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Igelmanu
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Mülheim

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Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2014
Wanner, Heike

Rosen, Tulpen, Nelken


gut

Kurz vor ihrem 30. Geburtstag erhält die Physikerin Sophie Post von ihrer Stiefmutter. Beim Aufräumen hat diese nämlich das alte Poesiealbum von Sophies leiblicher Mutter gefunden. An diese hat Sophie kaum Erinnerungen, denn sie starb, als Sophie noch ein kleines Mädchen war. Beim Blättern in dem Album kommt ihr die Idee, die alten Schulfreundinnen der Mutter aufzusuchen. Schon häufig hatte sie den Wunsch verspürt, mehr und persönlichere Dinge über ihre Mutter zu erfahren. Hier sieht sie nun die Chance, denn die damaligen Freundinnen, die sich „in ewiger Freundschaft“ in dem Buch verewigt haben, können ihr doch sicher einiges erzählen? Gemeinsam mit ihren eigenen zwei Freundinnen Sandra und Vanessa macht sich Sophie auf zu einer Reise in die Vergangenheit.

In diesem Buch geht es zwar scheinbar um die Suche nach Infos, die Sophie die früh verstorbene Mutter näher bringen können, aber in erster Linie geht es um Freundschaften. Und zwar um Freundschaften zwischen Frauen, um deren Bedeutung für das eigene Leben, um die Unterschiede zwischen Freundschaften früher und heute. Was bedeutet in Zeiten von sozialen Netzwerken eigentlich der Begriff „Freundschaft“? Auch Sophie differenziert genau zwischen den vielen Freunden, die sie auf Facebook hat und ihren Freundinnen Sandra und Vanessa. Ein Leben ohne die beiden kann sie sich kaum vorstellen.

Auf der Reise in die Vergangenheit lernt Sophie nun die Frauen kennen, die eine ähnliche Beziehung zu ihrer Mutter hatten. Wie erhofft, bekommt sie dabei viele Informationen. Aber nicht alles, was sie erfährt, ist schön. Zudem gibt es Widersprüche in den Berichten und Sophie fragt sich, was wohl damals tatsächlich vorgefallen ist. Und auch zwischen Sophie, Sandra und Vanessa kommt es auf der Fahrt zu Differenzen und Streitigkeiten.

Ich fand den Ansatz und die Idee sehr interessant und war neugierig darauf, was Sophie wohl entdecken würde. Zumal der Klappentext etwas von „Geheimnissen“ versprach… Was das angeht, war ich ein wenig enttäuscht, denn wirklich alles löste sich am Ende in größter Harmonie auf. Alle mal bestehenden Missverständnisse und Uneinigkeiten konnten behoben werden und ich konnte auch in der Vergangenheit der Mutter nichts Geheimnisvolles oder Negatives entdecken.

Der Klappentext versprach ferner, dass die Reise Sophies Leben verändern würde. Tatsächlich ist es so, dass sie während der Reise Gelegenheit hat, über ihre eigene Beziehung zu einem verheirateten Mann nachzudenken. Die Schlussfolgerungen, die sie daraus zieht, verändern dann natürlich ihr Leben, aber ich denke, dazu wäre es ohnehin über kurz oder lang gekommen. Auch diese Entwicklung konnte mich daher nicht überraschen. Genauso wenig wie die Entwicklung der Beziehung zwischen ihr und dem neuen, attraktiven, italienischen Nachbarn.

Das Buch ist ansonsten leicht und angenehm zu lesen. Wer also eine nette Geschichte über Freundschaften, verbunden mit einer kleinen Liebesgeschichte sucht, an deren Ende alle glücklich und zufrieden sind, dem ist dieses Buch zu empfehlen. Man sollte nur keine Überraschungen erwarten.

Bewertung vom 12.09.2014
Jones, Gareth P.

