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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1234 Bewertungen
Bewertung vom 06.08.2018
Peterson, Alice

Ein Song bleibt für immer


ausgezeichnet

Alice ist 26 und wunderschön, als Tom sie das erste Mal in einer Galerie sieht. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, aber dann erfährt er zufällig, dass sie an Mukoviszidose leidet (einer unheilbaren Lungenkrankheit). Er besorgt sich Informationen und ist geschockt, Alice Lebenserwartung beträgt nur 30 Jahre. Ihr erstes Treffen findet dann auch in ihrem zweiten Zuhause, dem Krankenhaus statt. Gegen jede Vernunft und den Rat seines besten Freundes entscheidet sich Tom für eine Beziehung mit Alice. Sie imponiert ihm, ist eine echte Kämpfernatur und lässt sich von ihrer Krankheit nicht beherrschen: „Ich bin nicht meine Krankheit.“ (S. 23).
Alice schreibt seit ihrer Kindheit Songs und ihr größter Traum ist eine Karriere als Sängerin und Songwriterin. Aber geht das mit ihrer eingeschränkten Lungenfunktion? Kann sie einen Produzenten überzeugen, es mit ihr zu versuchen? „Ich habe mich noch nie von irgendetwas aufhalten lassen, schon gar nicht von meiner Mukoviszidose.“ (S. 16)

„Ein Song bleibt für immer“ beruht auf der wahren Geschichte von Alice Martineau. Ich habe sie bewusst nicht vor dem Lesen gegoogelt, damit ich mir das Ende nicht vorwegnehme. Der Roman erzählt von ihrem Kampf und dem ihrer Familie und Freunde. Alle haben immer zurückgesteckt, eigene Wünsche und Träume, Lebensentwürfe hintenangestellt – denn Alice Alltag bestimmte ihren Lebensrhythmus. Verständlich, dass sich Alice oft schuldig fühlte und dass gerade ihre Mutter manchmal dachte, wie ihr Leben wohl mit einer gesunden Alice verlaufen wäre.
Auch Tom versucht sich dem anzupassen, aber es verlangt ihm (zu?) viel ab. Während seine Freunde heiraten und Eltern werden, muss er um Alice’ Leben bangen, seine Träume von einer eigenen Familie und Kindern wahrscheinlich begraben.
Als sich ihr Zustand immer weiter verschlechtert, wird sie auf die Warteliste für eine Herz-Lungen-Lebertransplantation gesetzt. Die Überlebenschancen dieser OP liegen bei nur 30%. Aber wenn sie gelingt, kann Alice hinterher ein fast normales Leben führen. Das Warten auf DEN ANRUF beginnt: „Der Mensch hofft, so lange er lebt.“ (S. 417) ...

Das Buch ist extrem emotional und eine echte Gefühlsachterbahn. Genau wie Alice Gesundheit geht es ständig auf und ab. Ich konnte mich in ihre Angst und die ihrer Familie und Freunde richtig einfühlen, habe mit ihnen gelitten. Aber sie hat ihnen auch viel gegeben, Mut gemacht, das eigene Leben und Ziele zu überdenken. Alice hat eine unglaubliche Kraft und Durchhaltewillen und verfolgt ihren Traum von der Karriere als Sängerin unablässig weiter. „Meine Musik wird weiterleben, wenn ich einmal nicht mehr da bin.“ (S. 185)

Besonders berührend fand ich neben der Beziehung zu Tom die zu ihrem Bruder Jake und die Anti-Selbsthilfe-Gruppe, die Alice und zwei andere betroffene junge Frauen gegründet hatten. Sie waren immer füreinander da und haben sich gegenseitig Mut gemacht und unterstützt.

Das Cover ist sehr romantisch und hoffnungsvoll - eine eigene Welt und Schallplatte zugleich, die sich jeweils um Alice drehen. Aber für mich stand die Liebesgeschichte gar nicht im Vordergrund, sondern Alice Leben, ihr Mut, ihr Durchhaltewillen, ihre Kraft.

