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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1078 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2022
Ewald, karina

Bitterwasser


sehr gut

Nachdem Carolin Halbach, Literaturwissenschaftlerin und Krimi-Fan, für ihren Job in Düsseldorf ein anderen Kandidat vorgezogen wird, nimmt sie den Posten als Bibliotheksleiterin des neuen Kulturzentrums in Bad Gastein an. Ihre neue Wirkungsstätte ist noch nicht ganz fertig, dennoch gibt es eine große Eröffnungsfeier, bei der zahlreiche honorige Gäste anwesend sind. So auch der allseits beliebte Leiter der Kurklinik Prof. Hutter. Man übt sich im Smalltalk, isst belegte Brötchen und nippt an allerlei alkoholischen Getränken, als Prof. Hutter plötzlich tot zusammenbricht. Vergiftet mit Blauem Eisenhut, wie sich rasch herausstellt.

Valentin Herzinger, der Dorfpolizist beginnt gleich zu ermitteln und findet in der Bibliotheksmitarbeiterin Frau Krauskopf auch gleich eine Verdächtige. Immerhin hat sie mehrere Eisenhutpflanzen in ihrem Garten. Doch die Krauskopf schweigt beharrlich.

Während die Kriminalpolizei sich um den Mord kümmert, müssen die Fertigstellungsarbeiten weitergehen. Doch nicht allen gefällt das Projekt des Kulturzentrums, das die ehrgeizige Bürgermeisterin auf die Beine gestellt hat. So passieren kleinere und nicht gar so kleine Unfälle, die die Arbeiten weiter verzögern. Dabei ist Eile geboten, denn die Abnahme der Baustelle steht kurz bevor.
Carolin stellt eigene Nachforschungen zu den Sabotageakten an, was wieder der Herzinger nicht so gerne sieht. Schnell erhält sie von ihm den Spitznamen „Miss Marple“. Doch die eigenmächtigen Schnüffeleien bringen Carolin gleich mehrmals in Gefahr.

Meine Meinung:

Autorin Karina Ewald hat mit diesem Krimi die ambivalente Stimmung in einem Dorf sehr gut eingefangen. Die einen wollen, dass alles so bleibt wie bisher, die anderen ein bisserl Schwung in den doch etwas in die Jahre gekommenen Kurort bringen. Vor allem, soll Bad Gastein auch im Sommer ein attraktives Urlaubsziel werden, denn vom Wintertourismus allein, kann man heute nicht mehr (über)leben.

Gut gelungen ist auch die Balance zwischen Krimi und Lokalkolorit gehalten. Wir dürfen einige ortsübliche Speisen und Getränke wie das Allheilmittel Zirbengeist kennenlernen, doch nehmen diese kulinarischen Schmankerl nicht überhand. Einige Dialektpassagen runden das Buch genauso ab, wie die ungenügende Kondition unserer wackeren Miss Marple.

Die Charaktere sind gut ausgestaltet. Die neugierige Carolin, die ehrgeizige Bürgermeisterin oder die etwas verschroben wirkende Frau Krauskopf. Ein liebenswürdiges Paar sind Peter und Rosl Brunneder, ihre Vermieter. Auch die Bösewichte kann man sich gut vorstellen.

Die Aufklärung ist schlüssig. Nun bleibt noch zu hoffen, dass die Miss Marple von Bad Gastein weitere Fälle zu bearbeiten hat. Ein Haus und Kater Ferdinand lassen sie ja immerhin im Ort bleiben.

Fazit:

Ein gut gelungener Krimi aus der schönen Salzburger Bergwelt, der mich gut unterhalten hat. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 12.06.2022
Sapienza, Goliarda

Tage in Rebibbia


ausgezeichnet

Um an ihrem Roman „Die Kunst der Freude“ L’arte della gioia) weiter schreiben zu können, gibt die Schauspielerin Goliarda Sapienza (1924-1996) ihren Job auf. Sie wird letztlich 9 Jahre dafür brauchen und keinen Verlag für ihr Werk finden. Völlig mittellos bestiehlt sie 1980 eine Freundin. Es kommt zur Anzeige, Gerichtsverhandlung, Urteil und Goliarda wird für drei Monate in Rebibbia, im berüchtigten Gefängnis von Rom, inhaftiert.

Hinter den dicken Gefängnismauern lernt Goliarda eine ganz eigene Welt kennen: sadistische oder gleichgültige AufseherInnen und Mitgefangene aus verschiednen Gesellschaftsschichten und/oder Nationalitäten.

