Benutzer
Benutzername: 
TochterAlice
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 1464 Bewertungen
Bewertung vom 01.09.2019
Rooney, Sally

Gespräche mit Freunden


gut

Der Geist der Zeit bzw. in der Gegenwartsspeech: der Spirit der Jugend ist in jeder Generation von großem Interesse, nicht nur im "Real Life", sondern auch in der Literatur. Nicht umsonst sind in vergangenen Zeiten - ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts - Romane wie "Bonjour tristesse" oder auch "Der Fänger im Roggen entstanden, in denen nicht zuletzt die Liebe - oder ist es "nur" die Sexualität? - eine zentrale Rolle spielt.

Auch in der Gegenwart: "Gespräche mit Freunden" der irischen Autorin Sally Rooney ist so ein Roman. In dem der Zeitgeist ziemlich im Vordergrund steht. Die beiden jungen Stand-up-Künstlerinnen Bobbi und Frances lernen das Ehepaar Melissa und Nick kennen: sie: Fotografin, er: Schauspieler und etwa 10 Jahre älter als die beiden Mädels. Die irgendwann mal ein Paar waren und inzwischen "nur" noch gute Freundinnen sind.

Frances ist die Erzählerin, sie und Nick kommen sich näher, wie man das früher nannte. Also, richtig nahe. Wobei Nick immer noch verheiratet ist und das auch bleiben will. Eigentlich. Und Frances steht da drüber bzw. gibt sie sich den Anschein.

Dann schießt jemand quer bzw. mehrere und die Sachlage ändert sich. Das alles ist eindringlich geschrieben und von der erstklassigen und sehr erfahrenen Übersetzerin Zoe Beck eindringlich übersetzt. Trotzdem: mein Ding ist das nur bedingt. Ein ziemliches Hin und Her zwischen den Liebenden oder vielmehr: einander Begehrenden und auch darüber hinaus.

Mich ließ die Lektüre spüren, dass ich doch schon ein älteres Semester, bzw. über ein solches Hick Hack hinaus bin. Vielleicht hat es mich auch nie ergriffen. Ich habe es wegen der oben genannten Faktoren gerne gelesen, aber ich glaube nicht, dass etwas länger hängenbleiben wird. Wahrscheinlich, weil ich nicht so die richtige Zielgruppe bin für die hier transportierten Wertvorstellungen oder auch nur für dieses Geplänkel. Ich finde, so richtig tief geht das nicht und so extrem neu ist da auch nix dran. Nichtsdestotrotz: Nett und unterhaltsam zu lesen.

Bewertung vom 01.09.2019
Glen, Joanna

Die andere Hälfte der Augusta Hope


sehr gut

Ein Mädchen, das die Welt anders sieht als alle anderen: das ist Augusta, die eine Hälfte der Hope-Zwillinge. Auch ihre Schwester Julia hat eine andere Wahrnehmung, aber sie versteht sie wenigstens. Als Einzige.

Die Eltern sind liebevolle britische Kleinbürger, die bis zu einem bestimmten Punkt tolerant sind, aber nicht anders sein wollen als andere und bloß nicht zu viel Fremdes an sich heranlassen wollen. Das beginnt mit dem schwerbehinderten Sohn der Nachbarsfamilie, mit dem die Mädchen nicht spielen sollen und endet mit dem Brexit von dessen Durchbruch sie begeistert sind.

Aber da ist Augusta schon längst nicht mehr zu Hause, sondern in einem der so fremden Länder. Allerdings einem europäischen, einem, das die Eltern schon besucht haben. Nicht in Burundi, ihrem Lieblingsland, seitdem sie sieben Jahre alt ist. Einem, in dem die Eltern sie erreichen können, wenn sie wollen. Wollen sie?

Die Geschichte der Familie Hope wird aus Augustas Perspektive erzählt, doch es gibt einen weiteren Erzählstrang, in dem Parfait berichtet. Parfait, der aus einem fremden afrikanischen Land kommt und den es nach Spanien verschlagen hat.

Auf überaus unerwartete, ja eigenartige Art und Weise verweben sich die Geschichten der beiden Protagonisten, wenn auch erst zum Ende hin. Und sie lernen ebenso wie die Leser, warum es sich lohnt, die Hoffnung nicht aufzugeben.