Constable & Toop


sehr gut

London im Jahre 1884. Lapsewood hat sich an sein Dasein gewöhnt. Seit seinem Tod und seiner Geistgeburt geht er jeden Morgen ins Amt, um in der Abfertigungsabteilung neue Todesfälle zu bearbeiten. Der neue Auftrag, den er jetzt bekommen hat, wird ihn zurück in die Welt der Lebenden führen – für Lapsewood eine enorm stressige Angelegenheit. Was er dann aber entdeckt, lässt aus dem Stress ganz schnell einen Alptraum werden: Eine Gefahr, die die gesamte Geisterwelt bedrohen kann! Immer mehr Geister verschwinden spurlos und Geisterhäuser werden von einer unheimlichen Seuche befallen, die „Schwarze Fäule“ genannt wird. Eigenartigerweise scheint das Amt keinerlei Interesse zu haben, gegen diese Bedrohung anzugehen. Zum Glück findet Lapsewood noch Verbündete in seinem aussichtslos erscheinenden Kampf: Einen Geisterjungen namens Thanner und den 13jährigen Sam, der der Sohn eines Leichenbestatters ist und als „Sprechender“ die seltene Gabe besitzt, nicht nur als Lebender Geister sehen, sondern auch mit ihnen sprechen zu können…
In diesem Jugendbuch wird eine komplette neue Welt geschaffen, eine Welt von Geistgestalten, die überall um uns Lebende herum existiert. Diese Welt wird so detailliert beschrieben, dass ich gleich an Harry Potter erinnert wurde – nur, dass es sich hier nicht um Zauberer, sondern um Geister handelt. In diese Welt einzutauchen, machte mir großen Spaß. Ich las, wieso man nach seinem Tod zum Geist wird und was es mit der unsichtbaren Tür auf sich hat. Ich erfuhr, was Geister so mit ihrer Ewigkeit anfangen und wie überaus bürokratisch so ein Geisterdasein verwaltet wird. Ich lernte schüchterne Geister kennen und angeberische, faule und ehrgeizige, nette und bösartige. Wer denkt, dass so ein Geist einfach drauflos spuken kann, der irrt sich gewaltig ;-)
In der Geschichte steckt eine Menge Ironie. Das macht Spaß und ist allein schon sehr unterhaltsam – aber dieses Buch kann noch mehr: Es wird sehr spannend und stellenweise richtig, richtig schaurig. Ich würde daher empfehlen, die Altersempfehlung, die wohl bei 12 Jahren liegt, nicht zu unterschreiten. Das Cover ist meines Erachtens nach irreführend, denn es spricht sicher auch jüngere Kinder an.
Eine weitere besondere Welt, die hier erschlossen wird, ist die von Sam, dem schon erwähnten 13jährigen Sohn eines Leichenbestatters. Als „Sprechender“ steht er in ständigem Kontakt mit Geistern und übernimmt (da er sehr gutmütig ist) häufig Botenfunktion für diese. Trauernden Angehörigen noch Nachrichten zu übermitteln oder noch nicht geregelte Erbschaftsangelegenheiten zu ordnen kann aber ganz schön nervenaufreibend sein, weswegen Sam seine Gabe nicht selten als Belastung empfindet.
Sam ist ein wirklich sympathischer Junge und man fühlt richtig mit ihm mit. Noch weitere liebenswerte Charakter tauchen auf und die Geschichte ist – trotz der vielen Toten ;-) – sehr lebendig geschrieben. Die Kapitel sind kurz und die insgesamt 350 Seiten sollten auch von 12jährigen bewältigt werden können, die sich noch nicht an etwas dickere Bücher gewagt haben. Allerdings weiß ich nicht, ob sie schon die Ironie der Geisterverwaltung wahrnehmen werden. Und bei besonders sensiblen 12jährigen würde ich überlegen, vielleicht noch zwei Jahre mit der Lektüre zu warten oder sie zumindest dabei zu begleiten.
Als erwachsener Leser habe ich mich mit dem Buch an keiner Stelle gelangweilt, es war witzig, spannend und gruselig. Mich hat persönlich nur gestört, dass einige sehr nette Charaktere (oder Daseinsformen ;-) ein sehr unschönes Ende genommen haben. Natürlich weiß ich, dass nicht immer nur die Guten siegen, aber speziell bei diesem Buch hätte mich ein wenig mehr Happy End gefreut. Es ist ja nun auch wirklich kein Buch, das irgendeine Botschaft vermitteln oder sehr realistisch daherkommen will. Wobei – wer weiß das schon…?

Bewertung vom 06.09.2014
Sullivan, J. Courtney

Sommer in Maine


sehr gut

Seit Jahrzehnten treffen sich in jedem Sommer die Mitglieder der Familie Kellerher in ihrem Ferienhaus in Maine. Dort, in dem Haus, das Alice und ihr Mann Daniel einst erworben hatten, wimmelte es jahrelang von Geschwistern, Cousins und Cousinen, Nichten und Neffen. Nun ist Alice alt und das Leben hat für viele unschöne Erinnerungen gesorgt. An nicht wenigen davon ist Alice beteiligt und zwischen einigen Familienmitgliedern klaffen enorme Gräben. Auch in diesem Jahr hat jeder seine ganz eigenen Sorgen im Gepäck – und zudem Neid, Eifersucht und besagte unschöne Erinnerungen…

„Laut Arlo sollte man sein kurzes Leben mit Menschen verbringen, die einen glücklich machten. Außerdem war er davon überzeugt, dass ein Gefühl der Zugehörigkeit durch Taten entstand. Man war sich nicht nah, nur weil man demselben Stammbaum erwachsen war.“

Beim Lesen dieses Buches hatte ich das, was man wohl ein Wechselbad der Gefühle nennt. Zunächst tendierte ich stark zu den Charakteren, die sich bemühten, einen Kontakt mit den ungeliebten Familienmitgliedern auf ein nicht zu vermeidendes Ausmaß zu beschränken. Andererseits weiß ich auch, dass es mit den Gefühlen für die Familie nicht immer so leicht ist. Da gibt es Verantwortlichkeiten, da gibt es Gefühle von Schuld, da gibt es Zweifel, ob man nicht selbst auch so manches Zerwürfnis verursacht hat und zudem gibt es meistens nicht nur schlechte Erinnerungen, sondern auch schöne Momente, gibt es nicht nur Dinge, die einen trennen, sondern auch Gemeinsamkeiten.

