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Christina P.
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Hamburg

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Insgesamt 1103 Bewertungen
Bewertung vom 16.08.2018
Kinsella, Sophie

Muss es denn gleich für immer sein?


gut

Project Surprise - Die Lösung gegen Langeweile in der Beziehung?

Als Sylvie und Dan von ihrem Hausarzt die freudige Nachricht erhalten, sie seien so kerngesund, dass ihre Ehe noch locker 68 Jahre halten würde, geraten die beiden in Panik. Zwar sind sie glücklich verheiratet und haben liebevolle Kinder, aber wenn man sich so innig kennt, wie soll man da solch eine lange Zeit glücklich zusammenleben, ohne, dass einem langweilig wird? Man sich gar auf die Nerven geht? Ihre erste Idee ist, sich fortan zu überraschen, um Pep in die Beziehung zu bringen. Aber das geht natürlich gründlich schief...
Zu Beginn erzählt Sylvie recht liebevoll von ihrer Beziehung, den kleinen Macken ihres Mannes und wie sie sich in ihrem Leben so weit ergänzen, dass der eine sogar die Sätze des anderen beenden kann. Die Vertrautheit der beiden ist regelrecht spürbar. Zudem hat Sylvie eine sehr humorvolle Art, wodurch das Lesen gleich von Beginn an Spaß macht. Als die beiden begannen, sich möglichst schnell Überraschungen für den anderen auszudenken, führte das mehrfach zu Momenten, bei denen ich schmunzeln musste. Dabei spielte Nachbarin Tilda, welche ich auch sogleich ins Herz schloss, mit ihrer machmal doch recht direkten Art eine nicht unwesentliche Rolle. Erst, als es zu Spannungen in der Beziehung kommt, ein Missverständnis zum nächsten führt und Sylvie Angst hat, ihren Mann doch nicht so gut zu kennen, wie sie dachte, beginnt sie, hinter die Fassaden anderer Menschen und Paare zu blicken, allen voran der eigenen Eltern sowie der Schwiegereltern. Und auch in ihrem Job stehen plötzlich Veränderungen an, welche Sylvie vor neue Herausforderungen stellen. Doch wer wäre Sophie Kinsella, wenn nicht zum Schluss alles ein gutes Ende finden würde?
Ich fand den Roman sehr unterhaltsam und humorvoll geschrieben. Vor allem Tilda, die Nachbarin, hatte es mir mit ihrer erfrischend direkten Art sehr angetan. Neben den etwas langen Kapiteln störte mich jedoch, dass in Sylvies Leben einfach zuviel Aussergewöhnliches vorkam: Ihre Eltern (allen voran ihr besonderer Vater), ihre reiche Kindheit, ihre Top-Gene, ihr aussergewöhnlicher Job. Entsprechend hochgestochen war mir dann auch die Auflösung, welche hinter den Missverständnissen steckte, das war nichts mehr, was einem Durchschnittspaar geschehen könnte. Zudem war das Buch stellenweise etwas überzogen, das muss nicht sein. Zwar passte zum Schluss alles zueinander und mir gefiel vor allem, wie Sylvie allmählich lernte, dass sich manchmal auch ein Blick hinter die Fassade der Menschen lohnt. Dennoch fühlte sich für mich das Ende einfach zu weltfremd an, das war sehr schade.