In einer nüchternen Prosa berichtet sie über den Gefängnisalltag - von Hofgängen, kargem Essen, überbelegten Zellen, Gefühlen wie Wut, Neid und Erotik. Allgegenwärtig sind aber auch Langeweile, Hoffnungslosigkeit und Übermut.

„Wenn Du rauskommst, heißen sie dich vielleicht mit einem Blumenstrauß willkommen und schließen dich in die Arme, aber sie werden dich nie mehr so ansehen wie zuvor.“ Diese Weisheit erfährt Goliarda Sapienza von ihrer Zellengenossin Ornella.

Es scheint, als wären die Klassenunterschiede hier im Gefängnis aufgehoben. Denn der streng getaktete Tagesablauf und die aufgezwungene Untätigkeit gelten für alle. Doch diese Erfahrung, wie alle andere behandelt zu werden, gaukelt ihr ein falsches Bild des Mikrokosmos Gefängnis vor. Denn ihre Mithäftlinge haben feine Sensoren für Bildung, Sprache und Selbstwertgefühl entwickelt. Für diese Andersartigkeit wird sie gehasst und geliebt.

Meine Meinung:

Goliarda Sapienza ist bislang außerhalb Italiens nur wenigen Menschen ein Begriff. Mit der Neuauflage dieses Buches über ihren Gefängnisaufenthalt und ihrem großen Werk „Die Kunst der Freude“ (L’arte della gioia) wird sich das vermutlich ändern, gelten doch beide Werke als meisterhafte Erzählkunst. Das eine besticht durch den nüchternen Prosastil, das andere durch wortgewaltige Opulenz.

Im italienischen Original heißt das Gefängnistagebuch übrigens „L’Università di Rebibbia", weil die Autorin ihren Gefängnisaufenthalt als Schule des Lebens betrachtet hat.

Fazit:

Ein beeindruckendes Dokument einer beeindruckenden Frau, die zeitlebens kaum Kompromisse eingegangen und ihren Träumen gefolgt ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 12.06.2022
Eyssen, Remy

Stürmisches Lavandou / Leon Ritter Bd.8 (eBook, ePUB)


gut

In seinem 8. Fall bekommt es Gerichtsmediziner Dr. Leon Ritter mit einer Reihe von ermordeten Liebespaaren zu tun. Die Männer werden gefesselt und müssen zusehen, wie sich der Täter an ihren Freundinnen vergeht. Anschließend werden beide getötet. Den Männern wird die Kehle durchgeschnitten, die Frauen mit einer Armbrust quasi „erlegt“. Das Ganze findet während eines Surfevents statt, was weder den Bürgermeister noch den Polizeichef freut. Die Presse und das Innenministerium sitzen den beiden im Nacken. Diesen Druck geben sie nahtlos an Ritters Lebensgefährtin und Ermittlerin Isabelle weiter.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der schwächste dieser Reihe. Obwohl 528 Seiten stark ergibt sich wenig Neues, denn der Autor weicht von seinem bekannten Schema kaum ab. Lediglich das so beliebte Boule-Spiel erfährt eine winzige Änderung: Leon und Veronique werden von zwei Touristen geschlagen. Alles andere hat der Leser so oder ähnlich schon gelesen.

Die üblichen, längst bekannten Querelen zwischen dem Polizeichef und dem Gerichtsmediziner nehmen großen Platz ein. Auch dass Isabelles Tochter wieder einmal aufmüpfig ist und ohne Führerschein Auto fährt, einen etwas älteren Freund hat und abermals entführt wird - alles schon einmal da gewesen.

Dass man einen geistig zurückgebliebenen jungen Mann unbedingt als Täter präsentieren will, ist nichts Neues. Leider jagt ein Klischee das andere.

Der wahre Täter wird dann doch noch gefasst. Er hat schon als Jugendlicher gemordet. Warum und wieso er mehrere Jahrzehnte pausiert hat, bleibt ungeklärt.

Einige Fehler hat das Lektorat auch übersehen. So heißt z.B. der Bürgermeister einmal Daniel und wenig später David Robien.

Die Beschreibung von Le Lavandou ist wieder gelungen, aber auch schon bekannt.