Im „Sommer in Maine“ schlüpft der Leser mal in die Haut von Alice, mal in die ihrer Tochter Kathleen, der Schwiegertochter Ann Marie oder der Enkelin Maggie. Die Kapitel werden wechselweise aus der Sicht dieser Charaktere erzählt, es mischen sich Erinnerungen und Gegenwart. Besonders interessant fand ich dabei, wie total verschieden manche Erlebnisse von den einzelnen Personen empfunden wurden, wie anders sich eine Begebenheit anhörte, wenn sie aus der Sicht eines anderen Charakters erzählt wurde.

Eigentlich – wenn man das so liest – denkt man sich: Na klar, verschiedene Personen, verschiedene Einstellungen. Aber die vielen Gefühle, die da reinspielen, machen das Miteinander so kompliziert…

„Sie fuhren ja nicht nur zum Spaß nach Maine, sondern sie hatten eine Verantwortung, und die sollten sie teilen.“

Eine Gemeinsamkeit, die fast alle weiblichen Mitglieder der Familie Kellerher haben, ist ihr Problem mit Alkohol. In der Art, wie sie mit diesem Problem umgehen, zeigt sich wieder ihre Verschiedenheit. Die Schilderungen, wie sich der Alkoholismus durch die Generationen zog, wirkten sehr glaubwürdig und erschütterten mich sehr.

Und natürlich sind da auch noch die berühmten Geister der Vergangenheit. Sehr schnell ahnt man, dass Alice in ihrer Jugend ein traumatisches Erlebnis hatte. Immer wieder gibt es Andeutungen, kommt man der Wahrheit langsam näher und merkt, wie sehr ein einziges Erlebnis ein ganzes Leben verändern und beeinflussen kann.

Im Rückblick würde ich sagen, hat mich die Lektüre wirklich gefesselt, allein schon weil die Frauen, jede für sich, sehr interessante und vielschichtige Charaktere sind. Sehr entspannend war das Lesen aber nicht immer. Dafür waren hier ständig viel zu viele Emotionen im Spiel, manches Mal hab ich noch lange, nachdem ich das Buch zugeklappt hatte, über das gerade Gelesene nachgedacht.

In der Leserunde las ich in einem Beitrag, dass dieses Buch „ein Paradies für Hobbypsychologen“ wäre. In der Tat, das sehe ich ganz genauso. Wenn wir mit einem Charakter in seine Vergangenheit reisen und lesen, was da ursprünglich für Träume und Lebenspläne waren und dann sehen, was daraus geworden ist, dann lässt uns das manches mit anderen Augen betrachten.

Fazit: Reichlich starke Emotionen und interessante Charaktere sorgen für ein fesselndes Leseerlebnis.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.08.2014
Nordin, Klara

Totenleuchten / Lappland-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

„Der Weg auf den Berg war gut befahrbar. Die Samen räumten ihn den ganzen Winter über, weil sie dort oben im Wald ihre Rentiere an den Futterkrippen zufütterten. Margareta fuhr vorsichtig. Neben der Fahrbahn lag der Schnee fast einen Meter hoch. Eine falsche Bewegung, und sie würde feststecken und den ganzen Weg laufen müssen. Geschickt lenkte sie das schwere Fahrzeug, bis sie oben an der Wendeplatte angekommen war. Jetzt gab sie noch einmal richtig Gas. Zirka hundert Meter steil nach oben, dann war sie da. Polizeiinspektor Bengt Karlsson, ihr Kollege, stand im Türrahmen der roten Holzhütte, die bis vor einigen Jahren in der Sommersaison als Café gedient hatte. Margareta parkte den Motorschlitten nahe der alten Holzterrasse, deren Umrisse im Schnee nur zu erahnen waren. Bengt ging langsam auf sie zu. Er war blass und schien nach Worten zu suchen. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Bengt fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Der Junge wurde geschlachtet, geschlachtet wie ein Rentier.“ (S.44)

Nicht nur Bengt ist zutiefst erschüttert von diesem furchtbaren Fund. Alle Bewohner Jokkmokks, einer Kleinstadt nördlich des Polarkreises sind entsetzt! Gerade erst mussten sie einen jungen Mann beerdigen, der an seinem 19. Geburtstag einen tödlichen Unfall hatte. Und nun wurde einer seiner besten Freunde ermordet, ebenfalls an seinem Geburtstag. In dem Städtchen, in dem fast jeder jeden kennt, war der Junge allgemein beliebt. Wer könnte daher einen Grund haben, ihn zu töten? Und gibt es einen Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall seines Freundes?
Hauptkommissarin Linda Lundin, die gerade ihre neue Stelle hoch im Norden angetreten hat, hat eine harte Nuss zu knacken...

