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Baerbel82

Bewertungen

Insgesamt 977 Bewertungen
Bewertung vom 07.05.2015
Montejano, Katja

Zerrspiegel


ausgezeichnet

Glaube, Hoffnung, Liebe

„Zerrspiegel“ erzählt vom Schicksal der 19-jährigen Jazz. Jazz ist ein Aspie, hat also Probleme mit der sozialen Interaktion und Kommunikation. Plötzlich verschwinden ihre Mutter Verena, eine trockene Alkoholikerin, und ihre Zwillingsschwester Danika spurlos und sie selbst wird in ihrem Haus überfallen. Jazz fühlt sich wie in einem Albtraum. Als auch Georg, der Lebensgefährte ihrer Mutter, und Nico, Georgs Sohn, ermordet werden, ahnt sie nicht, dass ihr der wahre Horror erst noch bevorsteht.
Handelt es sich um einen Racheakt? Unerwartete Unterstützung bekommt Jazz vom Polizisten Joshua. Zwischen beiden knistert es gewaltig. Schnell ist klar, dass Verena und Danika entführt wurden. Kurz darauf finden Jazz und Joshua Beweise, dass auch Danika ermordet wurde. Scheinbar hat es ein psychopathischer Serienkiller auf ihre Familie abgesehen. Kann Jazz ihre Mutter rechtzeitig retten? Das Motiv scheint in der Vergangenheit zu liegen…
Die Figurenzeichnung ist ausgezeichnet gelungen. Jazz war mir sofort sympathisch, wie sie ihr Leben meistert, hat mich sehr berührt. Aber auch Joshua ist liebevoll gezeichnet. Dazu ließ sich die Geschichte flott und flüssig lesen. Gruselig fand ich die Kapitel in der Ich-Perspektive aus Sicht des Täters. Hier erklärt sich auch der Titel.
Dass die Autorin im Finale nochmal richtig Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende des Thrillers hält Katja Montejano für ihre Leser noch bereit. Ein Buch mit Herzblut, so einfühlsam wie bedrückend. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann. Gerne mehr davon!

Fazit: Ein knallharter Thriller mit einem intensiven Spannungsbogen und einem überraschenden Ende. Eine echte Entdeckung!

Bewertung vom 05.05.2015
Lorenz, Wiebke

Bald ruhest du auch


sehr gut

Du bist tot, ich muss leben

Nach dem tödlichen Autounfall ihres Mannes Daniel fühlt Lena sich wie in einem Albtraum. Aber sie muss stark sein, denn sie ist schwanger. Doch schon kurz nach der Geburt der kleinen Emma ist diese plötzlich spurlos verschwunden. Schnell ist klar, dass der Entführer ein perfides Spiel mit Lena spielt, denn seine Forderungen werden immer drastischer.
Handelt es sich bei der Entführung um einen Racheakt? Wo liegt das Motiv? Unerwartete Unterstützung bekommt Lena von ihrer Schwiegermutter Esther und von Niklas, dem Bruder des Unfallgegners. Weitere Menschen sterben, ebenso unerklärlich...
Mit „Bald ruhest du auch“ ist Wiebke Lorenz nach „Alles muss versteckt sein“ erneut ein fesselnder, psychologisch raffinierterer Thriller gelungen. Zwei Handlungsstränge gilt es zu verfolgen, Vergangenheit und Gegenwart. Außerdem sind immer wieder gruselige Abschnitte in der ICH-Perspektive aus Sicht des Entführers eingestreut.
Im Vorgängerroman stand Kleinkindpädagogin Marie im Mittelpunkt, diesmal Hebamme Lena. Auch wenn ich mich nicht mit der Protagonistin identifizieren und ihre Handlungsweise oft nicht nachvollziehen konnte, habe ich doch mit Lena mit gefiebert und mit gelitten, denn das das Schicksal der kleinen Emma lag mir am Herzen.
Spannend, wendungsreich und unvorhersehbar erzählt. Nichts ist wie es scheint. Niemand ist, wer er zu sein scheint. Eine Erklärung, die alles in den Schatten stellt. Nur eine Sache hat mich gestört (Punktabzug!), die ich aber nicht verraten kann, ohne zu spoilern.