Bewertung vom 03.08.2018
Mommsen, Janne

Mein wunderbarer Küstenchor


ausgezeichnet

Von Klütz nach Hollywood?

„Beziehungen kommen und gehen, aber der Klützer Chor bleibt bestehen.“ (S. 52) dachten Britta und die anderen Chormitglieder immer, doch dann eröffnet ihnen ihr Chorleiter Dustin, dass er endlich eine Festanstellung bekommen hat. 900 km entfernt. Dabei wollen sie bald in Finnland an einem Chor-Wettbewerb teilnehmen. Aber ohne ihn?! Nicht zu schaffen. Sie brauchen dringend Ersatz und veranstalten ein Casting. Aber die Bewerber, die sich da vorstellen, passen einfach nicht.
Zufällig lernt Britta den Klavierlehrer und Pianisten Jasper kennen. Er ist überzeugt, dass Britta selbst die perfekte Chorleiterin wäre ...

Britta geht auf die 50 zu und arbeitet im Boltenhagener „Hotel Bernstein“. Das hat wegen der Winterpause ein halbes Jahr geschlossen und so sind die wöchentlichen Chorproben ihr Highlight. Nach Klütz hat es sie vor über 25 Jahren wegen ihrer Großtante Sybille verschlagen. Die ist inzwischen 83 und hat den Chor damals zusammen mit Britta gegründet. Genau wie die anderen fast ausschließlich weiblichen Mitglieder genießen sie gemeinsame regelmäßige Auszeit vom Alltag, das Zusammengehörigkeitsgefühl und dass sie auch über das Singen hinaus immer füreinander da sind.
Um den Chor zu retten, brauchen sie aber nicht nur einen neuen Leiter sondern auch mehr männliche Mitglieder. Also muss Britta ihre Komfortzone verlassen und versuchen, alte Freunde und ehemalige Mitglieder zurückzugewinnen. Auch ihren langjährigen Ex-Freund Olli.

Britta und Sybille sind sehr sympathische Figuren, die man gern als Freundinnen hätte. Gestandene Frauen, im Leben angekommen und mit sich selbst im Reinen. Britta kümmert sich rührend um ihre Großtante, die wegen ihres aristokratischen Auftretens „die Gräfin“ genannt wird.
Auch die anderen Mitglieder sind liebenswerte Protagonisten, Menschen wie Du und ich. Da ist die Pastorin Julika, die schwanger von einer Urlaubsliebe in Südfrankreich zurückkam. Galeristin Regina wirkt immer etwas abgehoben. Dorfpolizist Rainer, die russische Krankenschwester Ludmilla und Wendy mit ihrem Obst- und Gemüsestand sind herrlich bodenständig. Friseurin Gerda ist bei ihren Strähnchen zwar experimentierfreudig, scheut aber die große Bühne. Physiotherapeutin Jenny und Lehrerin Anika sind noch auf der Suche nach der großen Liebe und hoffen auf jüngeren Männerzuwachs. Die introvertierte Gewandmeisterin Sarah schneidert die Kostüme für den Auftritt und wächst beim Singen über sich hinaus. Und Jasper bringt frischen Wind in den Chor und Brittas Leben. Er glaubt an sie und unterstützt sie, aber was sind seine Beweggründe?

Ich habe Janne Mommsen erst vor kurzem für mich entdeckt, aber schon jetzt ist er für mich ein Garant für entspannte, heitere Lesestunden, die mich an die See entführen. Er beschreibt sehr bildlich die Landschaft und das gemütliche Leben in der Kleinstadt, wo man sich kennt, zusammenhält und wenn nötig hilft. Seine Bücher machen Sehnsucht nach Mee(h)r.