Ich habe die erste Auflage der deutschsprachigen Ausgabe gelesen und mich sehr darüber geärgert, dass im Klappentext schon so viel Entscheidendes verraten wird. Das spielt sich nämlich erst im letzten Viertel des Romans ab. Mein Wunsch wäre, dass dies in späteren Auflagen geändert wird - die Leser werden dadurch viel gewinnen.

Ein ungewöhnlicher Roman über gewöhnliche und ungewöhnliche Menschen, der mich ab und zu sowohl in seinem Stil als auch in der Handlung sehr befremdete. Doch insgesamt habe ich ihn gern gelesen und vor allem die sperrige Augusta schätzen gelernt - kein Wunder, denn wir im August geborenen sollten zusammenhalten.

Wenngleich ich ihn auch den Juligeborenen ans Herz lege und es auch gut nachvollziehen könnte, wenn ein Leser, der in einem der restlichen zehn Monate geboren wurde, ihn sich zu Gemüte führt. Es lohnt sich allemal!

Bewertung vom 28.08.2019
Lunde, Maja

Über die Grenze


ausgezeichnet

Abenteuer erleben statt nur über sie zu lesen: Das wünscht sich die zehnjährige Norwegerin Gerda im Jahre 1942, nachdem sie gerade die "Drei Musketiere" gelesen hat und sich einen der drei Helden, nämlich Porthos, zu ihrem Idol und Vorbild erkoren hat. Doch ihr älterer Bruder ist ein ruhiger Typ und lässt sich nicht mitziehen.

Trotzdem kommt sie wesentlich schneller als geahnt zu ihrem Abenteuer bzw. gerät sie mitten hinein in eines: und das hätte sie sich definitiv lieber erspart, denn es hängt damit zusammen, dass ihre Eltern verhaftet wurden - von deutschen Wehrmachtssoldaten und von Hirden, den Anhängern der norwegischen nationalsozialistischen Bewegung, die mit den deutschen Besatzern gemeinsame Sache machten.

Nicht ohne Grund, wie sich zeigt, denn sie hatten in ihrem Haus zwei jüdische Kinder - Daniel und Sarah - versteckt, die zu ihrem bereits nach Schweden geflüchtetem Vater gebracht werden sollten. Gerda fällt es nicht im Traum ein, diese in Stich zu lassen und sie begibt sich selbst mit ihnen auf den Weg - und zieht Otto nach dessen anfänglicher Weigerung mit.

Es wird eine Odyssee auf Leben und Tod, die spannend, aber auch erschreckend ist für die jungen Leser. Wie gut, dass alle vier als "richtige" Kinder und nicht als kleine Erwachsene dargestellt werden - mit "kindlichen" Empfindungen und Wahrnehmung, aber auch mit der kindlichen Zutraulichkeit, die gelegentlich in Unvernunft bzw. Leichtsinn umschlagen kann. Damit bringen sie sich von Zeit zu Zeit in gefährliche Situationen, ebenso oft ist ihre Intuition, bzw. ihr "Näschen" sehr hilfreich.

Ein wundervoll warmherziges Kinderbuch, das sowohl intelligent als auch einfühlsam geschrieben ist ist und vor jedem Kapitel kleine Zeichnungen enthält, die die ganze Handlung anschaulicher gestalten.

Allerdings würde ich Eltern bzw. anderen Bezugspersonen dringend raten, das Buch entweder mit oder vor dem Kind zu lesen, damit dieses während seiner Lektüre gleich einen Ansprechpartner hat - denn es wird viele Fragen und sicher auch weiterführenden Gesprächsbedarf zu diesem Thema - dem zweiten Weltkrieg und der Rolle Deutschlands bzw. Norwegens darin - haben. Oder Sie machen es gleich wie ich und besorgen es für sich selbst, denn dies ist altersunabhängig eine sehr mitreißende und eindringliche Lektüre, die man nicht so schnell vergessen wird. Empfehlenswert für alle, die an neuerer europäischer Geschichte interessiert sind!