Fazit:

Dieser 8. Fall der Krimi-Reihe hat mich leider enttäuscht, daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 11.06.2022
Dieckerhoff, Christiane

Verlassen / Ermittlungen im Spreewald Bd.3


ausgezeichnet

Klaudia Wagners 7. Fall hat es in sich. Zunächst wird einmal Heike Thielmann als vermisst gemeldet. Für gewöhnlich geht die Kripo solchen Vermisstenanzeigen nicht gleich nach, doch in diesem Fall beginnt Klaudia recht bald mit ihren Nachforschungen. Die Abgängige wurde das letzte Mal schwer alkoholisiert gesehen und ein Unfall wird befürchtet. Die Ahnung trügt nicht, und nur wenig später wird die Leiche Heike Thielmanns gefunden. Allerdings stellt sich heraus, dass sie ermordet worden ist. Von wem und warum?
Je weiter sich Klaudia Wagner mit der Familie von Heike Thielmann beschäftigt, desto mehr Ungereimtheiten und Geheimnisse der Vergangenheit der Toten, die vor Jahrzehnten hier im Spreewald gelebt hat und kurz nach dem Mauerfall in verschwunden ist, kommen ans Tageslicht.

Doch nicht nur die Vergangenheit der Toten spielt eine Rolle, sondern auch die von Klaudia Wagner. Und dann gibt es Geständnisse von zwei Personen. Wer lügt hier? Wer will jemanden anders schützen?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der 7. der Reihe „Spreewald-Krimi“ mit Klaudia Wagner als Kriminaloberkommissarin und ist im Aufbau-Verlag erschienen. Ich war ein wenig irritiert, denn es gibt bereits eine vierteilige Serie („Ein-Fall-für-Klaudia-Wagner“) von Christiane Dieckerhoff aus dem Ullstein-Verlag. Zunächst habe ich angenommen, dass die Ullstein-Krimis neu aufgelegt worden sind. Doch ich wurde eines Besseren belehrt: „Spreewald-Krimi“ ist eine gelungene Fortsetzung, denn die meisten Protagonisten sind wieder mit dabei.

Die Serie in der richtigen Reihenfolge:

Spreewaldgrab-1 (2016)
Spreewaldtod-2 (2017)
Spreewaldrache-3 (2018)
Spreewaldwölfe-4 (2019)
Vermisst-5 (2020)
Verfehlt-6 (2021)
Verlassen-7 (2022)

Ein interessanter Krimi, der tief in die Geschichte der ehemaligen DDR hineinreicht.
In zahlreichen Rückblenden, in denen wir unter anderem ein Geschwisterpaar begleiten dürfen, das Mädchen knapp vor dem Schuleintritt, der Bruder noch mit Windeln, die von ihrer Mutter alleingelassen und anschließend auf verschiedene Kinderheime bzw. Pflegefamilien aufgeteilt worden sind, erhellt sich das Drama rund um die Familie der Toten. Diese Schilderung des Alltags der Kinder, die verschreckt, misshandelt und indoktriniert, auf sich alleine gestellt sind, ist schwer zu ertragen.

Fazit:

Ein kniffliger Krimi für das Team um Klaudia Wagner, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.06.2022
Müller, Titus

Das zweite Geheimnis / Die Spionin Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nach einigen turbulenten Jahren als Spionin des BND lebt Ria Nachtmann nun ein relativ unauffälliges Leben als Sekretärin in Ostberlin. Sie weiß, dass Schwester Jolanthe und Tochter Annie leben und hat auch sporadischen Kontakt zu ihnen, der aber nicht ganz friktionsfrei ist. Das beschauliche Leben ändert sich schlagartig, als Jolanthes Mann Henning bei einem Fluchtversuch aus der DDR angeschossen wird und wenig später aus der Justizanstalt Bautzen flieht. Da sie ihrer Schwester Hilfe zugesagt hat, aktiviert sie ihre alten Kontakte. Binnen kürzester Zeit steht die ganze Familie im Fokus einer undurchsichtigen Stasi-Mitarbeiterin.

Meine Meinung:

Autor Titus Müller ist es wieder gelungen, einen atmosphärisch dichten, packenden, spannenden und zugleich berührenden Roman zu dem schwierigen Thema des ehemals geteilten Deutschland zu verfassen.

Wie ich es vom Autor gewöhnt bin, entführt er mich in eine unbekannte welt. Als Österreicherin kann ich das Verhalten der DDR-Politiker weder verstehen noch nachvollziehen. Die NS-Diktatur besiegen ist das eine, eine andere, nämlich „sozialistische“ Diktatur an deren Stelle zu errichten eine andere.