Bewertung vom 01.08.2018
Gazzola, Alessia

Warum ich trotzdem an Happy Ends glaube


sehr gut

Man ist das, was man sein will

Emma de Tessent wäre gern erfolgreiche Filmproduzentin und würde in der mit Glyzinien bewachsenen Villa wohnen, die seit Jahren zum Verkauf steht. Im realen Leben ist sie die „ewige Praktikantin“ der amerikanische Filmproduktionsfirma Fairmont in Rom und wohnt bei Mama, weil sie sich von ihrem mickrigen Gehalt nicht mal eine eigene Wohnung leisten kann. Ihre Abende verbringt sie am liebsten mit schmalzigen Liebesromanen, ungesunden Keksen und den Überlegungen, wie sie den berühmten Schriftsteller Tameyoshi Tessai doch noch dazu bewegen kann, ihrer Firma die Filmrechte an seinem Bestseller zu verkaufen.
Als ihr Praktikum wieder einmal ausläuft und nicht, wie versprochen, in einen richtigen Vertrag umgewandelt oder wenigstens verlängert wird, stürzt sie in eine Sinnkrise. Die Vorstellungsgespräche bei anderen Firmen laufen überhaupt nicht gut, am schlimmsten läuft es bei der elitären Firma Waldau – Dr. Scalzi demütigt sie regelrecht. Da kommt ihr die Arbeit in der Kinderboutique von Vittoria Airoldi wie eine Ruheoase vor, ein Stück heile Welt in ihrem Katastrophenfilm. Doch plötzlich reißen sich auch die Fairmont und Waldau wieder um sie ...

Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Emma erzählt die Geschehnisse aus ihrer Perspektive und lässt den Leser dadurch an ihren geheimsten Träumen, Wünschen und Gedanken teilhaben. Ein besonderes Highlight sind die witzigen Kapitelüberschriften, die fast immer das Wort Praktikantin beinhalten und eine Vorgeschmack auf die nächsten Szenen geben.

Emma war mir gleich sympathisch und ich konnte mich gut ihre Situation einfühlen. Sie hat eigentlich alles, was man für eine erfolgreiche Karriere braucht – eine gute Ausbildung, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen – nur ihre Gutgläubigkeit wird ihr zum Verhängnis. Zudem ist sie sehr romantisch und träumt von der einzigen großen Liebe, wie ihre Eltern sie gefunden hatten. Die Ehe ihrer Schwester Arabella ist leider das ganze Gegenteil und ein abschreckendes Vorbild.

Natürlich gibt es auch in dieser Geschichte viele Geheimnisse. Was verband z.B. Emmas Mutter mit Tessais Verleger und woher rührt Tessais Weltschmerz?
Und was will Dr, Scalzi von Emma? Sie geraten immer wieder aneinander, die Fetzen fliegen und Funken sprühen. Trotzdem sucht er immer wieder ihre Nähe ...

„Warum ich trotzdem an Happy Ends glaube“ ist ein wunderbar leichter und amüsanter Roman um die harte Filmbranche und zwischenmenschliche Beziehungen. Seine Sprache lädt zum Träumen ein und lässt die Dolce Vita vor meinem inneren Auge lebendig werden. Emma ist eine zauberhafte Person, die ich gern als Freundin hätte – auch um sie ab und an aus den Wolken auf den Boden der Realität zu holen.
Einzig das Ende hat mir nicht ganz so gut gefallen. Die Ereignisse überschlugen sich und die Handlung wurde zum Teil etwas unübersichtlich.

Bewertung vom 28.07.2018
Graze, Linda

Schmälzle und die Kräuter des Todes


gut

Hat mich leider nicht ganz überzeugt

In Karlsruhe war Justin Schmälzle erfolgreicher Ermittler in der Drogen- und Mordabteilung. Wegen seiner Frau hat er sich nach Bad Wildbach versetzen lassen, hier werden maximal Blumenkübel in die Enz geworfen. Er hat keinen guten Start, wird als Schwarzer in dem Kurort zuerst nicht ernst genommen – man bietet ihm sogar Schwarzarbeit als Gärtner an.
Doch eines Tages liegt ein Toter im Fluss. Kurz darauf verschwindet eine junge Frau beim Wandern und ein besorgter Bürger meldet, dass im Kurpark neuerdings Kräuter-Drogen an Jugendliche verkauft werden. Die Ereignisse überschlagen sich ...