Bewertung vom 28.08.2019
Aurass, Dieter

Rheinlandbastard


sehr gut

Unter den Franzosen bzw. in ihrem Besatzungsgebiet befand sich das Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg eine ganze Weile und die Ansichten der Bewohner des Gebietes dazu waren sehr unterschiedlich: die meisten Rheinländer waren dagegen und fühlten sich unterdrückt, es gab aber auch solche, die die Anwesenheit der westlichen Nachbarn durchaus schätzten: bspw. wegen deren "Savoir vivre", mehr noch allerdings aufgrund der Tatsachen, dass dadurch aufkeimende radikale politische Strömungen - nicht zuletzt die Anfänge des Nationalsozialismus - in Schach gehalten wurden.

Dem ehemaligen Polizisten Dieter Aurass ist mit seinem historischen Krimi "Rheinlandbastard" eine ganz besonders atmosphärische Schilderung der damaligen Zeit - die Handlung spielt im Jahr 1924 - gelungen. Er gewährt seinen Lesern einen Einblick in die Situation in Koblenz in der damaligen Zeit und die Situation ist eine heftige - es werden nacheinander mehrere Leichen französischer Soldaten aufgefunden, die brutal ermordet wurden. Was wohl dahinter steckt?

Nach kurzer Zeit sieht sich die französische Seite gezwungen, deutsche Kollegen mit ins Team zu nehmen und hier kommt Adalbert Wicker, ein junger deutscher Kommissar und "Star" des Krimis ins Spiel - eine wunderbare Figur, warmherzig und sonnig, dabei scharfsinnig und klug. Er ist keineswegs ein Feind der Franzosen, was ihm aber Mißtrauen von deren Seite keineswegs erspart - zumal er doch ein Fisternöllchen (wie man das in meinem Teil des Rheinlands, in Köln, nennt) mit einer französischen Krankenschwester hat. Wobei es mehr ist: die jungen Leute lieben einander aufrichtig und wünschen sich eine gemeinsame Zukunft in dieser gespaltenen Welt.

Nun, Adalbert Wicker und sein französischer Kollege, Didier Anjou - dieser ist aus mehreren Gründen keineswegs ein Freund der Deutschen - haben einige ausweglose Schleifen zu drehen, bevor sie doch noch die Kurve kriegen. Wobei das aus meiner Sicht ziemlich vorhersehbar, was die Lektüre des Krimis aber nicht weniger lohnenswert werden lässt.

Denn Dieter Aurass schreibt unterhaltsam, lehrreich, warmherzig und mit Humor. Ein Buch, das alle, die in der deutsch-französischen Kooperation in irgendeiner Form aktiv sind, unbedingt in die Hand nehmen sollten: allen voran Madame Merkel und Herr Macron!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.08.2019
Sloan, Holly Goldberg;Wolitzer, Meg

An Nachteule von Sternhai


ausgezeichnet

Passt die Eule zum Hai? Genauer gesagt, die Nachteule zum Sternhai? Denn so grundverschieden wie diese beiden Tiere sind auch die Mädchen Avery (Nachteule) und Bett (Sternhai) aus New York bzw. Kalifornien. Wie sie zusammenkommen? Auf eine ebenso ungewöhnliche wie moderne Art - Bett, die für sowas einen Riecher hat, hat nämlich herausgefunden, dass die beiden Väter - beide Mädchen werden jeweils von ihren Vätern erzogen - eine Romanze haben und es scheint etwas Ernstes daraus zu werden! Und die beiden Mädels sollen sich im Sommer im Feriencamp kennenlernen und darauf vorbereiten, bald als Familie zusammenzuleben.

Aber nicht mit ihnen! Denn sowohl die ruhige, manchmal besserwisserische Avery als auch die sportliche, manchmal tollkühne Bett sind sehr zufrieden mit ihrem Leben, so wie es ist und wollen daran gar nichts ändern. Vor allem können sie sich nicht vorstellen, eine neue Schwester zu haben, mit der sie nur das Alter - beide sind zwölf - teilen.