Dieser Krimi hat mich total begeistert! Besonders gefiel mir, wie schön die Handlung in den kulturellen und landschaftlichen Rahmen Lapplands eingebettet ist. Die Autorin liebt ihre Wahlheimat - und das merkt man. Seit 6 Jahren lebt sie in Lappland, in genau dieser kleinen Stadt Jokkmokk. Im Buch ist es die Hauptkommissarin Linda, die sich an ein völlig neues Leben gewöhnen muss. Vermutlich wird es ihr in Kürze so ergehen wie der Autorin - sie wird sich in ihre neue Heimat verlieben. Aber noch steht sie vor diversen Problemen. Da ist natürlich zunächst mal die große Kälte, die ihr zu schaffen macht. Während bei -30° die Kinder fröhlich draußen spielen, stellt sie fest, dass ihre mitgebrachte Winterkleidung bei weitem nicht ausreichend ist. Für die Klärung des Mordfalls kann sie gerade mal auf 2 Mitarbeiter zurückgreifen und um zum Tatort zu gelangen, muss sie auf einen Motorschlitten umsteigen.

Es sind diese vielen kleinen Besonderheiten, die den Krimi zu einem ganz besonderen werden lassen. Viel erfährt der Leser auch über die Samen, ob es um deren Geschichte, Sprache, Mode, um ihre Ansichten oder um ihre Werte geht. Erstaunt las ich, wie tief all diese Dinge auch bei der jungen Generation verwurzelt sind.

Aber es ist kein Sachbuch und niemand muss befürchten, dass Spannung oder Ermittlungsarbeit zu kurz kommen. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Es gibt diverse Verdächtige, immer mal wieder neue Wendungen und zum Schluss löst sich alles logisch auf.

Sympathische Charaktere gibt es ebenfalls mehrere. Und obwohl ich den Bewohnern Jokkmokks ihren Frieden gönnen würde, hoffe ich doch, dass Linda und ihre Mitarbeiter bald wieder Arbeit bekommen ;-)

Was mich im Moment aber am meisten bewegt, ist der heftige Wunsch, auch mal selbst in dieses Land zu reisen. Die Landschaftsbeschreibungen, die Berichte über Schlittenfahrten mit Husky-Antrieb, über samische Feste und Märkte und nicht zuletzt über die sagenhaften Polarlichter waren so intensiv geschrieben, dass ich am liebsten gleich meine Koffer gepackt hätte. Und wenn ich eines Tages losfahre, werde ich mich bemühen, nicht die gleichen Fehler zu machen, wie der typische Tourist, "erkennbar an der zu dünnen Kleidung und den eleganten Winterschuhen".

Bewertung vom 30.08.2014
Streiter, Volker

Das Geheimnis des Strandvogts


ausgezeichnet

Mit einem Mal flog die Tür zum Wohnraum auf, und die massige, leicht gebeugte Gestalt eines Mannes füllte den Rahmen. Ohne ein Wort des Grußes trat er auf die Leiche zu. Ein kurzer Blick auf das Antlitz und den dürftig wieder bekleideten Körper, dann griff er dessen Schulter und drehte ihn um. Brummend deutete er auf die Wunde am Hinterkopf und blickte in die Augen des Pastors. „Was soll das mit dem Kapitalverbrechen? Busso Dahl wird betrunken hingeschlagen sein. Jeder auf der Insel weiß, wie gern er seinem Schnaps zusprach. Tragisch genug für die Familie unseres Postläufers, sind ja alles Habenichtse.“ (S. 42)

Strandvogt Hinrich Gulderling muss schnell erkennen, dass er sich in diesem Fall irrt. Der tote Postläufer, der im Watt gefunden wurde, wurde eindeutig ermordet! Eine Wunde am Hinterkopf, eine im Schulterblatt steckende Harpune und diverse Holzpflöcke, mit denen er am Meeresboden fixiert wurde, sprechen eine deutliche Sprache. Eine Untersuchung ist so leider unumgänglich.

Amrum, im September 1845. Der reisende Schriftsteller Johann Georg Kohl hatte sich seinen Aufenthalt auf der Insel ganz anders vorgestellt. Von der Dünenlandschaft Amrums hatte er schon einiges gehört, nun sollten seine Eindrücke von der Insel der Stoff für sein nächstes Buch werden. Doch schon auf der Hinfahrt durchs Watt werden seine Gedanken abgelenkt: Weg von den Dünen und hin zu diesem grauenhaften Mordopfer, das er und seine Mitreisenden entdecken. Schnell ist seine Neugier geweckt und er beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln…

Ein tolles Buch! Ich hatte viel Spaß beim Lesen! Der Krimi-Handlung fehlte nichts, es gab für mich jede Menge Aspekte, die zum Miträtseln einluden. Wer konnte ein Motiv haben, wer die Gelegenheit? Was steckt hinter all den Gerüchten, die über den Toten, den Standvogt und den Dünenjungen Nickels verbreitet werden? Es blieb spannend bis zum Schluss, der eine ordentliche Auflösung hatte und dabei nochmal überraschte.