Bewertung vom 16.08.2018
Whitehouse, David

Der Blumensammler


ausgezeichnet

Wunderschönes Abenteuer ums Finden und Verlieren

1983: Sechs einzigartige Blumen als Symbol ihrer Liebe - diese zählte ein gewisser "J." in seinem Liebesbrief auf, welchen er einst in einer New Yorker Enzyklopädie über Blumen für seine Freundin versteckte - und welcher Peter Manyweathers nun durch Zufall buchstäblich in die Hände fällt. Als willkommene Abwechslung zu seinem Job als Inhaber einer kleinen Reinigungsfirma fängt Peter an, über besondere und seltene Blumen zu recherchieren - bis ihn sein neuer Freund, Dr. Hens Berg, dazu drängt, sich gemeinsam auf Reisen rund um die Welt zu begeben und diese Blumen selbst zu suchen. Dreißig Jahre später bahnen sich in Dove Gales Kopf Erinnerungen an Peters Leben ihren Weg. Erinnerungen, welche sich der junge Londoner nicht erklären kann. Wie kann dies sein? In welchem Bezug stehen diese sich fremden Menschen zueinander?
Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass der Roman wider Erwarten 3000 Meter unter der Meeresoberfläche begann. In einem Roman über Blumen und Weltreisen? Das machte mich natürlich besonders neugierig. Doch alles findet in diesem Roman seinen Platz, und so ist die Handlung in drei Stränge aufgeteilt: Peters abenteuerliche Reisen um die Welt, auf der Suche nicht nur nach Blumen. Doves einsames Leben und seine Erinnerungen an seine Pflegeeltern, welche ihn als Waisenkind bei sich aufnahmen. Und die Erlebnisse des Prof. Cole, der tief im Meer eine besondere Entdeckung macht.

"Der Brief hatte ihm einen ganz neuen, ungeahnten Mut verliehen. Es fühlte sich an, als wäre die Liste der Blumen ein Wegweiser, dem er unbedingt folgen musste. Als hätte der Verfasser des Briefes (...) ihm eine Marschroute vorgezeichnet, um ihm dabei zu helfen, etwas Größeres zu finden." (Zitat S. 164)

"Der Blumensammler" ist nicht nur ein Roman über das abenteuerliche Auffinden besonderer Blumen, welches ich mit großem Interesse verfolgte. Zugleich ist es auch ein Buch über die verschiedenen Arten der Einsamkeit und des Verlustes. Peter ist ein Mensch mit einem guten Herzen, daher war er mir von Beginn an sympathisch. Dennoch lebt er in Einsamkeit, weil er sich darin sicher fühlt, ohne jemandem zu schaden. Sein Freund Hens hingegen hat sich seine Einsamkeit nicht selbst gewählt, trägt jedoch durch sein Verhalten dazu bei, diesen Zustand eher zu verschlimmern statt zu verbessern. Auf gewisse Weise waren Peter und Hens wie zwei Magneten, die sich immer mehr voneinander abstießen. Dove wuchs als Findelkind auf und trägt seit seiner Kindheit eine immense Angst vor dem Verlassenwerden in sich, welche sein Verhalten bis heute starkt prägt.
In einer äußerst bildhaften Sprache versteht es David Whitehouse, zu beschrieben, wie Peters bisher eintöniges Leben nach Entdecken des Briefes zu einem regelrechten Abenteuer wächst. Wie Freundschaften entstehen und durch Verrat zerbrechen, wie verschieden Menschen mit ihrer Form der Einsamkeit umgehen und wie die Liebe ungeahnte Kräfte in einem Menschen weckt. Und zum Schluss fließen alle drei Handlungsstränge an einem Punkt zusammen, wie drei einzelne Flüsse, welche gemeinsam ins große Meer strömen.
Mir hat dieses Buch sehr gefallen. Mit Begeisterung folgte ich Peters Abenteuern, welche nicht immer ungefährlich waren und einen Großteil des Romans ausmachten. Zudem war ich natürlich gespannt, wie sich Doves mysteriöse Erinnerungen erklären ließen und welche Verbindung Prof. Coles Entdeckung in der Tiefsee zu Peters Abenteuern hat. Am Schluss greift alles wie bei einem komplett gelösten Puzzle ineinander und wartete sogar mit einer kleinen Überraschung auf, mit welcher ich nicht gerechnet hatte. Ein wunderschönes Buch, welches ich nicht nur Blumenliebhabern ans Herz legen kann.

Bewertung vom 12.08.2018
Knodt, Lena

Carim Drachentöter


ausgezeichnet

Drachenzähmen - nicht leicht gemacht!