Sie treffen also gewisse Abmachungen - dass nichts, aber auch gar nichts nach Plan laufen wird - weder bei ihnen noch bei den Vätern - das ahnen sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Auch nicht, dass sie irgendwann einmal alles dafür tun werden, zusammen sein zu können - wenn auch vielleicht nicht für immer. Denn sie sind - wie gesagt - wie Feuer und Wasser. Oder wie Sonne und Regen. Oder eben wie Nachteule und Sternhai, ihre jeweiligen Lieblingstiere.

Ein entzückender, aber durchaus kraftvoller und stellenweise respektloser Roman in E-Mails. Wobei nicht nur die beiden Mädchen Verfasserinnen bzw. Adressatinnen sind, auch weitere Akteure - das sind längst nicht nur die Väter - werden mit einbezogen. Wenn auch nicht unbedingt in die Ränke bzw. Verschwörungen - das nämlich sind ganz allein Angelegenheiten von Bett und Avery, die beide ganz schön übergriffig sein können - jede auf ihre Art.

Ein Roman, in dem sich längst nicht jeder nur von seiner besten Seite zeigt. Weder die Mädchen noch ihre Väter. Und auch nicht alle anderen Player. Erstens kommt es anders und zweitens als gedacht - das ist das Fazit am Ende des Buches. Der Leser erlebt zum Ende hin noch ein paar ganz schöne Überraschungen! Ein Roman mit Herz und mit Schwung, an dem längst nicht nur (Beinahe-)Teenies ihre Freude haben - ich als längst schon Erwachsene hatte auch meinen Spaß daran. Ein Gute-Laune-Buch mit ein paar ernsteren Sequenzen, den ich von ganzem Herzen weiterempfehle und zwar jedem, der Lust hat auf ein richtig gutes Buch!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2019
Scriverius, Henrike

Die Gärten von Monte Spina


weniger gut

Gärtnerin Toni hat ihren Mann bei einem Unfall verloren und ist seitdem auf der Flucht: vor der Vergangenheit, ihren Dämonen, vor allem aber wohl vor sich selbst. Inzwischen in einem Garten in England tätig, verschlägt es sie nach Monte Spina, eine Insel, vielmehr ein Inselchen, vor Lanzarote, die dem schwerreichen Max Bror gehört.

Ihr neuer Arbeitgeber ist jedoch nur sporadisch auf der Insel zu Gast, zunächst ist er monatelang für Toni unsichtbar. Sie teilt die Insel mit einigen wenigen anderen Angestellten, von denen Hausdame Helen das Heft in der Hand hält.

Toni macht das nichts aus, denn der Garten ist eine große Herausforderung - er fasziniert sie und sie geht darin auf. Ein ganz besonderes Arbeiten und auch Wohnen ist es für sie - ein Leben der Extreme direkt am Meer und an der felsigen Gegend, der sie doch so manches Leben entlocken kann.

Als sie Bror trifft, ist es wie ein Schlag ins Gesicht. Denn er ist ein harter Mann, einer, der nicht zögert, seinen Mitmenschen wehzutun. Doch Toni ist von diesem herben, eindrucksvollen Mann mehr und mehr fasziniert.

Ich leider weniger. Nicht nur von Max Bror, sondern auch von allen anderen Figuren, ihrem Wesen, ihren Beweggründen. Auch die Insel hätte aus meiner Sicht eine eindringlichere, mitreißendere Darstellung erfahren dürfen. Dennoch - es lag vor allem an den Charakteren - auch an Toni, die samt und sonders für mich zu flach blieben. Dazu kam, dass die Atmosphäre, der ganze Rahmen wieder und wieder auf mich sehr negativ wirkte. Etwa nach dem ersten Drittel des Romans konnte mich die Handlung gar nicht mehr erreichen.

Mein Fazit: Hinter dem fröhlichen Cover verbirgt sich eine für mich nicht nachvollziehbare Handlung mit negativen Vibes und flachen Charakteren.

Bewertung vom 24.08.2019
Frogier de Ponlevoy, David;Wick, Anemi

Fettnäpfchenführer Vietnam


ausgezeichnet

In der Fremde ist vieles anders als bei uns: schon wenn man die Grenze nach Holland oder Belgien (ist beides weniger als 100 km von meinem Wohnort entfernt) übertritt, ticken die Uhren in mancher Hinsicht anders, aber wenn man sich in Asien befindet, muss man sich in viel mehr Punkten komplett umorientieren.