Leider bin ich mit Schmälzle nicht ganz warm geworden. Er ist ein fanatischer Gesundheitsfreak und treibt seine Familie und Kollegen damit in den Wahnsinn. Er trinkt nur Reismilch-Macchiato, lebt ökologisch vegan und treibt fanatisch Sport – das machte ihn mir nicht besonders sympathisch. Zudem kommt er so rüber, als wäre er der einzige wirklich arbeitende Polizist seiner neuen Dienststelle.
Sein Chef Harald Scholz ist das ganze Gegenteil. Scholz ist aufs Essen und Trinken fixiert und lässt die Arbeit gern mal übers Wochenende liegen.
Auch die Kollegen der übergeordneten Dienststellen arbeiten ähnlich (un)motiviert und verweigern schlichtweg mehrfach die geforderte Amtshilfe. Das war mir zu irreal, zu weit vom wirklichen Leben weg.

Der Fall ist sehr verworren, springt zwischen der Ermittlung wegen des Toten, der Drogen und der verschwundenen Frau zeitlich vor und zurück. Das hat mich zu Beginn etwas irritiert, wurde am Ende aber aufgeklärt. Auch der schwäbische Dialekt, der in einigen Kapiteln überhand nimmt, macht es Nicht-Schwaben wie mir schwer, der Handlung zu folgen.

Alles in allem ist es ein netter, ruhiger Regionalkrimi, der eher durch seine Protagonisten und das Setting als durch Spannung besticht.

Bewertung vom 27.07.2018
Renk, Ulrike

Die Zeit der Kraniche / Ostpreußensaga Bd.3


ausgezeichnet

Ich hatte das Gefühl, „Die Jahre der Schwalben“ gestern erst aus der Hand gelegt zu haben, so flüssig geht es in „Die Zeit der Kraniche“ weiter, dem Abschluss der Trilogie um Freddy.
Die ist immer noch eine sehr taffe, kämpferische und bewundernswerte Frau, welche sich nie unterkriegen oder Angst machen lässt oder gar die Hoffnung verliert. Besonders ihre Menschlichkeit und ihr Durchhaltevermögen haben mir mehrfach imponiert. Zum Glück steht ihr immer noch Lore, die Köchin, zur Seite. Sie ist gewitzt, klug, bauernschlau; schmeichelt, besticht und betrügt die Nazis geschickt. Und sie ist Freddy treu ergeben. Eine echte Seele von Mensch.

Sehr eindringlich beleuchtet Ulrike Renk die Menschen und wie verschieden sie mit dem Krieg und dessen Folgen umgehen. Während Freddy und Lore versuchen, aus jeder Situation das beste zu machen, jammert ihre Schwägerin Thea immer nur rum – genau wie Frau Walter, die bei einem Bombenangriff alles verloren hat und auf Mansfeld einquartiert wurde.
Sie erzählt sehr bewegend von Freddys Kampf um ihren Mann, der dramatischen Flucht der Vertriebenen und denen, die vor der vorrückenden Front fliehen mussten, aber auch vom Todesmarsch von Sachsenhausen und den Gräueltaten, die in den KZs verübt wurden. Etwas, was heute leider immer mehr in Vergessenheit gerät.
Auch die Zeit der russischen Besatzung lässt sie nicht aus. Wieder muss Freddy um ihre Rechte, ihr Land, ums blanke Überleben kämpfen. Am Ende bleibt auch ihr nur die Flucht (wie der Klappentext leider verrät) „Jetzt habe ich nichts mehr. Nur drei Kinder, drei Koffer und zwei Taschen. Das ist alles, was mir geblieben ist.“ (S. 402)

Besonders erschütternd finde ich die Geschichte, weil sie auf dem Leben von Frederike von Plato und deren Sohn Gebhard Gans Edler zu Putlitz beruht. Viele der geschilderten Begebenheiten haben sich wirklich so oder ähnlich zugetragen.