Mir gefällt an Tutus Müllers Büchern immer sehr gut, dass er, egal ob historische Bücher die im Mittelalter oder in der jüngeren Vergangenheit spielen, Dichtung und Wahrheit gekonnt miteinander verbindet und echt fesselnd in Szene setzt. So auch hier. Der Auftritt Wolf Biermanns und/oder die Enttarnung von Günter Guillaume als Spion der DDR.

Fazit:

Ein fesselnder historischer Roman, dem ich gerne 5 Sterne gebe und ungeduldig auf den dritten Band der Trilogie warte.

Bewertung vom 11.06.2022
Keser, Ranka

Tod in Dubrovnik


sehr gut

In einem Vorort der malerischen kroatischen Hafenstadt Dubrovnik wird der Pfarrer ermordet. Regelrecht hingerichtet mit zahlreichen Messerstichen hat man ihn. Dabei hat er doch einige seiner Schäfchen mit Geld- und Sachspenden unterstützt.

Inspektor Roko Matic und seine Kollegin Masa Marlais beginnen mit den Ermittlungen, die sich als zäh herausstellen. Zunächst verliert niemand ein böses Wort über den Pfarrer. Spätestens als es einen weiteren Todesfall gibt, bröckelt langsam die glatte Fassade des beschaulichen Ortes. Gut gehütete Geheimnisse kommen ans Tageslicht und die Ermittler haben einiges aufzulösen.

Meine Meinung:

Ranka Keser hat hier ein sympathisches Ermittlerpaar geschaffen, das sich gut ergänzt und durch ihren oft trockenen Humor für ein Lächeln sorgt.

Die Umgebung von Dubrovnik spielt natürlich auch eine große Rolle und macht Lust auf einen Abstecher ans Meer.

Gut gelungen ist auch die Beschreibung der Dorfbewohner, die so oder ähnlich, wohl in jedem Dorf zu finden sind. Neugier gepaart mit Tratsch und Klatsch machen den einen oder die andere verdächtig. Die facettenreichen Charaktere, sowie das südliche Flair machen diesen Krimi zu einer gelungenen Lektüre.

Fazit:

Ein gelungener Krimi, den es zu lesen lohnt. 4 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.06.2022
Nestmeyer, Ralf

Späte Rache im Luberon


sehr gut

Dieser Krimi ist der 3. Band der Reihe rund um Capitaine Malbec.
Eigentlich wollte Malbec ein gemütliches Wochenende mit Freundin Catherine am Meer verbringen. Doch wie so oft beendet ein Telefonanruf die Vorstellung eines romantischen Wochenendes.

In Trouvac, einem winzigen Ort, der seit Jahren als Künstlerkolonie geführt wird, ist ausgerechnet der Gründer und Patron Dietrich XX ermordet worden. Dédé, wie der Tote von allen genannt worden ist, hat ein Angebot eines Immobilienmaklers erhalten, das gesamte Dorf an einen liquiden Investor zu verkaufen, vehement abgelehnt. Ist hier das Motiv zu finden?

Je weiter Capitaine Malbec im Umfeld und der Vergangenheit des Toten recherchiert, desto mehr kommen ihm Zweifel an dieser Theorie.

Meine Meinung:

Wer einen actionreichen Krimi sucht, ist hier falsch. Ralf Nestmeyers Spezialität sind bildhafte Beschreibungen der Landschaft und des Savoire Vivre. Das macht den Krimi für manche Leser eher zu einem Reiseführer, mit dem man einem stressigen Alltag entfliehen kann.

Malbec wird natürlich in die eine oder andere ermittlungstechnische Sackgasse geschickt. Allerdings zieht der Autor dann ab der Hälfte des Buches alle Register seines Könnens und die Ermittlungen nehmen Fahrt auf. Am Ende fallen alle Puzzleteile an die richtige Stelle und die Auflösung ist schlüssig.

Fazit:

Ein Provence-Krimi, der Urlaubsstimmung vermittelt und gegen Ende so richtig spannend wird. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 11.06.2022
Rademacher, Cay

Geheimnisvolle Garrigue / Capitaine Roger Blanc Bd.9


ausgezeichnet

In seinem nunmehr 9. Fall muss sich Capitaine Roger Blanc mit dem Verschwinden von Laetitia Fabre, einer jungen Frau beschäftigen, das an vier andere Frauen erinnert, die seit 23 Jahren vermisst werden. Lediglich die linken Schuhe wurden damals gefunden. Als „Disparues du Rove“ ging diese Serie in Kriminalgeschichte ein.
Doch Roger Blanc und sein Team müssen sich nicht nur mit diesem spektakulären „Cold Case“ beschäftigen, sondern auch mit dem „Confinement“, jener Ausgangssperre, die zu Beginn der Coronaepidemie das Leben in der ganzen Welt lahmlegt.