Carim ist ein zurückgezogener Einzelgänger. Carim ist kein typischer Held. Carim tötet Drachen.
Und das kann er wie kein anderer. Als er ein Drachenei klaut, schlüft der Drache versehentlich, bevor er das Ei verkaufen kann. Und in Carim wächst der Plan, den Drachen als Waffe für seine Pläne zu benutzen.
Zugegeben, Carim ist zu Beginn wirklich kein Sympathieträger. Sein fast schon barbarischer Blutdurst schreckte mich erstmal ab. Als er jedoch dem Jungdrachen in seiner Höhle fernab in den Bergen gegenübersteht, begann der Protagonist mich langsam zu faszinieren. Drachenzähmen? Alles andere als leicht gemacht! Umso spannender war es zu beobachten, wie Carim und Vlynnar, ein doch recht wilder und feuriger Drache, langsam und unerwartet zu einem Team zusammenwachsen. Und als der König auf Carims Fähigkeiten aufmerksam wird und mit ihm einen höchst interessanten Deal - auch für den Leser - aushandelt, wird einem nach und nach klar, dass nicht nur Carims Körper, sondern auch dessen Seele von tiefen Narben gezeichnet ist und unter der rauen Schale ein gar nicht mal so übler Kerl versteckt ist.
In erster Linie hat mich an diesem Roman die Welt der Drachen fasziniert. Es sind wilde und gefährliche Tiere, vor denen die Menschen nicht ohne Grund gewaltigen Respekt haben. Mit dieser unbändigen Macht kämpft Carim, der ein Leben abseits der Menschen gewählt hat. Warum, wird einem nach und nach klar, da werd ich jetzt nichts vorweg nehmen. Doch auch, wie er mit seinem Drachen Vlynnar langsam zu einem Team zusammenwächst ist sehr spannend und einfach kein Vergleich zu anderen Mensch-Drachen-Freundschaften in der Fantasy-Literatur. Carim selbst wirkte auf mich zu Beginn brutal, abstoßend und arrogant. Und auch hier verstand es die Autorin, ihren Antihelden Entwicklungen durchlaufen zu lassen, durch welche er im inneren Konflikt mit sich selbst steht, hin- und hergerissen zwischen der Person, welche er seit Jahren ist und dem Menschen, den er vor langer Zeit dafür aufgab. Wer die Welt der Drachen mal nicht nur durch eine rosarote Brille sehen will und keine Scheu hat, einen Antihelden bei seinen blutigen Abenteuern zu begleiten, wird mit Carim definitiv seinen Spaß haben. Ein gelungener Einstieg in eine aussergewöhnliche Drachen-Trilogie.

Bewertung vom 10.08.2018
Brinkmann, Caroline

Die Perfekten / Rain Bd.1


ausgezeichnet

Über Manipulation und Unterdrückung

Die wichtigste Überlebensregel: "Vertraue niemandem!" Rain ist ein Ghost, ein unregistrierter Menschen in einem komplett registrierten System. Eine Welt nach der unseren, in der die Menschen nach der Qualität ihrer Gene klassifiziert werden. Wie Geister verstecken Rain und Storm, ihre Mutter, sich vor dem Gesetz, weichen Überwachungsdrohnen aus und kämpfen ums Überleben. Bis Rain einen fatalen Fehler begeht: Sie vertraut einem registrierten Menschen. Und setzt damit eine Ereigniskette in Gang, die ihr bisheriges Leben komplett zerstört...
Das Worldbuilding ist faszinierend: Nachdem die bisherige Menschheit durch Rücksichtslosigkeit und Egoismus die Welt fast zerstörte, leben im Königreich Hope die Menschen innerhalb sicherer Grenzen. Eingeteilt ist das Reich in Zirkel, welche für besondere Eigenschaften stehen, wie z. B. der grüne Zirkel für die Landwirtschaft oder der weiße Zirkel für die Forschung. Regiert werden die Menschen von den Gesegneten, genetisch bis zum Perfekten aufgewertete Menschen, die im luxuriösen goldenen Zirkel leben. Weitab davon liegt Grey, der graue Zirkel, geprägt von Industrie, Asche und Smog, welcher einem in hohen Konzentrationen die Atemwege verätzt. Hier kämpft nicht nur Rain ums Überleben, sondern versuchen auch andere, dem Smog und der Armut zu entkommen, indem sie sich in die reicheren Zirkel hocharbeiten. Perfekte Gene sowie herausragende Leistungen in der Schule sind dafür Voraussetzung. Auch Lark und seine beste Freundin Hail versuchen, als Sentinal und Forscherin in ein besseres Leben aufsteigen zu können. So könnte Lark auch seiner Familie ein komfortableres Leben ermöglichen, da Bewohner, denen eine genetische Einstufung geringer als eins oder eins-plus zugeteilt wurde, keine beruflichen Aufstiegschancen möglich sind. Als sich die Wege von Rain und Lark mehrfach kreuzen, ändert sich das Leben der beiden jedoch schlagartig, ohne, dass sie etwas dafür können. Denn im Untergrund regieren die Spines, eine Rebellengruppe, deren Macht bisher unterschätzt wurde...