5 Sterne und meine unbedingte Leseempfehlung.

Bewertung vom 16.07.2018
Bastian, Aurélie

Französisch kochen mit Aurélie


ausgezeichnet

Essen wie Gott in Frankreich

Vor einem Jahr bin ich über „Französisch backen“ von Aurélie Bastian gestolpert und seitdem ein Fan der Food-Bloggerin. Ich folge ihr u.a. auf Instagram und mir läuft jedes Mal das Wasser im Mund zusammen, wenn sie dort ihre neuesten Kreationen zeigt. Da wir dieses Jahr ausgerechnet am französischen Nationalfeiertag ein relativ großes Fest mit 20 Gästen feierten stand schnell fest, dass es ein französisches Menü geben sollte. Zufällig zeigte Aurélie an diesem Tag eine Quiche mit Ratatouille und so war die Idee geboren, auch ihr Kochbuch zu testen.

Die Rezepte aus „Französisch kochen mit Aurélie“ gliedern sich in Vorspeisen, kleine Speisen, Geflügelgerichte, Fleischgerichte, Fischgerichte, Gemüsegerichte und Nachtisch, so dass man passend zu jeder Jahreszeit und für jeden Geschmack fündig wird. Und wie schon bei ihrem Backbuch, hat Aurélie auch die wunderbar appetitanregenden Fotos für diese Kochbuch selber gemacht.

Ich habe mich nach dem Probekochen (über dass sich meine Kollegen sehr gefreut haben) für Soupe au Pistou (Provenzialische Gemüsesuppe) mit Ma baguette magique (französisches Baguett), Tarte fleur carottes-courgettes (Möhren-und Zucchini-Tarte), Coq au vin (In Rotwein geschmortes Hähnchen) und Mousse au Chocolat (Schokoladenmousse) entschieden.
Alle Gerichte waren leicht nachzukochen, lediglich die Gemüse-Schnippelei für 20 Personen hatte ich etwas unterschätzt. Die Rezepte sind relativ unkompliziert und werden Schritt für Schritt erklärt (zum Teil mit Bildern). Die Portionsgrößen und Zeitangaben haben sehr gut funktioniert.

Fazit: Das Essen hat hervorragend geschmeckt und wir haben am nächsten Tag Lobes-Anrufe und Mails von unseren Gästen bekommen. Wenn ich noch mal jemanden mit meinen Kochkünsten beeindrucken oder meine Familie mit etwas Besonderem verwöhnen möchte, werde ich wieder auf Aurélies Lieblingsrezepte zurückgreifen.

Bewertung vom 16.07.2018
Kruse, Tatjana

Meerjungfrauen morden besser / Konny und Kriemhild Bd.2


ausgezeichnet

Die Schnüffelschwestern ermitteln wieder
Es ist, als hätte ich den ersten Band der K & K-Schwestern („Der Gärtner war´s nicht“) gestern erst aus der Hand gelegt, so nahtlos geht es weiter.
Konny und Kriemhild, das ungleiche Zwillingspärchen, kommen von einer Hochzeit und finden ihre Pension komplett verwüstet vor. Die Verursacher fordern ihren Anteil an dem Schatz, den sie angeblich vor 25 Jahren zusammen mit dem Kommodore gehoben habe. Gleichzeitig kommt das Gerücht auf, dass der Kommodore damals gar keinen Herzinfarkt hatte, sondern ermordet wurde. Und wenn die Schwestern den Schatz nicht finden und herausrücken, steht ihnen das gleiche Schicksal bevor!