In Ländern wie Vietnam, die kolonialisiert wurden und vor fünfzig Jahren einen grausamen und folgenreichen Krieg gegen die USA führten (bzw. zu führen gezwungen waren), kommen noch weitere, sozusagen individuelle (wenn man dieses Adjektiv auf ein Land anwenden kann) Kriterien hinzu.

Die beiden Autoren David Frogier de Ponlevoy und Anemi Wick bringen all ihre umfangreiche Erfahrung in diesen Band ein, so dass er nützlich nicht nur für Urlaubsreisende, sondern auch für Menschen, die einen längeren Arbeitsaufenthalt in Vietnam planen. Sie kennen das Land genau und lassen ihre beiden Protagonisten Nina und Florian diverse Situationen erleben, die auch Ihnen in Vietnam zustoßen könnten.

Was ich jedoch noch als viel wertvoller empfinde: Man erfährt auch vieles über die Wertvorstellungen der Vietnamesen und wie es dazu gekommen ist. Die leidvolle Geschichte des Landes, Bräuche, aber auch politische und wirtschaftliche Gegebenheiten ebenso wie die sozialer Art werden ebenfalls beleuchtet.

Und wenn man trotzdem sich über einiges wundert oder es gar für nicht annehmbar hält, sollte man sich vor Augen halten, das man hier der Gast ist, der Besucher, der Fremde - und sich folglich auf die gegebenen Umstände einzustellen hat. Was natürlich nicht bedeutet, dass man alles hinnehmen, befolgen oder annehmen muss. Nein: es reicht, wenn man es toliert und die Sicht der Gastgeber zu verstehen versucht. Genauso, wie man es sich von denen, die - warum auch immer - neu nach Deutschland kommen wünscht. Und genau das bringen uns die Autoren David Frogier de Ponlevoy und Anemi Wick in diesem Band nahe - wenn wir denn bereit sind, darauf einzugehen!

Eine wunderbare Vorbereitung bzw. Begleitung für Vietnam-Reisende jeder Art oder auch für Menschen, die sich für dieses Land "einfach so" interessieren!

Bewertung vom 18.08.2019
Killoren, Kelly

Das Rezept unserer Freundschaft


weniger gut

Oberflächliche Tussis: Das sind sie allesamt - sowohl Billy als auch ihre Freundinnen. Ich hatte mich auf eine fröhliche Geschichte rund ums Kochen, um Kreativität, Herzenswärme und Wertschätzung gefreut - aus meiner Sicht war nichts davon vorhanden - leider!

Billy und ihr Freund - eine merkwürdige Geschichte. Billy und Ethan und das Restaurant - diese Geschichte ist noch viel eigenartiger. Und leider vollkommen ohne Tiefgang.

Was uns diese Erkenntnisse sagen, zeigen oder aufweisen wollen - keine Ahnung. Nein, leider hat dieses Buch mir überhaupt kein Vergnügen bereitet - im Gegenteil, ich habe mich durchgequält.

Die Botschft für mich: Äußerlichkeiten sind wichtig, durch sie definiert man sich (zumindest in diesem Roman). Das kann es doch nun wirklich nicht sein, oder?

Atmosphäre gab es insofern, dass man sich die beschriebenen Kleidungsstücke gut vorstellen konnte - auf mehr kam es eigentlich nicht an. Schade eigentlich!

Bewertung vom 17.08.2019
Bauer, Christoph W.

Niemandskinder


gut

Wer bin ich, woher komme ich und was hat all das mit meinem Stellenwert zu tun? In dem Land, in dem ich lebe, aber auch anderswo?

In seinem Roman "Niemandskinder" verwebt der Österreicher historische Entwicklungen und Ereignisse mit Geschehenissen neuerer Art, solchen, die seinem namenlosen Protagonisten der Gegenwart, einem möglichen Alter Ego, zustoßen. Er: ein Wanderer zwar nicht gerade zwischen den Welten, aber doch zwischen Österreich und Frankreich, konkret Paris.