Die Ermittlungen sind ein Wettlauf mit der Zeit, als dann noch Laetitias Freundin unauffindbar ist. Hat der Täter abermals zugeschlagen?

Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen legen Roger Blanc sorgfältig aneinander, um die aktuellen Ereignissen mit jenen der Vergangenheit abzugleichen. Wo gibt es Abweichungen, wo Übereinstimmungen.

Meine Meinung:

Auch wenn uns allen das Coronavirus schon beim Hals heraushängt und niemand mehr etwas darüber lesen möchte, muss diese einschneidende Zeit Eingang in die Bücher finden. Man kann sie einfach nicht ausblenden - und, Ausgangssperre hin oder her, das Verbrechen macht nur eine kurze Pause.

„Was nützte es, mit der Ausgangssperre die Menschen vor dem Virus zu retten, wenn sie sich stattdessen gegenseitig die Schädel einschlugen?“ (S. 282)

Geschickt bettet Cay Rademacher seine Krimi-Handlung in die Pandemie ein.

Obwohl es ja schon der 9. Fall für den sympathischen Ermittler ist, kommt keine Langeweile auf. Autor Cay Rademacher beherrscht sein Handwerk. Immer wieder tauchen neue, interessante Figuren auf. Diesmal ist es ein junger Polizist, der diensteifrig ist und dadurch in den Verdacht gerät, mit dem aktuellen Verschwinden der beiden Frauen etwas zu tun zu haben.

Die Auflösung ergibt sich erst auf den letzten Seiten und ist spannend bis zum Schluss. Mein leiser Verdacht hat sich bestätigt.

Fazit:

Ein fesselnder 9. Fall für Capitain Roger Blanc und sein Team, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 31.05.2022
Mansour, Monika

Zugersee


ausgezeichnet

Nach „Höllgrotten“ und „Wildspitz“ ist dieser nun der dritte Fall für Natalie, Sara und Tom. Die drei betreiben nun gemeinsam eine Detektei, die noch nicht den großen Gewinn abwirft.

Doch dann erscheint Hubertus Rosenstock, ein pensionierter Sozialarbeiter, in der Detektei, und bittet um Hilfe: Seine zwanzig Jahre jüngere Frau Katja, eine Raumpflegerin in einer Privatbank, hat einen leitenden Angestellten erstochen. Das Motiv ist völlig unklar und die Frau leugnet die Tat auch gar nicht.

Je tiefer die drei Ermittler in das Leben von Katja Rosenstock eintauchen, desto rätselhafter werden die Frau und der Fall. Denn in Katjas Lebenslauf klafft eine mehrjährige Lücke, die es nun zu füllen gilt. Der Ehemann selbst weiß wenig über die Vergangenheit seiner Frau, die er seinerzeit als Drogensüchtige kennengelernt.

Natalie, Sara und Tom müssen alle Register ziehen und einige ihrer Kontakte bemühen, um hier Licht ins Dunkel zu bringen.

Meine Meinung:

Wie wir es von der Schweizer Autorin Monika Mansour gewöhnt sind, sind einfache Mordgeschichten ihre Sache nicht. Vor allem diese Reihe besticht durch komplexe Handlungsstränge, die immer wieder auch Recherchen im Darknet beinhalten. Darin ist ja Natalie Krieger, die an Epidermolysis bullosa, auch Schmetterlingskrankheit genannt, leidet.

Monika Mansours große Stärke sind ihr lebendiger Schreibstil, der auch immer wieder durch das Aufblitzen eines Funken Humors, der durchaus schwarz sein kann, und ihre tiefgründigen sowie facettenreichen Charaktere. Ihre Figuren wirken nicht immer sympathisch, haben so ihre Ecken und Kanten und überraschen das eine oder andere Mal. Nebenbei spielt das Lokalkolorit eine große Rolle. Ob in Zürich oder anderswo - Hinweise auf Sehenswürdigkeiten oder Straßenzüge dürfen hier nicht fehlen.

Der Krimi ist komplex, sodass sowohl das Trio des Detektei als auch Saras frühere Kollegen bei der Kriminalpolizei, Mühe haben, das Knäuel an den (wenigen) Daten und Fakten zu entwirren.