Wichtig auch die starken Charaktere, von denen wir hier gleich mehrere haben. Neben dem Schriftsteller gibt es hier beispielsweise die junge Dina Martensen, eine starke und selbstbewusste Frau, die Johann unterstützt und sich zudem für einen jungen Außenseiter einsetzt. Auf einer Insel mit einer überschaubaren Menge an Bewohnern und einem Vogt, der ganz sicher nicht zum Sympathieträger taugt, sind das sehr mutige Aktionen!

Natürlich ist auch der Vogt zu erwähnen. Ob man ihn mag oder nicht – Eindruck hinterlässt ein Mann wie er immer. Dann gibt es eine alte „Kräuterfrau“, die den nicht vorhandenen Arzt ersetzt und über wirklich jeden Tratsch informiert ist, den es so auf der Insel gibt. Weiter geht es mit einem sittenstrengen Pastor, seinem rebellischen Sohn und natürlich Nickels, dem oben schon erwähnten Außenseiter, der mein absoluter Lieblingscharakter war.

Schön fand ich auch, wie hier die Stimmung in den Dorfgemeinschaften dargestellt wird. Dieses Getratsche, die Lästereien, die Vorurteile – schlimm, aber absolut glaubwürdig.

Wie es sich für einen guten historischen Krimi gehört, gibt es den passenden zeitlichen Rahmen für die Handlung. Der Alltag ist von harter körperlicher Arbeit geprägt, beinahe jede Familie ist Kummer und Leid gewöhnt. Gleichzeitig kann sich ein leidenschaftlicher Leser über Tischgespräche freuen, die sich um die damals aktuellen Werke von Hans Christian Andersen oder Charles Dickens drehen. Noch weitere berühmte Namen werden auftauchen und ich wünsche jedem viel Spaß beim Entdecken dieser Textpassagen! Ich hatte ihn jedenfalls.

All das findet dabei vor einer wirklich beeindruckenden Kulisse statt. Denn natürlich gibt es reichlich Schilderungen der Natur, der Dünen, des Watts. Ich sah in meinem Kopfkino mächtige Wolkenformationen über den Himmel ziehen, fühlte den starken Wind im Gesicht… Auch wenn wir es hier mit dem Amrum des 19. Jahrhunderts zu tun haben, merkt man deutlich, dass der Autor diese Insel sehr mag.

Bewertung vom 24.08.2014
Schenkel, Andrea Maria

Kalteis


sehr gut

„Immer wieder wollte ich es haben, in einem Rausch war ich, nicht mehr ich selbst war ich, danach habe ich mich immer geschämt, aber nach einiger Zeit war das vergessen und ich bin wieder los. Wie ein wildes Tier, das ist der Trieb, ich bin wieder los … immer wieder.“

München, Ende der 30er Jahre. Ein Serienmörder hat dafür gesorgt, dass immer wieder junge, hübsche Frauen spurlos verschwunden sind. Frauen wie Kathie, die mit großen Träumen von einem besseren Leben vom Land in die große Stadt gezogen ist.

Zu Beginn des Buches ist der Täter bereits inhaftiert, verurteilt und seine Hinrichtung steht bevor. Eine öffentliche Bekanntmachung ist unerwünscht, denn der Täter ist ein guter Deutscher, ein Arier, Mitglied der NSDAP und „jeder Schaden, der dem Ansehen der Partei und der nationalsozialistischen Bewegung entstehen könnte, (ist) zu vermeiden.“

In zahlreichen Rückblenden erleben wir die Verhöre des Täters Josef Kalteis und die Geschichte der Opfer. Die Verhöre zeichnen sich dadurch aus, dass nur die Antworten von Kalteis aufgeführt sind, die dazugehörenden Fragen aber fehlen. Diese fehlen aber überhaupt nicht, man kann aus den Antworten leicht schließen, wonach gefragt wurde. Aber durch die konsequente Aneinanderreihung seiner Aussagen werden die Widersprüche, in die er sich verwickelt, nur umso deutlicher. Eine besondere Brisanz haben die Verhörprotokolle, da man als Leser ja schon weiß, dass er schuldig ist. Da man bereits weiß, worauf alles hinausläuft. Wenn ich unter diesen Voraussetzungen lese, wie er begeistert schildert, wie gerne er beim Schweineschlachten hilft und die einzelnen Abläufe detailliert beschreibt, dabei auch noch zugibt, wie toll er es findet, wenn er die Angst bei dem Tier wahrnimmt, dann läuft mir ein Schauer den Rücken hinunter. Zumal er einige dieser Abläufe präzise wiederholen wird, aber dann nicht an einem Schwein.