Fazit: Hammerharter Thriller, so einfühlsam wie bedrückend, mit dramatischen Wendungen und einem überraschenden Ende.

Bewertung vom 18.04.2015

Pechschwarzer Sommer


sehr gut

Der Sommer wird tödlich

„Pechschwarzer Sommer“ enthält sechs mörderische Stories, die in der schönsten Jahreszeit spielen:

- April: Ralph B. Mertin "Der Preis der Muse". Christin schließt einen Pakt mit dem Teufel.
- Mai: Sven Hüsken "Der weiße Clown". David ahnt nicht, dass er Teil eines perfiden Spiels ist.
- Juni: Billie Rubin "Deutschland, kein Sommermärchen". Val gerät ins Visier eines Feuerteufels.
- Juli: Annette Petersen "Inselkind". Rebekka wird auf Borkum von ihrer Vergangenheit eingeholt.
- August: Romy Fölck "Deichgräber". Karla kommt einem alten, dunklen Geheimnis auf die Spur.
- September: Su Turhan "Der Schnitzer". Marlene begegnet einem religiös verblendeten Killer.

Sechs spannende, unheimliche Geschichten bekommt der Leser geboten, im Schnitt 80 bis gut 100 Seiten lang. Den Autoren gelingt es, auf wenigen Seiten menschliche Abgründe auszuloten und die Charaktere bildlich darzustellen, so dass sich der Leser unversehens mitten im Geschehen wiederfindet. Die abwechslungsreichen Stories sind allesamt meisterhaft erzählt, logisch durchdacht und bieten oft erstaunliche Überraschungen. Was ist wahr und was ist nur das Ergebnis unserer Fantasie?

Fazit: Sechs Autoren, sechs gruselige Geschichten. Kurzweilig und unterhaltsam. Die ideale Urlaubslektüre!

Bewertung vom 15.04.2015
Grädler, Iris

Meer des Schweigens / DI Collin Brown Bd.1


sehr gut

Die Unbekannte

Als malerische Kulisse für „Meer des Schweigens“ dient die felsige Küste Cornwalls. Gleich mehrere Handlungsstränge gilt es zu verfolgen. Worum geht es?
Zunächst lernen wir Detective Inspector Collin Brown kennen. Zusammen mit seinem Kollegen Johnny hat er zwei Todesfälle aufzuklären: erst wird ein Hund an Land gespült, dann auch noch die Leiche eines Mannes. Sein Gesicht wurde brutal zerhackt. Wie sich herausstellt, handelt es sich um den schottischen Millionär Godwin McFersson. Ein Racheakt?
Danach begegnen wir Elisabeth Polodny, die aus Australien angereist ist, um ihren Bruder Anthony zu beerdigen. Sie war vor 20 Jahren nach einem tödlichen Familienstreit aus England fortgegangen und hatte seitdem auch keinen Kontakt mehr zu ihrem Bruder. Anschließend treffen wir Su und ihre Tochter Elli. Su musste ihr Elternhaus verlassen, als sie mit Elli schwanger war. Ihr Nachbar ist der mysteriöse Elroy Smitton.
Was haben all diese Handlungsstränge miteinander zu tun? Beide Männer hatten kurz vor ihrem Tod eine geheimnisvolle Frau kennengelernt. Wer ist diese Unbekannte? Bald wird klar, dass das Motiv in der Vergangenheit liegen muss und es weitere Opfer geben könnte. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
„Meer des Schweigens“ ist ein Debütroman. Iris Grädler wurde in Deutschland geborenen und lebt seit einigen Jahren in Namibia. Genau wie ihre Hauptfigur Collin Brown liebt sie Steine und das Meer.
Der Leser merkt sofort, dass der Autorin das Schicksal ihrer Figuren sehr wichtig ist. Und so sind mir Collin und seine Familie, aber auch Kollege Johnny und Ex-Chef Owen gleich ans Herz gewachsen. Wobei dagegen keine der Nebenfiguren, wie Elisabeth, so richtig sympathisch wird. Iris Grädlers Erzählstil ist angenehm und vermag auch mit leisen Tönen zu fesseln. Selbst wenn der Leser der Polizei dabei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut.
„Mehr des Schweigens“ kann eigentlich nicht als Kriminalroman durchgehen, viel eher könnte man ihn als Spannungsroman bezeichnen, der jedoch das Interesse weniger aus dem eigentlichen Kriminalfall zieht, sondern durch das Psychogramm der Personen entsteht, deren Wege sich in diesem Buch kreuzen: verkorkste Typen und ihre Lebenslüge.
Dass Manchester nach Schottland verlegt wird sowie ein paar weitere Kleinigkeiten hat mich gestört und führt zum Punktabzug.