Der sich gedanklich nie ganz von seiner einstigen Liebsten Samira, einer Französin mit marokkanischen Wurzeln, trennen konnte. Ihm begegnet in Österreich, im kleinen Ort seiner Herkunft, Marianne. Nicht persönlich, sondern in Form ihrer Geschichte. Einer Geschichte des Leidens und eines möglichen Stoffes für seinen nächsten Roman. Marianne nämlich ist kurz nach dem Krieg geboren und der Beziehung einer Österreicherin mit einem amerikanischen Soldaten entsprungen. Einem amerikanischen Soldaten.

Auch sie - wie vorher Samira - hadert mit ihrer Identität, wird von anderen aufgrund ihrer Erscheinung abgeurteilt, in eine Schublade gesteckt.

Sie möchte er finden, wobei sich ihre Geschichte mit der Samiras und nicht zuletzt mit der des Protagonisten vermengen und spätestens da wird es mir zu bunt. Oder zumindest zu unkonkret. Denn der durchaus faszininiere Parcours durch Vergangenheit und Gegenwart wird mir stellenweise zu ungenau, vielleicht auch einfach zu persönlich. Ich kann ihr - obwohl in gewählten Worten eindringlich dargestellt - nicht mehr folgen bzw. werde von ihr nicht erreicht. Ein wertvoller Roman, sicher - aber einer, den sich andere Rezipienten vornehmen sollten, möglicherweise solche, die offener sind für den doch sehr emotionalen, poetischen Umgang mit Geschichte und Gegenwart. Lesern, die den "Niemandskindern" bis zum Schluss folgen, in deren Spur bleiben können und nicht wie ich irgendwann ausscheren und sich in der Geschichte verlieren.

Bewertung vom 16.08.2019
Dabos, Christelle

Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast / Die Spiegelreisende Bd.2


ausgezeichnet

Ophelia lebt sich ein auf Pol und auf der Himmelsburg - oder doch nicht? Denn es ist sehr verwirrend für sie - nachdem sie sich nicht mehr als Bedienstete verstecken muss, sondern als sie selbst auftreten kann, geht ein Hauen und Stechen los, das sie sich so wohl kaum vorgestellt hat. Jeder gegen jeden - so scheint es. Und sie und ihr Verlobter Thorn mittendrin.

Abgesehen davon ist ihr Verhältnis immer noch mehr als kühl, was vor allem auf Thorns sehr eigenartiges Verhalten zurückzuführen ist.

Insidergerede meinerseits? Nun ja, aber wir befinden uns ja auch schon im zweiten Teil der Saga, also mittendrin im Epos um die Spiegelreisende von der Arche Anima und den Intendanten der Arche Pol. Anders kann man da kaum drauf zugehen, denn es ist, wie es ist: zu diesem Zeitpunkt steckt der Leser mittendrin und hat auf jeden Fall bereits die Entscheidung getroffen, sich auf diese Story voll einzulassen. Wer so weit gelesen hat, will auch die ganze Geschichte, also alle vier Teile.

Wobei diesmal Ophelias Verwandte von Anima anreisen und eine Hochzeit erwarten - aber wird diese tatsächlich stattfinden? Denn es sind eine ganze Reihe durchaus hochgestellter Personen aus der Himmelsburg verschwunden - die Lage spitzt sich immer weiter zu. Und wird Berenilde ihr Baby in Frieden gebären können? Fragen über Fragen - dabei so spannend zu lesen wie bereits der erste Teil.

Diese intelligente Fantasygeschichte macht wirklich Spaß, denn sie spinnt die politischen Intrigen von uns Erdenbürgern weiter bis ins Unendliche - Autorin Christelle Davos gelingt es aufs Prächtigste, politische Ränge und Verschwörungen, aber auch Alleingänge zu karrikieren und in eine andere Welt zu übertragen. Ein Epos, das nicht nur Jugendliche lieben werden, sondern alle, die sich gerne mal die ein oder andere neue Welt erschließen - wenn diese schlüssig und sinnvoll konstruiert ist und mit Stil und Humor dargeboten wird. All das schafft Christelle Davos mit ihrer Spiegelreisenden!