Und dann die Geschichten der diversen Mädchen… Man lernt ein Mädchen kennen, erfährt, wie es dazu kam, dass sie an dem Abend, der ihr letzter werden soll, alleine nach Hause fährt und nicht in Begleitung – und die ganze Zeit weiß man, dass dies alles auf ihre Ermordung hinausläuft. Diese vorweggenommene Spannung finde ich toll! Besagtes Ende gestaltet sich unterschiedlich. Bei dem einen Mädchen erfährt man nur, dass sie verschwunden ist, vermisst gemeldet wurde. Bei einem anderen wird die Tat einschließlich einer fiesen Verstümmelung detailliert geschildert. So weiß man auch, was mit den anderen geschah. Schlimm, dann eine Mutter bei der Suche nach ihrer vermissten Tochter zu erleben!

Ganz besonders intensiv lernen wie Kathie kennen. In Rückblenden begleiten wir sie bis zu ihrer Kindheit. Mit großen Träumen und Wünschen kam sie vom Land nach München, hoffte, dass hier ihr Leben eine entscheidende Wendung zum Besseren erfährt. Und natürlich träumt sie von einem Mann, einem Traumprinzen. Ein gutgläubiges, unerfahrenes, einfaches Opfer!

Unterstützt wird alles durch eine konsequent einfach gehaltene Sprache. Kurze, abgehackte Sätze. Dialekt und falsche Grammatik. Nicht immer einfach zu lesen, aber dadurch traten mir die einzelnen Personen nur umso deutlicher vor Augen. Einfache Menschen, ohne große Bildung. Auch bei Josef Kalteis muss ich ein gehöriges Maß an geistiger Armut einräumen. Heute würde man so einem Menschen mindestens verminderte Schuldfähigkeit wenn nicht gar Unzurechnungsfähigkeit attestieren und ihn in eine psychiatrische Anstalt einweisen. Aber dies hätte ja dem Ansehen der Partei Schaden zufügen können…

Der Roman basiert auf einem historischen Kriminalfall. Der Quellennachweis verweist unter anderem auf Vernehmungsprotokolle der Polizeidirektion München aus den Jahren 1930-1939. Das Buch ist sehr kurz (nur 187 Seiten), was ich an sich bedauerlich finde. Aber so kann man es „mal eben“ schnell zwischendurch lesen – mir hat es heute netterweise eine lange Wartezeit beim Orthopäden vertrieben.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2014
Beinert, Claudia;Beinert, Nadja

Die Herrin der Kathedrale / Uta von Naumburg Bd.1


sehr gut

„Schwerste Verbrechen durch Beschädigungen des Lebens eines Delinquenten zu sühnen ist königlich-kaiserliches Vorrecht.“

Uta will Gerechtigkeit. Seit der Ermordung ihrer Mutter wünscht sie sich, den Verantwortlichen endlich vor ein Gericht bringen zu können. Aber das ist nicht einfach, hat sie doch keinen männlichen Verwandten, der sie unterstützt. Und „ein Weib alleine ist nicht rechtfähig“. Ohnehin lebt sie in einer Zeit, in der Frauen wie sie – nämlich solche, die nach Bildung streben – als „nicht gottgefällig“ bezeichnet werden. „Mann“ ist gemeinhin der Ansicht, dass Frauen überhaupt nicht lernfähig sind und dass Frauen, die sich entgegen der göttlichen Ordnung benehmen unfruchtbar werden. Auch Utas Ehemann gibt ihr die Schuld an der Tatsache, dass sie einfach nicht schwanger wird und droht damit, sie zu verstoßen. Aber das sind noch nicht die einzigen Probleme, mit denen Uta sich rumschlagen muss. Ganz nebenbei unterstützt sie noch tatkräftig den Kathedralen-Bau zu Naumburg, bei dem es immer wieder neue Probleme zu bewältigen gibt. Und dann ist da auch noch die heimliche Liebe zu ihrem Schwager Herrmann…

Ich muss gestehen, Themen wie „Frau setzt sich gegen alle möglichen Widerstände durch“ und „die Rolle der Frau in vergangenen Zeiten“ reizen mich immer. Auch hier war ich wieder angemessen empört ob der Tatsache, dass einer Frau die völlige Selbstbestimmung, Entscheidungsbefugnis und die „Rechtfähigkeit“ abgesprochen wird. Gerne habe ich also Uta auf ihrer Suche nach Gerechtigkeit begleitet. Und auch ein Thema wie der Bau einer Kathedrale ist gewöhnlich für mich von Interesse.

Faszinierend fand ich zudem alles, was mit der damaligen Rechtsprechung zu tun hatte. Darauf wird ziemlich ausführlich eingegangen. Aus heutiger Sicht kann man über die vielen Gottesurteile natürlich nur den Kopf schütteln.

Mit der Umsetzung war ich aber nicht immer ganz glücklich. Zunächst mal musste ich mich ein wenig an den Schreibstil gewöhnen. Der kam mir anfangs reichlich kitschig vor. Gleichzeitig aber auch sehr bekannt. Und dann dämmerte mir, woran mich die Sprache erinnerte. Bei uns findet auf einer alten Burg jedes Jahr ein „Mittelalterliches Spectaculum“ statt und da wird so gesprochen, wie das ganze Buch klingt. Von da ab hatte ich mich mit der Sprache ausgesöhnt, empfand ich sie dann doch als passend für den zeitlichen Hintergrund.