"Die Dornen der Spines wachsen überall." (Zitat S. 452)

Mir hat vor allem die kämpferische Rain sehr gut gefallen. Sie und Lark umgibt jeweils ein Geheimnis, welches im Verlauf des Buches eine wichtige Rolle spielen wird. Und obwohl es im Leben von Rain mehrmals zu überraschenden Wendungen kommt, bleibt sie sich die ganze Zeit treu, verleugnet weder sich noch ihre Herkunft. Doch auch Lark ist ein Charakter, welcher sehr ausdrucksstark gezeichnet ist. Er ist im Herzen ein guter Kerl, der genau deswegen jedoch sich und andere unabsichtlich in Gefahr bringt. Dafür hab ich bei Rain mehrfach die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, wenn sie sich nicht an die wichtigste Überlebensregel hielt und anderen vertraute - obwohl ihre Mutter ihr doch etwas anderes beibrachte.
Die Welt im Roman ist anschaulich beschrieben mit ihren verschiedenen Zirkeln, welche alle nach Farben benannt sind. Sehr gut wird beim Lesen deutlich, wie aus Ungerechtigkeit Hass, aus Hass Gewalt entsteht. Wie Macht durch Manipulation erwächst und ein Klassensystem auf Dauer nicht funktionieren kann, da Ungerechtigkeit zu Rebellion führt, führen muss. Und mittendrin befindet sich Rain. Der Regen. Der Neuanfang.
"Die Perfekten" ist ein grandioser, dystopischer Roman, welcher ein künstliches, auf Ungerechtigkeit bauendes Klassensystem sowie dessen Folgen beleuchtet. Ein beeeindruckender Roman um Vertrauen und Verrat, Liebe und Hass, Ignoranz und Hoffnung. Mit Spannung warte ich nun auf die Fortsetzung "Die Vereinten", in welcher das Schicksal der Bürger von Hope entschieden wird.

Bewertung vom 09.08.2018
Essig, Rolf-Bernhard

Da haben wir den Salat!


ausgezeichnet

Von fliegenden Ziegen, Strumpfbändern und Napfschnecken: eine sprichwörtliche Reise um die Welt

Hinter jedem Sprichwort steht eine Geschichte - und in jedem Land gibt es unzählige davon. Rolf-Bernhard Essig nimmt uns in seinem Buch mit auf eine Reise rund um den Globus und erzählt uns von erstaunlichen, lustigen und originellen Sprichwörtern aus rund 60 Ländern.
So erfährt man z. B., warum man aufhorchen sollte, wenn man in Schweden mit "Guten Tag, Axtstiel" begrüßt wird. Wer in Russland wie ein Hase fährt. Wieso man in Südindien auf des Kaufmanns Urteil vertraut. Weshalb die Napfschnecke das gefährlichste Tier des Meeres ist. Wie ein Honigtropfen ein Königreich zu Fall brachte. Oder warum laut der Ghanaer die Weißen einst den afrikanischen Kontinent verließen.
Die Sammlung besteht aus alten, seit Generationen bestehenden Sprichwörtern ebenso wie aus erst vor kurzem entstandenen. Die Geschichten sind kurz und unterhaltsam geschrieben und zu jedem Sprichwort hat der Autor farblich abgesetzt das deutsche Pendant oder einen entsprechenden Vorschlag beigefügt. Zudem ist das Buch liebevoll illustriert und lädt somit zur Eigenlektüre ebenso ein wie zum Vorlesen. Und wer mag, kann die Reise in 80 Sprichwörtern um die Welt auf der im Buch abgedruckten Weltkarte mitverfolgen, beginnend und endend wie einst bei Jules Verne in England.
Eine aussergewöhnliche, sehr unterhaltsame und wunderbar illustrierte Sammlung besonderer Sprichwörter, die mich mehrmals überraschte, erstaunte, zum Schmunzeln brachte und bei der es mir tatsächlich schwer fiel, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Ich kann das Buch uneingeschränkt jedem empfehlen, entweder für sich selbst oder als besonderes Geschenk.