Fazit:

Ein höchst komplexer, fesselnder Krimi, bei dem wenig so ist, wie es scheint und daher sowohl eine Leseempfehlung als auch 5 Sterne erhält.

Bewertung vom 29.05.2022
Richter, Elke R.

Entscheidung in Afrika (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Autorin Elke R. Richter entführt uns in ihren historischen Roman zunächst in das Moabiter Krankenhaus in Berlin. Anschließend führt uns die Reise nach Deutsch-Südwest-Afrika.

Doch von Anfang an. Man schreibt das Jahr 1904 und der Arzt Rudolph Kampmann forscht mit Leidenschaft am Robert-Koch-Institut an einem Impfstoff gegen den Typhus. Gleichzeitig ist er Chirurg am Moabiter Krankenhaus, wo er die Krankenschwester Dorothea kennen- und schätzen lernt. Just als sich die beiden vorsichtig näherkommen, zwingen familiäre Probleme Rudolph, Berlin zu verlassen. Der Brief, den er Dorothea schreibt, erreicht sein Ziel nicht und Dorothea gibt, von Rudolph enttäuscht, dem Werben von Arnold Rautenberg, einem anderen Stationsarzt, nach und heiratet ihn. Ein Fehler, den sie umgehend bereut.

Als Rudolph die Heiratsanzeige in der Zeitung liest, verpflichtet er sich, für drei Jahre als Militärarzt nach Deutsch-Südwest-Afrika. Im dortigen Lazarett trifft Rudolph auf Arnold, dem er, um sein Leben zu retten, einen Unterschenkel amputieren muss, der nach einem Schusswechsel von Wundbrand befallen ist. Dass diese lebensrettende Operation ein Nachspiel haben wird, lässt sich leicht erraten ...

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist penibel recherchiert. Die Leser erfahren in mehreren Handlungssträngen einiges aus der Geschichte der Medizin und lernen den beschwerlichen Alltag in einem Krankenhaus um 1900 kennen. Daneben dürfen wir an der unrühmlichen Kolonialgeschichte des Deutschen Kaiserreiches teilhaben. Hier in Deutsch-Südwest-Afrika begehen die deutschen Truppen Genozid an der indigenen Bevölkerung. Wir erleben die Strapazen, denen die Männer ausgesetzt sind und die oft unzureichende medizinische Versorgung. Rudolph und seine Kollegen versuchen ihr Bestes, aber gegen Wundbrand und Typhus sind sie weitgehend machtlos. Die Tetanusimpfung, wie wir sie heute kennen, wird flächendeckend erst in den 1930er Jahren entwickelt. Die Seren gegen den Thypus erhalten nur die Offiziere, da zu wenig geliefert wird.

Neben diesen Hauptsträngen entwickelt die Autorin einige Nebenhandlungen, die zwar interessant, aber nicht zwingend mit Rudolph und Dorothea zusammenhängen. Ein Beispiel ist die Häufung von Todesfällen von Patienten, die sich bereits auf dem Wege der Besserung befinden. Weder Rudolph noch Dorothea geraten hier unter Verdacht, weshalb diese Sequenz - so dramatisch sie auch sein mag - die eigentliche Handlung per se nicht weiterbringt.

Die Charaktere sind sehr gut entwickelt. Der ernste Rudolph, der ein schreckliches Geheimnis mit sich herumschleppt, das dem Leser erst spät enthüllt wird und Dorothea, die in Afrika über sich hinauswächst.
Natürlich dürfen Intriganten genauso wenig fehlen wie arrogante Eltern bzw. Schwiegereltern. Eine interessante Entwicklung macht Sophie Rautenberg, Dorotheas Schwiegermutter durch, die am Krankenbett von Arnold, seine Charakterschwäche(n) erkennt.

Gut gefällt mir die penible Recherche von Elke R. Richter. Zum Nach- und Weiterlesen findet man am Ende des Romans ein Literatur- und Quellenverzeichnis.

Trotz vieler Details aus der Medizingeschichte und dem Größenwahn des deutschen Kolonialismus werden die Leser nicht mit Infodump überschüttet.

Der Kniff in der zweiten Hälfte des Buches aus den Tagebucheintragungen von Rudolphs Cousin zu zitieren, bildet einen Bruch in der Erzählstruktur, der ziemlich auffällt, weil er den Lesefluss ein wenig hemmt. Mir persönlich hat das nichts ausgemacht, andere Leser könnten darüber stolpern.

Fazit:

Ein penibel recherchierter Ausflug in die Vergangenheit, dem ich gerne 5 Sterne gebe.