Ein paar Sachen waren für mich aber nicht logisch, passten einfach nicht. Dieses angebliche Stottern von Uta beispielsweise, dass nur an einzelnen Stellen im Buch auftrat und sich dann meist nur auf ein Wort beschränkte, kam mir sehr unglaubwürdig vor. Und da dem Stottern im Handlungsablauf eine zukunftsentscheidende Bedeutung zugewiesen wurde, hätte man das entweder deutlicher und konsequenter darstellen oder sich etwas anderes einfallen lassen müssen. Und dass sie – die eine freundschaftliche Beziehung zur Kaiserin hat – trotzdem 20 Jahre braucht, bis sie Anklage erheben kann, wollte mir einfach nicht in den Kopf. Zu diesen Punkten gesellten sich noch ein paar Längen, die aber an anderer Stelle durch völlig überraschende Dinge ausgeglichen wurden.

Im Nachwort wird einiges über das tatsächliche „geschichtlich belegte“ Leben der handelnden Personen berichtet. Über Uta von Naumburg (die jedem bekannt ist, der schon mal ein Kreuzworträtsel gelöst hat) gibt es nicht sehr viele gesicherte Fakten. So erfährt man, welche Punkte des Buches auf Tatsachen beruhen und was die Autorinnen sich dazu ausgedacht haben.

Wer es also schafft, sich mit der Sprache anzufreunden und über ein paar – wie ich finde – unlogische Punkte hinwegzusehen und sich zudem nicht vor einem dicken Wälzer fürchtet, erlebt eine interessante Geschichte aus einer spannenden Zeit – dem frühen 11. Jahrhundert.

Bewertung vom 24.08.2014
Wenz, Barbara

Das Farnese-Komplott


gut

Der Monsignore ließ endlich den Motor aufheulen, gab Gas und bog scharf vor dem Lkw nach links in eine Seitenstraße ab. „Wo fahren wir hin?“ – „Zu mir. Bis wir wissen, was hier los ist.“ Sie schaute ihn überrascht an. „Und bei Ihnen sind wir in Sicherheit?“ Er drückte ihr mit einem feinen Lächeln seine Visitenkarte in die Hand und drosch dreimal auf die Hupe, um eine störende Vespa zur Seite zu treiben.
Krista konnte es kaum glauben: Auf dem eierschalenfarbenen handgeschöpften Papier prangte das Familienwappen der Farnese in hochwertiger Stahlstichausführung. Darunter las Krista seine Adresse: Palazzo San Carlo – Città del Vaticano.
Die Vatikanstadt! (S. 26/27)

Gerade dachte Krista noch, dass sie am Ziel ihrer Träume angekommen wäre. Sie hatte den begehrten Posten als Rom-Korrespondentin bekommen und eine Wohnung in traumhafter Lage wartete auf sie. Als sie dort ihren Vorgänger Manfred aufsucht, macht sie aber eine böse Überraschung. Die Wohnung ist verwüstet und Manfred verschwunden. Die eintreffende Polizei macht schnell deutlich, dass sie den Einbruch als Tat von „Zigeunern“ ansieht und nicht weiter verfolgen wird.
Krista sorgt sich um Manfred. Eine Verabredung nicht einzuhalten, passt nicht zu ihm. Diese Ansicht vertritt auch Monsignore Lorenzo Farnese, der mit Manfred befreundet war. Zuletzt arbeitete der Journalist an einem Buch über das Schweißtuch der heiligen Veronika, eine der wertvollsten Reliquien der Christenheit. Alle seine Aufzeichnungen dazu scheinen geraubt zu sein. Aber welcher Dieb hat an so etwas ein Interesse?
Als kurz danach auf Krista geschossen und Manfred tot aufgefunden wird, ist Krista und Lorenzo klar, dass viel mehr hinter der Sache stecken muss, als ein Einbruch und ein einfacher Unfalltod…

Dieses Buch startete furios. Den Prolog habe ich glatt zweimal gelesen, so toll fand ich ihn. Und der Fall versprach sehr interessant zu werden, denn zu Recht fragt man sich, wieso jemand ermordet wird, weil er über eine zweitausend Jahre alte Reliquie recherchiert. Der Titel des Buches verriet, dass es eine Verschwörung geben muss. Und die Familie Farnese ist so berühmt, dass man nur eine Bar besuchen muss, um vom Barista über ihre Bedeutung aufgeklärt zu werden…

„Ein Farnese! Die haben sogar einmal einen Papst gestellt. Kardinäle, Großinquisitoren, ziemlich gute Exorzisten in der Familie.“

Wie gesagt, es versprach, interessant zu werden. Krista und Lorenzo versuchen, vom Vatikan aus zu ermitteln. Zeitgleich beginnt eine zweite Erzähllinie, die über den jahrhundertelangen Weg des heiligen Tuchs vom Jahre 33 an berichtet. Die beiden Erzähllinien wechseln sich ab, was sehr reizvoll ist. Jedoch erschienen mir die historisch-religiösen Kapitel zu umfangreich und ich ahnte schon, dass für die Auflösung in der Gegenwart nicht mehr viel Platz bleiben würde. Tatsächlich musste es gegen Schluss des Buches auch sehr schnell gehen und einige Punkte blieben offen, was vermuten lässt, dass es eine Fortsetzung geben wird. Das habe ich aber leider vorher nicht gewusst.