Fazit: Gelungener Debütroman. Schreibstil und Originalität liegen über dem Durchschnitt, aber was Iris Grädler daraus gemacht hat, verträgt in jedem Fall noch eine Steigerung.

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Bewertung vom 13.04.2015
Rausch, Jochen

Rache


sehr gut

Rache ist männlich

„Rache“ enthält elf Stories, elf Kurzthriller, in denen Menschen in Rage geraten und ausrasten. Doch wie kommt es dazu? Eine subjektiv empfundene Ungerechtigkeit hier, eine Kränkung dort. Und wie so oft im Leben trifft die Rache dann den Falschen und nicht die vermeintlich Schuldigen. Rache ist männlich, denn alle Geschichten handeln ausschließlich von Männern, die Selbstjustiz üben oder Amok laufen.
Jochen Rausch erzählt schnörkellos und außerordentlich pointiert, was geschieht, wenn die Vernunft außer Kraft gesetzt wird. Lauter unglaubliche Geschichten, die so oder so ähnlich passiert sein könnten. Die Frage nach Schuld und Unschuld, nach Gut und Böse, stellt der Autor hierbei nicht. Dies überlässt er dem Leser und der stellt überrascht fest, dass die Grenzen zwischen Recht und Unrecht oft verschwimmen.
Mein Favorit aus diesem Thriller-Band ist „Haie“: Die Brüder Claus und Hanno machen zusammen mit ihren Familien Urlaub an der Westküste Floridas. Sie verbringen die Tage am Pool, beim Schnorcheln oder Tauchen. Claus ist ein Kotzbrocken. Obwohl die gemeinsame Firma kurz vor der Übernahme durch die Chinesen steht, weil die Banken keine weiteren Kredite gewähren, denkt er nur an das Eine: Sex! Gerne auch mit seiner Schwägerin. Als Claus zudem noch gewalttätig wird, eskaliert die Situation und der scheinbar so perfekte Urlaub endet in einer Katastrophe…
Auf gerade einmal 27 Seiten erzählt Jochen Rausch eine ungeheuerliche Geschichte mit rabenschwarzem Humor. Die Kunst des Autors besteht darin, sich in die Psyche aller seiner Figuren hineinzuversetzen und die Beweggründe ihres Handelns nachvollziehbar zu machen. Die Sprache ist derb, teilweise sexistisch, passt aber zum Geschehen. Genialer Plot mit meisterhaft aufgebauter Spannung und einem unerwarteten, überraschenden Ende. Nichts ist wie es scheint, keiner so unschuldig, wie er tut.

Fazit: Thrillern für Anspruchsvolle. Diese elf kleinen, feinen Psychothriller sind ein wirklicher Lesegenuss!