„Kriemhild war sauer und Konny cool.“ (S. 96) Da sie an ihrem Leben hängen und sich auch nicht wirklich vorstellen können, dass der Kommodore all die Jahre einen Schatz vor Kriemhild versteckt hat, müssen sie in dessen alte Wohnung nach Hamburg reisen. Natürlich stilecht auf Konnys Harley Davidson, mit Kriemhild und Nacktkatze Amenhotep (im Katzenkorb) im Beiwagen. Und los geht der wohl ungewöhnlichste, skurrilste und lustigste Roadtrip aller Zeiten. Bereits auf einer Autobahnraststätte lernt Konny ihre Erpresser kennen – leider in einer sehr verfänglichen Situation.
Auch die Ermittlungen gestalten sich als schwieriger als erwartet. Sie müssen sich nicht nur gegen ihre Verfolger zur Wehr, sondern auch mit dem Besitzer eines Swingerclubs, mehreren Dragqueens, einer überspannten Yogalehrerin, der ehemaligen Geliebten des Kommodore (!), einem uneinsichtigen Hotelbesitzer und Kommissarin Klum (vom ersten Fall) auseinandersetzen. Eine unerwartete Hilfe hingegen sind Frauke Knudsen, angeblich Sekretärin bei der Hamburger Polizei, und Wolli - reicher Student, 32. Semester, Hauptfach Kiffen. Aber können die Schnüffelschwestern den beiden wirklich trauen oder verfolgen sie ganz eigene Ziele?!
Natürlich sind auch Gabi, Herrn Hirsch und Bauer Schober wieder mit von der Partie; Konny und Kriemhild zoffen sich fast ununterbrochen „Wenn Ihre Schwester sich verletzt, was spüren Sie dann?“ „Freude!“ (S.31) und am Ende ist Konny eine echte Rockerbraut mit nem coolen Tattoo und Amenhotep nicht mehr allein ...

Ich habe sogar ein Grillfest bei meinen Eltern lesend verbracht, weil ich unbedingt wissen musste, wie das Buch ausgeht.
Tatjana Kruse begeistert mich immer wieder. Sie hat einen ganz eigenen, sehr lustigen Schreibstil, sodass man beim Lesen fast ununterbrochen entweder Kichern oder herzhaft lachen muss. Kostprobe gefällig? „Warum steht man morgens auf? Um jemand glücklich zu machen? Und die Welt zu retten? Um nicht ins Bett zu pinkeln? Um nicht ermordet zu werden? Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.“ (S. 199)
Sie hat ein unglaubliches Gespür für Situationskomik und peinliche Momente und am liebsten lacht man ja sowieso über das Missgeschick Anderer. Hoffentlich werden die Bücher mal verfilmt – die passenden Bilder und Gesichtsausdrücke der Handelnden hatte ich beim Lesen auf jeden Fall schon im Kopf. Auch Kummerkasten-Konny kommt wieder zu Wort und ich hoffe, dass Tatjana irgendwann für eine echte Frauenzeitschrift solche Briefe (garantiert satirisch) beantwortet.
5 Sterne und hoffentlich ermitteln die K&K´s bald wieder.

Bewertung vom 12.07.2018
Mukherjee, Abir

Ein notwendiges Übel / Captain Sam Wyndham Bd.2


ausgezeichnet

Der Wahrheitssucher

Capitain Sam Wyndham lebt und arbeitet jetzt bereits seit einem Jahr in Kalkutta. Er und sein Sergeant Surrender-not Banerjee werden zum Schutz des Prinzen Adhir Singh Sai vom Königreich Sambalpur abgestellt. Der Prinz nimmt an einem Treffen unabhängiger Fürstenstaaten teil, auf dem Weg zurück zum Hotel wird er ermordet und der Attentäter entkommt.
Kurz zuvor hatte er sie um Hilfe gebeten, weil er zu Hause von einem Unbekannten Warnungen erhielt. Leider haben Wyndham und Banerjee keinerlei Befugnisse, in diesem Mordfall zu ermitteln, schon gar nicht in Sambalpur. Sie reisen als Privatpersonen zu Prinz Adhirs Beerdigung, doch ihr Ruf eilt ihnen voraus. Adhirs Vater, der Maharadscha, gestattet ihnen unauffällig zu ermitteln, da die Hintergründe des Mordes höchstwahrscheinlich im Palast zu suchen sind.