Ansonsten liest sich das Buch angenehm und ist auch schön geschrieben. Es gibt einige interessante Charaktere, allen voran Lorenzo, der für einen Geistlichen eine wirklich erstaunliche Vita hat. Er und Krista liefern sich sehr nette Wortgefechte und zum Glück wurden die beiden kein Paar. Das wird Romantiker traurig stimmen, mich hat es aber sehr erleichtert ;-)
Zudem erfährt man, welche Small-Talk-Themen es im Vatikan gibt und dass ein dort gängiger Handy-Klingelton offenbar ein „Gloria“ ist. Diese Sachen machen die Lektüre recht unterhaltsam.

Im Grunde ist es also schade. Die lediglich 222 Seiten sind einfach zu wenig für das Potential, das das Buch hat. Ich würde empfehlen, die (vermutlich folgende) Fortsetzung abzuwarten und dann beide Bücher hintereinander zu lesen.

Bewertung vom 22.08.2014
Kinstner, Margarita

Mittelstadtrauschen


sehr gut

„Alle Menschen sind auf der Suche nach ein bisschen Glück, nach ein wenig Sinn in ihrem Leben. So sucht Marie nach der Liebe in sich und findet sie nicht, so sucht Sonja nach einem, der sie ein bisschen lieb hat.“

Jakob lernt in einem Café Marie kennen und verliebt sich in sie. Er trennt sich von Sonja, die kurz danach mit Gery zusammenkommt. Gery nun war der beste Freund von Joe, in den Marie so verliebt war. Joe, der sich mit einem Sprung von einer Brücke das Leben genommen hat und seinen Freunden ein Testament hinterlässt, das genau ein Jahr nach seinem Tod auf dem Wiener Prater eröffnet werden soll.

Ein Schicksal führt zum anderen. Wir lernen Hedi kennen, die alte Dame, der Gery immer das Essen bringt und die nie verwinden konnte, dass sie als junges, unverheiratetes Mädchen ihr Baby weggeben musste. Oder Maries Vater, der sich seit dem Tod seiner Frau in eine Scheinwelt zurückzieht, in der diese noch lebt.

„Die Menschen rauschen an dir vorbei, und die meisten von ihnen erkennst du schon am nächsten Tag nicht wieder.“

Weitere Charaktere tauchen auf. Jedes Leben ist irgendwie mit den anderen verwoben. Jeder einzelne hat Hoffnungen und Träume, ist geprägt von Enttäuschungen und sucht trotzdem sein bisschen persönliches Glück. Aber das Leben miteinander ist häufig alles andere als leicht. Und eine Beziehung endet häufig im Frust, weil der andere die eigenen Hoffnungen weder erahnen kann noch sie erfüllt.

„Die Liebe bleibt nur so lange groß, solange sie sich nicht erfüllt.“

Ein wunderschönes Buch! Es fällt mir schwer, den Eindruck zu beschreiben, den es bei mir hinterlassen hat. Anfangs hab ich ein wenig gebraucht, bis ich mich reingefunden hatte – so sehr verwirrte es mich zunächst, wie alle Schicksale, alle Leben irgendwo zusammenlaufen. Danach aber war es umso faszinierender, darüber zu lesen.

Und alles ist in einer sehr ausdrucksvollen, poetischen Sprache verfasst. Manche Sätze waren einfach so schön, dass ich die jeweiligen Absätze mehrfach gelesen habe.

„Wie eine zarte Daunenfeder schwebt das Du durch den Raum, erhebt sich über dem Herd in die Lüfte und lässt sich schließlich auf Hedis Schulter nieder.“

„Manchmal überrascht einen die Liebe auch von hinten. Ganz leise schleicht sie sich an dich heran, Katzenpfoten auf Fischgrätparkett, und stupst dir ihre feuchte Nase gegen die Wade.“

Dazu die Spannung, die den Leser und die Hauptfiguren umtreibt: Was hat es mit dieser geheimnisvollen Testamentseröffnung auf sich? Wieso müssen wir ein Jahr darauf warten und wieso soll es im Prater stattfinden? Nur einer weiß die Antwort und wir erfahren sie auch – ganz am Schluss.

„Stell dir folgende Szene vor. Julia sitzt mit hochgeknotetem Haar am Kamin und strickt, und Romeo raucht seine Pfeife und liest ihr aus der Zeitung vor. Vorhin haben sie ein wenig gezankt, weil das Essen verbrannt war, aber jetzt blicken sie einander in die Augen und wissen, dass sie sich trotz allem noch immer sehr gern haben und ohne einander nicht sein wollen.“