Bewertung vom 08.04.2015
Arendt, Judith

Sündenbock / Schöffin Ruth Holländer Bd.2


ausgezeichnet

Der letzte Tanz

Endlich ein neuer Fall für die Berliner Schöffin Ruth Holländer. Denn „Unschuldslamm“ hatte ich mit Begeisterung verschlungen. Schon die ersten Seiten von „Sündenbock“ sind sehr beklemmend: Sie schildern die letzten Minuten der kranken Rentnerin Margit Dombroschke.
Hat ihr Mann Jürgen sie tatsächlich vergiftet oder ist er nur der Sündenbock? Jedenfalls lässt er die tote Frau zwei Wochen in der Wohnung liegen…
Ruth ist inzwischen mit Staatsanwalt Hannes Eisenrauch liiert. Aber auch ihre beiden Kinder sind wieder dabei. Bereits im ersten Band hatte Ruths Privatleben einen breiten Raum eingenommen. Und so war ich schon gespannt, ob sie auch ihren zweiten Fall lösen kann.
In Rückblenden lernen wir das Ehepaar Margit und Jürgen kennen: Er vergöttert sie, ist ihr treu ergeben. Sie hat ihn viele Jahre betrogen und manipuliert. Liegt hier das Motiv? Bald ist klar, dass Margit, die für ein Chemieunternehmen tätig war, das Drama selbst heraufbeschworen hat...
Es geht um eine große Liebe und eine Männerfreundschaft, illegale Prostitution und die Russenmaffia. Ehe sich Ruth versieht, gerät sie zwischen die Fronten und in Lebensgefahr.
Ich mag diese Mischung aus Kriminalfall und Privatleben. Judith Arendt, die mit Klarnamen Tanja Weber heißt, hat mit Ruth eine neugierige und empathische Person geschaffen. Eine sympathische Protagonistin, in einem bisweilen schwierigen beruflichen und privaten Umfeld.
Der Erzählstil der Autorin ist sehr angenehm und vermag mit leisen Tönen zu fesseln. Gut gefallen haben mir auch die vielen überraschenden und unerwarteten Wendungen. Glaubt man, es sei keine Steigerung mehr möglich, dann setzt sie noch einen drauf. Und noch einen. Und noch einen…

Fazit: Spannend, wendungsreich und unvorhersehbar erzählt. Eine Auflösung, die alles in den Schatten stellt!

Bewertung vom 07.04.2015
Manski, Natascha

Seebestattung


ausgezeichnet

Mörderische Nordsee

Um es gleich vorwegzunehmen, „Seebestattung“ ist bereits der zweite Fall für die sympathische Hauptkommissarin Tomma Petersen von der Kripo Nordenham. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Zwei Jugendliche finden die von Fischen angeknabberte Leiche von Nicola Sencker. Sie hat für einen Logistikkonzern gearbeitet. Nicola war heimlich mit Chiara Lenhardt liiert, hatte aber auch Männerbekanntschaften: ein Segellehrer, ein Kollege und vermutlich sogar ihr Chef.
Nicola wurde erschossen. Wo liegt das Motiv? Im Privaten oder Geschäftlichen? Tomma und ihre kauziger Kollege Spandorff ermitteln. Es geht um Mord und Erpressung, gefälschte Medikamente und illegale Waffengeschäfte. Ehe sich Chiara versieht, gerät sie zwischen die Fronten und in Lebensgefahr.
Natascha Manski ist nach „Fanggründe“ erneut ein schöner, ruhiger Ermittlerkrimi gelungen, der sich zudem flott lesen lässt. Tommas Vater ist Japaner, doch aufgewachsen ist sie in der Wesermarsch. Ich habe mich gleich wieder wie zuhause gefühlt und mich über das Wiedersehen mit Tomma sehr gefreut. Aber auch Spandorff hatte ich vermisst.
Die Anzahl derer, die als Täter in Frage kommen ist zwar überschaubar. Doch hier tut die Autorin alles dafür, den Leser in einen Strudel aus Gefühlen und falschen Fährten hineinzuziehen und so schnell nicht daraus entkommen zu lassen. Dass Natascha Manski im Finale nochmal Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende hält die Autorin für ihre Leser noch bereit.

Fazit: Atmosphärischer Küstenkrimi mit vielen falschen Fährten. Beste Unterhaltung!