Die Ermittlungen erweisen sich als besonders schwierig. Der Monsun tobt und das Land versinkt im Schlamm. Zum Hof des Maharadscha gehören hunderte Bedienstete und Minister, die oft ihr eigenes Süppchen zu kochen scheinen.
Der Maharadscha hat eine Haupt- und zwei Nebenfrauen, dazu unzählige Konkubinen. Die Frauen leben natürlich im Zenana (Harem) und stehen für Befragungen nicht zur Verfügung. Wo also anfangen?

Die Hintergründe für Adhirs Mord bleiben lange im Dunklen. Geschah er aus religiösem Wahn oder hat er einen politischen Hintergrund? Ging es um den Diamanthandel, die Erbfolge des Fürstentums oder Eifersucht? Wyndham kann sich nicht über zu wenig Motive oder Verdächtige beklagen. Und immer wieder wird versucht, ihn nach Kalkutta zurückzuschicken, die Zeit rennt.
Dazu kommt seine Opiumsucht, die unbedingt geheim bleiben muss. Selbst nach Sambalpur hat er es mitgenommen, obwohl er weiß, wie gefährlich das ist.
Sergeant Banerjee, der Prinz Adhir vom Studium kannte, unterstützt Wyndham in diesem Fall noch mehr und liefert viele Hinweise und Lösungsansätze. Mir hat gefallen, dass Wyndham ihn gleichberechtigt und nicht als Untergebenen behandelt, auf ihn eingeht.

Abir Mukherjee zeigt die dekadenten goldenen 20er in Indien. Sambalpur ist durch den Diamanthandel reich geworden. Der Maharadscha führt ein sehr opulentes Leben: hat riesige Paläste, Swimmingpools voller Champagner, einen großen Harem und amerikanisch bzw. englische Geliebte. Ihm gehören schöne, schnelle Nobelkarossen und Flugzeuge, sein Privatzug lässt selbst den Orientexpress wie eine Bimmelbahn aussehen. Die Prinzen wurden selbstverständlich an den teuersten englischen Universitäten ausgebildet.
Aber die Fürstenfamilie lebt natürlich nicht autark. Abir Mukherjee beschreibt die komplizierten Beziehungen und Abhängigkeiten zum normalen Volk. Vor allem die Maharani, die erste Frau des Maharadschas, tut viel Gutes und Prinz Adhir wollte sein Volk in die Moderne führen.
Man erfährt viel über Land und Leute, die politische Situation und verschiedene religiöse Strömungen. Trotzdem wird es nie langweilig, da diese Informationen geschickt in die eigentliche sehr spannende Handlung eingebunden sind.

Lediglich die Fülle von Protagonisten hat es mir etwas erschwert, gegen Ende den Überblick zu behalten. Hier wäre ein Personenregister mit jeweils allen Titeln und Bezeichnungen wünschenswert gewesen.

Wyndham und Banerjee sind die indische Variante von Sherlock Holmes und Dr. Watson! Etwas verschroben, sehr menschlich, mit einem tollen trockenen Humor und viel kriminalistischem Spürsinn, mit dem sie auch diesen Fall wieder mit Bravour lösen. Ich hoffe, dass die Reihe weiter fortgesetzt wird.

Bewertung vom 10.07.2018
Barrett, J. D.

