicht unkritisch Thomas Bernhard und viele andere Einflüsse.
Bemerkenswert was er in „Fragmente der Einsamkeit“ in 8 Abschnitten schreibt. Ähnliches gilt für den Abschnitt über Harald Schmidt.

Lachen und Sterben ist ein Buch, das viel bietet!

Bewertung vom 09.09.2021
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


ausgezeichnet

Herr Schmidts Erkenntnisse

Herr Schmidt erinnert nicht gerade wenig an einen Mann namnes Ove.

Herr Schmidts Frau Barabara wird plötzlich krank und Walter, der nie im Haushalt geholfen hat, muss Einkaufen und Kochen lernen.

Der Roman ist auf dem ersten Blick durch den knurrigen Protagonisten trotz des Themas witzig, aber schon bald zeigt sich, dass es in der langjährigen Ehe durchaus Probleme und Unstimmigkeiten gab.

Der Roman ist raffiniert gebaut, da der Leser lange nicht alles weiß und die Figur, die wir die ganze Zeit begleiten, entzieht sich manchen und will nicht wahrhaben, dass seine Frau Barbara ernsthaft krank ist.
Sein Weg, sich zu ändern wird als Prozess beschrieben, der darin gipfelt, dass er doch manches aus seinem Leben erkennt und sich dem stellt. Sogar seinen erwachsenen Kindern kommt er näher.
Das ist sehr geschickt gemacht und zeigt Alina Bronsky in ihrem ganzen Können.

Bewertung vom 08.09.2021
Albinus, Anna

Revolver Christi


sehr gut

Obwohl als Novelle konzipiert hat Revolver Christi einen komplexen Ansatz.
In einer Kathedrale im Jahr 2018 fällt ein Schuss!
Icherzähler ist ein Kommissar, damit wird es zum Teil zur Kriminalgeschichte.
Jedoch seine Familie scheint in die mysteriösen Vorfälle um eine Tatwaffe, die als Reliquie ausgestellt wird, involviert zu sein.

Die Novelle lebt von ihren spektakulären Ideen, die brisant genug sind und Glaube und Gewalt behandelt. Die Schriftstellerin Anna Albius ist Theologin und behandelt das Thema auf Niveau. Hinzu kommt eine stilistische Brillanz, die auffällt. Der Text enthüllt auch bis zuletzt nicht seine Rätselhaftigkeit.

Erschienen ist das Buch in der Edition.fotoTAPETA.