Bewertung vom 07.08.2018
Slaughter, Karin

Ein Teil von ihr


sehr gut

Roadtrip in die Wahrheit

In Andrea Oliver zerbricht das Bild, welches sie bisher von Ihrer so freundlichen und liebevollen Mutter hatte, als diese in einem American Diner scheinbar eiskalt einen Amokläufer vor ihren Augen überwältigt und ermordet. Kurz darauf zwingt ihre Mutter sie zu einer überstürzten Flucht, auf welcher Andrea versucht, die Wahrheit über Laura Oliver Teilchen für Teilchen zu einem Puzzle zusammen zu fügen. Und bringt sich dabei selbst in Gefahr.
Nach einem etwas verwirrenden Prolog spaltet sich das Buch in zwei Zeitebenen. In der Gegenwart lernen wir Andrea kennen, eine 31 Chaotin, die weder sich noch ihr Leben im Griff hat, sich selbst als Versagerin sieht und nach einem abgebrochenen Studium ihr trostloses Leben in einer Wohnung über der Garage ihrer geschiedenen Mutter fristet. Laura, ihre Mutter, ist hingegen das reinste Stehauf-Männchen, selbst den Krebs hat sie besiegt und steht mit beiden Beinen fest im Leben. Als Laura ihre Tochter nach einem weiteren Überfall zur Flucht zwingt wandelt sich Andreas Leben in eine Art Roadtrip, erwacht sie langsam aus ihrer trostlosen Monotonie.
Parallel dazu erfährt der Leser, was vor 32 Jahren geschah, schlimme Ereignisse, welche mit Laura Oliver in Zusammenhang zu stehen scheinen. Doch inwiefern, kristallisiert sich erst nach und nach heraus.
Mir hat gefallen, wie das Buch so langsam die Geheimnisse preisgab, welche Lauras Vergangenheit prägten und von denen sie ihrer Tochter nie erzählte. Dabei wurden die Verbindungen zur Gegenwart erst nach und nach klar. Mit Andrea selbst als Person konnte ich leider so gar nichts anfangen. Sie wirkte nicht nur in sich gekehrt sondern war viel zu oft buchstäblich starr wie ein Reh im Scheinwerferlicht, brachte keinen Ton heraus, wirkte manchmal wie weggetreten. Etwas befremdlich, wo sie doch angeblich ein Theaterstudium abgebrochen hat. Daher wirkte es teilweise übertriegen und unglaubwürdig. Im Gegensatz zu ihrer Mutter war sie regelrecht unselbständig und naiv mit ihren 31 Jahren und ging mir damit wiederholt auf die Nerven. Da war die Vergangenheit der Mutter deutlich spannender, in der es um Manipulation, Ungerechtigkeit und Gewalt ging. Aber auch um Zusammenhalt und falsche Hoffnung.
Die Charaktere sind besonders in der vergangenen Zeitebene sehr gut gezeichnet. Andrea blieb im Vergleich dazu blass und ihre Passagen langweilten mich stellenweise, ihr größter Feind scheint wohl eher sie selbst zu sein. Auch der Schreibstil der Autorin ist äußerst lebendig und bildhaft und macht es somit leicht, sich die Szenen im Kopf gut vorstellen zu können.
Ein sehr undurchsichtiger Thriller, der mit Gewalt, Betrug, Action und ein wenig Roadmovie aufwartet, dessen Spannung aber manchmal durch Andreas Unbedarftheit einbricht.