Das geheime Rezept für zweite Chancen


ausgezeichnet

Kochen ist Magie

Lucy und ihr Mann Leith betreiben zusammen das Hipster-Restaurant Circa. Leider kann er seine Finger nicht bei sich oder an den Kochtöpfen lassen, sondern geht regelmäßig fremd. Außerdem gibt er Lucys Kreationen regelmäßig als seine aus. Nach 7 Jahren reicht es ihr, sie verlässt ihn endlich.
Tagelang klappert sie ziellos ihre die Lieblingsplätze in Sydney ab, bis sie über das „Fortune“ stolpert – ein ehemaliges Sternerestaurant, welches vor 35 Jahren nach dem Tod des Chefkochs geschlossen wurde und seit dem leer stand. Kurzentschlossen, gegen jeden vernünftigen Rat (von ihrer bester Freundin Julia und ihrer Mutter Sara) und von ihrem allerletzten Geld mietet sie es für 3 Monate. Sie wird ein Pop-up-Restaurant daraus machen.
Beim Putzen des Ladens findet sie die Mitschriften ihres Vorbesitzers Frankie. Seine Rezepte sind etwas Besonderes, heben sich ab vom Gewöhnlichen. Sie nimmt sie zum Vorbild für ihre eigenen Gerichte, wandelt sie aber auch ab oder entwickelt sie weiter – sehr zu Frankies Ärger. Der spukt nämlich immer noch durch die Räume, weil sein Tod nie aufgeklärt wurde. Die beide machen einen Deal: Lucy soll rausbekommen, wer Frankie vor 35 Jahren umgebracht hat, dafür wird er sie unterstützen. Wenn sie seinen Mörder hat, kann er wahrscheinlich endlich gehen. Doch je länger ihre Zusammenarbeit dauert, desto weniger wollen es beide. Zuerst verbindet sie nur ihre Liebe zum Kochen und Essen, aber bald ist es mehr. Sie ergänzen sich, sind perfekte Partner und verlieben sich. „Ich will nicht, dass er geht. ... Wenn er bei mir ist, fühle ich mich zu Hause.“ (S. 281) Doch wie sollte eine Beziehung zwischen ihnen funktionieren? Und plötzlich liegt die Lösung des Mordfalls vor ihnen ...

Lucy ist eine sehr sympathische Kämpferin, die mit Hilfe ihrer neuen und alten Freunde alle Widerstände überwindet, welche sich ihr Ex Leigh immer wieder ausdenkt. Der kann nämlich einfach nicht verstehen, dass Lucy ihn wirklich verlässt. Er ist eine Egoist, wie er im Buche steht, und auch wenn ich ihn am Anfang noch gehasst habe, am Ende hatte ich nur noch Mitleid mit ihm.
Toll fand ich Lucys beste Freundin Julia, eine sehr pragmatisch Anwältin im Mutterschutz. Obwohl sie eigentlich gegen das Risiko ist, das Lucy mit dem Fortune eingeht, unterstützt sie sie von jederzeit.
Besonders überrascht hat mich auch Lucys Mutter Sara. Die ist sehr esoterisch veranlagt und hat immer Haschkekse im Haus. Außerdem hat sie das Geheimnis um Lucys Vater nie gelüftet und kennt das Fortune und Frankie noch von früher ...

„Das geheime Rezept für zweite Chancen“ ist sehr sinnlich, unkonventionell, besonders und magisch – genau wie das Essen, welches Lucy im „Fortune“ serviert. Die Geschichte verbindet Genuss, Liebe, Freundschaft, Krimi und Mystik sehr geschickt und hat mich sofort gefesselt. Ich bin sonst kein Fan von Fantasy-Einflüssen, aber zu dem Buch hat es sehr gut gepasst. Ist doch auch Kochen irgendwie magisch, wenn man aus scheinbar unspektakulären Zutaten ein sensationelles Gericht „zaubert“. Als kleines Schmankerl sind einige Rezepte von Lucy im Buch veröffentlicht und laden zum Nachkochen ein.