Bewertung vom 07.08.2018
Milkus, Christian

Das Feuer in mir


sehr gut

Entscheide dich zwischen Gut und Böse

Als bei einem Forschungseinsatz Leannes Schwester Maya ums Leben kommt, bricht für sie eine Welt zusammen. Doch statt Mitleid erhält sie lediglich die Anweisung, den nächsten Auftrag zu übernehmen. Natürlich ist sie da empfänglich für Damions Mitgefühl, als sie und ihr Bruder in dessen Lebensgemeinschaft eingeladen werden. Eine auf den ersten Blick lebensfrohe Gruppe in der Nähe des großen, verbotenen Waldes, die sich um Menschen in Not kümmert. In den Städten wird jedoch vor ihnen gewarnt, sie seien eine Sekte der Schwarzen Magie und beten Zantul an, den Gott der Finsternis. Und tatsächlich sind im verbotenen Wald Spuren erhöhter Schwarzer Magie spürbar. Doch Damion stellt Zantul als den Gott der Güte dar, und Leanne weiß bald nicht mehr, was sie noch glauben soll.
Die Grundstimmung des Romans ist düster. Es geht um Religion, Manipulation, Macht und Lügen, kombiniert mit Magie. Leanne wächst in einer Welt auf, in welcher es unter Strafe verboten ist, die gängige Religion in Frage zu stellen. Bis jemand in ihr Leben tritt, der eine völlig andere Sicht der Dinge hat, ihre bisherige Weltsicht durcheinander bringt und sie schon bald nicht mehr weiß, was der Wahrheit entspricht und wer wirklich die Guten sind. Und ich finde, diese innere Zerrissenheit hat Christian Milkus recht gut dargestellt. Leanne beginnt, ihren bisherigen Glauben in Frage zu stellen und langsam die Augen zu öffnen. Die Grenzen zwischen Gut und Böse scheinen zu verschwimmen und machen es ihr schwer, sich zu entscheiden, auf wessen Seite sie stehen will.
Wo ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte wäre das Worldbuildung. Die einzelnen Mächte wie die Priester des Lichts, das Königshaus und die Gelehrten wurden kaum ausführlicher beschrieben, so dass der vorhandene Konflikt zwischen diesen Gruppen gar nicht richtig an die Oberfläche trat. Die magischen Tiere sorgte für angenehme Abwechslung, kamen für meinen Geschmack auch etwas zu kurz und hätten mit einem weiteren Auftritt vielleicht noch eine schöne fantastische Abwechslung ins Geschehen gebracht. Die vorgestellte Stadt wurde hingegen recht zauberhaft erdacht, die gefiel mir sehr.
Zusätzlich waren mir die Hauptcharaktere etwas zu oberflächlich beschrieben, da hätte ich mir mehr Emotionen gewünscht, mehr Interaktionen, welche das Geschehen lebendiger gestaltet hätten und die Liebesgeschichte zwischen Leanne und Damion glaubwürdiger.
Ein schöner, etwas düsterer Roman um Glaube und Manipulation, um das Erkennen von Lüge und Wahrheit, der mir leider nicht tief genug an der Oberfläche dieser interessanten Welt gekratzt hat.

Bewertung vom 07.08.2018
Shepherd, Maya

Der Schlafende Tod / Die Grimm-Chroniken Bd.3


sehr gut

Rückblicke in die Vergangenheit

Der schlafende Tod ist der dritte Band der Grimm-Chroniken - der Serie, die die Wahrheit hinter den Märchen aufdeckt. Wer die beiden vorherigen Bände nicht gelesen hat, dem möchte ich diese zum besseren Verständnis vorher an Herz legen. Ebenso könnte das Weiterlesen meiner Rezension sonst vielleicht die beiden früheren Bände spoilern, das wäre ärgerlich.
In diesem Band erleben wir Mary, wie sie mit Dorian vor dessen mächtigen Vater auf der Flucht ist und gleich an den nächsten Märchenbösewicht gerät. Ebenso bekommen wir Einblick in Schnees Kindheit und lernen etwas mehr über Vampire und deren Eigenschaften kennen. Und natürlich spielen auch wieder gewisse Märchenelemente aus dem Schneewittchen-Märchen eine nicht unwichtige Rolle (welche ich aber nicht verraten möchte, sonst wäre die Überraschung ja weg).
Ich empfand diesen Band als etwas ruhiger im Vergleich zu den vorherigen Bände. Auch hier wurden wieder mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, so dass die Serie nicht an Spannung verliert, sondern nur noch neugieriger auf die Fortsetzung macht. Dennoch fehlte mir hier ein wenig das Mitfiebern, wobei der Schluss einen spannenden, vieleicht sogar gefährlichen vierten Teil verspricht.